Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Buch- und Verlagswesen => Thema gestartet von: Maria am 18. August 2017, 15:58:15

Titel: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Maria am 18. August 2017, 15:58:15
Hi Tintenzirkler,

ich diskutiere momentan mit ein paar Büchereulen in dem Thread hier:
http://www.buechereule.de/wbb2/thread.php?threadid=93770&threadview=0&hilight=&hilightuser=0&page=1
Bislang bin ich wohl die einzige Autorin, die sich da zu Wort gemeldet hat. Schade. Ich komme mir vor wie bei einem Kampf gegen Windmühlen.

darum, dass es (überspitzt ausgedrückt) von uns Autoren eine Frechheit sei, Lesern Büchern vorzusetzen, die nicht perfekt lektoriert und korrigiert worden sind.

Ich lese selbst vor allem englische Fantasy, daher bin ich bei der deutschen nicht so sehr auf dem Laufenden.
Ist das wirklich so, dass auch die Verlage immer weniger in gute Überarbeitung und Korrektur investieren? Ist es in dieser Hinsicht wirklich so viel schlimmer geworden für euch als Leser und für euch als Autor?

Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Kerstin am 18. August 2017, 17:13:00
Diese Diskussion verfolge ich seit zwanzig Jahren und da Bücher immer noch lesbar sind, halte ich es im Großen und Ganzen für Schwachsinn.  ;)
Mir persönlich ist Derartiges auch noch nicht aufgefallen.

Meine persönliche Theorie:

1. Viele, die das bemängeln haben als Kinder / Teenies angefangen richtig viel zu lesen. Nun ja, also zu der Zeit, in der man selbst noch die Schulbank drückte und Diktate schreiben durfte. Was für eine Überraschung, dass man da in Büchern nicht jeden einzelnen Fehler fand. Heute, 1000 Bücher später, dürfte sich das geändert haben und man findet die schon immer vorhandenen Fehler. Zudem lässt man sich in jungen Jahren auch viel eher von einer Geschichte komplett gefangen nehmen.

2. Natürlich gibt es Sparten, in denen das Lektorat und Korrektorat nicht so gründlich ist. Wenn man ein billiges E-Book aus einem E-Book-only Imprint kauft, dann muss man sich auch nicht wundern, wenn das Geld nicht für 4 Lektoren / Korrektoren reicht (ich werde von 1-2 Lektorinnen inhaltlich betreut, eine andere kümmert sich um die Redaktion und dann gehen glaube ich noch ein oder zwei Korrektoren drüber). Das heißt nicht, dass ich diese Praxis toll finde, aber damit muss man dann leben.

3. Früher gab es weniger deutsche Autoren. Logisch sind in einer deutschen Erstauflage noch mehr Logikfehler drin, als in der Übersetzung der zwanzigsten Auflage aus den USA. Mein letztes Buch wurde von wenigstens 20 Leuten vorab gelesen und es sind trotzdem noch ein paar kleinere Fehler drin (der Sonnenuntergang erfolgt z.B. an einer Stelle viel zu spät). Sollte es je übersetzt werden, wären die Fehler logischerweise nicht mehr drin.
Nachtrag: Hinzu kommt noch, dass die meisten Leute, die solche Diskussionen führen, inzwischen fast nur noch Erstauflagen lesen. Sei es weil sie Rezensionsexemplare erhalten (teilweise im Vorabdruck, der logischerweise noch mehr Fehler enthält) oder bei Gewinnspielen. Auch aus den Buchhandlungen verschwinden Bücher inzwischen deutlich schneller.
Früher hatte man mehr "alte" Bücher und ebtsprechend auch höhere Auflagen. Bei meinen alten Fantasy-Büchern ist fast keine Erstauflage dabei - ganz im Gegenteil zu heute.

4. Kommen wir wieder zum Alter der Leute zurück: Gerade wenn man es mit den "guten, alten Zeiten" vergleicht, die in den meisten Fällen in der Zeit vor Amazon liegt, wird man feststellen, dass die meisten damals schlicht und ergreifend keine Kleinverlagsbücher gelesen haben. Wie hätte man damals denn da auch rankommen sollen? Das war in den 90ern nahezu unmöglich. Und natürlich können viele Kleinverlage nicht so viel in ein Lektorat investieren, wie es die Großverlage (teilweise) tun.

5. Wenn man genug Bücher liest, stolpert man unweigerlich über das eine Buch, bei dem irgendetwas schief gegangen ist. Ob die Zeit ausgegangen ist (Lektoren werden auch mal krank, haben familiäre Notfälle) oder der Korrektor hatte einen schlechten Tag - solche Ausreißer wird es immer geben und habe ich auch schon in den 90ern gefunden. Man muss nur lang genug lesen.  ;)
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Slenderella am 18. August 2017, 17:20:32
Zumal Lektoratsservice halt auch von jedem gemacht werden darf. Ich erinnere da an meinen letzten Totalausfall.
Klar, dass kleine Verlage sich an weit weniger professionelle Lektoren wenden, weil die einfach auch noch so einen horrenden Stundensatz haben. Wann sollen die halt mit dem Buch plus machen? In 10 Jahren irgendwann, in der hundertsten Auflage? Das geht nicht.

Und bei 2,99€ für ein Ebook kann man halt nicht erwarten, dass das immer nur perfekt ist. In f...ing Harry Potter sind auch noch in neuen Auflagen genug Rechtschreibfehler (die ominöse 5 mitten im Wort beim Orden des Phoenix zum Beispiel).
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Maria am 19. August 2017, 06:25:34
Danke für eure Meinung.
Gerade das Beispiel für Harry Potter macht  Mut.
Du weißt nicht zufällig auf welcher Seite bei welchem Wort diese 5 steht?

Die arrogante Haltung in diesem Büchereulenthread ist echt übel.
Demnach dürfte keiner von uns ein Buch herausbringen (ob Klein- oder Eigenverlag), das nicht perfekt ist formal.
Und es gäbe ja Anfängerautoren, die ihre Probekapitel fehlerlos hinbekommen, alle anderen sollten die Finger vom Veröffentlichen lassen.
*Seufz*
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Coppelia am 19. August 2017, 06:55:42
Was Bücher betrifft, kann ich das schwer sagen. Ich persönlich finde eher selten Fehler, aber ich bin auch nicht besonders pingelig. Was ich aber aus meiner Erfahrung als Amateuercomputerspieldesignerin weiß: Es gibt Leute, die glauben, sie würden die deutsche Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung besser beherrschen als andere, was aber nicht der Fall ist. Diese Leute sehen gern viele Fehler dort, wo überhaupt keine sind. Sie sind so von sich überzeugt, dass nicht einmal ein Duden-Link sie eines Besseren belehren kann.
Weil sie jeder winzige Fehler - vorhanden oder nicht - in ihrer Theorie bestätigt, dass sie es besser wissen und andere ständig Fehler machen, kann ich mir gut vorstellen, dass sie dann solche Threads eröffnen und sich darüber auslassen, wie viele Fehler andere machen. Daher würde ich sagen: Wenn man selbst tatsächlich Fehler gemacht hat: die Fehler, wenn möglich verbessern, sonst nächstes Mal nicht mehr machen. Ansonsten: einfach die Leute ignorieren. :)

Sagt euch Coppi, Deutschlehrerin
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Kerstin am 19. August 2017, 08:24:06
Zitat von: Coppelia am 19. August 2017, 06:55:42
Ansonsten: einfach die Leute ignorieren. :)
Das halte ich für den besten Rat. :)
Deshalb sind vermutlich auch keine anderen Autoren in dem Thread (ich habe ihn nicht gelesen). Man führt so eine Diskussion ein Mal und dann erspart man sich das.

(Falls du dennoch ein weiteres Argument brauchst: Bücher sind meines Wissens nach vergleichsweise wenig im Preis gestiegen und damit sogar billiger als früher. (Es gibt dazu auch online Quellen, einfach mal googeln). Die reinen Materialkosten sind bei einem Buch vernachlässigbar. Logisch also, dass teilweise gespart werden muss - außer die Leute sind bereit wieder deutlich mehr für ein Buch auszugeben. Als Beispiel: Meine Taschenbücher von Tad Williams Saga von Osten Ard haben damals in den 90ern 19.90 DM gekostet.)
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Steffi am 19. August 2017, 08:25:36
Einer meiner Germanistik-Dozenten sagte mal, dass die Versionen von Goethes Werken, die wir heute im Laden stehen haben, nicht das sind, was der gute Mann tatsächlich damals veröffentlicht hat. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich durch das Kopieren, Setzen und so weiter unzählige Fehler eingeschlichen, die uns bloß nicht auffallen, weil wir das Original nicht kennen. Seitdem sehe ich das mit Fehlern in Büchern definitiv entspannter  ;)
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Anj am 19. August 2017, 08:54:27
Also in der Ursprungsdiskussion ist auf jeden Fall Dieter Neumann auch Autor.

Ansonsten denke ich auch, dass ein Effekt ist, dass man als Jugendlicher oder Kind noch von viel mehr Büchern gefesselt wird. Zumindest ging es mir und vielen meiner Freunde so. Bin ich gefesselt, fallen mir Fehler kaum auf.
Allerdings hab ich auch den Eindruck, dass es Wellen gibt. In einigen Heynebüchern fielen mir vor 2/3 Jahren auch mal mehr Fehler auf (also in etwa Fehler alle 7-10 Seiten) und ein Buch aus der Harry Dresden-Reihe von Feder und Schwert war eine Katastrophe (da war gefühlt jede 2. Seite voller Flüchtigkeitsfehler). Im letzten Fall war aber auch ein hoher Zeitdruck da, wenn ich mich richtig erinnere. Aktuell kann ich das aber nicht behaupten.

Und dank der Rechschreibreformen sind wirklich viele Menschen so irritiert (mich eingeschlossen), dass sie Fehler sehen wo keine sind, wenn sie das nicht nachprüfen.

Und möglicherweise ist auch tatsächlich das Zeitbudget kürzer als früher und damit der Text fehleranfälliger.

Aber ich finde es vor allem schwierig, wenn man nicht mal konkret macht, was heißt denn viele Fehler? 3/Buch? oder 3/Seite? Gehts um logische/inhaltliche Fehler oder um Tippfehler? Ich finde, das macht schon einen Unterschied. Tippfehler stören mich weniger, Logikfehler sind aber schon blöd. Seit ich jedoch weiß, wie schnell das durch Überarbeitungen passieren kann, bin ich da auch gelassener. Das fehlt den meisten Lesern aber vermutlich.

Das einzige was mich wirklich massiv nervt ist, wenn Eigennamen in Serien plötzlich für ein Buch verändert werden.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Sturmbluth am 19. August 2017, 09:03:31
Ich persönlich ärgere mich sehr über eine Häufung von Rechtschreib- und Grammatikfehlern im Buch. Ich finde, da hat sich dann jemand keine Mühe gegeben (sei es Autor, Lektor, Korrektor, oder der Verlag, der irgendwo gespart hat).

Meine Beobachtung ist, dass sich eine Häufung von Fehlern hauptsächlich in übersetzten Büchern findet. So als ob das Buch nur übersetzt, danach aber nicht mehr professionell korrigiert wurde, weil das Budget nur für die Übersetzung gereicht hat.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Lilian Bhara am 19. August 2017, 09:33:44
Ich kenne schon Verlage, wo definitiv zu sehr geschlampt wird. Wenn meine Korrektorin mir erzählt, dass ein Verlag ca. 300 Seiten an sie schickt und will, dass die innerhalb von 3 Tagen korrigiert werden sollen mit 2 Durchgängen, dann ist schon vorauszusehen, dass es nicht aufgehen kann.

Es gibt aber auch genug Verlage, die sich sehr bemühen. Aber auch Korrektoren sind Menschen und fehlerfrei kann es gar nicht sein in der ersten Auflage. Da wäre schon ein Übermensch am Werk gewesen. Zumindest aber Logikfehler etc. sollte ein Lektor ausmerzen. Wenn sich mal eine Kleinigkeit durchschleicht, dann eben zur nächsten Auflage. Es sitzen nur Menschen dahinter und die sind nun mal nicht perfekt, egal wie sehr sie sich bemühen.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: canis lupus niger am 19. August 2017, 09:43:06
Meiner Meinung nach lässt die Qualität der Korrektur beim Verlag schon nach. Dass Kleinverlage aus finanziellen Gründen nicht teure Profis beschäftigen können, ist nur ein Teil des Problems.

Hinzu kommen interne Fehler bei Korrektur/Lektorat. Bei meinem letzten Roman hatte ich das Pech, dass für die E-Book-Veröffentlichung nicht die endkorrigierte Version des Manuskripts verwendet wurde, die auch Grundlage der Print-Ausgabe war, sondern eine ältere, die natürlich noch etliche Fehler (mehr) enthielt. Sehr, sehr ärgerlich, vor allem, da es sich um eine vermeidbare Nachlässigkeit handelte.

Auch bei Großverlagen ist mir schon ein Nachlassen der Sorgfalt, bzw. eine Zunahme von Fehlern aufgefallen. Insbesondere bei Übersetzungen fremdsprachiger Werke scheinen weniger sorgfältig korrigiert zu werden, als die Orginalmanuskripte.
Zitat von: HSB am 19. August 2017, 09:03:31
Meine Beobachtung ist, dass sich eine Häufung von Fehlern hauptsächlich in übersetzten Büchern findet. So als ob das Buch nur übersetzt, danach aber nicht mehr professionell korrigiert wurde, weil das Budget nur für die Übersetzung gereicht hat.
Genau!

Wie Lilian Bhara gerade schrieb: Fehler passieren überall, insbesondere dort, wo an Geld und Personalstunden (die ja auch Geld kosten) gespart werden muss.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Slenderella am 19. August 2017, 09:52:24
Hätte noch das Beispiel Battle Royale in der Version von Heyne. Groß und Kleinschreibung? Was ist das? Die ist super oft einfach falsch.
Die Hanni Münzer Dinger (von Piper? Oder auch Heyne): What? Logik? Da hat der Lektor wohl keine Lust drauf gehabt.
Hohlbein - hat immer Fehler. Oft ganz schlimme Wortwiederholeritis (dreimal hatte in einem kurzen Satz), die Lektor und Autor entgangen sind. Teilweise auch total dämliche Logikfehler.
Es - extrem fehlerhaft.
Die Nebel von Avalon - auch in der hundertdrölfzigsten Auflage nicht fehlerfrei.
Das gilt ja sogar für Schulbücher. Ich weiß nicht wie oft das bei euch vorkam, aber wie oft haben mein Mathe und Englischlehrer gesagt: "Ne, die AUfgabe nicht, die kann man nicht lösen, da ist ein Fehler drin?" oder: "Ne, da fehlt ein Wort, das kann man so nicht übersetzen!" Über Jahrzehnte hinweg, weil sie das jeder Klasse gesagt haben.
Gilt ja nicht nur für deutsche Bücher. Auch hier wieder Harry Potter lässt grüßen. Nicht mal der blöde Shakespeare ist fehlerfrei.

Die Seitenzahl wusste ich mal, aber ich kann sie dir gerade echt nicht sagen. Der Orden des Phoenix ist auch so dick x_X

Ich sag das auch jedem, der einen Fehler in einem meiner Bücher findet: Ein fehlerfreies Buch gibt es so gut wie nicht. Da bräuchte man ja für jedes Wort eine andere Person, die sich darum kümmert, denn irgendwem geht immer etwas durch, sobald er mehr als eine Seite gelesen hat. Ist einfach so. Ich selbst lasse auch zwei Personen beim Versenden von Probekapiteln drübergucken, dann kommt meine Agentin und dann ist's auch gut. Ein Verlag stört sich doch nicht an einem spontan großgeschriebenen Wort auf Seite 5 der Leseprobe, oder an einem falschen Komma auf Seite 10. Das kratzt die einfach nicht.

Sollte halt nur nicht aussehen wie beim letzten Analphabeten.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: canis lupus niger am 19. August 2017, 10:26:19
Zitat von: Slenderella am 19. August 2017, 09:52:24
Ein Verlag stört sich doch nicht an einem spontan großgeschriebenen Wort auf Seite 5 der Leseprobe, oder an einem falschen Komma auf Seite 10. Das kratzt die einfach nicht.

Sollte halt nur nicht aussehen wie beim letzten Analphabeten.

Das sehe ich anders. Klar, Fehler passieren, und es ist fast unmöglich, sie alle zu finden. Aber darum bemühen sollte man sich schon, sowohl als Autor, als auch als Lektor/Korrektor. Ich hab mal gelesen, eine korrekte Rechtschreibung sei Höflichkeit gegenüber dem Leser. Das habe ich sehr verinnerlicht, weil ich es als Leser genau so empfinde.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Denamio am 19. August 2017, 11:26:40
Zitat von: Coppelia am 19. August 2017, 06:55:42
Was Bücher betrifft, kann ich das schwer sagen. Ich persönlich finde eher selten Fehler, aber ich bin auch nicht besonders pingelig. Was ich aber aus meiner Erfahrung als Amateuercomputerspieldesignerin weiß: Es gibt Leute, die glauben, sie würden die deutsche Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung besser beherrschen als andere, was aber nicht der Fall ist. Diese Leute sehen gern viele Fehler dort, wo überhaupt keine sind. Sie sind so von sich überzeugt, dass nicht einmal ein Duden-Link sie eines Besseren belehren kann.
Weil sie jeder winzige Fehler - vorhanden oder nicht - in ihrer Theorie bestätigt, dass sie es besser wissen und andere ständig Fehler machen, kann ich mir gut vorstellen, dass sie dann solche Threads eröffnen und sich darüber auslassen, wie viele Fehler andere machen. Daher würde ich sagen: Wenn man selbst tatsächlich Fehler gemacht hat: die Fehler, wenn möglich verbessern, sonst nächstes Mal nicht mehr machen. Ansonsten: einfach die Leute ignorieren. :)

Sagt euch Coppi, Deutschlehrerin

Dem kann ich so nur zustimmen und möchte dem noch etwas anhängen. Gerade im Internet sind Rechtschreibfehler für viele ein Freibrief anderen Leuten so richtig an den Karren zu fahren. Da wird der Fehler oft für alle ins Rampenlicht gezogen und der Urheber quasi genüsslich an den Pranger gestellt. Der Fehlerfinder kann sich dann überlegen fühlen, weswegen dann oft auch getan wird, als wären die Fehlermacher dumm, faul oder beides.

Das schwappt immer mal wieder auch auf Buchleser über, an das Gemotze über Rechtschreibfehler in Texten erinnere ich mich bis in die Anfangszeit des Internets. Wahrscheinlich war es auch vorher schon immer wieder ein Thema, nur das die betreffenden Leute es davor nicht in die Welt tragen konnten und deswegen auch nicht genüsslich drauf herumtanzen konnten.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Slenderella am 19. August 2017, 11:39:08
Zitat von: canis lupus niger am 19. August 2017, 10:26:19
Zitat von: Slenderella am 19. August 2017, 09:52:24
Ein Verlag stört sich doch nicht an einem spontan großgeschriebenen Wort auf Seite 5 der Leseprobe, oder an einem falschen Komma auf Seite 10. Das kratzt die einfach nicht.

Sollte halt nur nicht aussehen wie beim letzten Analphabeten.

Das sehe ich anders. Klar, Fehler passieren, und es ist fast unmöglich, sie alle zu finden. Aber darum bemühen sollte man sich schon, sowohl als Autor, als auch als Lektor/Korrektor. Ich hab mal gelesen, eine korrekte Rechtschreibung sei Höflichkeit gegenüber dem Leser. Das habe ich sehr verinnerlicht, weil ich es als Leser genau so empfinde.

Es stört sie aber effektiv einfach nicht. Natürlich bemüht sich jeder. Steht doch da. Drei Leute lesen bei mir Korrektur, bevor das irgendwer in die Hände bekommt, der dazu etwas entscheiden soll. Aber ob das Manuskript nun gemacht wird oder nicht, entscheiden keine zwei Fehler in einem Probekapitel von 30 Seiten. Völlig irrelevant.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: FeeamPC am 19. August 2017, 12:27:17
Fehler gibt es immer. In jedem Buch. Mir ist noch kein fehlerfreies Buch untergekommen, weder als Leserin, noch als Autorin oder Velegerin.
Und wenn es nur so dämliche Fehler sind, dass beim Erzeugen des endgültigen Buchsatz-pdf ein Seitenrahmen um eine Winzigkeit verschoben wurde, mit bloßem Auge nicht sichtbar, und plötzlich harte Trennungen nicht am Zeilenende, sondern mitten im Wort stehen.
Darüber rege ich mich nur auf, wenn es im Klappentext oder an ähnlich exponierter Stelle ist. Oder wenn sich die Fehler so häufen, dass es praktisch keine fehlerfreie Seite gibt.
Und was Manuskripte angeht, da ist die Fehlerzahl nicht ausschlaggebend für Annahme oder Absage. Außer, es sind so viele Fehler, dass das Korrektorat einfach zu teuer würde und sich das Buch nicht mehr rechnet.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Feuertraum am 19. August 2017, 13:17:35
Zitat von: Slenderella am 19. August 2017, 11:39:08
Es stört sie aber effektiv einfach nicht. Natürlich bemüht sich jeder. Steht doch da. Drei Leute lesen bei mir Korrektur, bevor das irgendwer in die Hände bekommt, der dazu etwas entscheiden soll. Aber ob das Manuskript nun gemacht wird oder nicht, entscheiden keine zwei Fehler in einem Probekapitel von 30 Seiten. Völlig irrelevant.

Und das sehe ich nun vollkommen anders. Zwar gehöre ich nicht zu den Menschen, die jemanden an den Pranger stellen, weil er oder sie den einen oder anderen Rechtschreibfehler in ihrem Manuskript haben (ich rede allerdings von einem Manuskript, ich rede nicht von einem Posting in Foren), aber im Inneren entscheide ich für mich,  dass der Autor/die Autorin schlampig gearbeitet hat.
Mittlerweile hat jede Textverarbeitung eine Rechtschreibkontrolle. Es gibt Seiten, auf denen man seinen Text auf Rechtschreibfehler kontrollieren kann. Und diese sind nun mal unbestechlich. Und - sorry - wer sich nicht die Mühe macht, seinen Text mit Rechtschreibkontrolle zu prüfen, wer sich nicht die Mühe macht, seine Seiten nochmal durchzugehen und zu schauen, ob wirklich alles fehlerfrei geschrieben ist, von diesen Menschen habe ich das Bild, dass er seine eigentlich wichtigste Arbeit flüchtig macht.

Was nun die Logikfehler angeht (und da wird mir wahrscheinlich gleich ein kalter Wind ins Gesicht geblasen werden): In meinen Augen haben sie eine Berechtigung, weil es ansonsten nicht möglich wäre, eine fantasievolle Geschichte erzählen. Ich schreibe zum Beispiel gerade an einer Szene, in der ich zwei Mäuse mittels einer Zwille auf den Mond befördere.
Logikfehler 1: Würde gar nicht gehen, da
a) die Entfernung viel zu groß ist und
b) es eine solche Kraft geben muss, die die Mäuse so weit schleudert, dass sie aus dem Bann der Erdanziehungskraft flögen. Diese wäre mit einer Zwille nicht gegeben.
Logikfehler 2: Aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse würden die Mäuse relativ schnell im sauerstoffleeren Raum ersticken.
Also ignoriere ich diese Logikfehler und lasse sie dennoch mit der Zwille auf den Mond schießen. Überhaupt neige ich dazu zu behaupten: Würde man immer auf die rationale Logik zurückgreifen, wären die Regale bei der belletristischen Unterhaltung sehr dünn gesät.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Denamio am 19. August 2017, 14:11:03
Zitat von: Feuertraum am 19. August 2017, 13:17:35
Mittlerweile hat jede Textverarbeitung eine Rechtschreibkontrolle. Es gibt Seiten, auf denen man seinen Text auf Rechtschreibfehler kontrollieren kann. Und diese sind nun mal unbestechlich.

Und sehr häufig falsch. Die deutsche Sprache ist für Computerprogramme extrem schwer zu verstehen. Ein hochmoderner Part of Speech Tagger, gefüttert mit einem extensiven Datensatz, wie dem für deutsche Texte häufigen TIGER Corpus zum Beispiel, erreicht eine Genauigkeit von etwa 95%. Auf einen Roman von 130.000 Wörtern übersetzt, bedeutet das über 6.500 Fälle wo das Programm falsch liegt.

ZitatUnd - sorry - wer sich nicht die Mühe macht, seinen Text mit Rechtschreibkontrolle zu prüfen, wer sich nicht die Mühe macht, seine Seiten nochmal durchzugehen und zu schauen, ob wirklich alles fehlerfrei geschrieben ist, von diesen Menschen habe ich das Bild, dass er seine eigentlich wichtigste Arbeit flüchtig macht.

Als jemand der mit Rechtschreibung kämpft: Wenig macht mir mehr Mühe als diese Einstellung. Hier ist die andere Seite der Medaille: Über meine Manuskripte gehe ich mehr als zehnmal korrigierend drüber, jeder Satz wird einzeln zerlegt. Für ein Buch was ich in einem Monat schreibe, brauche ich über neun Monate Korrektur. Rechtschreibfehler hat es trotzdem drin und zwar einige.
Das ist mit ein zentraler Grund warum ich auch hier im Forum vergleichsweise wenig schreibe, jeder Post geht mehrmals durch diverse Korrekturen und am Ende löschte ich den Beitrag in den meisten Fällen doch. Schlicht aus der Angst heraus, für etwas angeranzt zu werden, was als Hilfe gedacht war.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Slenderella am 19. August 2017, 15:50:36
Pfff ... dann geb ich demnächst meine Manuskripte mit Office Korrektur ab. Dann haben alle was zu lachen. Ne, du, den Hammer brauchst du nicht rausholen. Die Korrekturhilfen sind nett, keine Frage. Aber es kennt genug Wörter nicht, es erkennt nicht, wenn du so Späßchen machst wie: hatte hast hintereinander, weil du irgendwie abgelenkt warst, es erkennt außerdem zusammengeschriebene Wörter als falsch an, die man nicht auseinander schreiben darf laut Rechtschreibung, etc. Ich sag nur Recht haben/recht haben.

Leute dafür anzumeckern, dass sie schlampig arbeiten, bei 500 Seiten Manuskript, wenn da mal ein Fehler alle 50 Seiten auftaucht ... na, ich weiß ja nicht.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Sascha am 19. August 2017, 15:59:04
In Sachen Computer-Rechtschreibprüfung schließe ich mich Denamio und Slenderella an: Die Dinger sind nett, aber bei weitem nicht unfehlbar. Ich hab schon manchmal Fehler reingebracht, weil ich es dem blöden Programm unbedingt recht machen wollte.
Außerdem werden die Augen und das Hirn irgendwann so müde beim Korrekturlesen, daß sie auch die Unterringelung mal nicht mitbekommen. Eben erst recht nicht, da nicht jeder angebliche Fehler auch wirklich einer ist.
Eine gewisse Menge Fehler ist unvermeidlich. Nur, wenn es zu viele und zu dumme Fehler werden, dann regt mich die Schlamperei auch auf.
Ich erinnere mich da an ein Sachbuch: "Schwarzbuch Scientology" von Ursula Caberta. Das Ding strotzte von Fehlern, unter anderem klar erkennbaren Satzumbau-Ruinen. Ich schätze, die muß man dem Verlag und einem vermutlich komplett eingesparten Lektorat/Korrektorat anlasten. Daß man als Autor(in) irgendwann betriebsblind wird, kennen wir, glaube ich, alle.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Waldhex am 19. August 2017, 16:30:39
ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Meine eigenen Fehler sehe ich partout nicht. Bei Texten von anderen reicht oft ein Überflieger um den einen oder anderen Fehler zu finden. Kenne aber niemandem, dem das nicht so gehen würde.
Gestern habe ich ein paar Seiten (für jemand anderen) Korrektur gelesen. Heute eine Stelle nochmals überflogen und prompt nochmals einen Fehler gefunden. Wir sind halt alle nur Menschen.
Rechtschreibprüfung - nette Sache, habe ich immer im Hintergund laufen. Aber: wie andere schon geschrieben haben. Manche Wörter kennt die Rechtschreibung nicht. Bei in und ihn erkennt die Rechtschreibprüfung beides als richtig an. Das Wort als solches ist ja richtig geschrieben. Mein ewiger Fehler und statt uns - keine Rechtsschreibprüfung meckert.
Ich würde niemand jemanden als "schlampig" verurteilen, der Fehler im Buch hat. Manche verlassen sich auf Korrketoren, die vieles nicht sehen, manche haben eine kleine Rechtschreibschwäche, schreiben aber trotzdem super Bücher. Außerdem muss ich als SPler einfach mal darauf hinweisen: es gibt auch kaum Verlagsbücher (auch von großen Verlagen), die keine Fehler enthalten. Da sollte auch der Leser eine gewisse Toleranz mitbringen. Wobei es mich selbst nervt, wenn ich auf jeder 3. Seite erhebliche Schreibfehler habe, die vielleicht sogar den Lesefluss empfindlich stören.

@Feuertraum - wegen Logikfehler: Bewusst eingebaute wissenschaftliche Fehler sind eine Sache, aber wenn der Held auf Seite 50 am linken Arm verletzt wird und auf Seite 52 am rechten Arm einen riesigen Verband trägt (und der linke Arm heil ist), dann sind das Logikfehler, die eigentlich nicht sein sollten und mich als Leser dann auch stören.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Feuertraum am 19. August 2017, 16:35:26
Zitat von: Denamio am 19. August 2017, 14:11:03
Zitat von: Feuertraum am 19. August 2017, 13:17:35
Mittlerweile hat jede Textverarbeitung eine Rechtschreibkontrolle. Es gibt Seiten, auf denen man seinen Text auf Rechtschreibfehler kontrollieren kann. Und diese sind nun mal unbestechlich.

Und sehr häufig falsch. Die deutsche Sprache ist für Computerprogramme extrem schwer zu verstehen. Ein hochmoderner Part of Speech Tagger, gefüttert mit einem extensiven Datensatz, wie dem für deutsche Texte häufigen TIGER Corpus zum Beispiel, erreicht eine Genauigkeit von etwa 95%. Auf einen Roman von 130.000 Wörtern übersetzt, bedeutet das über 6.500 Fälle wo das Programm falsch liegt.

Ich will einräumen, dass ich das nicht beurteilen kann, da ich - man möge mir die Angeberei verzeihen - doch ziemlich sicher bin, was Rechtschreibung angeht. Und die wenigen Wörter, bei denen ich einen Buchstabendreher habe oder mal einen Buchstaben vergesse zu tippen, wird mir dass tatsächlich angezeigt.

ZitatAls jemand der mit Rechtschreibung kämpft: Wenig macht mir mehr Mühe als diese Einstellung. Hier ist die andere Seite der Medaille: Über meine Manuskripte gehe ich mehr als zehnmal korrigierend drüber, jeder Satz wird einzeln zerlegt. Für ein Buch was ich in einem Monat schreibe, brauche ich über neun Monate Korrektur. Rechtschreibfehler hat es trotzdem drin und zwar einige.

Erstmal will ich sagen, dass ich Ihrer Leistung, dass Sie ein Buch in einem Monat schreiben können, großen Respekt zolle.
Zum anderen: Ich glaube, man muss da ein wenig unterscheiden. Ich erdreiste mich einmal und nehme Sie, Denamio, als Beispiel: Wenn Sie sagen, dass Sie Ihre Geschichten "im Grunde genommen nur für sich" schreiben, es also gerade mal Familie oder die engsten Freunde zu lesen bekommen, ist das ganze kein Thema.
Sobald sich aber jemand hinstellt und sagt: Ich will als Profi angesehen werden und in einem (großen) Verlag veröffentlichen, dann erwarte ich auch Professionalität. Dann erwarte ich, dass der Autor/die Autorin so ziemlich alles in die Wege leitet, um einen fehlerfreien Text abzuliefern, sei es eben durch die Rechtschreibprüfung (und seien wir realistisch: selbst wenn diese "nur" 95% aller falsch geschriebenen Wörter erkennen, kann man die Quote schon mal senken) und dadurch, dass man 1 - 3 Leuten den Text in die Hand drückt, damit diese nochmal schauen.
Mag sein, ich liege falsch, aber ich behaupte einfach mal, dass damit keine 2 Fehler auf 30 Seiten zu finden sind

ZitatDas ist mit ein zentraler Grund warum ich auch hier im Forum vergleichsweise wenig schreibe, jeder Post geht mehrmals durch diverse Korrekturen und am Ende löschte ich den Beitrag in den meisten Fällen doch. Schlicht aus der Angst heraus, für etwas angeranzt zu werden, was als Hilfe gedacht war.

Was ich persönlich bedauere, da ich Ihre Hilfe und Meinung hier im Forum auch bei Schreibthemen sehr schätze.
Darum nochmal mein Statement, dass ich Postings hier im Forum in einem vollkommen anderen Licht sehe als Texte, die in Buchform veröffentlicht werden sollen. In ein Forum achte ich auch weniger auf Schöpfungshöhe oder dass ich keine Wortwiederholungen hinklatsche.
Da ist es wirklich das Fachliche, was für mich wichtig ist. Und da sind mir Rechtschreibfehler vollkommen egal.


ZitatLeute dafür anzumeckern, dass sie schlampig arbeiten, bei 500 Seiten Manuskript, wenn da mal ein Fehler alle 50 Seiten auftaucht ... na, ich weiß ja nicht.

@Slenderella: Ich habe niemanden angemeckert. Ich habe ja auch gesagt, dass ich niemanden an den Pranger stelle. Und ich sage noch einmal: Das ist ein Punkt, den ich so empfinde. Ich bin jedoch nicht das Maß aller Dinge. Ich bin alles andere als repräsentativ.
Ich setze halt alles dran, dass bei mir nicht alle 15 Seiten oder 50 Seiten ein Rechtschreibfehler auftaucht. Aber das ist halt meine Art.

@Waldhex: Ja, ich stimme Ihnen zu: wenn auf Seite 50 der linke Arm verletzt und auf Seite 52 plötzlich der rechte und der linke gesund, dann darf man den Autoren die Pfanne geben.
Mir kam es halt darauf an, anzuprangern, dass eine Idee verurteilt wird, weil sie nach den heutigen wissenschaftlichen Kenntnissen nicht umsetzbar ist.



Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Kerstin am 19. August 2017, 17:29:01
Zitat von: Feuertraum am 19. August 2017, 16:35:26
Sobald sich aber jemand hinstellt und sagt: Ich will als Profi angesehen werden und in einem (großen) Verlag veröffentlichen, dann erwarte ich auch Professionalität. Dann erwarte ich, dass der Autor/die Autorin so ziemlich alles in die Wege leitet, um einen fehlerfreien Text abzuliefern, sei es eben durch die Rechtschreibprüfung (und seien wir realistisch: selbst wenn diese "nur" 95% aller falsch geschriebenen Wörter erkennen, kann man die Quote schon mal senken) und dadurch, dass man 1 - 3 Leuten den Text in die Hand drückt, damit diese nochmal schauen.
Also als jemand der für große Verlage schreibt: Das stimmt schlicht und ergreifend nicht. Wenn 2 Fehler auf 30 Seiten ein Ablehnungsgrund wären, dann hätte ich noch kein Buch veröffentlicht.  ;)
Natürlich geht bei mir eine Rechtschreibkorrektur drüber und natürlich lesen meine Texte auch zig Personen gegen, aber es bleiben eine ganze Reihe Fehler drin. Ich überarbeite meine Texte wenigstens ein Dutzend Mal - danach sehe ich auch nichts mehr. Vor allem nicht so Kleinigkeiten wie "was" statt "war".
Daran die Professionalität eines Autors bemessen zu wollen, finde ich schon seltsam. (Würde ich nur eine Überarbeitung machen und anschließend Korrekturlesen würde ich auch mehr Fehler finde, aber ich würde mich dann ganz sicher nicht als professioneller betrachten. ;) )
Vor allem auch: Wozu die Mühe? Mein Job ist es eine tolle Geschichte zu schreiben und nicht Wochen mit dem Rückwärtslesen des Manuskripts (einzige Möglichkeit noch Fehler zu finden, wenn man betriebsblind ist) zu verplempern. Es gehen immerhin noch Korrektoren beim Großverlag drüber. Hinzu kommt, dass ich als Autor auch gar keine Ahnung habe, wie die aktuellen Richtlinien des Verlags zu diversen Regeln lauten.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Natürlich geht bei mir eine Rechtschreibkorrektur drüber (es gibt nur keine, die auch nur halbwegs etwas bei Kommaregeln etwas taugt). Natürlich bessere ich jeden Fehler aus, den ich finde. Falls ausreichend Zeit ist, lesen es auch noch ein paar Leute vor der Abgabe (wobei es da eher um inhaltliche Sachen geht). Aber auf eine Quote von nur einem Fehler auf 15 Seiten komme ich nicht.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Aphelion am 19. August 2017, 19:38:43
Automatische Rechtschreibkontrollen sind nicht alles, aber sie sind hilfreich. Bessere Programme erkennen durchaus auch mehr Fehler als die Standardprüfung von Word, OpenOffice etc: dass/das, fehlende Leerzeichen, doppelte Leerzeichen, Bindestriche statt Gedankenstriche, fälschlicherweise großgeschriebene Wörter, unpassendes KNG, einige Kommafehler u.a. Solche Programme gibt es sogar kostenlos.

Danach ist der Text nicht perfekt, aber er ist besser. Mich persönlich nerven vor allem solche Fehler, die selbst ein 08/15-Programm erkennen würde.

Bei einer Verlagsbewerbung stelle ich persönlich andere Ansprüche an meine Arbeit als bei Texten, die in dieser Form veröffentlicht werden sollen. Meiner Ansicht nach soll die Bewerbung vor allem zeigen, dass der Stil passt und sich das Fehlerniveau in einem Rahmen bewegt, in dem andere mit dem Text (und mit mir ;)) arbeiten können.

Zwischen endgültig gedruckten und jederzeit änderbaren Online-Texten würde ich auch noch einmal unterscheiden.

@Kerstin

Der Duden-Korrektor ist für Kommaregeln gar nicht so schlecht. Ich nutze oft aber nur Languagetool.org und selbst dieses Programm erkennt den einen oder anderen Kommafehler. Definitiv nicht alle, aber wenn das Porgramm ohnehin im Hintergrund läuft, verursacht es auch keinen zusätzlichen Aufwand. :)
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Slenderella am 19. August 2017, 20:18:50
Es würde einfach schlichtweg NIE ein Autor veröffentlicht werden, wenn man sagen würde, dass genau nur die veröffentlichen. Jedes Buch in deinem Regal hat einen Fehler. Ganz einfache Kiste. Bei manchen muss man nicht mal groß suchen.
Ganz ehrlich: Kein großer Autor hat Zeit sich jedes Wort als Ganzes anzusehen. In Ruhe, um es auf alles zu prüfen. Dann wäre er nur noch am korrigieren - was nicht mal sein Job ist. Sein Job ist das Schreiben. Solange er einen Text anbieten kann, mit dem Lektorat und Korrektorat anschließend arbeiten können, ohne dafür noch mehr Stundenaufwand zu haben, ist gut. Damit hat er seinen Job gemacht.

@Kerstin
Oah, das was/war Ding macht einen bekloppt. Wird 0 angezeigt und man sieht es stumpf nicht. Genauso wie Fragen ohne Fragezeichen.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Zit am 19. August 2017, 20:20:40
@Feuertraum

Kann natürlich sein, dass auch Ihr journalistischer Background da reinspielt. Ich denke da gerade an den Film "Shattered Glass". Stundenlang fremde Artikel zu korrigieren, ist natürlich etwas, das man als Romanautor nicht macht.
Außerdem denke ich auch, dass in Foren genauso Rechtschreibung und Zeichensetzung gelten wie außerhalb. Es gibt ja auch Menschen, die in Foren/ virtuell alles klein schreiben, weil sie sich nicht die Mühe machen wollen* – was ich als Leser aber auch wieder so empfinde, nicht geschätzt zu werden. Das heißt nicht, dass jeder Text 100% fehlerfrei sein soll. Jeder hat mal einen Buchstabendreher drin oder übersieht ein freilaufendes Komma. (Oder wie ich, dass ich gerne auch mal Wörter vergesse, weil ich schneller denke als ich tippen kann.)

*Was ich auch nicht ganz verstehe, weil es für mich schwieriger ist, klein zu schreiben als richtig zu schreiben.

@Denamio

Das ist schade. Ist es denn wirklich Unsicherheit oder Legasthenie? Ich denke, gerade bei Letzterem würde ich auch keine 100% fehlerfreien Texte erwarten. Und dass die Mods rumschimpfen, ist auch eher wenig(er geworden). Zumal viele Sachen auch Geschmackssachen sind, gerade bei der Kommasetzung. (Und manche Dinge sehen wie Fehler aus, sind es aber nicht, bspw. "er mauerte" für eine "Schutzhaltung"/ Abwehr im Gespräch. Das war ein Ausdruck, den ich noch nie gehört hatte.)

Aber zum eigentlichen Thema:

Ich habe auch nicht den Eindruck, dass mehr Fehler gemacht werden als früher. Es ist nur eher so, dass bei bestimmten Verlagen/ Formen (schnödes Taschenbuch, C-Titel) vermehrt Fehler auftauchen als bei anderen Dingen. Umso mehr fallen aber auch Fehler auf, wenn sie denn auftreten. Wie die eine Zeile im HC von "Dreckswetter und Morgenröte", in der jegliche Leerzeichen zwischen den Wörter fehlen. In dem Ausmaß war das neu für mich.

ZitatVor allem auch: Wozu die Mühe? Mein Job ist es eine tolle Geschichte zu schreiben und nicht Wochen mit dem Rückwärtslesen des Manuskripts (einzige Möglichkeit noch Fehler zu finden, wenn man betriebsblind ist) zu verplempern.

Ja und nein. Für mich spielt Rechtschreibung und Zeichensetzung auch rein wie der Leser den Text am Ende versteht. Nicht nur von wegen "Kommaregeln retten Leben". Ich finde es einfacher, dem Leser meine Gedanken näher zu bringen, wenn er nicht dadurch abgelenkt wird, erstmal entziffern und deuten zu müssen, was ich genau geschrieben habe. (Glücklicherweise muss er sich nicht auch noch mit meiner Handschrift herumschlagen, da hätte ich gnadenlos verloren. Da wären auch Fehler völlig egal. ;D) Wie gesagt, 100% erwarte ich auch nicht. Das andere Extrem keiner Korrektur ist aber auch nicht so schlau. (Ja, das hast du nicht gemeint, ich sags nur als Beispiel.)
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Slenderella am 19. August 2017, 20:26:43
Die Leerzeichen sind ein Problem beim Buchsatz. In meinem ersten War Chant Kapitel hab ich auch kreativ zusammengeschrieben Wörter, die da in meinem Text nicht drin waren. Passiert leider :(
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: FeeamPC am 19. August 2017, 21:18:02
Yep. Und manchmal ohne jeden Grund. Ich sehe das Dokument an, alles in Ordnung. Ich schließe das Dokument und öffne es wieder,  :seufz: - wo sind diese gottverdammten Leerzeichen abgeblieben?
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Zit am 19. August 2017, 22:40:20
;D Ja, das kann ich nachfühlen. Manchmal passieren merkwürdige Sachen. War dem Verlag/ Setzer ja auch nicht böse, nur erstaunt. Das restliche Buch ist in der Hinsicht erstaunlich fehlerfrei.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Peftrako am 20. August 2017, 08:32:14
In einer Zeit, in der Geiz geil ist und der Preis einer der entscheidenden Faktoren für den Verkauf geworden ist (ganz gleich, um welche Artikel es sich handelt), bleibt dem Verkaufenden nur noch die Kostenseite als Stellschraube. Wenn die Marge erhöht werden soll, wird in der Regel an den Kosten gedreht. Da stellt sich für einen Verlag sicher irgendwann die Frage, ob der fünfte Korrekturlauf denn sinnvoll ist, wenn am Ende nur weitere 2 kleine Fehler gefunden werden?

Ich denke, dass die Verlage (und je kleiner, desto deutlicher) bewusst die Gradwanderung zwischen Perfektion und Marge eingehen. Ich persönlich finde beim "normalen" Lesen von Romanen keine Fehler. Da bin ich viel zu vertieft in das Buch. Oder es muss schon ein deutlich grober Schnitzer sein, dass ich darüber stolpere.

Ob die Verlage immer nachlässiger werden? Ohne eine konkrete Statistik zu kennen, behaupte ich, dass dies in manchen Fällen sogar absichtlich der Fall ist, um rentabel zu bleiben. Der Verlag verdient nichts an einem perfekten und fehlerfreien Buch ohne Marge.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Christopher am 20. August 2017, 09:33:44
Zitat von: Coppelia am 19. August 2017, 06:55:42
Weil sie jeder winzige Fehler - vorhanden oder nicht - in ihrer Theorie bestätigt, dass sie es besser wissen und andere ständig Fehler machen, kann ich mir gut vorstellen, dass sie dann solche Threads eröffnen und sich darüber auslassen, wie viele Fehler andere machen.

Das ist tatsächlich ein bekanntes psychologisches Phänomen. Die eigene "Richtigkeit" die man irgendwo mal erlebt hat (sei es, dass man mal ein Diktat mit einer 1- geschrieben hat oder sonst was), bewirkt, dass man auch weiterhin von seiner eigenen Kompetenz überzeugt ist - ob vorhanden oder nicht. Sich selbst in Frage zu stellen, ist sehr schwer.

Was die Fehler angeht:
In "Der Name des Windes" hab ich auch etliche Rechtschreibfehler gesehen und ein paar kleinere Logikfehler. Obwohl es mit Sicherheit ein extraklasse Lektorat bekommen hat und auch noch übersetzt ist. Stört mich das? Nein. Wer Leute anmeckert, die Texte mit mehreren hunderttausend Wörtern produzieren, weil sie da tatsächlich ein paar Fehler drin haben, sollte mal dringend seinen Kopf aus dem A*** ziehen  ::)
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Feuertraum am 20. August 2017, 09:39:44
Zitat von: Zitkalasa am 19. August 2017, 20:20:40
Kann natürlich sein, dass auch Ihr journalistischer Background da reinspielt.

Das eher weniger, aber dazu zwei Punkte:

1. Ich versuche weiterhin mein Glück und schreibe fleißig Bewerbungen an Radiostationen, weil ich immer noch hoffe, eine Stelle als Volontär zu bekommen. Und in etwa fast allen Stellenanzeigen heißt es explizit: "Wir erwarten gutes Deutsch in Wort und Schrift."
Mit anderen Worten: auch rechtschreibfehlerfreies Deutsch.

2. Auch wenn ich bisher "nur" drei Praktika im medialen Bereich absolvieren durfte, so habe ich in jedem dieser Betriebe festgestellt, dass mindestens ein Duden im Regal/auf einem Schreibtisch stand.
Auch hatte ich zufällig in einer Radiosendung in einem Gespräch gehört, dass sich jemand ein wenig wunderte, dass ein Wörterbuch in der Redaktion stehe. Der Hörer würde doch nicht sehen, wenn ein Wort falsch geschrieben sei.
Die Antwort jedoch: "Das ist zwar richtig, aber Kollegen oder man selber stolpere darüber und stört sich dran."

Ich kann mich übrigens noch an einen Pauker erinnern (damals gab es noch die Orientierungsstufen, bei denen seinerzeit entschieden wurde, ob man auf die Haupt- oder die Realschule oder sogar aufs Gymnasium kam), der grundsätzlich eine Note tiefer ging, wenn einer seiner Schützlinge im Aufsatz einen Rechtschreibfehler begangen hatte. Brillanter Aufsatz, aber zwei RS-Fehler, darum leider nur eine 2  :gähn:
Aber das ist mittlerweile 37 Jahre her. Ich glaube, der Gutste dürfte inzwischen ein äußerst stattliches Alter erreicht haben.
Dennoch: So etwas prägt halt irgendwo.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Angela am 20. August 2017, 09:53:30
Ich leihe mir in Kanada viele Bücher aus den Büchereien aus, das sind zum Teil auch ältere Werke, und ab und zu habe ich da welche dabei, bei denen mit Bleistift alle paar Seiten Fehler verbessert worden sind.
(Das erinnert mich dann immer übel an einen XY-Fall einer ermordeten Lehrerin, die Briefe einer Kontaktanzeige korrigiert hat)
Ein paar Fehler findet man wohl immer, aber ich sehe es schon so, dass ich nicht ständig über welche stolpern möchte.
Wobei mir die vor meiner Schreiberzeit nie aufgefallen wären, erst jetzt fallen mir Sachen wie fehlende Leerzeichen nach Punkten auf. Ein Bekannter von mir macht eine viel besuchte Juistseite. Er kümmert sich nicht um Rechtschreibung oder Kommasetzung, seine meisten User auch nicht, aber ab und an beschwert sich dann jemand bei ihm (oder meinem Mann, weil die beiden geschäftlich verbandelt sind).
@Denamio, same hier, ich habe eine Rechtschreibschwäche und weiß oft genug nicht, wie die einfachsten Wörter geschrieben werden.

Mein Sohn (alle meiner Kinder haben eine Rechtschreibschwäche) hatte übrigens eine Lehrerin, die ihm stumpf für seinen Aufsatz eine 5 gegeben hat, weil er genug Fehler zusammen hatte. Ich hatte auch so eine in meiner Schulzeit. Die machen so viel kaputt, diese kleinen Lichter.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Churke am 20. August 2017, 10:27:34
Zitat von: Feuertraum am 20. August 2017, 09:39:44
Und in etwa fast allen Stellenanzeigen heißt es explizit: "Wir erwarten gutes Deutsch in Wort und Schrift."
Mit anderen Worten: auch rechtschreibfehlerfreies Deutsch.

Sie werden nicht viele Redakteure finden, die ein solches Deutsch erkennen können.  ::)
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: FeeamPC am 20. August 2017, 12:10:16
@Angela: Einer der Söhne meiner Schwester ist ebenfalls Legastheniker. Sie hat mit ihm eine einwöchige Spezialschulung nach der Davis-Methode mitgemacht.  Oder besser gesagt, er hat, weil das ein mehrtägiger Kurs mit 1:1-Betreuung ist, der privat bezahlt werden muss. Teuer, aber danach hat  er gerne gelesen, sein Schreiben wurde drastisch besser, und er hat sich sich systematisch in der Schule auf bessere Noten arbeiten können, und heute schreibt er von meine drei Neffen die besten Briefe. Die Methode wirkt. Und sie kann auch bei Erwachsenen noch angewendet werden (wenn es auch heißt, die Erfolge sind bei Kindern besser).
Und es ist eben eine einmalige Sache.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Erdbeere am 20. August 2017, 12:15:24
Als jemand, der eine monatliche Serie für einen Verlag schreibt: Ja, es schleichen sich Fehler ein. Fehler, die man selbst nach einem Dutzend Durchgängen inklusive zweimal Lektorat und Korrektorat nicht mehr sieht. Der zeitliche Druck, unter dem wir stehen, ist enorm hoch. Weder wir Autoren noch unsere Lektoren sind Maschinen, und nach einer gewissen Zeit stellt sich schlicht und einfach Betriebsblindheit ein. Da passiert es eben, dass ein vergessener Buchstabe übersehen wird oder ein Fallfehler drin ist (den statt dem z.B.).
Ich empfehle jedem Leser, der sich an solchen Sachen extrem stört, sich einmal in unsere Lage zu versetzen - und einmal für ein paar Monate unsere Arbeit zu machen. Dann darf er gerne weiter meckern. ;)


Als Leserin fallen mir Fehler nur auf, wenn mich das Buch zu wenig fesselt. Dann lese ich langsamer und damit genauer. Aber die Fehler stören mich nicht mehr, seit ich weiß, wie viel Arbeit tatsächlich in so einem Buch steckt.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Kerstin am 20. August 2017, 20:51:10
@Aphelion: Ich habe den Duden-Korrektor und er ist nicht schlecht. Reicht bei mir aber nicht, um weniger als einen Fehler auf 15 Seiten zu machen. Trotzdem möchte ich nicht mehr ohne leben. :)

@Zitkalasa: Natürlich meine ich das nicht. Ich predige auch meinen Schülern immer, dass sie möglichst fehlerfreie Manuskripte abgeben müssen. Lässt sich ja auch recht einfach ausrechnen, was man selbst sich als Fehler leisten darf. Korrektoren haben meines Wissens nach eine Zielsetzung von etwa 95 %.
Hat man also ein 400 Seiten Manuskript und auf jeder Seite nur einen Fehler, bleiben noch 20 drin. Das wäre recht viel.
Kommt man aber auf etwa einen Fehler alle 4 Seiten, wären es nur noch 5 und das wäre für die meisten Leser im akzeptablen Bereich.
Das habe ich mir mal ausgerechnet und seither habe ich das als meine persönliche Zielsetzung.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Sturmbluth am 21. August 2017, 10:16:40
Zitat von: Erdbeere am 20. August 2017, 12:15:24
Als jemand, der eine monatliche Serie für einen Verlag schreibt: Ja, es schleichen sich Fehler ein. Fehler, die man selbst nach einem Dutzend Durchgängen inklusive zweimal Lektorat und Korrektorat nicht mehr sieht. Der zeitliche Druck, unter dem wir stehen, ist enorm hoch. Weder wir Autoren noch unsere Lektoren sind Maschinen, und nach einer gewissen Zeit stellt sich schlicht und einfach Betriebsblindheit ein. Da passiert es eben, dass ein vergessener Buchstabe übersehen wird oder ein Fallfehler drin ist (den statt dem z.B.).
Ich empfehle jedem Leser, der sich an solchen Sachen extrem stört, sich einmal in unsere Lage zu versetzen - und einmal für ein paar Monate unsere Arbeit zu machen. Dann darf er gerne weiter meckern. ;)
Es geht doch nicht darum, dass da "mal ein Fehler" mit dabei ist, sondern um die Fälle, bei der sich gefühlt auf jeder dritten Seite einer findet und das dann eben klare Schlamperei ist. Das ist, was mich ärgert und nicht, dass es überhaupt mal Fehler gibt.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Erdbeere am 21. August 2017, 12:28:56
@HSB Schlamperei? Hast du da vielleicht grad ein Beispielbuch rumliegen bei dir, wo sich so viele Fehler häufen? Dann könnte man das nachvollziehen. Gewisse Dinge sind ja auch sehr subjektiv.
Klar stehen die Lektoren alle unter enormem Zeitdruck ("da, korrigier mal 350 Seiten übers Wochenende"), aber sie sind keine Maschinen. Ich glaube nicht, dass auch nur irgend ein Lektor, Korrektor und Autor Fehler absichtlich stehen lässt - und genau das wäre Schlamperei. Es trotz besseren Wissens stehen lassen.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Churke am 21. August 2017, 14:09:43
Zitat von: Erdbeere am 21. August 2017, 12:28:56
Klar stehen die Lektoren alle unter enormem Zeitdruck ("da, korrigier mal 350 Seiten übers Wochenende"), aber sie sind keine Maschinen.

Vom Lektor bekommt man übers Wochende kein fehlerfreies Manuskript zurück. Das muss ein Verlag wissen. Wenn er den Auftrag trotzdem so rausgibt, dann ist es ihm offensichtlich egal.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Faye am 21. August 2017, 21:37:52
Ich muss sagen, ich stimme Kerstin in ihrem allerersten Beitrag zu diesem Thema zu (ich habe das Thema heute erst entdeckt).
Natürlich finde auch ich Fehler in teilweise sehr guten und bekannten Büchern. Meist sind es nur Tippfehler, die jedem beim Schreiben unterlaufen können und die beim Drüberlesen auch nicht immer direkt auffallen. Wenn der Leser die Fehler schon kaum findet, auch wenn er das Buch aufmerksam liest, dann denke ich nicht, dass man gegenüber Lektoren den Vorwurf äußern kann, dass sie nachlässig wären. Sie bekommen jeden Tag viel zu lesen und zu überarbeiten und das war auch früher nicht anders, so kann man schnell man einen Rechtschreibfehler oder irgendetwas übersehen. Und außerdem kann man als Leser kleinere Fehler auch getrost übersehen und wenn man sich nicht darüber aufregt, stören sie einem im Lesefluss überhaupt nicht. Bei gravierenden Logikfehlern sollte der Lektor natürlich aufmerksam werden, aber solche habe ich in guten Büchern noch nie gefunden.
Und ich kann Kerstin in noch einem Punkt zustimmen, denn früher sind mir solche Fehler tatsächlich weniger aufgefallen, was aber wohl daran lag, dass ich noch jünger war und selber die Regeln der Rechtschreibung noch nicht vollständig beherrschte und daher auch nicht darauf achtete.
Insgesamt, um nochmal auf die Hauptfrage zurückzukommen, meiner Meinung nach werden die Verlage nicht nachlässiger, jedenfalls meiner eigenen Erfahrung nach.
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Slenderella am 25. August 2017, 17:44:42
Doch an sich sind mir Lekoratsfehler (denn Rechtschreibung ist Sache des Korrektorats) schon untergekommen. Unter anderem in Hohlbein Büchern (Dreizehn weiß ich noch namentlich und ist immer mein Paradebeispiel für ein fehlerhaftes Lektorat).
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Judith am 25. August 2017, 23:08:47
Mir fallen in den letzten Jahren schon gehäuft Fehler auf (unabhängig ob Deutsch, Englisch oder Übersetzung) und ich lese zu 95% Bücher aus Publikumsverlagen. Ich habe den Eindruck, dass sie bei Ebooks etwas gehäufter auftreten und nein, es geht nicht um reine Ebook-Veröffentlichungen.

Mich reißt jeder Fehler, der mir auffällt, raus, da kann ich noch so gefesselt von dem Buch sein. Das Problem ist wohl, dass ich eine Weile nebenberuflich wissenschaftliche Arbeiten korrekturgelesen habe und diesen "Fehlerblick" nicht abstellen kann. Gleichzeitig graust es mir dann immer vor der Überlegung, wieviele Fehler mir wohl bei meinen Aufträgen durch die Lappen gegangen sind (in meiner Diplomarbeit habe ich auch etwa 4 Tippfehler übersehen, da ich sie nur selbst korrekturgelesen habe  :versteck:).
Ich würde wirklich gern meinen Fehlerblick für das Freizeitlesen abstellen. Ich kanns nur nicht und deshalb stört es mich, dass die Fehler mir in letzter Zeit gefühlt häufiger unterkommen. Zuletzt bei "The Lie Tree" von Frances Hardinge (Verlag ist Macmillan, also kein kleiner).
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Churke am 28. August 2017, 10:58:24
Alternative Theorie: Allgemeiner Verfall des sprachlichen Niveaus.  >:(

Habe das letzte Wochenende damit verbracht, herein lektorierte Fehler aus einem Manuskript wieder raus zu machen.
Es werden falsche Kasus gesetzt und es herrscht extreme Unsicherheit beim Gebrauch des Konjunktivs. Im Prinzip hat sie mir genau die Fehler rein gemacht, über die ich mich in anderen Büchern immer ärgere.
Hinzu kommen massenhaft Eingriffe in Formulierungen, die die Semantik verschieben und das – zweifellos unbewusste – Weglektorieren von Konnotationen. Dafür fordert sie deskriptive, austauschbare Floskeln ein wie ,,...strich sich über die braunen Haare", um dem Ganzen mehr ,,Tiefe" zu verleihen.

Das ist nicht meine erste Erfahrung dieser Art. Ihre Fehler sind so geläufig, dass sie längst für richtig gehalten werden. Sie stehen in den Büchern, alle machen sie nach. Nur wer vom alten Eisen ist, der steht daneben und fasst sich an den Kopf.  :ithurtsandstings!:
Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Angela am 29. August 2017, 09:17:35
Churke, wenn das aber so Usus wird, ist es halt normal, und das, was wir gelernt haben, ist zwar richtig, aber keinen kümmert es.  ;D

Titel: Re: Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?
Beitrag von: Churke am 29. August 2017, 11:39:10
So einfach ist das leider nicht, da mit den - ich sage mal alten - Formen auch deren Bedeutungen verloren gehen. Immerhin merkt man noch, dass etwas fehlt, und verschiebt die Aussagen, die früher in der Grammatik steckten, in formelhafte Erklärungssätze.

Das ist eigentlich das, was ich aus dem Lektorat mitnehme: Plötzlich begreife ich, weshalb die Bücher so sind, wie sie sind.  :D