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Wie muss Euer Text aussehen, damit Ihr persönlich zufrieden seid?

Begonnen von Zonka, 21. Februar 2010, 17:55:38

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Zonka

Wie muss Euer Text aussehen, damit Ihr persönlich zufrieden seid?

Nach meiner Rohfassung war ich erst einmal zufrieden, daß ich das Gesamtprojekt zu einem ordentlichen Ende geführt habe, alles ordentlich in Normseiten getippt.
Danach habe ich mich bei jeder Überarbeitung gefreut den Text zu straffen, Fehler auszumerzen und Füllwörter abzuschießen.

Jetzt habe ich so einen Punkt erreicht, an dem ich denke, daß der Text noch nicht fertig sein kann, aber mich auch frage, ob ich zu pingelig bin und jedes Wort auf die Goldwaage lege, Sachen problemtisch sehe, die Testleser gar nicht bemängeln.

Könnt Ihr Eure eigenen Texte in der Qualität selbst gut einschätzen, wisst Ihr,
jetzt ist es "gut genug" für einen Wettbewerbsbeitrag, oder eine Bewerbung?
Ist das einfach ein Erfahrungswert, den man in der Abwicklung mehrerer Projekte lernt?



Liebe Grüsse
Zonka

Ary

Eigentlich bin ich mit meinen Texten nie zufrieden, noch nicht mal, wenn sie irgendwo eingereicht sind.
Eine Rohfassung ist eine Rohfassung. Mit Rohfassungen bin ich dann zufrieden, wenn das letzte Wort "Ende" lautet. Dann geht's ans Überarbeiten, mit mindestens einem, besser zwei oder drei Betalesern. Am Ende suche ich mir einen noch volkommen unbedaften Beta, der das Ding noch zuvor gesehen hat, für die Schlussbeta. Meist hat das Mansukript im Laufe der Überarbeitung um einiges an Gesicht verloren, ist schlanker udn straffer geworden.Wenn ich kann, lasse ich es dann noch einmal ein bisschne liegen und lese es eine Weile später noch mal. Wenn ich es dann immer noch mag, dann bin ich zufrieden. Gute Manuskripte sind wie Wein, die müssen reifen. :)
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Maja

Zitat von: Zonka am 21. Februar 2010, 17:55:38
Wie muss Euer Text aussehen, damit Ihr persönlich zufrieden seid?
Die Antwort ist einfach: Perfekt! Aber woran man das festmachen kann, das ist schwierig zu sagen. Ich bin mit Texten meistens sehr schnell zufrieden, dann lese ich sie ein paar Monate oder Jahre später nochmal, und mich packt das kalte Grausen, auch bei Texten, die ich längst irgendwo eingereicht habe. Der Grad der Zufriedenheit ist immer in Relation zum eigenen Können zu sehen und schrumpft perspektivisch.

Als ich 1999 meinen Romanerstling »Eine Flöte aus Eis« zum dritten Mal generalüberholt hatte, war ich der Ansicht, besser ginge es nicht mal für einen professionellen Autor, schnürte mein Päckchen und schickte es an den damaligen Holbeinrpreis sowie die Verlage Klett Cotta und Weitbrecht. Heute lese ich dieses Meisterwerk mit leichtem Lächeln und sag mir »Weiß Gott, ich war jung...  dafür ist es vielleicht nicht mal schlecht.« Und ich kann mir vorstellen, daß es mir in zehn Jahren mit den Sachen, die ich jetzt schreibe, genauso gehen wird.

Man kann, wenn man will, ewig an einem Text rumschrauben, immer wieder zufrieden sein und doch später wieder anders darüber denken - wenn es danach geht, kommt man aus dem Überarbeiten niemals raus. Deswegen muß irgendwann Schluß sein, irgendwann muß ein Buch so gut sein, wie es werden kann, und was man später besser machen kann, soll man dann in neuen Texten besser machen. Ich könnte versuchen, die »Flöte aus Eis« mit dem aktuellen Stand der Technik neu zu schreiben, aber ich werde mich hüten. Es gibt so viele neue Ideen, die raus müssen. Die Flöte hat ihre Chance gehabt, bei mir und bei den Verlagen. Jetzt bin ich besser, na und? Ich werde immer und immer weiter besser. Die Texte, die ich auf diesem Weg verfasse, bleiben als Meilensteine zurück, sie zeigen immer eine Momentaufnahme meines Könnens. Wann ich den Zenith erreiche? Nie. Es geht immer noch besser.

@Zonka
Wenn du unsicher bist, ob sich ein Text gut anfühlt, lies ihn dir selbst laut vor - wenn du noch Zuhörer hast, um so besser, vielleicht findest du auch einen Dritten, der dir deinen eigenen Text vorliest, damit du ihn von außen betrachten kannst. Wobei ich nach jahrelangem Umformulieren sagen kann: Die Schwächen eines Textes - zumindest von mir - liegen weniger in den Formulierungen und der Sprache, damit konnte ich immer schon gut umgehen, sondern in der Struktur. Und wenn der Plot so gut ist, wie du gerade kannst, dann reich das Werk ruhig ein.

Meine Agentur sagt zum Thema »Umformulierungen« sinngemäß: »Wir könnten das jetzt komplett umschreiben, und dann kommt der Verlag und will wieder alles umgeschrieben haben - da reicht es, wenn wir uns die Arbeit nur einmal machen.« Vorausetzung ist natürlich, daß uns allen der Text gegenwärtig gut gefällt, und das tut er. Noch...
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Feuertraum

#3
So wie ich mich kenne, bin ich immer sehr unzufrieden mit meinem Geschriebenen. Wenn ich die Rohversion geschrieben habe, bin ich zwar recht glücklich, aber nachdem 3 - 4 Tage verstrichen sind und ich lese das aufs Papier Verfasste erneut, frage ich mich, was ich da bloß verbrochen habe.
Dabei glaube ich schon, mich ans Handwerk gehalten zu haben, glaube ich schon, dass ich eine interessante Geschichte erzähle, aber irgendwo glaube ich auch, dass ich sie manchmal in die falschen Wörter kleide.
Von daher muss ich darauf spekulieren, das anderen meine Geschichte, so wie ich sie geschrieben habe, gefällt.
Wenn ich so lange daran feilen würde, bis sie mir endgültig gefällt, würde ich niemals fertig werden.

LG
Feuertraum
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Mrs.Finster

Perfekt ist der Text in dem Moment, indem ich meine schreiberischen Fähigkeiten bis auf Letzte auskoste. Und da sich die Fähigkeiten immer weiter entwickeln, ist man nie vollends zufrieden. So ist es jedenfalls bei mir  ;D Wirklich zufrieden bin ich erst, wenn das Buch in der Handlung steht.

Ist man gefeierter Autor und hat mehrere Bücher rausgebracht, denkt man sich bestimmt auch irgendwann: Was habe ich da bloß verzapft  :pfanne:
Glück ist, wenn die Katastrophen in meinem Leben endlich mal eine Pause einlegen :-)

Wollmütze

Ich bin nie zufrieden mit meinen Texten. Für den Moment vielleicht,- ja. Aber eine Woche später hab ich wieder irgendwas daran herumzumeckern.  Wenn hier eine neue Diskussion ins Laufen gebracht wird, wo es z.B um die Verwendung von Füllwörtern geht, fallen mir in meinen Texten plötzlich nur noch Füllwörter ins Auge  ::) Und so kann es immer weiter gehen. Aber irgendwann muss man einen Schlussstrich ziehen, man muss sich zwingen, aufzuhören, denn nachdem man hundertfach verbessert und überarbeitet hat kann es irgendwann nur noch in eine Richtung gehen,- richtig, abwärts. Man fängt an, zu verschlimmbessern.
Ich bin dann zufrieden, wenn ich ohne Zweifel sagen kann: Es gefällt mir, auch wenn es nicht perfekt ist.  :)
Ich glaube sowieso, dass es keine vollkommen perfekten Texte gibt.

Grüßle,
Wolli

Kati

Zufrieden? Ich? Mit meinen Texten? Gibt es nicht. Es gibt immer mal Stellen im Roman, die ich wirklich schön finde, aber ein ganzes Projekt gefällt mir nie. Manchmal merke ich auch warum: Logikfehler, zu langatmig, zu undurchsichtig etc... Dann schreibe ich das Ding nochmal und nehme die alte Version als Gerüst. Wenn ich wirklich nichts finden kann und mir bloß der Schreibstil nicht gefällt, dann lasse ich es meistens so. Nach einem halben Jahr finde ich meist nicht mehr gut, was ich davor geschrieben habe. Da das aber sicherlich daran liegt, dass man sich weiterentwickelt, mache ich nichts dran.

LG,

Kati

Lila

Bei mir ist ein Text "perfekt", wenn ich auch nach dem zehnten Mal Lesen nichts, aber auch absolut gar nichts (mehr) daran auszusetzen habe. Diese wundertolle Erfahrung kenne ich bisher allerdings (leider) nur von Gedichten und Rollenspielpostings. ::) Aber anders als so sollte im Idealfall eigentlich kein Text sein, bevor ich ihn auf die Reise schicke.
Livid Oppressed King: Ignite!
Tyranny Has Overcome Rules."
(oder: was man nicht alles aus LOKI & THOR machen kann!) - TasTä (aka Lila)

Simara

Ich bin eigentlich immer ziemlich selbstkritisch wenn es ums schreiben geht. Wenn ich Abends mit dem Schreiben meiner Erstfassung für eine Szene fertig und halbwegs zufrieden bin wird das ganze ersteinmal über Nacht ruhen gelassen. Am nächsten Tag bewaffne ich mich dann mit Bleistift und Radiergummi, während ich mir die einzelnen Sätze laut vorlesse werden dann alle möglichen unschön klingenden Wörter durchgestrichen oder mit Alternativen ausgestattet. Dadurch Lösse ich Satz für Satz meine Wortknäulle auf und Sortiere sie um. Wenn ich das Ganze dann Abend abtippe wird wieder jeder Satz mitgelesen, und wieder wird korrigiert. Wenn ich diese getippte Version akzeptabel finde, nehme ich mir die nächste Szene vor, komme jedoch nach ein oder zwei Tagen auf die bereits auf dem Computer abgespeicherte zurück um sie mit einigem persönlichen Abstand noch einmal durchzusehen. Ansonsten würde ich dazu neigen mir das geschriebene selbst schön zu reden, einfach um mit dem nächsten weiter zumachen. Wirklich zufrieden bin ich selten, aber schließlich wird man mit der Zeit ja immer besser  ;D 

Gwee

Ich muss mich mit dem Text wohl fühlen und sagen können, dass ich ihn auch veröffentlichen würde.
Sobald mich nichts mehr daran stört, bin ich zufrieden. Natürlich wäre es mir lieber ein Text ist perfekt, aber wie wahrscheinlich ist das denn? Solange ich nicht ständig neue Makel finde, ist der Text für mich gut genug.
Dazu sollte man sich aber erst einmal ransetzen und alles überarbeiten - und zwar erst nachdem man genug Abstand davon gewonnen hat. Danach würde ich es noch einem Beta geben und wenn durch dessen Korrektur die nächsten Fehler ausgemerzt worden sind und ich beim nächsten Mal lesen alles in Ordnung finde, bin ich mit meinem Text vollauf zufrieden. Allerdings ist mir dieser Fall noch nicht passiert. Aber meine Selbsteinschätzung ist doch ganz gut. Vielleicht werde ich auch niemals wirklich zufrieden sein, aber wenigstens annähernd und das sollte doch reichen.
Es ist so eine Art Obsession, glaube ich. Das Schreiben fasziniert mich so sehr,
daß, wenn es mir verboten würde, ich langsam daran sterben würde.
Johannes Mario Simmel

Lomax

Ich schließ mich da Maja an - egal wie ein Text ist, ein Jahr später bin ich nicht mehr zufrieden damit. Darum schau ich am besten auch gar nicht mehr rein, wenn ein Text mal als "fertig" abgelegt ist  :engel:

Calysta

Ich stimme Lomax und Maja zu.
Ich  glaube diese notorische Unzufriedenheit ist damit begründet, dass man sich stetig weiter entwickelt und nach einem Jahr
kennt man vielleicht andere Wörter, Sätze, Satzbauten, die wesentlich besser gepasst hätte.
Das sieht man ja auch an berühmten Autoren, dass sie sich stetig weiter entwickeln.
Aber temporäre Zufreidenheit zu erreichen kann ja auch schön sein ;D
Wenn mir der Satz von heute auch noch übermorgen gefällt, dann nenne ich das schon Zufreidenheit ;)


Schreinhüter

"Stillstand ist Rückschritt.", sagte auch schon der Vater von Effi Briest in Fontanes gleichnamigen Roman. Ich meinerseits sehe Perfektion, oder die Selbstillusion derer, als Gefahr an, zu leicht in den übersehbaren Fehlern zu versumpfen. Ich liebe es zwar, wenn meine Beschreibungen ganze Landschaften vor meinen Augen aufziehen lassen, wenn die Dialoge flüssig kommen wie Wachs in der Sonne und alle Gefühle, als wäre der Leser mitten drin, aber dann frage ich mich: War es das?
Die groben Schnitzer sind hinter der Fassade des scheinbar Gelungenen verborgen, wie täuschen uns auch am Ende eines durchgeschriebenen, ermüdenden Tages leicht mal mit "Jetzt änder ich das auch nicht mehr.", wodurch vielleicht Fehler entstehen, die zu unterbewusst akzeptierten Unstimmigkeiten führen. Wenn man es später liest kommt einem auch oft der Gedanke "Ich hab mir damals was dabei gedacht, oder?" Wenn man dann sein eigenes "Genie" nicht in Frage stellen möchte hat man die Worte Fontanes nicht mehr im Ohr und im Rückschritt begriffen laufen wir blindlings in das Messer verdrängter Unfähigkeit, auch mal die große Plotschere rauszuholen und aufzuräumen. All die Materie, die dabei abhanden kommt, presst einem wehmütige Tränen in die Augen, aber wenn es dem Werk und vor allem dem Gefallen des Lesers zuträglich ist, dann her mit dem Ding, ich will schnippeln, bis der Scherenschnitt meiner Werke schöner ist, als der zerknüllte Papierball vermurkster Fehler. Dennoch, einen perfekten Schnitt gibt es nicht, nur einen, der glücklicher macht, als der zuvor.

Merrit

Zufrieden bin ich wohl nie wirklich  :P. Immer wieder denke ich mir: das geht besser. Aber manchmal versuch ich mich auch davon abzuhalten etwas zu ´verschlimmbessern´. Hin und wieder gibt es Absätze, wo ich denke: das ist schön geworden und dann möchte ich den restlichen Text dem angleichen. Wie wohl bei euch allen, man ist immer auf der Suche nach dem Besseren  :jau:.

Lg Merrit

Kuddel

Ich bin auch immer nur Tageweise mit meinen Texten zufrieden. Wenn ich mir meine erste Trilogie anschaue, die 2006 erschien, möchte ich mir heute  :pfanne: Aber in den letzten vier Jahren habe ich viel gelernt und tue es immer noch.

Wirklich mit Abstand betrachten, kann ich meine Werke manchmal nicht. Ich mag sie und muss mich zwingen, die Fehler darin zu finden. Man kennt die Geschichte ja bereits. Darin dann die Logikfehler zu finden, die anderen so offensichtlich ins Auge springen, ist dann nicht so einfach.

Aber mir persönlich reicht es, für den Augenblick des Abschickens des Buches zufrieden zu sein. Ich muss mein Buch dem Verlag gegenüber vertreten können. Wenn ich nach vier Jahren noch einmal darin blättere, ist es ein Schmunzelmonster. Man fragt sich, warum man das abgeschickt hat und doch hat man sich in dem Augenblick etwas dabei gedacht.
The first draft of everything is shit - Ernest Hemingway