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Fantasy All Ager - die neuen Groschenromane

Begonnen von Maria, 25. März 2010, 21:01:31

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Rika

@Lomax - :rofl: Dankeschön, die Aufheiterung kann ich grade gut gebrauchen!

Zitat von: Aryana am 26. März 2010, 09:36:05
Viele, was so gern als Infantilität abgetan wird, ist doch eigentlich eher eine Zuwendung zu dem Kind in uns, das auch seine Daseinsberechtigung haben will. Klingt jetzt doof, aber ich weiß nicht, wie ich das anders ausdrücken soll. ich wäre manchmal gern wieder so simpel und unbeschwert sorglos, wie ich es als Kind sein konnte. Und wenn mir ein Buch ein bisschen von diesem guten Gefühl wiedergibt, wenigstens für einen Moment - warum sollte ich dann diese Tür zuknallen und den Schlüssel wegschmeißen, wenn ich doch nur ab und zu mal durchgucken möchte? dass es kein Zurück gibtm ist klar. Aber erinnern darf man sich doch.
:pompom:

Kuddel

Und das Kind in uns ist gut. Stellt euch mal vor, wir wären alles in der Realität verankerte Erwachsene. Wo blieben dann die Elfen, die uns nachts im dunklen Wald beschützen? Jeder von uns lebt sein Kind in den Geschichten aus. Wer von uns hat sich nicht schon köstlich über eine Szene in einem Buch amüsiert und das mitten in der Bahn? Oder wenn wir sie geschrieben haben? Die kindliche Freude, wenn wir endlich wissen, wie wir unseren Helden ausbrechen lassen.

Sollen die restlichen Erwachsenen doch denken, dass das Kinderkram ist, was wir machen. Wir haben Spaß daran, diesen "Kinderkram" zu schreiben und auch zu lesen. ;D
The first draft of everything is shit - Ernest Hemingway

Ary

@Lomax:  :rofl: *gröhl*
Natürlich gibt es so blaue Haje. Das ist eine Unterart von Prionace glauca, dem gemeinen Blauhai: Prionace glauca spec. ikeaa.
Lebensraum: Filialen eines speziellen schwedischen Möbelhauses. Geht gern eine Symbiose mit Autoren ein. Frisst zuweilen Hamster. Auf artgerechte Haltung in Atorenwohnzimmern und auf Autorenschreibtischen ist zu achten.
;D
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Leon

Nur weil man »Erwachsen« ist hat man nicht mehr - und sei es nur für ein paar Stunden - abzutauchen in andere Welten. So zu sagen, flucht vor der Realität.  :(

Ein Erwachsener darf auch nicht mehr, nur des unbeschwerten Lesevergnügens willen, lesen. Auch nicht um sich zu entspannen. Nein, ein Erwachsener hat zu lesen, um sich mit Gehirnakrobatik fit zu halten.  :(

Ich glaube, wenn dem so ist, dann bleibe ich lieber ein Kind, und habe Spaß und Freude am lesen.  ::)

Gargoyle

#19
Meiner Meinung nach schwingt bei solchen Kommentaren eine gewisse Portion Neid mit. Einige Literaturwissenschaftler können es wohl nicht verstehen, dass ihre ach so hoch gelobte deutsche Gegenwartsliteratur in den Regalen der Buchläden vergammelt. Wie kann das nur sein? Die Erklärung: die meisten Menschen sind einfach nicht ,,reif" dafür, zu infantil. Doch diese Damen und Herren unterliegen einem großen Irrtum. Diese Literatur ist in der Regel nicht ,,zu hoch" für die Leute, sie ist in fünfundneunzig Prozent aller Fälle schlichtweg zu langweilig. Hier mal mein Lieblingszitat von Herrn Reich-Ranicki:

Kein Zweifel, ein hochinteressantes, ein brillantes Buch. Ich habe es nach dreißig Seiten weggelegt, weil es unaussprechlich langweilig war.

In Ländern oder Regionen, wo diese strikte Trennung zwischen U- und E-Literatur nicht gezogen wird, sieht man die Sache viel entspannter. In den USA zum Beispiel verstehen es Gegenwartsliteraten wie Paul Auster und Cormac McCarthy (um nur zwei Beispiele zu nennen, ich liebe ihre Bücher) ein sprachlich hohes Niveau mit spannenden Plots zu verbinden. Das ist für diese Schriftsteller kein Widerspruch, im Gegenteil. Nur in Deutschland hat anspruchsvolle Literatur erst einmal langweilig zu sein, weil sie sonst womöglich unterhält und dann wäre sie ja nicht mehr anspruchsvoll. Alles klar?!  ??? ;D

Ary

Ich glaube, da hat Gargoyle ein typisches Problem eingekreist - was unterhält, kann ja nicht anspruchsvoll sein. Ich könnte gegen die Wand rennen, wirklich.  :wums: Und ich kann es nicht nachvollziehen, weil es wirklich viele gute Bücher gibt, die anspruchsvoll sind und mich trotzdem - oder gerade deswegen (?) unterhalten.
Vielleicht brauchen wir auch eine neue Definition des Wortes "Unterhaltung" beim Lesen. Wann unterhält ein Buch einen Leser?
Für mich ist ein Buch ein "gutes" Buch, wenn es sprachlich anspruchsvoll ist, ohne vor Wortakrobatik zu verschwurbeln, wenn der Plot interessant ist und die Charaktere Tiefgang haben.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Maran

In ca. 100 Jahren gehören die in der heutigen Zeit geschriebenen Bücher zu den Klassikern. Dann sind werden sie bestimmt mit anderen Augen gesehen werden. Und dann ist es wohl auch völlig unerheblich, ob die Romane "gut" oder "schlecht geschrieben" sind, oder in welchem Genre sie spielen. Es sind Klassiker und somit von vornherein anspruchsvoll ...  :darth:

Lomax

Zitat von: Gargoyle am 26. März 2010, 16:45:33In Ländern oder Regionen, wo diese strikte Trennung zwischen U- und E-Literatur nicht gezogen wird, sieht man die Sache viel entspannter. In den USA zum Beispiel ...
Nun ja, dass es diese Trennung in den USA nicht gäbe, ist wohl ein typisches deutsches Vorurteil. Aber auch dort hat Genre-Literatur einen Ruf, der sie von höheren Weihen ausschließt - King beispielsweise hat sich daran ja gerne abgekämpft ;)
  Wahr ist allerdings, dass dort Phantastik nicht per se von der Literaturfähigkeit ausgenommen ist, dass kommerziell erfolgreiche Literatur zumindest einen eigenen, bedeutsamen Stellenwert hat - und dass da auch die "Hochliteratur" oft etwas flotter und unterhaltsamer daherkommt und sich nicht an immer denselben Bauchnabel-Themen abarbeitet wie hier in Deutschland.
Zitat von: Maran am 26. März 2010, 17:06:30In ca. 100 Jahren gehören die in der heutigen Zeit geschriebenen Bücher zu den Klassikern. Dann sind werden sie bestimmt mit anderen Augen gesehen werden. Und dann ist es wohl auch völlig unerheblich, ob die Romane "gut" oder "schlecht geschrieben" sind, oder in welchem Genre sie spielen. Es sind Klassiker und somit von vornherein anspruchsvoll ...
Kann man so auch nicht sagen. Die populären und als trivial geltenden Romane von vor hundert Jahren oder zu Goethes Zeiten gelten ja heute auch nicht als Klassiker - sie sind schlichtweg vergessen. Was in hundert Jahren als Klassiker gilt, sind also vermutlich auch nicht alle dann "alten" Bücher, sondern nur diejenigen, die es schon in unserer Zeit in den Kanon des Schulbetriebs und des Lehrbetriebs der Universitäten geschafft haben. Und ein paar wenige, besonders erfolgreiche "schlechte" Bücher, die sich aus eigener Kraft einen dauerhaften Platz in den Herzen der Leser erkämpfen.
  Mitunter passiert allerdings auch das Umgekehrte, dass zu Lebzeiten als "Klassiker" verehrte Romane in späteren Zeiten als trivial eingestuft werden, sich die literarische Welt ihrer eigenen Geschmacksverirrung schämt und diese Bücher am liebsten vergessen möchte - Raabe sei hier mal als Beispiel genannt. Ich denke mal, die Tiefen der kultusministeriellen Vorgaben fürs bayrische Abi sind der letzte Ort, wo dieser Autor heute noch als wertige "Literatur" gilt ;D Und dann und wann erfahren auch "verkannte" Autoren eine spätere Würdigung ... aber alles in allem ändert sich auch in hundert Jahren nicht so viel an der Einstufung zwischen U und E. Zumindest wenn man betrachtet, wie es sich in den letzten Jahrhunderten so entwickelt hat.

Judith

Zitat von: Gargoyle am 26. März 2010, 16:45:33
Meiner Meinung nach schwingt bei solchen Kommentaren eine gewisse Portion Neid mit. Einige Literaturwissenschaftler können es wohl nicht verstehen, dass ihre ach so hoch gelobte deutsche Gegenwartsliteratur in den Regalen der Buchläden vergammelt.

ZitatNur in Deutschland hat anspruchsvolle Literatur erst einmal langweilig zu sein, weil sie sonst womöglich unterhält und dann wäre sie ja nicht mehr anspruchsvoll.

Ehrlich gesagt könnte ich aber hier gegen die Wände rennen. Es gibt so einiges an deutscher Gegenwartsliteratur, die mitnichten in den Buchläden vergammelt, sondern ganz oben auf den Bestsellerlisten zu finden ist. Genauso, wie sie nicht grundsätzlich langweilig ist. (ich werf hier nur mal Thomas Glavinic oder Daniel Kehlmann in die Runde) Da gibt es halt solche und solche - aber das ist ja bei "U"-Literatur nicht anders. Es ist ja nicht so, dass sich da sämtliche Bücher toll verkaufen und an spannender Handlung nicht zu überbieten sind ...

Gargoyle

Natürlich habe ich meinen Beitrag bewusst etwas provokativ verfasst, natürlich ist nicht alles so schwarz oder weiß, wie ich es dargestellt habe  ;). Aber so wie Lomax es ebenfalls sieht, muss man feststellen, dass die Überschneidung zwischen E und U in Deutschland immer noch ziemlich klein ist. Mittlerweile wird es auch hier etwas lockerer gesehen, bis vor kurzem hatte man als Deutscher Hochliterat die Gegenwart und die Geschichte dieses Landes abzuarbeiten, sonst landete man gleich in der ,,Krimiecke" oder auf dem Wühltisch. Man muss auch feststellen, dass den E-Literaten häufig die spannenden Themen fehlen, wenn sie über die Gesellschaft der Gegenwart schreiben wollen. Zumindest tun sie sich damit schwer. Man könnte es auch so formulieren: Sie haben keine Geschichten mehr zu erzählen, jedenfalls keine die (vor allem mich) vom Hocker hauen. Gescheiterte Existenzen, die in Clubs und Kneipen rumhängen, sich ohne Ziel durch den Tag treiben lassen und sich durch die Gemeinde vö...... Toll, da brauche ich nur aus der Wohnung zu gehen und mich in die erste Bar oder Kneipe in Kreuzberg zu setzen. Da brauche ich nur bei meinem Rewe an der Kasse zu stehen. Das habe ich jeden Tag vor Augen, verstehe auch die Zusammenhänge, das brauche ich nicht auch noch in meiner wenigen Freizeit zu lesen. Ja, es gibt, wie ich geschrieben habe, erfreuliche Tendenzen und Ausnahmen, wie Kehlmann, (obwohl sein neues Buch ,,Ruhm" auch wieder nur das übliche Gegenwarts BlaBla geboten hat.)
Ich will doch einfach nur, dass unsere jungen Literaten wieder Geschichten erzählen, echte Geschichten. Bis dahin muss ich mich halt in anderen Ländern umschauen.  :buch:

Thaliope

@Gargoyle: Ein sehr schönes Statement, der meine Ansicht zur Gegenwartsliteratur bereichert. Dankeschön :)

Geli

@Gargoyle - junge oder alte Literaten können nur dann Geschichten erzählen, wenn sie selbst welche erleben, oder zumindest jemanden kennen, der welche erlebt (hat).
So - und nun schau Dich mal hierzulande um: Gepflegte Langeweile.

Ary

@Gargoyle:  :pompom:
Genau mein Problem mit vielen Büchern der aktuellen gegenwartsliteratur. Wundert es da denn noch wen, dass viele Leute bei dem Wort "(Hoch)Literatur" die Augen verdrehen? Ich finde immer noch, die größte Kunst ist es, anspruchsvoll zu schreiben (und damit meine ich alles, was "scheiben" umfasst - Charaktere, Sprache, Plot) und dabei eine Geschichte zu erzählen, die neugierig macht. Aber vielleicht stellen wir auch einfach zu große Ansprüche? Ich weiß es nicht. Eine gut erzählte Geschichte muss ja noch nicht mal actionreich sein oder übertrieben spannend. Aber sie muss mich schon interessieren, und das möglichst auf mehr als nur einer Ebene. Sprachlich anspruchsvoll und plotlos reicht mir nicht.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Judith

Nun ja, aber ob jemand über die Gesellschaft der Gegenwart schreibt, sagt noch nichts über die Zuordnung zu "U"- oder "E"-Literatur (die ich übrigens auch unsinnig finde) aus. Viel "Trivial"literatur ist in unserer jetzigen Gesellschaft verankert (und aus meiner persönlichen Sicht gähnen langweilig), während umgekehrt  sogenannte "Hochliteratur" ebenso auch andere Themen und Zeiten behandelt - Kehlmann mit der "Vermessung der Welt" ist da nur ein Beispiel; auch Christoph Ransmayr wäre hier zu nennen oder Thomas Glavinic, dessen "Arbeit der Nacht" beinahe in die Sci-Fi-Richtung geht.
Klar gibt es Tendenzen in eine bestimmte Richtung, aber gerade als Fantasyschreiber ärgern wir uns doch, wenn Fantasy (bzw. in dem Fall speziell "All Ager") nur über einen Kamm geschert wird. Ich finde, gerade wir sollten das dann nicht bei anderen Literatursparten genauso machen.

Ary

Schon klar, sollte man nicht. Ich sage ja auch nicht, dass mich Hochliteratur NUR langweilt und ich NUR Fantasy toll finde. Es gibt in allen Genres gutes und schlechtes, aber ich bin es langsam einfach nur noch leid, dass Fantasy von vielen literarisch gebildeten Menschen (Tintenzirkler ausgeschlossen) grundsätzlich mit Schund gleichgesetzt wird.
Es gibt genug Literatur mit phantastischen Elementen, die ansprchsvoll ist, ja. Es gibt auch vieles an interessanter Gegenwartsliteratur ohne phantastische Elemente, ja. Es gibt auch Schrott in der Phantastik, ja.
Aber eben nicht NUR. Und ich wünschte einfach, diese Groschenromanvergleiche und Eskapismusvowürfe würden endlich mal aufhören.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.