Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Judith am 03. August 2007, 21:53:13

Titel: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Judith am 03. August 2007, 21:53:13
Ich zitiere hier kurz mal eine Aussage von Caity im Plot-Thread:
ZitatDie fünf Eckpunkte im Werk ausfindig machen, also Anfang, 1. Wendepunkt, Höhepunkt, 2. Wendepunkt, Schluss

Ich habe daraufhin darüber nachgedacht, ob es eigentlich notwendig ist, diese fünf Eckpunkte zu kennen bzw. überhaupt zu haben. Ich kenne einen Aufbau dieser Art bisher nur vom klassischen Drama und frage mich nun, ob sich so etwas auch in Fantasygeschichten finden lässt. Ist es bei einer langen, verwickelten Handlung überhaupt möglich? Kann es helfen, diese Punkte zu finden, um eine klare Struktur in die Handlung zu bringen?

Wie ist das bei euch? Habt ihr diese Eckpunkte in euren Texten?

Lässt sich ein vergleichbarer Aufbau in bekannten Fantasywerken finden? (Wenn ja, dann bin ich vermutlich zu doof, um ihn zu erkennen...)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: THDuana am 03. August 2007, 21:58:47
Judith, ich muss gestehen, ich habe von solchen Eckpunkten überhaupt keine Ahnung.  :-\
Das einzige, was ich von diesen Punkten auf meine Geschichten mit Gewissheit übertragen kann, ist der Anfang und der Schluss.
So etwas wie einen Höhepunkt versuche ich einzubauen, aber ich kann selbst schlecht beurteilen, ob der nun spannend ist oder was auch immer. Ich glaube, deshalb finde ich meine Geschichten auch nicht so ...
Ich werde mal versuchen an einer Novelle die Punkte umzusetzen, aber ich weiß nicht, ob ich das so hinbekomme.
Was ich mich frage: Braucht man die beiden Wendepunkte? Und vor allem einen Wendepunkt zwischen Höhepunkt und Schluss?
Ich habe bei mir schon bemerkt, dass ich so ein kleines "Muss" habe, nämlich meinen geplanten Höhepunkt (der in anderer Augen wahrscheinlich gar keiner ist), den Schluss und dann noch eine Szene danach. Ich weiß auch nicht, aber ohne schaffe ich das nie. ;)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Ary am 03. August 2007, 22:12:32
Hi,

wenn ich mir meinen Wüstenfeuer-Rohbau so angucke... hm. Ich habe da schon ein wenig Probleme, diese zwei "Wendepunkte" zu finden. Ich hangle mich beim schreiben sehr ungern an einem formalen Gerüst entlang. was ich brauche, ist ein Plotgerüst, und es ist mir eigentlich ziemlich schnuppe, welchem formalen Gerüst mein Plot folgt, Hauptsache, er ist schlüssig und die Geschichte ist nicht langweilig. Würde ich mich an so einem 5-Punkte-Plan festhalten, würde mich das mit großer Sicherheit beim Schreiben einfach nur lähmen.

Grüße,
Aryana
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 03. August 2007, 22:28:58
Hallo Judith,

da es meine Aussage war, die dich so irritiert hat, versuche ich mal, das zu beantworten.

Wie Aryana bereits sagte: Es ist ein "formales Gerüst" Und nicht nur im Drama zu finden, sondern auch so gut wie bei jedem Bestseller, egal ob Fantasy, Historisch oder sonst irgendetwas, ob jetzt beabsichtigt oder nicht sei mal dahin gestellt. Der 1. Wendepunkt kommt nach etwa einem Viertel, der Höhepunkt in der Hälfte und der 2. Wendepunkt im dritten Viertel. Diese Punkte sind, wie gesagt, nur Ecken. Sie helfen, um ein gewisses "Gerüst" zu finden und zu erhalten. Es ist erstaunlich, wie oft sie vorkommen, wenn man erst einmal verstanden hat, um was es bei ihnen geht.
Deshalb will ich gleich mal mit Beispielen arbeiten, und das mit dem banalsten aller banalen: Harry Potter - Ja, sogar der besitzt so etwas ;)

Der erste Wendepunkt bezeichnet immer einen grassen Wechsel in der vorherigen Geschichte des Protagonisten, der durch eine Entscheidung seinerseits eingeleitet wird (HP: Harry erfährt, dass er ein Zauberer ist und "entschließt sich" Hogwarts zu besuchen)
Der Höhepunkt ist der Moment, in dem sich die Spannung vorerst "anscheinend" entladen hat. Einige wichtige Probleme sind gelöst und das Ziel scheint zum greifen Nahe (HP: Harry wird Sucher bei den Gryffindors, hat seine Freunde, alles scheint toll zu laufen)
Der 2. Wendepunkt ist im Gegensatz zum 1.Wendepunkt nicht ein Moment, in dem sich etwas ändert und der Held eine Entscheidung hat, sondern in der er total in einer Sackgasse steht (HP: Gut, das ist nicht wirklich vorhanden, fehlt mir persönlich aber in den gesamten HP-Büchern, ein Moment in dem Harry vollkommen allein in einer Sackgasse steht ...)

Diese Wendepunkte helfen einfach, eine gelungene Spannung aufzubauen. Zumindest mir persönlich haben sie wahnsinnig geholfen. Aber das muss jeder für sich persönlich herausfinden ;) Natürlich muss man auch nicht panisch nach einem Höhepunkt oder etwas der gleichen suchen. Im Normalfall ergibt es sich. Ich denke nur, wenn die Sachen nicht irgendwo auftauchen, dann fehlt etwas in dem Buch. Es brauch Höhepunkt, es braucht "Wendepunkte" (im Sinne von Wandlungen in der Geschichte) und es braucht Momente, in denen der Held einfach an der Wand steht.
Ist natürlich alles meine freie Meinung :D

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Judith am 03. August 2007, 22:58:27
Hm, mir wird das zwar jetzt etwas klarer, aber das trifft ja letztendlich nur auf geradlinige, einfache Handlungen zu, oder nicht?
Wenn man allein beim Beispiel Harry Potter bleibt: Im 7. Teil funktioniert dieses Gerüst nicht mehr, dort hat man entweder keinen Höhepunkt oder mehrere.
Oder wenn ich Martins "Lied von Eis und Feuer" hernehme, das ich gerade lese: Dort gibt es soviele verschiedene Handlungsstränge, da müsste man dieses fünf Punkte in jedem einzelnen Handlungsstrang suchen, was aber auch nicht wirklich funktioniert.  :-\
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 03. August 2007, 23:01:29
Hallo Judith,

nein, diese Eckpunkte beziehen sich immer nur auf den Handlungsstrang des Protagonisten. Ich werde HP 7 lesen, sobald es auf Deutsch heraus kommt (hab Englisch dieses Jahr abgewählt und keine Lust mir so etwas anzutun ^^") und dir dann sagen, was meines Wissens nach der wahrscheinliche Höhepunkt ist, okay ;)
Natürlich gibt es neben diesem Handlungsstrang weitere, aber er ist eben der Wichtigste, der rote Faden, der sich durch das ganze Buch zieht. Und so einen sollte jedes Buch haben, ansonsten verliert und verstrickt man sich und das ist definitiv nicht ratsam. Ob der rote Faden jetzt nach diesen Kriterien arbeitet oder nicht, irgendwo hat er sie drin ^.-

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Coppelia am 03. August 2007, 23:49:55
Ich kann in gewisser Weise zustimmen ... diese Einteilung kenne ich zwar nicht, sie erinnert mich eher daran, wie ich der fünften Klasse beim Praktikum beibringen sollte, wie man eine Geschichte spannend aufbaut. Da war es nämlich so ähnlich, aber die Geschichten sollten nur ca. eine Seite lang werden. ;) Nein, ehrlich, ich kann mir vorstellen, was gemeint ist.
Es stimmt natürlich, dass Handlung nicht allzu beliebig ist und jeder Plot seine Eckpunkte hat. Ob sie auffallen oder nicht, ob man es beim Schreiben merkt oder nicht - sie sind doch oft da. Natürlich gibt es auch Geschichten, die in einzelnen Episoden ablaufen. Die werden sowas nicht haben, aber die meisten Episoden hängen auch nicht spannend zusammen.

Wendepunkte haben ja die meisten einteiligen Bücher ja auf jeden Fall. Der 1. Wendepunkt wäre nach deiner Definition dann sowas wie der "Handlungsauslöser"? Allerdings fangen manche Bücher ja schon quasi nach dem Handlungsauslöser an.

Ich jedenfalls orientiere mich wohl noch an anderen Schemata ... woher kennst du denn dieses 5-Punkte-System?

Bei Wälzern wie dem von Martin, der noch längst nicht aus ist und auch sonst nix (ich werds übrigens nicht mehr lesen), kann ich auch nur schwer irgend ein System entdecken. Aber er ist ein Meister seines Fachs. Und wenn man nur genügend sucht, findet man alles (auch Dinge, die gar nicht da sind). ;)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 03. August 2007, 23:59:44
ZitatDer 1. Wendepunkt wäre nach deiner Definition dann sowas wie der "Handlungsauslöser"?

Ja "kann" sein, ist es aber nicht immer. Bei meinen Kurzgeschichten war er das oft und auch im ersten Teil meiner Mindoâr, allerdings wird er das im zweiten und dritten nicht sein, da die Handlung dort ja bereits angestoßen ist. Letzen Ende ist er eben - wie gesagt - ein Wendepunkt, der den Protagonisten zu einer Entscheidung zwingt, die sein Leben ändert ;)

Zitatwoher kennst du denn dieses 5-Punkte-System?

Von einer Autorin, die es wiederum von ihrem Agenten gelernt hat ;)
Sie hat sich lange damit beschäftigt, mir das Nahe zu bringen und ich bin ihr dafür verdammt dankbar :)

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Linda am 04. August 2007, 01:23:57
Hallo,

wenn man sich mit Drehbüchern beschäftigt, wird man auch gewisse "Muster" wiedererkennen. Nicht zuletzt das macht die üblichen Hollywood-Schinken von 90 -100 Minuten relativ berechenbar.

Die Wendepunkte folgen hier oft auch der Drama-Einteilung. So gibt es nach der Einleitung nicht nur den ersten Wendepunkt innerhalb der ersten 10 - 15 Filmminuten (Leben des Helden wird auf den Kopf gestellt), sondern es gibt auch den Midpoint, den Wendepunkt in der Mitte des Films, der nochmal alles verändert. Und schließlich natürlich den Höhepunkt der Spannung im letzten Filmviertel. Drei Wende-/Höhepunkte, Anfang und Ende, das macht 5 Plotpoints ;-)

Ob man diese Punkte nun willentlich setzt oder nicht - wenn man nur genug gelesen hat (oder geschaut) dann hat man diese Erzähltraditionen ohnehin bis zu einem gewissen Grad verinnerlicht. Ob bewusst oder unbewusst, das kommt darauf an. Und ebenso bewusst oder unbewusst verwendet man derartige Schablonen dann auch und das aus dem einfachen Grund, dass auch die Erwartungshaltung der Leser entsprechend vorgeprägt ist.
Will man seine Werke an einen Verlag bringen, tut man gut daran, zumindest eine rudimentäre Kenntnis dieser Mechanismen vorzugeben, (besser noch vorzuweisen) denn diese Art Romane (vorzugsweise im Spannungsgenre) sind berechenbar, was einem natürlich einen Vorteil bringt.

Gruß,

Linda
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Steffi am 04. August 2007, 08:56:30
Zitat von: Linda am 04. August 2007, 01:23:57
Hallo,

wenn man sich mit Drehbüchern beschäftigt, wird man auch gewisse "Muster" wiedererkennen. Nicht zuletzt das macht die üblichen Hollywood-Schinken von 90 -100 Minuten relativ berechenbar.


Gerade bei Serien ist das ziemlich auffällig, weil die einzelnen Folgen durch die Werbepausen inhaltlich klar getrennt sein müssen. Bei House ist wirklich jede Folge gleich aufgebaut, dasselbe gilt für NCIS oder Supernatural.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lisande am 04. August 2007, 11:34:33
Hm... vielleicht habe ich das jetzt ja alles völlig falsch verstanden, aber für mich klingt das irgendwie tatsächlich so, als wenn der Aufbau nach diesem Fünf-Punkte-System einen Text fürchterlich absehbar machen würde?

Oder soll es eigentlich das genaue Gegenteil bewirken? Mich stört ein bisschen die Definition des 2. Wendepunktes als Sackgasse. Wäre das jetzt mit "und an dem Punkt dreht sich plötzlich alles und man stellt überrascht fest, dass man die ganze Zeit den Falschen verdächtigt hat (z. B. Snape, wenn wir beim 1. Potter-Band bleiben wollen), dann würde das für mich Sinn machen, aber dieses "Der Held muss in eine Sackgasse geraten" klingt für mich wirklich fürchterlich nach Klischee. Und das will man doch eigentlich gerade vermeiden.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 04. August 2007, 11:55:55
Diese Struktur kommt in der Tat aus dem Drama, und ist heutzutage vor allem für Filme üblich - also tatsächlich in erster Linie für einfache, gradlinige Plots geeignet. Hollywood-Streifen sind sehr stark formalisiert und dadurch absehbar, und diese Art der Gestaltung beeinflusst insbesondere auch den US-Buchmarkt, mit sehr "filmmäßig" gestalteten Büchern und nicht zuletzt auch Ratgeberliteratur, die sich an Romanautoren wendet, tatsächlich aber Tipps gibt, die eigentlich eher für Drehbücher bestimmt sind.

In der Praxis muss man da differenzieren. Es lässt sich nicht leugnen, dass Hollywood-Filme derzeit die erfolgreichsten "Blockbuster" sind (und auch ich sie am liebsten sehe ;)). Es lässt sich aber auch nicht leugnen, dass sie durch die Vielzahl von Regeln, denen sie folgen, immer irgendwie absehbar sind und bestimme Elemente und Konstellationen sich stets wiederholen.
  Für Romane, die sich an dem Schema orientieren, gilt meist dasselbe - im Guten wie im Schlechten: Gutes Rezept für einen unterhaltsamen, nicht langweiligen Plot; guter Weg, um einen Publikumserfolg "berechenbarer" zu machen - oft aber irgendwie auch belanglos und nach dem Lesen rasch vergessen.

Dafür aber die "Plotpoint"-Struktur verantwortlich zu machen und zu behaupten, dass sie Bücher absehbar macht, greift auch zu kurz. Denn diese Struktur ist nur eines von vielen Mustern und Regeln, die Hollywood-Filme zumeist einhalten. Und deren "Schablonenhaftigkeit" entsteht nicht durch ein einzelnes Element, das immer wieder vorkommt, sondern gerade durch die Fülle an "berechenbaren" Elementen.
  Die "Dramenstruktur" ist eines davon. Und als Fazit daraus kann man sagen: Es ist ein Werkzeug, um den Plot zu strukturieren. Es funktioniert. Aber es funktioniert umso schlechter, je komplexer die Story (verglichen mit einem Film oder Drama) wird. Und wenn man es als Werkzeug betrachtet, dann vielleicht als eine Feile von vielen: Man kann ein Werkstück schön zurechtfeilen. Aber das Ziel dabei ist nicht, jede Feile, die in der Werkstatt herumliegt, auch zu benutzen. Man muss auch wissen, wann man das Werkzeug nicht benutzt, weil sonst zu viel Substanz abgeschliffen wird.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 04. August 2007, 12:01:51
Hallo Lisande,

nein, der 2. Wendepunkt hat in der Tat nichts mehr wirklich mit einem Angelpunkt allà "Wir verdächtigten den falschen" zu tun, sondern damit, dass der Held in dem Moment keinen Ausweg mehr sehen soll. Solche "Überaschungseffekte" sollte der Autor natürlich trotzdem anderweitig einbauen, ansonsten hast du Recht, ist die Geschichte total vorhersehbar, aber es ist eben ein gewisses Strickmuster.
Übrigens gehe ich bei HP 1 mittlerweile davon aus, dass der 2. Wendepunkt die Tatsache sein soll, dass sie beim Drachen wegbringen erwischt werden, da klemmt's nämlich wirklich und es sieht ja fast so aus, als würden sie von der Schule fliegen. Das sind nur ein paar Seiten und danach dreht sich ja alles weiter, aber es wäre der rote Faden, dem der erste Teil folgt: Harry Ankunft und Einleben in Hogwarts, das beinahe komplett zerstört zu werden scheint. ;)

Zitataber dieses "Der Held muss in eine Sackgasse geraten" klingt für mich wirklich fürchterlich nach Klischee.

Wieso?
Gut, in gewisser Weise ist es ein Klischee, aber ein imho notwendiges.
Eine Geschichte, in der der Held sich aus jeder Gefahrenzone nahezu mühelos befreien kann, ist total langweilig. Es *braucht* einfach einen Punkt, an dem alles den Bach runter geht, bzw. verloren erscheint. Zudem ist es ja das krasse Gegenteil zum Höhepunkt. Dort scheint für einen Moment alles friedlich und damm *bamm* hast du den Leser doch wieder, dass eben _nicht_ alles nur einfach ist.

Ich werde dir noch eine PN schicken, in der ich noch einmal genauer darauf eingehe, auch mit meiner Geschichte als Beispiel, das möchte ich hier nämlich nicht so öffentlich machen :D

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 04. August 2007, 12:06:46
Hallo Lomax,

Das mit dem Werkzeug hast du schön gesagt, allerdings irritiert mich ein Satz von dir:

ZitatEs funktioniert. Aber es funktioniert umso schlechter, je komplexer die Story (verglichen mit einem Film oder Drama) wird.

Findest du wirklich?
Meiner Meinung nach ist genau das Gegenteil der Fall. Je komplexer die Story, desto hilfreicher ist diese Struktur, denn sie erleichtert es mir, mich in der Komplexe der Geschichte nicht zu verlieren, sondern trotzdem klare Strukturen zu behalten, ohne entsprechende Wendungen und Höhepunkt auch an anderen Stellen einzubüßen.
Imho lässt es sich mit einem Webrahmen vergleichen:
Die 5 Eckpunkte bilden den Grundfaden, der von einem Ende zum anderen gesponnen wird. Erst weitere Handlungsfäden, die darum gewebt werden, bilden aber einen schönen Teppich o.ä. Allein die Eckpunkte ergeben kein schönes Werk. Aber ohne sie ließe es sich auch nicht weben. ;)

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Linda am 04. August 2007, 13:08:48
Zitat von: Lisande am 04. August 2007, 11:34:33
Hm... vielleicht habe ich das jetzt ja alles völlig falsch verstanden, aber für mich klingt das "Der Held muss in eine Sackgasse geraten" klingt für mich wirklich fürchterlich nach Klischee. Und das will man doch eigentlich gerade vermeiden.

ich habe den Eindruck, dass hier zwei "Rezepte" durcheinandergewürfelt worden sind.
Die "Sackgasse" gehört eigentlich eher zum klassischen Entwicklungsweg des Helden - nicht zwangsläufig zur Entwicklung und dem Aufbau einer Geschichte. Auch wenn natürlich beides eng vernüpft ist.
Zum Thema Figurenentwicklung und Heldenfahrt empfehle ich auch "Der Heros in tausend Gestalten" von Joseph Campbell. Dessen Werk über die klassischen Stationen der "Persönlichkeitsentwicklung" (des Helden), der magischen Reise, die besonders in der Fantasy ja ein gestaltgendes Element ist (aber auch schon Odysseus und anderen Heldengeschichten Gestalt verliehen hat) hat sehr stark auf die Film- und Drehbuchwelt eingewirkt. Interessant für jeden, der sich für Legenden und Myten interessiert, die darüber hinausgehen "wie die Zwerge das Erz entdeckten" ;-)

Gruß,

Linda
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lisande am 04. August 2007, 15:27:36
@Caity: Danke angekommen, und so ausführlich macht es erheblich mehr Sinn, ich verstehe jetzt, was Du meinst! Doch nicht so klischeehaft, wie es in Kurzform klang. :)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 04. August 2007, 18:12:05
Ich glaube auch, dass du zwei Sachen zusammengeschmissen hast, caity ;).

Dein Schema hat mich etwas an das berühmte Schema von Gustav Freytag erinnert. Dieses gräuliche Dreieck :P. Dann hätte man Exposition, 'steigende' Handlung, Höhepunkt, 'fallende' Handlung (mit retardierendem Moment) und Katastrophe.

Das Problem mit diesem Schema - wie mit den meisten Schemata^^ - ist, dass es künstlich ist. Der gute Mann hat sich irgendwann hingesetzt und sich gedacht: Ja guck mal, alle Dramen sind so aufgebaut. Aber zum Beispiel bei modernen Stücken kann diese Strucktur gar nicht mehr wie eine Schablone aufgelegt werden.

Es gibt (zumindest meiner Meinung nach) ziemlich wenige (gute) Bücher, die genau so aufgebaut sind. Manche Geschichten haben zum Beispiel mehr als einen Höhepunkt. Und dass immer ein Punkt erreicht werden muss, in dem die Situation auswegslos scheinen muss, sehe ich auch nicht so (das muss ja nicht heißen, dass alles total einfach ist).

Ich denke, für jede Art von Literatur gilt das gleiche: Man kann sie nicht bedingungslos in ein Schema packen. Sicher gibt es gewisse Prägungen bei Autor/innen und auch bei Leser/innen, aber letztendlich entwickelt man sich ja, indem man alte Dinge überholt.
Und immerhin stammt zumindest das Schema von Freytag aus dem 19. Jhd. Ist also schon etwas altbacken^^.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Judith am 04. August 2007, 18:55:45
@Caity:
ZitatIch werde HP 7 lesen, sobald es auf Deutsch heraus kommt (hab Englisch dieses Jahr abgewählt und keine Lust mir so etwas anzutun ^^") und dir dann sagen, was meines Wissens nach der wahrscheinliche Höhepunkt ist, okay
Danke, darauf bin ich gespannt.  :) Vielleicht sehe ich diese Punkte nur einfach nicht.

Übrigens meinte ich mit mehreren Handlungssträngen mehrere gleichberechtigte - also mehrere Protagonisten (und mehrere Perspektiventräger), die gleich wichtig sind. Deshalb hab ich Martin als Beispiel genommen, weil das dort der Fall ist (und bei meiner Geschichte ist das auch so), während es bei Harry Potter ja tatsächlich ganz klar einen einzigen Protagonisten gibt.

Passend zu diesem Thema: Ich habe gestern Abend noch bei Fritz Gesing ("Kreativ schreiben") nachgelesen und gesehen, dass er ein ähnliches Grundhandlungsmuster beschreibt:
Bei ihm folgt auf die Eröffnung/Exposition der "narrative Haken", der dem 1. Wendepunkt entspricht. Nach diesem Handlungsanstoß kommt es zu einer Steigerung der Konflikte in mehreren Phasen (mit überraschenden Wendungen und Komplikationen). Als Höhepunkt betrachtet die Auseinandersetzung/Entscheidung, die zur Lösung führt, also quasi den "Showdown".
Im Gegensatz zum Aufbau des klassischen Dramas (Pyramide/gleichschenkeliges Dreieck) ergibt sich hier eine verschobene Pyramide, also eine langsame Steigung bis hin zum Höhepunkt, der unmittelbar zum Ende führt (also steil abfällt).
Für mich entspricht das der klassischen Krimi-/Thriller-Struktur, aber auch auf sämtliche Harry Potter-Romane lässt sich das anwenden.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 04. August 2007, 20:47:49
Hallo,

nein, ich für meinen Teil habe keine zwei Schemata zusammen geworfen. Ich habe von Anfang an von dem Schema gesprochen, das von einem Protagonisten ausgeht, der Wendepunkte und Höhepunkte in seinem Leben hat und die sich in der Geschichte wiederspiegeln.

@ Lavendel:
ZitatDas Problem mit diesem Schema - wie mit den meisten Schemata^^ - ist, dass es künstlich ist.

Nicht unbedingt. Mir ging es zum Beispiel so, dass mir erst im Nachhinein auffiel, dass ich das Schema in meinem Roman bereits mehr oder weniger drin hatte. Ich musste es nur noch weiter ausbauen, vorhanden war es schon.

ZitatUnd dass immer ein Punkt erreicht werden muss, in dem die Situation auswegslos scheinen muss, sehe ich auch nicht so (das muss ja nicht heißen, dass alles total einfach ist).

Ist wohl Geschmackssache, aber ich finde Geschichte, in denen sich alles mehr oder weniger von selbst löst, total langweilig.

ZitatManche Geschichten haben zum Beispiel mehr als einen Höhepunkt.

Trotzdem laufen sie alle mehr oder weniger auf einen zu, bündeln sich in dem höchsten Höhepunkt ;)

ZitatEs gibt (zumindest meiner Meinung nach) ziemlich wenige (gute) Bücher, die genau so aufgebaut sind.

Mmh... ja, irgendwo kann man verschiedene Schemen auf Bücher anwenden, ich für meinen Teil habe mir das eben als wichtigstes gesetzt. Das muss nicht heißen, dass es allgemein für alle so sein *muss*  :)

Bye
caity

Mmh ... da könnte man wieder darüber streiten, was ein "gutes Buch" ist. Tatsächlich habe ich bisher in nahezu jedem Buch, das ich gelesen habe, dieses Schema gefunden und mir ist noch keins vor die Nase gekommen, das zumindest nicht ansatzweise danach folgt...

ZitatUnd immerhin stammt zumindest das Schema von Freytag aus dem 19. Jhd. Ist also schon etwas altbacken^^.

Ja, es gleicht dem, was ich bisher vorgestellt habe, auch nur sehr entfernt. Das 5-Punkte-System wurde aus dem entwickelt, was momentan an Bestsellern auf dem Markt ist, nicht aus denen im 19.Jh.
Die Katastrophe kommt nicht am Schluss. Es gibt kein retardierendes Moment und auch keine "fallende" oder "steigende" Handlung. Also ... ich bin mir nicht ganz sicher, ob du verstanden hast, um was es eigentlich bei dem Schema geht  ???

@ Judith:
ZitatÜbrigens meinte ich mit mehreren Handlungssträngen mehrere gleichberechtigte - also mehrere Protagonisten (und mehrere Perspektiventräger), die gleich wichtig sind.

Das ist auch wieder von deiner eigenen Auffassung bedingt. Zum Beispiel gibt es viele, die beim Herr der Ringe verschiedene, gleichberechtigte Protagonisten sehen und über die drei Bücher hinweg mag das irgendwo stimmen, aber trotzdem bleibt Frodo derjenige mit dem roten Faden. Das Schema lässt sich auf den Herrn der Ringe überigens problemlos anwenden ;)

ZitatFür mich entspricht das der klassischen Krimi-/Thriller-Struktur, aber auch auf sämtliche Harry Potter-Romane lässt sich das anwenden.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: felis am 04. August 2007, 21:58:54
Zitat von: caity am 04. August 2007, 20:47:49
Das Schema lässt sich auf den Herrn der Ringe überigens problemlos anwenden ;)
Meinst Du? Wie denn?
Für mich ist HdR gerade ein Beispiel wos überhaupt nicht funktioniert.
Das musst Du erläutern, wie Du den da rein quetscht.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 04. August 2007, 22:08:38
@ felis: Morgen, ja. Heute möchte ich noch etwas an meiner Mindoâr arbeiten  ;)
Ich weiß nur noch, dass die Autorin, die es mir damals erklärte, den Herrn der Ringe als Beispiel nahm. Es geht also ganz sicher ^.-
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 05. August 2007, 00:52:22
Zitat von: caity am 04. August 2007, 20:47:49Tatsächlich habe ich bisher in nahezu jedem Buch, das ich gelesen habe, dieses Schema gefunden und mir ist noch keins vor die Nase gekommen, das zumindest nicht ansatzweise danach folgt...
Nun, das ist auch nicht das Problem. Wenn ich lange genug auf ein Muster blicke, finde ich auch garantiert das Gesicht darin :)
Die meisten Romane, zumal die guten, haben nun mal Charakterentwicklung, Wendepunkte und verschiedene Stringenzen in der Plotführung. Es ist kein Problem, eine Schablone drüberzulegen und irgendwo in der Nähe der Schablonenpunkte halbwegs passende Elemente zu finden. Die Frage ist dann, ob das Muster ebenso bestimmend für die Textstruktur bleibt, wenn man die Schablone fortnimmt und auch die Dinge betrachtet, die sie verdeckt.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Judith am 05. August 2007, 10:38:10
@Caity
ZitatDas ist auch wieder von deiner eigenen Auffassung bedingt. Zum Beispiel gibt es viele, die beim Herr der Ringe verschiedene, gleichberechtigte Protagonisten sehen und über die drei Bücher hinweg mag das irgendwo stimmen, aber trotzdem bleibt Frodo derjenige mit dem roten Faden.
Ja, bei HdR mag das so sein, aber es gibt Bücher, die nicht einen einzigen Protagonisten haben und das hat nichts mit meiner eigenen Auffassung zu tun. Wenn es mehrere Handlungsstränge gibt, die zwar alle um das gleiche, zentrale Thema kreisen, aber an verschiedenen Orten angesiedelt, aus der Sicht verschiedener Charaktere geschrieben und vor allem von gleicher Wichtigkeit für Handlung sind, dann hat man tatsächlich gleichberechtigte Protagonisten - und dann frage ich mich, wie das mit dieser Struktur ist.

Blöde Frage: Warum hast du das hier:
ZitatFür mich entspricht das der klassischen Krimi-/Thriller-Struktur, aber auch auf sämtliche Harry Potter-Romane lässt sich das anwenden.
von mir zitiert, ohne etwas dazu zu sagen? Kann ich da einen Teil deiner Antwort nicht lesen oder was wolltest du damit ausdrücken? Ich bin gerade etwas ratlos.  ???
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 05. August 2007, 12:21:40
@ felis:
So, nachgeschaut und werd das mal für den ersten Band übertragen:
Anfang: Klar, Frodo glücklich/zufrieden im Auenland mit Bilbo, keine Gefahr in Sicht blabla ;)
1. Wendepunkt: Frodo reist von Bockland nach Bruchtal (die Entscheidung ist zwar schon früher gefallen, Vorbereitungen ebenfalls, hier wird es letztendlich aber durchgezogen)
Höhepunkt: Frodo kommt in Bruchtal an, wo auch Gandalf ist, will dort ja Ring abgeben --> vorzeitiges Ende für ihn in Sicht
2. Wendepunkt: Eingeschlossen in Moria, nur Flucht nach vorne möglich; später auch noch Verlust von Gandalf, es sieht dort ja allgemein sehr schlecht für die Helden aus
Schluss: Frodo muss alleine/mit Sam weiter reisen um sein Ziel zu erreichen
Du siehst, lässt sich ohne Probleme übertragen *gg*

@ Lomax:
Mmh. Vielleicht muss ich da noch einmal genauer nachhaken. Natürlich beinhaltet die Schablone keine anderen Punkte, Wendepunkte und Höhepunkte, das bedeutet aber nicht, dass, wenn man sich mehr oder weniger bewusst an sie hält, die Geschichte auch automatisch keine anderen Punkte behält. Im Gegenteil. Ich kann nur noch einmal mit bildlichen Beispielen reden: Die Schablone ist das Gerüst, ein Skelett. Wie ich die Fassade jetzt ausbaue oder ob ich weitere Querbalken dazu nehme, bleibt letzten Endes mir als Autor überlassen. Trotzdem würde das Gebäude in sich zusammen fallen, würde ich das Gerüst wegnehmen. Ob ich es jetzt bewusst oder unbewusst aufgebaut habe: Brauchen tue ich es ;)
Oder was genau meinst du mit "die Schablone verdeckt andere Dinge"?

@ Judith:
Könntest du mir mal ein Beispiel nennen? Mir ist bislang so ein Buch nicht unter die Finger gekommen und das würde mich schon einmal interessieren ^.-

Und warum ich das zitiert habe: Keine Ahnung *räusper* Ich glaube nicht, dass ich dazu etwas sagen wollte  ::)

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 05. August 2007, 12:46:25
Naja, wie Lomax schon gesagt hat, wenn man nur lange genug hinguckt, findet man immer die Kriterien, nach denen man gesucht hat. Aber manchmal übersieht man dadurch auch Dinge, weil man eben nur nach bestimmten Punkten sucht. Dabei ignoriert man dann leicht die Sachen, die nicht ins Raster passen. Das ist ganz normal. The brain is a sense-making machine, wie ein weiser Mann mal sagte^^. Und das, was keinen Sinn macht, das wird eben ignoriert.
Darum bin ich auch keine Freundin von Schemata. Sie scheinen immer zuzutreffen, aber wenn man genau hinguckt, findet man heraus, dass sie gar nicht so akkurat sind, wie sie scheinen. Wenn du sie anwendest, nimmst du den spannenden kleinen Abweichungen ja gar keinen Raum zum überleben (die armen Dinger :'().
Literatur ist zu vielschichtig, um sie auf ein paar Eckpunkte zu reduzieren. Ich sehe diese Schematisierungen eher als eine Analysehilfe, die sich ein paar schlaue Literaturwissenschaftler/innen ausgedacht haben. Egal ob 19. Jhd oder moderne Krimis, so ein Schema entsteht nicht, weil es die 'Natur' von Literatur ist eben so zu funktionieren, sondern weil Menschen sich hingesetzt und versucht haben Analysekriterien zu finden, um eine bestimmte Art von Texten leichter zugänglich zu machen. Eine Art Gerüst, an dem man sich festhalten kann. Aber das Gerüst war nicht einfach da, Leute haben es gebaut, sich ausgedacht nachdem die Texte bereits geschrieben waren.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: felis am 05. August 2007, 14:37:33
@Caity - reingefallen.  :P  ;)
Was Du bei Deiner HdR Analyse komplett übersehen hat, ist, dass Tolkien nämlich die 3 Bände als einen Roman geschrieben hat und erst der Verlag auf die Dreiteilung bestanden hat, da man 1.400 S dann doch etwas viel für 1 Buch fand.
Hätte Tolkien Deine Theorie gekannt, dürfte die gesamte Trilogie nur 5 Plotpunkte haben. Und sie hat definitv sehr viel mehr Wendepunkte.

Der Höhepuknt in Thrillern - zumindest bei denen, die ich gelesen habe, ist nebenbei bemerkt eigentlich nie in der Mitte angesiedelt, sondern praktisch immer am letzten Plotpunkt.
Ich teile daher die hier verschiedentlich geäußerten Zweifel an Deiner 5Punkte Theorie. Das mag ein mögliches Schema sein, eine runde Geschichte hin zu bekommen, aber sicher nicht das einzige (s. Tolkien)  ;)
LG
felis
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Dorte am 05. August 2007, 15:19:10
Zitat von: caity am 05. August 2007, 12:21:40
@ felis:
So, nachgeschaut und werd das mal für den ersten Band übertragen:
Anfang: Klar, Frodo glücklich/zufrieden im Auenland mit Bilbo, keine Gefahr in Sicht blabla ;)
1. Wendepunkt: Frodo reist von Bockland nach Bruchtal (die Entscheidung ist zwar schon früher gefallen, Vorbereitungen ebenfalls, hier wird es letztendlich aber durchgezogen)
Höhepunkt: Frodo kommt in Bruchtal an, wo auch Gandalf ist, will dort ja Ring abgeben --> vorzeitiges Ende für ihn in Sicht
2. Wendepunkt: Eingeschlossen in Moria, nur Flucht nach vorne möglich; später auch noch Verlust von Gandalf, es sieht dort ja allgemein sehr schlecht für die Helden aus
Schluss: Frodo muss alleine/mit Sam weiter reisen um sein Ziel zu erreichen
Du siehst, lässt sich ohne Probleme übertragen *gg*
Abgesehen davon, dass der Herr der Ringe entweder ein dickes Buch oder aber sechs kleine Bücher sind (da die 3 Bücher eine Verlags- und keine Autorenentscheidung waren), ist dies nur eine Möglichkeit, das Buch aufzuteilen.
Dabei werden einige ziemliche einschneidende Ereignisse ignoriert - ein extrem wichtiger Punkt ist das Auftauchen der schwarzen Reiter. Das markiert doch den Wendepunkt von leicht besorgter Reise zu echter Gefahr. Das Auftauchen von Aragorn in Bree wiederum markiert einen Erleichterungspunkt, die Jagd geht zwar weiter, aber mit Unterstützung. Dann ist da Frodos Verletzung durch den Hexenkönig. Schließlich die Konfrontation an der Furt. Und dann erst sind sie in Bruchtal... Und von Tom Bombadil und den Grabunholden fange ich gar nicht erst an ;)
Die Schablone passt natürlich auf jedes Buch, wenn man einfach nur die Handlungspunkte beachtet, die reinpassen. Für mich ist auf der Strecke Auenland-Bruchtal der eigentliche Höhepunkt nicht die Ankunft in Bruchtal, sondern Frodos Widerstand gegen die Ringgeister an der Furt - einer der heldenhaftesten Momente im gesamten Buch (und ich werde Peter Jackson nie vergeben, dass er Frodo diesen Moment in den Filmen weggenommen hat).

Ich stehe solchen Mustern skeptisch gegenüber. Der klassische Fünfakter ist auch bei Dramen nicht mehr das einzige, was es gibt, und bei Romanen herrscht mindestens ebensoviel Freiheit. Was ist mit Büchern wie "Ein Lied von Troja", wo es glaub ich 10 Ich-Erzähler und somit Protagonisten gibt, die alle ihre persönlichen Schwierigkeiten, Sehnsüchte und Ereignisse haben, natürlich vor dem Hintergrund der Belagerung von Troja? Wie presst man das in so ein Schema?
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 05. August 2007, 15:26:42
Hallo,

ich glaube, ich werde hier irgendwo missverstanden.

Ich hab niemals behauptet, dass alle Autoren, deren Bücher auf das Schema angewendet werden können, das auch bewusst gemacht haben. Im Gegenteil. Bei mir war es auch so, dass mir im Nachhinein aufgefallen ist, das ich dieses Muster bereits in meinem Roman drin habe, und ich es dann weiter hervorgearbeitet hatte. Es war nicht so, dass ich mir zuerst das Muster genommen habe und dann den Roman überlegt habe.

@ Lavendel: Klar gibt es immer Punkte, die nicht hundertprozentig dazu passen und ein Roman besteht nie nur aus diesen 5 Eckpunkten, das ist mir bewusst. Nur bedeutet das jetzt, dass ich alles andere außer acht lasse, wenn ich nach ihnen suche? Es ist ja nicht so, dass mir der Rest egal ist. Wie soll ein Roman funktionieren, der nur die ganze Zeit darauf zuläuft und wieder abfällt???
Das Gerüst ist nur gerade für Neueinsteiger gut, um einen roten Faden zu behalten. Mehr nicht. Aber auch nicht weniger.

@ Felis:
Irgendwo muss ja auch die dreiteilung vom Verlag hergekommen sein. Er hat ja nicht alle Seiten zusammengezählt, durch drei geteilt und dann nach entsprechenden Szenen geschaut ;)

ZitatDer Höhepuknt in Thrillern - zumindest bei denen, die ich gelesen habe, ist nebenbei bemerkt eigentlich nie in der Mitte angesiedelt, sondern praktisch immer am letzten Plotpunkt.

Die Frage ist dabei aber, was du als "Höhepunkt ansiehst". Ich glaube da verstehen wir etwas anderes darunter. Du meinst den höchsten Spannungspunkt. Ich meine eine Verschnaufpause davor ^.-

ZitatDas mag ein mögliches Schema sein, eine runde Geschichte hin zu bekommen, aber sicher nicht das einzige

Was ich nie behauptet habe und nie bezweifeln werde.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 05. August 2007, 15:32:15
Hallo Dorte,

ZitatWas ist mit Büchern wie "Ein Lied von Troja", wo es glaub ich 10 Ich-Erzähler und somit Protagonisten gibt, die alle ihre persönlichen Schwierigkeiten, Sehnsüchte und Ereignisse haben, natürlich vor dem Hintergrund der Belagerung von Troja? Wie presst man das in so ein Schema?

Ich habe das Buch, oder so ein Buch in der Richtung, noch nie gelesen. Deshalb kann ich das jetzt schlecht beurteilen. Wie gesagt, es muss auch nicht auf alles und jeden zutreffen. Natürlich sollte man sich auch nicht fanatisch daran halten, *aber* es kann helfen, wenn man Probleme hat, bei einem roten Faden zu bleiben, wenn man sich leicht in Handlungen verstrickt und verzettelt. Dafür ist dieses Schema - und mit Sicherheit auch andere Schemen - gut zu gebrauchen. Und unbewusst benutzt so etwas in der Richtung sowieso jeder. Es gibt eben keine zwei Bücher, die sich in ihrem Aufbau nicht wenigstens in irgendeinem Punkt ähneln. Das wird nie erreicht werden können.

Aber ich möchte mich hierüber auch nicht streiten. Ich für meinen Teil halte es für sinnvoll, weil es mir persönlich geholfen hat, Struktur in meinem Roman zu bringen. Deshalb müssen andere noch lange nicht damit arbeiten. Es ist eine Variante, die ich hier vorgestellt hatte, eigentlich sogar in einem anderen Thread. Wer damit etwas anfangen kann: Das freut mich natürlich. Wer nicht: Ist doch auch kein Problem :D

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Linda am 05. August 2007, 18:06:13
Zitat von: Dorte am 05. August 2007, 15:19:10

Für mich ist auf der Strecke Auenland-Bruchtal der eigentliche Höhepunkt nicht die Ankunft in Bruchtal, sondern Frodos Widerstand gegen die Ringgeister an der Furt - einer der heldenhaftesten Momente im gesamten Buch (und ich werde Peter Jackson nie vergeben, dass er Frodo diesen Moment in den Filmen weggenommen hat).

dito
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Linda am 05. August 2007, 18:17:44
Zitat von: felis am 05. August 2007, 14:37:33
Was Du bei Deiner HdR Analyse komplett übersehen hat, ist, dass Tolkien nämlich die 3 Bände als einen Roman geschrieben hat und erst der Verlag auf die Dreiteilung bestanden hat, da man 1.400 S dann doch etwas viel für 1 Buch fand.

soweit ich weiß, lag es damals an der Papierknappheit (nach dem Krieg), dass man den Roman sehr zu Tolkiens Unwillen auf drei Bände aufgeteilt hat und erst mal den ersten Band rausgebracht hat.

Zitat von: caity
@ Felis:
Irgendwo muss ja auch die dreiteilung vom Verlag hergekommen sein. Er hat ja nicht alle Seiten zusammengezählt, durch drei geteilt und dann nach entsprechenden Szenen geschaut.

Er hat natürlich, ebenso, wie das heutige Verlage tun, die Übersetzungen teilen oder dritteln, eine Stelle mit einem jeweils besonders fiesen Cliffhanger genommen. Das Ende von Band 2 ist für mich immer noch der beste Cliffhanger aller Zeiten. Vor allem dann, wenn man den dritten Band nicht gleich anschließend lesen kann!

Gruß,

Linda
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Judith am 05. August 2007, 20:54:26
Mh... die Einteilung war doch ganz einfach, oder? Es sind 6 Bücher, also wurden je 2 Bücher in einen Band zusammengesteckt.  ;)

@Caity
ZitatKönntest du mir mal ein Beispiel nennen? Mir ist bislang so ein Buch nicht unter die Finger gekommen und das würde mich schon einmal interessieren
Ein Beispiel hat Dorte schon genannt, nämlich "Das Lied von Troja" von Colleen McCullough. Dann fällt mir da noch "Der Wahrträumer" (Gezeitenwelt 1) von Berhard Hennen ein und vor allem "Das Lied von Eis und Feuer" von George R.R. Martin (bei dem es wirklich unmöglich ist, einen einzigen Hauptcharakter ausfindig zu machen). Und wenn ich mich recht erinnere, wäre auch die "Spiel der Götter"-Reihe von Steven Erikson hier ein Beispiel.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Coppelia am 05. August 2007, 21:03:11
James Krüss' Romane, von denen der bekannteste "Mein Urgroßvater und ich" ist, haben zwar nur einen Hauptcharakter, fallen aber zumeist auch nicht unter das Schema.
Sie sind auch recht handlungsarm, trotzdem gute Bücher.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: felis am 05. August 2007, 21:15:41
Zitat von: Linda am 05. August 2007, 18:17:44
Er hat natürlich, ebenso, wie das heutige Verlage tun, die Übersetzungen teilen oder dritteln, eine Stelle mit einem jeweils besonders fiesen Cliffhanger genommen. Das Ende von Band 2 ist für mich immer noch der beste Cliffhanger aller Zeiten. Vor allem dann, wenn man den dritten Band nicht gleich anschließend lesen kann!
@Linda, dem schließe ich mich vollinhaltlich an!  ;D

Übrigends fallen fast alle längeren Serien NICHT in das 5-Punkte Schema. Zu den bereits genannten fallen mit spontan noch Memory Sorrow + Thorn und die Otherland-Saga von Tad Williams an.
Während MST (auf Deutsch "der Drachenbeintrothron, der Engelsturm...) wenigstens noch einen klar erkennbaren Hauptprota hat, hat Otherland deren vier.
Wesentlich mehr Wendepunkte haben beide.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 05. August 2007, 21:21:37
Zitat von: caity am 05. August 2007, 15:26:42Ich hab niemals behauptet, dass alle Autoren, deren Bücher auf das Schema angewendet werden können, das auch bewusst gemacht haben.
Das ist auch nicht der springende Punkt. Entscheidend ist: Ist das Schema tatsächlich im Buch zu finden, oder wird es von außen erst "hineininterpretiert". Und zweitens: Ist das Schema für die Geschichte von entscheidender struktureller Bedeutung?
  Natürlich kann man wild formale Einteilungen vornehmen. Einen Wert für die Praxis haben sie aber nur dann, wenn sie auch etwas über den Text aussagen.

Beim Herrn der Ringe stellt sich dann die Frage: Wie hätte das Schema auch unbewusst in das erste "Buch" kommen sollen, wenn zu dem Zeitpunkt, wo dieses "Buch" geschrieben wurde, noch gar nicht absehbar war, dass der Verlag den Teil des Gesamtwerkes als "ein Buch" drucken würde?
  Und, die Verlagsentscheidung über die Teilung des Buches war letztlich ja ein reiner Zufallsfaktor, der bei gleicher Geschichte auch ganz anders hätte ausfallen können. Was, wenn der Verlag den HdR nicht in 3, sondern in zwei Teile geteilt hätte?
  Hätte man dieses Schema dann auch im ersten Band eines "halbierten HdR" gefunden? Wenn ja, dann wäre das ein Beleg dafür, dass man das Schema in jedem zufällig geteilten Text finden kann, und dass es somit für die Geschichte ohne Bedeutung ist.
  Kann man es hingegen in einem "halbierten HdR" nicht finden, dann würde das bedeuten, dass das Schema gar nichts mit der Geschichte zu tun hat und auch nicht "unbewusst" hineinkommt - sondern mehr oder minder zufällig, weil ja nicht das Schreiben der Geschichte, sondern nur die zufällige Aufteilung über das Vorhandensein des Schemas entscheidet. Und auch das würde die Aussagekraft des Schemas für eine Geschichte in Frage stellen.

Ich würde die oben vorgenommene Aufschlüsselung des HdR Band 1 also eher für ein Beispiel halten, das die Probleme einer solchen schematischen Analyse illustriert.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 05. August 2007, 21:30:53
Hallo caity!
Es geht nicht nur ums Draufzulaufen und wieder abfallen der Handlung (auf den Höhepunkt nehme ich mal an). Ein Buch muss auch nicht 'handlungsarm' sein, wenn es nicht in so ein Schema passt.
Es gibt Romane, die haben mehrere Protagonisten, es gibt Geschichten, in denen die gleiche Handlung aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Bücher, die alternative Enden haben. Und alles mögliche mehr.

ZitatIch hab niemals behauptet, dass alle Autoren, deren Bücher auf das Schema angewendet werden können, das auch bewusst gemacht haben. Im Gegenteil. Bei mir war es auch so, dass mir im Nachhinein aufgefallen ist, das ich dieses Muster bereits in meinem Roman drin habe, und ich es dann weiter hervorgearbeitet hatte. Es war nicht so, dass ich mir zuerst das Muster genommen habe und dann den Roman überlegt habe.

Genau das ist es, was ich meine. Text a besteht und du versuchst Muster x darin zu finden. Du findest es auch in Text b, c, d oder e. Wenn du nach einem Muster suchst, wirst du es höchst wahrscheinlich finden. Hätten wir jetzt noch eine zweite, etwas andere Schablone (Muster y), könntest du bestimmt auch die auf eine Menge Geschichten anwenden. Vermutlich auch auf a, b, c und d. Das meine ich mit künstlich.

Wenn allen Geschichten dieser Welt das gleiche Schema zugrunde liegen müsste, warum sollte dann irgendein Mensch noch lesen? Man wüsste doch schon was passiert. Das Gehirn ist nämlich ziemlich gut darin, bestimmte Muster wiederzuerkennen. Das merkt man ganz extrem bei Filmen aus einem Genre. Grade bei denen, die sozusagen von der Stange kommen. Geht mal in 10 oder auch 5 Hollywoodfilme mit dem gleichen Genrestempel. Ich bin mir sicher, danach könnt ihr alle anderen Filme des Genres recht exakt vorhersagen.

Für eine bestimmte Art von Geschichten ist so ein Leitfaden sicherlich ganz gut. Aber ich  würde kein solches Schema (und es gibt sicherlich mehrere davon) bedingungslos anwenden wollen.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Hr. Kürbis am 06. August 2007, 08:25:06
Ich kann dieses Schema sehr gut nachvollziehen und in der Tat lässt es sich auch auf meinen (nicht fertigen) Erstling anwenden, obwohl ich es nicht geplant habe. Wer viel liest, der wird diese Punkt schon rein intuitiv mehr oder weniger offensichtlich umsetzten, man muss das nicht planen oder in ein Schema pressen, ich würde sagen, es passiert einfach.
Für den einen ist eben eine Hilfe um die Übersicht zu wahren, für den anderen ist es eine Beschneidung der eigenen Kreativität.
Ich kann nachvollziehen, was Caity meint und sage  :jau: für dieses Thema (und die daraus resultierende Diskussion).

Jetzt zur Ketzerei:

HdR folgt für mich (wenn der Fokus auf Frodo liegt) doch genau diesem Schema, denn es gibt genau diese entscheidenden Wendepunkt, die die komplette Handlung bestimmen.

Anfang:                   Ist klar...
1. Wendepunkt:      In Bruchtal entscheidet Frodo sich dafür, den Ring nach Mordor zu bringen...
2. Wendepunkt:      Frodo entscheidet sich, die Gefährten zu verlassen und den Ring alleine nach Mordor zu bringen...
Ende:                       Frodo schmeißt ::) den Ring in den Schicksalsberg...

Das heißt aber nicht, dass es ansonsten KEINE Wende-/Höhepunkte gibt, klar gibt es die, aber sind die von essentieller Wichtigkeit? Ich glaube nicht... Außerdem folgen alle anderen Charaktere ihre eigenem Schema, Gandalf hat andere Wendepunkt als Aragorn, Merry andere als Pippin, Sam andere als Gollum... Aber auch hier gibt es Überschneidungen und die essentiellen Wendepunkte lassen sich bestimmt auf das komplette Werk, aber auch die einzelnen Bücher problemlos anwenden...

Mein Senf dazu...  ;D
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Cailin am 06. August 2007, 09:17:56
Ich hätte da mal eine - vielleicht etwas ketzerische - Anmerkung:

So einleuchtend (wenn auch meiner Meinung nach nicht zwingend erforderlich und immer stimmig - und vielleicht auch sehr hilfreich wenn man ein Gerüst möchte, an dem man sich entlang hangeln kann) ich diese Unterteilung in fünf Punkte finde, ist ein funktioniernder Spannungsbogen nicht viel wichtiger in einer Geschichte (unabhängig von ihrer Länge)? Ganz egal, ob eine Story jetzt genau diese fünf Punkte hat oder ein Dutzend davon, wenn mir zwischendurch der Spannungsbogen weg bricht, hilft mir dieses ganze System nicht mehr. - Ist zumindest meine Meinung.   :hmmm:
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 06. August 2007, 09:35:45
Zitat von: Hr. Kürbis am 06. August 2007, 08:25:06Anfang:                   Ist klar...
1. Wendepunkt:      In Bruchtal entscheidet Frodo sich dafür, den Ring nach Mordor zu bringen...
2. Wendepunkt:      Frodo entscheidet sich, die Gefährten zu verlassen und den Ring alleine nach Mordor zu bringen...
Ende:                       Frodo schmeißt ::) den Ring in den Schicksalsberg...
Hier hast du jetzt Anfang, Ende und zwei Plotpoints dazwischen. Laut Caitys Schema müssten es aber drei essentielle Plotpoints dazwischen sein. Und wenn du den dritten jetzt nachreichst, werde ich dir eine sehr unangenehme Frage stellen ;)

Tut mir leid, aber damit verstärkt dein Beispiel bisher nur meinen Eindruck, dass die absoluten Verfechter dieser Struktur hier in dem Thread dazu neigen, sich die Dinge so lange zurechtzubieben, bis die Wirklichkeit zur Theorie passt.

Und damit will ich nichts über den Herrn der Ringe aussagen: Es mag durchaus sein, dass man tatsächlich die Handlung aus Frodos Sicht in auslösendes Ereignis - 1. Plotpoint - Midpoint - 2. Plotpoint - Schluss einteilen kann. Um das abschließend beurteilen zu können, müsste ich mir noch erheblich mehr Gedanken machen, bei denen ich der Ansicht bin, dass sie eigentlich von der Verfechtern des "5-Punkte-Forever"-Schemas kommen müssten.
Bisher fällt mir nur auf, dass ich aus dieser Richtung hier im Thread noch kein Beispiel ohne fundamentalen formalen Mangel gesehen habe. Und daraus folgt jetzt meine ketzerische Anmerkung: Wenn diejenigen, die hier diese Struktur als allgemeine Regel empfehlen wollen, selbst nicht in der Lage sind, sie dramenttheoretisch sattelfest anzuwenden - sind sie selbst dann tatsächlich wegen dessen formaler Aussagekraft von dem Schema so begeistert ... oder nicht nur, weil es ihnen persönlich eine Hilfe bietet, ihre Gedanken zu ordnen. Wofür man kein formal ausgereiftes Schema braucht, sondern auch vage Vorstellungen schon ausreichen würden - die man dann aber nur mit Vorsicht an dritte verkaufen sollte.

Und, wie gesagt - ich stelle hier nicht die Struktur an sich in Frage. Die habe ich im Studium kennengelernt, und auch bei meiner Beschäftigung mit Drehbuchschreiben. Man kann sie tatsächlich in vielen Geschichten finden, und sie ist auch ein sehr wirksames Strukturierungsinstrument.
  Ich habe nur den Eindruck, dass, was hier im Thread verfochten werden soll, ist nicht die korrekte Theorie, sondern eine verallgemeinerte und absolutierte Faustregel aus dem Fundus für Eigenbedarf. Was dann genau der Kardinalmangel wäre, den ich für Schreibwerkstätten im Internet oft konstatiert habe.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Hr. Kürbis am 06. August 2007, 12:38:34
Hah! Da hab ich doch glatt einen Punbkt unterschlagen... Hm, aber nachreichen? Nö, dann arbeite ich mit den vier Punkten! ;)

Wioe dem auch sein, eine UNBEDINGTE Schreibregel aus so einem Thema zu machen halte ich generell für unmöglich, denn es gibt so unendlich viele Regelen wie es Schreiberlinge gibt, oder?

Tja, mir jedenfalls kann soetwas helfen (ich verzettel mich gerne) und daher finde ich so ein Fünf-(oder Vier ;D)Punkte-Schema nützlich, aber nicht verbindlich...
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Dorte am 06. August 2007, 12:48:34
Naja, im HdR gibt es aber nicht nur die Handlung um Frodo, wo packst du denn die Ereignisse in Isengard, Helms Klamm oder Minas Tirith rein? So ganz handlungsirrelevant sind die ja irgendwie doch nicht ;)

Ich bleibe dabei: ganz sicher kann jeder in jedem Text diese Punkte finden. Aber ob zwei Leute im selben Text die selben Punkte finden, das bezweifele ich. Und zudem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass zugunsten des Schemas andere wichtige Handlungspunkte ignoriert werden, weil es sonst halt zuviele werden. Mit anderen Worten bringt mir dieses Muster nichts. ;)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 06. August 2007, 13:04:16
Zitat von: Hr. Kürbis am 06. August 2007, 12:38:34Hah! Da hab ich doch glatt einen Punbkt unterschlagen... Hm, aber nachreichen? Nö, dann arbeite ich mit den vier Punkten! ;)
Menno. Ich hatte mich schon so darauf gefreut, meine Frage stellen zu können ;)
Zitat von: Hr. Kürbis am 06. August 2007, 12:38:34Tja, mir jedenfalls kann soetwas helfen (ich verzettel mich gerne) und daher finde ich so ein Fünf-(oder Vier ;D)Punkte-Schema nützlich, aber nicht verbindlich...
... und dafür dürfte das Schema auch unumstritten besser geeignet sein als für den Versuch, es überall in bestehenden Werken zwanghaft "am Werke" sehen zu wollen :buch: Und, psst: Dafür benutze ich es selbst auch sehr gerne ;D
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 06. August 2007, 13:12:36
Psst! Herr Kürbis, Regeln sind da, um gebrochen zu werden^^'.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Hr. Kürbis am 06. August 2007, 14:00:44
@Lavendel
Psst, jeder macht und befolgt seine eigenen Regeln!  ;)

@Dorte
Da hast du mich dann falsch verstanden, aber was hat Isengart mit Frodo zu tun? Indirekt schon, aber es ist nicht sein Handlungsstrang, sondern wohl eher ein Wendepunkt von Gandalf und/oder Merry und Pippin... Frodo war nur ein Beispiel als Hauptperson!

Wobei man den Herrn der Ringe sowieso nicht als Beispiel für ein handwerklich gelungenes Buch heranziehen kann, nach heutigen Gesichtspunkten würde es wohl nie nie nie verlegt werden, oder? ;D Ist eben ein Standardwerk...
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: felis am 06. August 2007, 14:21:05
Zitat von: Hr. Kürbis am 06. August 2007, 14:00:44
@Wobei man den Herrn der Ringe sowieso nicht als Beispiel für ein handwerklich gelungenes Buch heranziehen kann, nach heutigen Gesichtspunkten würde es wohl nie nie nie verlegt werden, oder? ;D Ist eben ein Standardwerk...
Bei dem heutigen Phantasyhype eher doch,  ;D
Wenn ich mir angucke, was man teilweise für mies geschriebene Fantasy zu kaufen kriegt....
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 07. August 2007, 12:24:38
Hallo,

uff, das kommt davon, wenn man lange keine Zeit hat und nur mitlesen kann ... ich versuch mal auf alle Sache einzugehen, die jetzt bisher genannt wurden.

@Linda/Dorte:
ZitatAuenland-Bruchtal der eigentliche Höhepunkt nicht die Ankunft in Bruchtal, sondern Frodos Widerstand gegen die Ringgeister an der Furt - einer der heldenhaftesten Momente im gesamten Buch (und ich werde Peter Jackson nie vergeben, dass er Frodo diesen Moment in den Filmen weggenommen hat).

Das kommt darauf an, was ihr als Höhepunkt seht. Meiner Definition nach ist der Höhepunkt der Moment, in dem alles in Ordnung scheint. Die Aufgabe scheint gelöst, alle Probleme beseitigt, jeden Moment kann man ins ruhige Leben zurückkehren. Und auf die Definition passt der Widerstand Frodos nun einmal nicht. Das *ist* dann die Ankunft in Bruchtal, wo er Gandalf wieder hat, wo er den Ring abgeben kann, wo keine Reiter mehr hinter ihm her sind, usw.usf.

Und trotz allem glaube ich, dass das Schema passt. Wenn auch unabsichtlich, aber es ist reingerutscht. Zwei Bände in einem, dann hat er über zwei Bände hinweg, dieses Schema angewendet.

@ Judith:
ZitatEin Beispiel hat Dorte schon genannt, nämlich "Das Lied von Troja" von Colleen McCullough. Dann fällt mir da noch "Der Wahrträumer" (Gezeitenwelt 1) von Berhard Hennen ein und vor allem "Das Lied von Eis und Feuer" von George R.R. Martin (bei dem es wirklich unmöglich ist, einen einzigen Hauptcharakter ausfindig zu machen). Und wenn ich mich recht erinnere, wäre auch die "Spiel der Götter"-Reihe von Steven Erikson hier ein Beispiel.

Danke. Hab das mal in meine Leseliste aufgenommen und werde mal schauen, ob ich es irgendwo finde, ausleihen kann, o.ä. Welches der Bücher findest du denn am empfehlenswertesten?

@ Lomax:
ZitatIst das Schema tatsächlich im Buch zu finden, oder wird es von außen erst "hineininterpretiert".

Ehrlich gesagt verstehe ich nicht ganz, wo da der Unterschied ist. Wenn man es ,,hineininterpretieren" kann, muss es ja zu finden sein, andernfalls hätte man es nicht reininterpretieren können ... ôO

ZitatIst das Schema für die Geschichte von entscheidender struktureller Bedeutung?

Wie gesagt, ich halte das Schema gut um einen roten Faden in der Geschichte zu finden. Um was es geht es in einem Satz. Schaut man sich diese Punkte an, merkt man das relativ schnell.

ZitatWas, wenn der Verlag den HdR nicht in 3, sondern in zwei Teile geteilt hätte?

Vielleicht hätte man in diesen zwei Teilen auch ein solches 5-Punkte-Schema entdecken können. Vielleicht – das kann man so ja nicht wissen.

ZitatHätte man dieses Schema dann auch im ersten Band eines "halbierten HdR" gefunden? Wenn ja, dann wäre das ein Beleg dafür, dass man das Schema in jedem zufällig geteilten Text finden kann, und dass es somit für die Geschichte ohne Bedeutung ist.

Nicht unbedingt. Eventuell würden sich dadurch die Schwerpunkte verlagern. Um was geht es im ersten Band? Um was im zweiten? Um was im dritten? Hätte man das jetzt anders verteilt, wären die Schwerpunkte innerhalb des Bandes auch anders gesetzt gewesen und dadurch wäre ein ganz anderer Satz herausgekommen. Dann geht es nicht mehr nur um ,,Frodo, der aufbricht, den Ring zu vernichten und am Schluss alleine weiter ziehen muss", sondern um ,,Frodo, der aufbricht, den Ring zu vernichten und mit Sam und Gollum durch die Sümpfe irrt" o.ä.

Außerdem frage ich mich gerade, wo für dich genau der Unterschied zwischen ,,unbewusst" und ,,zufällig" liegt. Für mich ist es zumindest in dem Kontext nahezu das Gleiche.

@ Lavendel:
ZitatWenn allen Geschichten dieser Welt das gleiche Schema zugrunde liegen müsste, warum sollte dann irgendein Mensch noch lesen? Man wüsste doch schon was passiert.

Imho lassen diese Punkte aber sehr viel Freiraum, was die Geschichte anbelangt. Es ist die gleiche Dramatik drin, aber die Dramatik kann in der Geschichte durch unterschiedliche Dinge erzeugt werden.
Ich gehe mal von dem zweiten Wendepunkt im ersten Band meiner Trilogie aus:
Die Antagonistin flieht und die Protagonistin wird gefangen genommen.
Der zweite Wendepunkt hätte aber genauso gut sein können:
Die Antagonistin schnappt sich ihre Mächte und belagert die Hauptstadt, in der sich die Protagonistin befindet
Oder
Die Protagonistin gerät in eine Falle und droht, hingerichtet zu werden
Oder
...
Deshalb finde ich, trotz des ,,Schemas" ist eine Geschichte dadurch nicht vorhersehbar.

Was du mit künstlich meinst, habe ich jetzt verstanden. Ich sehe darin allerdings kein großes Problem. Normalerweise ist es nicht so, dass ich mit dem Schema herumrenne und sage: Das ist das tollste der Welt, es passt überall und alles andere ist murks. Das würde ich nie behaupten und das habe ich – meines Wissens nach – auch nicht getan.

@ Cailin:
ZitatSo einleuchtend ich diese Unterteilung in fünf Punkte finde, ist ein funktioniernder Spannungsbogen nicht viel wichtiger in einer Geschichte? Ganz egal, ob eine Story jetzt genau diese fünf Punkte hat oder ein Dutzend davon, wenn mir zwischendurch der Spannungsbogen weg bricht, hilft mir dieses ganze System nicht mehr.

Huch, das verstehe ich jetzt nicht ganz. Ich benutze dieses Schema immer, um einen Spannungsbogen auf die Reihe zu bekommen ôO
Es ist genau so wie man sagt in einer Geschichte gibt es Einleitung – Hauptteil – Schluss.
Wenn ich mich daran halte und auch daran, was in den jeweiligen Abschnitte vorkommen soll, kann ich zumindest sicher sein, dass die Geschichte nicht komplett langweilig wird. Imho sorgt das Thema wirklich für einen Spannungsbogen:
Irgendeine Entscheidung *zwingt* den Protagonisten dazu, ein Wagnis einzugehen → Eine kurze Verschnaufpause, der Leser atmet schon auf → alles wendet sich zum Schlimmsten, die Spannung ist hundertprozentig da. Das bedeutet das Schema für mich, so benutze ich es.

@ Lomax 2:
ZitatUm das abschließend beurteilen zu können, müsste ich mir noch erheblich mehr Gedanken machen, bei denen ich der Ansicht bin, dass sie eigentlich von der Verfechtern des "5-Punkte-Forever"-Schemas kommen müssten.

??? Sorry, aber ich weiß nicht, worauf du hinaus willst.

ZitatWenn diejenigen, die hier diese Struktur als allgemeine Regel empfehlen wollen, selbst nicht in der Lage sind, sie dramenttheoretisch sattelfest anzuwenden - sind sie selbst dann tatsächlich wegen dessen formaler Aussagekraft von dem Schema so begeistert ... oder nicht nur, weil es ihnen persönlich eine Hilfe bietet, ihre Gedanken zu ordnen. Wofür man kein formal ausgereiftes Schema braucht, sondern auch vage Vorstellungen schon ausreichen würden - die man dann aber nur mit Vorsicht an dritte verkaufen sollte.

Die Aussage finde ich nicht berechtigt und da fühle ich mich ziemlich angegriffen. Da ich wohl – neben Herrn Kürbis, dafür danke übrigens – die einzige bin, die das einigermaßen ,,verfechtet", fühle ich mich zumindest angesprochen.
Ich wollte dieses Thema *nie* als allgemeine Regel verkaufen. Ich hatte es in dem Plot-Thread als Beispiel, wie ich vorgehe, um – wie du sagst – ,,meine Gedanken zu ordnen". Darauf kam die Frage, was genau das eigentlich sei, wozu sie gut sind, usw. Darauf bin ich eingegangen. Ich wollte das Schema nie an dritte ,,verkaufen" oder sonst etwas in der Richtung. Wenn mich jemand fragt, wie ich vorgehe, nenne ich das als ein Beispiel.

ZitatIch habe nur den Eindruck, dass, was hier im Thread verfochten werden soll, ist nicht die korrekte Theorie, sondern eine verallgemeinerte und absolutierte Faustregel aus dem Fundus für Eigenbedarf.

Dann sag uns doch, was deines Wissens nach die korrekte Theorie ist. Von mir aus ist sie aus dem ,,Fundus Eigenbedarf". Ich bin noch 17 und bisher nicht in der Lage gewesen, etwas in der Richtung zu studieren. Viele hier sind Hobbyautoren, zu denen ich mich ebenfalls zähle. Ich habe meine Dinge, die ich gerne anwende und ich rede auch gerne mit anderen darüber, wie und warum ich das mache, aber ich bin kein Experte. Und ich finde das kannst du in einem Schreibforum auch nicht prinzipiell erwarten. So viel zum Thema Kardinalmangel ...

Zitat... und dafür dürfte das Schema auch unumstritten besser geeignet sein als für den Versuch, es überall in bestehenden Werken zwanghaft "am Werke" sehen zu wollen

Nun, die Frage im Anfangsthread lautete auch, ob es bestehende Fantasywerke gibt, in denen es zu finden ist. Daher das ,,zwanghafte sehen wollen".

Ich hoffe, das klingt jetzt alles nicht zu zickig, aber ich fühle mich gerade ein bisschen verarscht und weiß nicht genau, was von mir erwartet wird. Ich hatte häufiger gesagt, dass ich das Thema für mich angewendet gut finde und das es mich überzeugt hat, dass man dadurch einen guten roten Faden findet und einen gescheiten Bogen in seinen Text bekommt. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. ;)

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Linda am 07. August 2007, 12:42:57
Zitat von: caity am 07. August 2007, 12:24:38
@Linde/Dorte:
Das kommt darauf an, was ihr als Höhepunkt seht. Meiner Definition nach ist der Höhepunkt der Moment, in dem alles in Ordnung scheint. Die Aufgabe scheint gelöst, alle Probleme beseitigt, jeden Moment kann man ins ruhige Leben zurückkehren. Und auf die Definition passt der Widerstand Frodos nun einmal nicht. Das *ist* dann die Ankunft in Bruchtal, wo er Gandalf wieder hat, wo er den Ring abgeben kann, wo keine Reiter mehr hinter ihm her sind, usw.usf.

Hi Caity,

Schema-Auszeit.
Mein dito bezog sich auf Dortes Einschätzung zu Jacksons Freiheiten in Bezug auf die Charakterdarstellung von Frodo. So gerne ich den Film auch sehe, das Buch ist dennoch mehr als einen Tick besser. Nicht zuletzt, weil Frodo im Original Zähne zeigt und nicht so ein "Weichei" ist, wie im Film, das nicht einmal sein eigenes Schwert festhalten kann oder den Nazgul den Ring anbietet (Osgiliath). Geschweige denn in die Totensümpfe purzelt oder seinem besten Freund und Kameraden misstraut und ihn  wegschickt.
Ja, Jackson hat Frodo ganz schön arm aussehen lassen, zugunsten von Arwen, und später auch Samweis. Als hätten die das nötig! Grrrr.

Linda
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 07. August 2007, 12:57:21
Hallo Linda,

uups, tschuldige, ich hatte das darauf bezogen  :pfanne: <-- caity
Tut mir Leid, nehme alles zurück, dein Name wird davon gestrichen ;)

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Linda am 07. August 2007, 12:58:03
Zitat von: caity am 07. August 2007, 12:24:38
Dann sag uns doch, was deines Wissens nach die korrekte Theorie ist.

Falsch und richtig gibts nur in der Mathematik. ;D

Und, ich will jetzt wirklich niemanden persönlich attackiere (wer mich länger kennt, kennt auch diese Ansicht von mir) - gerade dieses "es muss eine alllseligmachende Wahrheit für alle und alles geben" nervt mich bei Schreibschuljüngern am meisten.

Schreiben ist nicht einfach. Es ist harte Arbeit. Es gibt Werkzeuge für verschiedene Zwecke und Temperamente.

Das Baugewerbe ist auch nicht einfach. Aber ich habe auf der Baustelle noch niemanden schreien hören: da muss es doch einen simplen, auswendig zu lernenden Weg geben, ein Haus in 1 Stunde zu bauen. Polier, welches ist das eine und richtige Werkzeug, um ein Haus zu bauen?

;)
Linda
;)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Linda am 07. August 2007, 13:01:08
Zitat von: caity am 07. August 2007, 12:57:21
Hallo Linda,

uups, tschuldige, ich hatte das darauf bezogen  :pfanne: <-- caity
Tut mir Leid, nehme alles zurück, dein Name wird davon gestrichen ;)

Bye
caity

Keine Ursache. Ich fühlte mich nicht angegriffen, wollte das nur sachlich richtigstellen.

Gruß,

Linda
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 07. August 2007, 13:04:41
Okay, nochmal hallo Linda,

;)
ZitatFalsch und richtig gibts nur in der Mathematik.

Und nicht einmal da immer ^.-
Unser Mathelehrer hat immer gesagt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Ich mochte ihn zwar nicht sonderlich, aber was das anbelangt, muss ich ihm wohl oder übel Recht geben ;)

Ich glaube auch nicht, dass wir hier eine allgemeine Wahrheit finden werden, ganz einfach, weil sie nicht existiert, aber mich interessiert, was die "anscheinend" korrekte Theorie ist ...

Bye
caity

PS:
ZitatKeine Ursache. Ich fühlte mich nicht angegriffen, wollte das nur sachlich richtigstellen.

Gut, da bin ich aber erleichtert ^^"
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: felis am 07. August 2007, 13:25:27
@Caity, das war aber nicht nett, dass Du eben ohne Vorwarnung die Mindoar Avarils gespoilert hast.   :P  ;)
Was die 5 Punkte Regel angeht, denke ich mir, Du hast Dir mit dem HdR einfach ein schlechtes Bsp. ausgesucht. Hätte Tolkien seinen Text danach strukturiert, müsste die Struktur entweder in jedem der 6 Tolkienschen Einzelbände oder über die gesamte Publikation hinweg zu finden sein.
Schon wegen der 6 Einzelbände -Teilung kann man die Annahme vergessen, Tolkien hätte die gesamte Story an 5 Punkten orientiert.
Bliebe also, zu versuchen, die 5 Punkte in den 6 Einzelteilen zu finden.
Die Dreiteilung der tatsächlichen Publikation ist eine Willkürentscheidung des Verlags gewesen und damit für den Schreibprozess völlig irrelevant.

Wäre aber schön, wenn Du noch ein Beispiel erläutern könntest, wo in einen Fantasy-Roman die 5 Punkte wirklich als Strukturierung (während des Schreibens) tatsächlich zur Anwendung gekommen sind.
LG
felis
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 07. August 2007, 13:28:45
Hey caity!

Erstmal piano, hm? :omn:
Wer will dich denn angreifen? Ich jedenfalls nicht und Lomax sicher auch nicht! Und verarschen will dich erst recht keiner.

Ich habe nur versucht, zu erklären warum ich generell ein bisschen kritisch gegenüber solchen Schemata bin. Das hat überhaupt nichts mit deiner Person oder deinen persönlichen Vorlieben beim Strukturieren deiner Plots und schon gar nichts mit deinem Alter zu tun.

Also, wenn ich deine Ausführungen jetzt richtig verstanden habe, meinst du, dass man z.B. einen Höhepunkt an verschiedenen Stellen im Text finden kann. Sprich: Nicht jede/r identifiziert vielleicht den gleichen Höhepunkt. Man kann ihn also quasi ein Stück nach vorne oder nach hinten verschieben.

Aber grade das wäre ein Problem, wenn man von einem allgemeingültigen Schema spricht, oder nicht (und das hat wohl der Mensch gewollt, der es sich ausgedacht hat. Immerhin hat er es ja als solches veröffentlicht)?

Und mit künstlich meine ich folgendes: Ein Schema ist ein gedankliches Konstrukt. Jemand hat viele Texte gelesen und sich gedacht, hey die haben da und da Gemeinsamkeiten. Anhand dieser Gemeinsamkeiten steckt man diese Texte dann in eine Schulade. Zum Beispiel Schublade Krimi. Wenn in einem Krimi aber der Detektiv ein Zauberer ist, wird das Buch vielleicht ins Fach Fantasy gelegt, obwohl es alle Anforderungen an einen Krimi erfüllt. Oder man muss ein neues Fach anlegen, auf dem eben Fantasy Krimi steht. Und wenn dann noch so ein Kriminalroman mit phantastischen Elementen auftaucht, der das sowohl das Fantasy- alsauch das Krimigenre parodiert... wohin dann damit?

Es gibt eine schier unendliche Fülle an Möglichkeiten, eine Geschichte aufzubauen und Spannung zu erzeugen. Ein Schema greift da einfach viel zu kurz.

Klar kannst du es als 'roten Faden' für deine Geschichte verwenden. Aber meiner Ansicht nach hält ein starres Muster der Entwicklung einer guten Geschichte eben nur bis zu einem gewissen Grad stand. Ich bin überzeugt, dass es auch in deinem Roman Punkte gibt, an denen das Schema versagt. Schon allein, dass du dafür plädierst, es flexibel anzuwenden zeigt doch, dass auch dein Text sich nicht eins zu eins in eine x-Punkte Gussform pressen lässt.
Und das finde ich gut so.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 07. August 2007, 13:42:56
Hi Lavendel,

oh, von dir hab ich mich auch keinesfalls angegriffen gefühlt!!! Das war nur auf Lomax einen Kommentar hin zurückzuführen, er/sie (sorry :() hätte das studiert und wir würden hier nicht die korrekte Theorie wiedergeben, das hat mit dir rein gar nichts zu tun, tschuldige, wenn du dich da auch reingezogen fühltest  :-\

ZitatNicht jede/r identifiziert vielleicht den gleichen Höhepunkt. Man kann ihn also quasi ein Stück nach vorne oder nach hinten verschieben.

Ähm ... nö, ganz so hab ich das jetzt auch nicht gemeint *räusper*
Ich meinte, dass, wenn man eine Trilogie auf verschiedene Weise anschaut, das dort dann unterschiedliche Wendepunkte sicher zu finden sind. Ich denke hier muss man ganz stark zwischen mehreren Bänden und einzelnem Roman unterscheiden ...

ZitatAber grade das wäre ein Problem, wenn man von einem allgemeingültigen Schema spricht, oder nicht

Ich habe nie, nie, niemals von einem *allgemeingültigen* Schema gesprochen. Ich habe von einem Schema gesprochen, das mir sehr hilft und das ich auch schon in anderen Romanen _für mich_ erkannt habe!

ZitatEin Schema ist ein gedankliches Konstrukt.

Ja, ich habs verstanden, wirklich ;)
Das schließt trotzdem nicht aus, dass man es in Büchern findet ^.-

ZitatAber meiner Ansicht nach hält ein starres Muster der Entwicklung einer guten Geschichte eben nur bis zu einem gewissen Grad stand. Ich bin überzeugt, dass es auch in deinem Roman Punkte gibt, an denen das Schema versagt. Schon allein, dass du dafür plädierst, es flexibel anzuwenden zeigt doch, dass auch dein Text sich nicht eins zu eins in eine x-Punkte Gussform pressen lässt.

Mmh ... okay, das verstehe ich jetzt noch nicht so ganz.
Ich versuchs mal Anhand eines Mandala-Beispiels von meiner Sichtweise zu erklären:
Ich hab da eine Grundform und die kann ich verschieden anmalen, diese verschidenen Farben, die ich benutze, bedeuten die Flexibilität, der Umriss, die Punkte-Form, bleibt aber trotzdem erhalten ...

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 07. August 2007, 13:46:52
Hi felis,

Zitatdas war aber nicht nett, dass Du eben ohne Vorwarnung die Mindoar Avarils gespoilert hast.

Sorry  :wums:
Hätt's kennzeichnen sollen ... naja, egal. Jetzt weißt du halt das schon, aber das ist ja nicht alles ;)

ZitatSchon wegen der 6 Einzelbände -Teilung kann man die Annahme vergessen, Tolkien hätte die gesamte Story an 5 Punkten orientiert.

Oh je, langsam kann ich nachvollziehen, wie Phoenix sich damals im Federfeuer gefühlt hat, deshalb sag ich das jetzt auch nur noch einmal:
Ich habe *nie* behauptet, Tolkien hätte sich daran orientiert - und ehrlich gesagt glaube ich das auch nicht - was ich behaupte, ist, dass man die 5-Punkte-Form im ersten Band des Herrn der Ringe finden kann. Mehr nicht. ;)

ZitatWäre aber schön, wenn Du noch ein Beispiel erläutern könntest, wo in einen Fantasy-Roman die 5 Punkte wirklich als Strukturierung (während des Schreibens) tatsächlich zur Anwendung gekommen sind.

Ehrlich gesagt habe ich noch nie mit einer Autorin darüber unterhalten, ob sie das verwendet hat oder nicht ôO Ich kann dir Romane nennen, in denen ich es gefunden habe, aber ich kann dir bei keinem Versichern, das es absichtlich genutzt wurde.

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 07. August 2007, 13:59:54
Hey, das Mandala Beispiel finde ich toll! Weißt du, wie viele verschienene Mandala-Vorlagen es gibt, die man ausmalen kann? Wenn man diese Anzahl plus käuflich zu erwerbende Bundstiftfarben nimmt, die Anzahl Möglichkeiten ausrechnet, die für eine Mandala Version in Frage kommen und die dann mit der Anzahl der unterschiedlichen Muster multipliziert...
Es gibt Leute deren Job es ist, sich neue Mandalamuster auszudenken.
Hihi.  ;D Selbst ausgeheblt, würd ich sagen :ätsch:
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 07. August 2007, 14:01:18
Nö, ich habe nie behauptet, dass es nur ein Schema gibt ;)
Und mein Mandala-Beispiel bezog sich auf *ein* Mandala - nicht mehrere ^^
Ich meinte, dass man innerhalb des Mandalas trotzdem noch Wahlmöglichkeiten hat - nämlich die Farbstifte, was wiederum bedeutet, dass allein durch das Mandala nicht Vorhersehbarkeit gegeben ist.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 07. August 2007, 14:04:03
Aber wenn man ein und dasselbe Mandala zu tausendsten Mal ausmalt, möchte man sicher mal ein anderes...^^

Ach übrigens noch ein Nachtrag:
Zitat von: caity am 07. August 2007, 13:42:56
Ich habe nie, nie, niemals von einem *allgemeingültigen* Schema gesprochen. Ich habe von einem Schema gesprochen, das mir sehr hilft und das ich auch schon in anderen Romanen _für mich_ erkannt habe!
Jo, darum habe ich ja auch in de Klammer den Menschen erwähnt, der sich dieses Schema ausgedacht hat. Und nicht dich. ;)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: felis am 07. August 2007, 14:42:18
Zitat von: caity am 07. August 2007, 13:46:52
Oh je, langsam kann ich nachvollziehen, wie Phoenix sich damals im Federfeuer gefühlt hat, deshalb sag ich das jetzt auch nur noch einmal:
Ich habe *nie* behauptet, Tolkien hätte sich daran orientiert - und ehrlich gesagt glaube ich das auch nicht - was ich behaupte, ist, dass man die 5-Punkte-Form im ersten Band des Herrn der Ringe finden kann. Mehr nicht. ;)
Ehrlich gesagt habe ich noch nie mit einer Autorin darüber unterhalten, ob sie das verwendet hat oder nicht ôO Ich kann dir Romane nennen, in denen ich es gefunden habe, aber ich kann dir bei keinem Versichern, das es absichtlich genutzt wurde.

Bye
caity
Auch wenns nervt:  ;)
Das Schema auf den 1. Band anzuwenden mang zwar möglich sein, nur ist es einfach nicht sinnvoll, da der Autor den 1. Band nicht als eigenständige Struktur intendiert hat.

Für mich als Schreiberling ist nicht so interessant, wo mans theoretisch überall drüberpfropfen könnte, sondern, wo sich Belege finden, dass ein Autor seine Geschichte tatsächlich nach diesem Schema konzpiert hat.

Mich würde einfach interessieren, ob (außer Caity) wirklich noch jemand dieses Schema beim Geschichten konstruieren benutzt (hat).
LG
felis
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Grey am 07. August 2007, 14:55:58
Also ... auch wenns vielleicht ein bisschen spät ist, um mich in diese lebhafte Diskussion einzuklinken, dazu kann ich was sagen:

Nein. Tu ich nicht. Ich mag es nicht, meine Geschichten an Schemata aufzuhängen, man frage mich nicht warum. Aber ich denke, falls mein Spannungsbogen nicht funktioniert, liegt das nicht ausgerechnet daran ...
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 07. August 2007, 15:15:02
Hallo Caity,
Zitat von: caity am 07. August 2007, 12:24:38
Ehrlich gesagt verstehe ich nicht ganz, wo da der Unterschied ist. Wenn man es ,,hineininterpretieren" kann, muss es ja zu finden sein, andernfalls hätte man es nicht reininterpretieren können ...
Nun, in jeder guten Geschichte steckt eine ganze Welt - aber wer in jede Geschichte eine ganze Welt hineininterpretiert, ist nicht unbedingt ein guter Interpret ;D Der Unterschied liegt letztlich darin, ob sich die Interpretation in Zwiesprache mit dem Text entwickeln kann, oder ob man schon selbst die Interpretation im Kopf hat und aus dem Text nur herauszupicken versucht, was dazu passt - und alle Widersprüche übersieht.
Zitat von: caity am 07. August 2007, 12:24:38Außerdem frage ich mich gerade, wo für dich genau der Unterschied zwischen ,,unbewusst" und ,,zufällig" liegt. Für mich ist es zumindest in dem Kontext nahezu das Gleiche.
Eine Menge von dem, was ich denke, denke ich unbewusst. Trotzdem sind es Gedanken, und sie führen meist zu einem Ziel. Zufälle sind ziellos.
  In dem Kontext bedeutet das: Wenn ein Autor einen Text beispielsweise spannend gestalten will, oder lebhaft, dann baut er möglicherweise viele Dinge in den Text ein, die diesen spannend oder lebhaft machen. Und manches Detail fügt vielleicht sein Unterbewusstsein hinzu. Wenn also eine bestimmte Struktur gut ist für den Spannungsaufbau, mag es vielleicht sein, dass der Autor unbewusst unter allen möglichen Strukturen genau diese wählt - aber er tut es trotzdem nicht zufällig.
  Wenn hingegen ein Buch aus rein kommerziellen Gründen nachträglich in drei Teile geteilt wird, kann es zufällig sein, dass jeder dieser Teile einer eigenständigen Romanstruktur folgt. Aber dieser Struktur kann dann nicht mal eine unbewusste Konzeption des Autors zugrunde liegen, weil das Buch schon fertig war, als die Teilung erfolgte.

Und, Caity, tut mir leid: Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass dir der Unterschied zwischen "interpretieren" und "reininterpretieren" oder "zufällig" und "unbewusst" tatsächlich nicht klar war.
Zitat von: caity am 07. August 2007, 12:24:38??? Sorry, aber ich weiß nicht, worauf du hinaus willst.
Eigentlich nur darauf: Wenn mich jemand von einer Theorie überzeugen will, erwarte ich zumindest, dass derjenige sie selbst stringent und frei von inneren Widersprüchen anwenden kann. Daran fehlt es mir bisher - und hauptsächlich deswegen habe ich das Gefühl, dass hier nur halb verstandene Fetzen einer Theorie ausgebreitet werden, die dann irgendwie "passend gemacht" werden sollen.
Zitat von: caity am 07. August 2007, 12:24:38Die Aussage finde ich nicht berechtigt und da fühle ich mich ziemlich angegriffen. Da ich wohl – neben Herrn Kürbis, dafür danke übrigens – die einzige bin, die das einigermaßen ,,verfechtet", fühle ich mich zumindest angesprochen.
Es tut mir leid, wenn du dich angegriffen fühlst. Ich habe die Verallgemeinerung des Schemas kritisiert, und logische Fehler in der Argumentation. Da ich dich persönlich gar nicht kenne, habe ich auch kein Interesse, dich persönlich anzugreifen - nur die Dinge, die du sagst.
  Ob du das auf der Sachebene belässt oder ob du die Dinge, die du sagst, als so integralen Bestandteil deiner Person ansiehst, dass du dich persönlich angegriffen fühlst, ist letztlich deine Entscheidung. Wenn du diese Entscheidung triffst, solltest du allerdings an eines denken:
  Sobald du an die Öffentlichkeit trittst, werden die Dinge, die du schreibst, angegriffen werden; das gilt für Prosa ebenso wie für die Sachaussagen in diesem Thread. Manchmal hört man deshalb, dass ein Autor lernen muss, Kritik hinzunehmen, ohne sich davon persönlich angegriffen zu fühlen. Das stimmt nicht. Es gibt viele bekannte und erfolgreiche Autoren, die jede Kritik als Angriff auf die eigene Persönlichkeit ansehen.
  Man muss also gar nichts. Aber wenn man in die Öffentlichkeit gehen will - wie ich es bei den Mitgliedern eines Autorenboards erwarte - lebt man auf lange Sicht zumindest leichter, wenn man Kritik nur auf das bezieht, was man geschrieben hat, und nicht auf die eigene Person. Selbst dann, wenn man der einzige ist, der die so angegriffenen Gedanken "verfochten" hat. Was bei Autoren ja meistens so ist ;)
Zitat von: caity am 07. August 2007, 12:24:38Ich wollte dieses Thema *nie* als allgemeine Regel verkaufen.
Ich zitiere mal aus deinem ersten Posting im Thread: "... nicht nur im Drama zu finden, sondern auch so gut wie bei jedem Bestseller, egal ob Fantasy, Historisch oder sonst irgendetwas, ob jetzt beabsichtigt oder nicht sei mal dahin gestellt." - Also, wenn das keine allgemeine Aussage ist ... ;D Und nur um diese Verallgemeinerung geht der Disput.
  Wenn es ein Vorgehen ist, das dir hilft, musst du es nicht weiter rechtfertigen. Dass es ein allgemein verbreitetes Verfahren ist, hatte ich ja sogar bestätigt. Aber wenn du eine Aussage wagst wie die oben genannte, dann musst du in deiner Theorie schon ziemlich sattelfest sein.
  Wenn man irgendwann mal eine Lösung für ein ganz persönliches "Schreibproblem" findet, ist man naturgemäß sehr begeistert. Und wenn man von etwas begeistert ist, dann will man es natürlich weiterverbreiten. Leider aber führt diese Begeisterung oft dazu, dass man das besagte Problem plötzlich überall sehen will und die eine Lösung als Lösung für alles. Aber was als Faustregel für den Hausgebrauch reicht, reicht nicht unbedingt für die Verallgemeinerung.
  Und die Unstimmigkeiten in der Argumentation, auf die ich teilweise hingewiesen habe, sind meiner Ansicht nach recht deutliche Hinweise darauf, dass du selbst noch etwas unsicher in der Anwendung dieser "Regel" bist - und gerade deshalb auch die Versuche einer Verallgemeinerung mit Vorsicht zu genießen sind.
  Denn um eine Regel richtig anzuwenden, sollte man auch ihre Grenzen kennen.
Zitat von: caity am 07. August 2007, 12:24:38Dann sag uns doch, was deines Wissens nach die korrekte Theorie ist.
Das erinnert mich jetzt wieder an das Zitat eines Dozenten zum Grammatikunterricht an den Schulen: "Das Problem der Lehrer ist, dass sie für jedes Problem eine eindeutig richtige Lösung anbieten müssen. Egal wie blödsinnig sie ist." Zum Glück bin ich dann ja doch nicht Lehrer geworden ;) Also kann ich auch jederzeit sagen, dass es "die richtige Theorie zum Schreiben" nicht gibt. Aber es gibt Fehler - und wenn da Fehler in irgendeiner Argumentationskette sind, kann man darauf aufmerksam machen.

Ansonsten habe ich mich dem von dir vorgestellten Schema ja durchaus weitestgehend angeschlossen (abgesehen davon, dass du meiner Meinung nach die Wendepunkte zu eng definierst - es muss keinesfalls einen Moment scheinbarer Ruhe dabei geben). Aber es ist eben nicht das einzige Schema, und nicht die Lösung für alles.
Zitat von: caity am 07. August 2007, 12:24:38Ich hatte häufiger gesagt, dass ich das Thema für mich angewendet gut finde und das es mich überzeugt hat, dass man dadurch einen guten roten Faden findet und einen gescheiten Bogen in seinen Text bekommt. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. ;)
Nun ja - wie gesagt: Ein wenig mehr wurde hier schon noch gesagt. Und das war dann der umstrittene Teil. Aber wenn du es schaffst, diesen "Mehr"-Teil doch noch stringent zu belegen, oder auch nur zu erkennen, dass sich der "Mehr"-Teil nicht belegen lässt, dann ist das der Teil der Diskussion, aus dem man etwas Neues lernen kann.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 07. August 2007, 15:19:50
Zitat von: felis am 07. August 2007, 14:42:18Mich würde einfach interessieren, ob (außer Caity) wirklich noch jemand dieses Schema beim Geschichten konstruieren benutzt (hat).
Ja - ich. Auch wenn ich mich gerade mit Caity ganz fürchterlich darüber streite und nicht der Meinung bin, dass dieses Schema das einzige und allgegenwärtige ist ;) Aber wie ich oben schon gesagt habe: Es funktioniert tatsächlich ganz gut. Und ich habe auch schon Romane damit geplottet. Auch wenn ich nicht immer alles nach diesem Schema plotte.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Cailin am 07. August 2007, 15:36:43
Zitat von: caity am 07. August 2007, 12:24:38

@ Cailin:
Huch, das verstehe ich jetzt nicht ganz. Ich benutze dieses Schema immer, um einen Spannungsbogen auf die Reihe zu bekommen ôO
Es ist genau so wie man sagt in einer Geschichte gibt es Einleitung – Hauptteil – Schluss.
Wenn ich mich daran halte und auch daran, was in den jeweiligen Abschnitte vorkommen soll, kann ich zumindest sicher sein, dass die Geschichte nicht komplett langweilig wird. Imho sorgt das Thema wirklich für einen Spannungsbogen:


Also meiner Meinung nach bedingt das eine das andere nicht zwingend. Will sagen: Es kann mit diesen fünf Punkten klappen, einen funktionierenden Spannungsbogen zu bauen, muss aber nicht.
Genauso gut kann es sein, dass du irgendwo zwischen einem der Punkte (nehmen wir als Beispiel den ersten Wendepunkt und den Höhepunkt) eine Sequenz einbaust - aus welchen Gründen auch immer - die die Spannung raus nimmt, die dann aber zu lang gerät und dir damit den Spannungsbogen abbricht. Vielelicht schaffst du es ja, den Spannungsbogen wieder aufzubauen, aber ob du ihn wieder auf das alte Niveau bekommst, ist fraglich. Wenn du aber pech hast, steigen dir die Leser an genau diesem Bruch aus.

Ich versuch mal zu beschreiben was ich mein:
Ein für mich 'idealer' Spannungbogen ist eine kontinuierlich ansteigende Linie. Vielleicht hat sie kleinere Schwankungen nach unten, von denen aber keine tiefer abfällt als die vorherige angefangen hat. Das geht bis zum Höhepunkt. Danach fällt die Linie wieder sanft ab, sprich die Geschichte klingt aus, hat vielleicht einen Epilog oder sonstiges.

Ein 'eingebrochener' Spannungsbogen verhält sich bis zu einer gewissen Stelle wie der 'ideale', fällt dann aber (wie Z.B. eine Sinus-Funktion) wieder bis (im schlimmsten Fall) zum Ausgangsniveau ab und steigt dann wieder in die alten Höhen an. Aber genau diesen Bruch/Abfall hab ich gemeint, dass du ihn auch trotz der fünf Punkte drin haben kannst ...


Klar soweit? ;)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Judith am 07. August 2007, 18:55:07
@Cailin: Der von dir beschriebene "ideale" Spannungsbogen stimmt, glaube ich, im Wesentlichen auch mit Fritz Gesings Spannungsbogen überein (den ich weiter oben beschrieben habe). Ich denke, dass der bei vielen Romanen einfach die "natürliche" Struktur darstellt: Da man als Leser ja an der Geschichte dran bleiben soll, steigert sich die Spannung trotz gewisser Ruhepunkte immer weiter, bis der Höhepunkt und damit beinahe das Ende der Geschichte erreicht wird.

@Caity:
ZitatWelches der Bücher findest du denn am empfehlenswertesten?
Ich persönlich würde vom "Spiel der Götter" abraten, auch wenn es viele Fans davon gibt. Das "Lied von Eis und Feuer" und der "Gezeitenwelt"-Band haben das Problem, dass es sich dabei um noch nicht abgeschlossene Serien handelt, wobei es bei letzterem fraglich ist, ob sie überhaupt jemals zu Ende geführt wird. Beim "Lied von Eis und Feuer" wird es wohl auch noch eine Weile dauern, bis die Serie abgeschlossen ist (und sie ist sehr lang und verwickelt, dafür aber eine Paradebeispiel für gleichberechtigte Hauptcharaktere). Ich selbst kann sie wirklich wärmstens empfehlen, aber viele können damit gar nichts anfangen (aber so ist das wohl immer).
"Das Lied von Troja" hätte den Vorteil, dass es sich dabei um einen abgeschlossenen Roman handelt, aber natürlich ist es keine Fantasy.  :)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 07. August 2007, 19:03:01
Hallo Lavendel,

ZitatAber wenn man ein und dasselbe Mandala zu tausendsten Mal ausmalt, möchte man sicher mal ein anderes...^^

;) Wer weiß. Momentan komme ich mit dem Mandala ganz gut klar. Vielleicht benutze ich irgendwann ein anderes, es wird sich zeigen. Mir ging es darum zu zeigen, dass das Mandala Variationen zulässt, ohne, dass man gleich ein komplett anderes hat ^.-

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 07. August 2007, 19:21:09
Hallo Lomax,

ZitatNun, in jeder guten Geschichte steckt eine ganze Welt - aber wer in jede Geschichte eine ganze Welt hineininterpretiert, ist nicht unbedingt ein guter Interpret  Der Unterschied liegt letztlich darin, ob sich die Interpretation in Zwiesprache mit dem Text entwickeln kann, oder ob man schon selbst die Interpretation im Kopf hat und aus dem Text nur herauszupicken versucht, was dazu passt - und alle Widersprüche übersieht.

Ähm ... ich glaub du hast meine Frage nicht verstanden. Ich kenne den Unterschied zwischen interpretieren und ,,reininterpretieren", mir ging es um den Unterschied ,,zu finden sein" und ,,hineininterpretieren" in dem Kontext. Meine Aussage war, dass, wenn man es hineininterpretieren kann, es auch zu finden sein muss. Jetzt klarer?

ZitatIn dem Kontext bedeutet das: Wenn ein Autor einen Text beispielsweise spannend gestalten will, oder lebhaft, dann baut er möglicherweise viele Dinge in den Text ein, die diesen spannend oder lebhaft machen. Und manches Detail fügt vielleicht sein Unterbewusstsein hinzu. Wenn also eine bestimmte Struktur gut ist für den Spannungsaufbau, mag es vielleicht sein, dass der Autor unbewusst unter allen möglichen Strukturen genau diese wählt - aber er tut es trotzdem nicht zufällig.

Öhm ... wenn er es unbewusst gewählt hat, ist es doch natürlich ein Zufall. Er hätte jede andere wählen können, hat aber *unbewusst* und *zufällig* diese gewählt.

ZitatWenn hingegen ein Buch aus rein kommerziellen Gründen nachträglich in drei Teile geteilt wird, kann es zufällig sein, dass jeder dieser Teile einer eigenständigen Romanstruktur folgt. Aber dieser Struktur kann dann nicht mal eine unbewusste Konzeption des Autors zugrunde liegen, weil das Buch schon fertig war, als die Teilung erfolgte.

Vielleicht hat er trotzdem für sich unbewusst solche Punkte gesetzt, die die Teilung nachher ermöglichten. Da liegt mein Problem zwischen unbewusst und zufällig zu unterscheiden. Klar kenne ich einen allgemeinen Unterschied – so blöd bin ich auch wieder nicht – aber speziell in dem Kontext sehe ich eben keinen.

ZitatEigentlich nur darauf: Wenn mich jemand von einer Theorie überzeugen will, erwarte ich zumindest, dass derjenige sie selbst stringent und frei von inneren Widersprüchen anwenden kann.

Ich kann sie auf meinen Roman so anwenden, aber ich will den hier nicht breit auslatschen. Bei anderen Romanen kann ich doch nicht in den Kopf der Autoren schauen!

ZitatEs tut mir leid, wenn du dich angegriffen fühlst. Ich habe die Verallgemeinerung des Schemas kritisiert, und logische Fehler in der Argumentation. Da ich dich persönlich gar nicht kenne, habe ich auch kein Interesse, dich persönlich anzugreifen - nur die Dinge, die du sagst.

Ich hatte auch kein Problem mit deinen genauen Nachfragen. Ich hatte ein Problem mit einigen Sätzen, in denen ich eventuell mehr gesehen habe, als du gemeint hast. Ich fühlte mich als Laie abgestempelt. Klar, irgendwo bin ich das auch, aber ist meine Meinung deshalb schlechter als die der anderen. Du sprachst von der ,,allgemeinen Theorie" und von ,,dem Fundus Eigenbedarf" und das hörte sich für mich so an: Was du erzählst ist Käse, das stimmt alles nicht, ist deinem eigenen Mist entsprungen, usw. Und da fühlte ich mich angegriffen. Selbst wenn es aus dem Fundus Eigenbedarf ist, ist es deshalb schlechter als die allgemeine Theorie? Ich wollte niemanden davon überzeugen, sie anzuwenden. Ich erklärte, wozu sie sinnvoll ist und wozu ich sie verwendet habe.

ZitatIch zitiere mal aus deinem ersten Posting im Thread: "... nicht nur im Drama zu finden, sondern auch so gut wie bei jedem Bestseller, egal ob Fantasy, Historisch oder sonst irgendetwas, ob jetzt beabsichtigt oder nicht sei mal dahin gestellt." - Also, wenn das keine allgemeine Aussage ist ...  Und nur um diese Verallgemeinerung geht der Disput.

??? Ich verstehe dein Problem mit der Aussage nicht. Ich sagte, dass sie in Bestseller *zu finden sei* vielleicht muss ich das bei dir mit, dass man sie dort hineininterpretieren kann, gleichsetzen. Ist dann die Aussage für dich klarer? Als mir das damals erzählt wurde, habe ich einfach mal ein paar Bücher durchgeblättert und geschaut und für meinen Teil solche Dinge gefunden.

ZitatAber wenn du eine Aussage wagst wie die oben genannte, dann musst du in deiner Theorie schon ziemlich sattelfest sein.

Du, in *meiner* Theorie bin ich sattelfest. Ich fürchte nur, dass sie nicht mit deiner übereinstimmt ...

ZitatUnd die Unstimmigkeiten in der Argumentation, auf die ich teilweise hingewiesen habe, sind meiner Ansicht nach recht deutliche Hinweise darauf, dass du selbst noch etwas unsicher in der Anwendung dieser "Regel" bist - und gerade deshalb auch die Versuche einer Verallgemeinerung mit Vorsicht zu genießen sind.

Okay, vielleicht bin ich auch einfach blöd, aber zum einen bin ich mir nicht sicher, was genau du für Unstimmigkeiten meinst und zum anderen weiß ich immer noch nicht, wo genau hier die ,,Verallgemeinerung" liegt. Ich sagte, sie seien ihn vielen Bestsellern zu finden, nicht nur in Dramen, was ich auch weiterhin finde.

ZitatAlso kann ich auch jederzeit sagen, dass es "die richtige Theorie zum Schreiben" nicht gibt. Aber es gibt Fehler - und wenn da Fehler in irgendeiner Argumentationskette sind, kann man darauf aufmerksam machen.

*sfz* Du sprichst andauernd von diesen ,,Fehlern", aber wirklich aufmerksam hast du mich darauf nicht gemacht. Und ich würde jetzt wirklich gerne einmal wissen, von welcher allgemeingültigen Theorie du vorher geredet hast.

ZitatAber es ist eben nicht das einzige Schema, und nicht die Lösung für alles.

Was ich – auch wenn ich mich wiederhole - *nie* behauptet habe -.-

ZitatNun ja - wie gesagt: Ein wenig mehr wurde hier schon noch gesagt. Und das war dann der umstrittene Teil. Aber wenn du es schaffst, diesen "Mehr"-Teil doch noch stringent zu belegen, oder auch nur zu erkennen, dass sich der "Mehr"-Teil nicht belegen lässt, dann ist das der Teil der Diskussion, aus dem man etwas Neues lernen kann.

Ich kann den Mehr-Teil für mich belegen, aber ich kann dich nicht davon überzeugen, wo ich Wendepunkte und Höhepunkte sehe, wenn du sie woanders siehst...

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 07. August 2007, 19:24:48
Hallo Cailin

ZitatGenauso gut kann es sein, dass du irgendwo zwischen einem der Punkte eine Sequenz einbaust - aus welchen Gründen auch immer - die die Spannung raus nimmt, die dann aber zu lang gerät und dir damit den Spannungsbogen abbricht.

Achso. Okay, habe verstanden. So etwas ist mir beim Schreiben auch passiert. Aber mir fiel es damals relativ leicht, das wieder herauszunehmen ;)

ZitatEin für mich 'idealer' Spannungbogen ist eine kontinuierlich ansteigende Linie. Vielleicht hat sie kleinere Schwankungen nach unten, von denen aber keine tiefer abfällt als die vorherige angefangen hat. Das geht bis zum Höhepunkt. Danach fällt die Linie wieder sanft ab, sprich die Geschichte klingt aus, hat vielleicht einen Epilog oder sonstiges.

Wie ist das deiner Meinung nach bei mehreren Bänden?
Da ist der Spannungsbogen auch irgendwo übergreifend – und gleichzeitig fängt er bei jedem Buch neu an...

ZitatEin 'eingebrochener' Spannungsbogen verhält sich bis zu einer gewissen Stelle wie der 'ideale', fällt dann aber (wie Z.B. eine Sinus-Funktion) wieder bis (im schlimmsten Fall) zum Ausgangsniveau ab und steigt dann wieder in die alten Höhen an. Aber genau diesen Bruch/Abfall hab ich gemeint, dass du ihn auch trotz der fünf Punkte drin haben kannst ...

Klar, nur, wie gesagt, ich finde es relativ einfach, so etwas zu umgehen, wenn man einmal einen roten Faden hat ^.-

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 07. August 2007, 19:27:00
Hallo,

@ felis:
ZitatFür mich als Schreiberling ist nicht so interessant, wo mans theoretisch überall drüberpfropfen könnte, sondern, wo sich Belege finden, dass ein Autor seine Geschichte tatsächlich nach diesem Schema konzpiert hat.

Tja, damit kann ich leider nicht dienen. So viele Autoren kenne ich persönlich leider nicht *gg*

@ Judith:
Zitat"Das Lied von Troja" hätte den Vorteil, dass es sich dabei um einen abgeschlossenen Roman handelt, aber natürlich ist es keine Fantasy.

Och, das macht nichts. Danke für die ausführliche Antwort *gg*

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Cailin am 07. August 2007, 19:49:22
Zitat von: caity am 07. August 2007, 19:24:48
Wie ist das deiner Meinung nach bei mehreren Bänden?
Da ist der Spannungsbogen auch irgendwo übergreifend – und gleichzeitig fängt er bei jedem Buch neu an…

Da kommt es meiner Meinung nach darauf an, ob du einen Roman hast, der einfach nur in mehrere Teile gesplittet ist, dann hast du einen Spannungsbogen, der durch alle drei geht (also alle drei Bücher werden als ein Buch gesehen) oder du hast z.B. eine Trilogie aus in sich abgeschlossenen Einzelbänden. Dann bräuchtest du für jeden Roman (wie du selbst so richtig sagst) einen eigenen Spannungsbogen und einen zweiten, die ganze Trilogie übergreifenden Spannungsbogen, der also auch von Roman zu Roman den Level des Spannungsbogens ein Stück höher setzt. Wobei ich ganz klar betonen will, dass ich von einem Ideal spreche - und die letzte Variante (einzelne + übergreifeden Spannungsbogen) als rel. anspruchsvoll erachte. Und ich habe es - zumindest bewußt - bisher nur in einer Trilogie richtig gut gesehen (wobei auch da der Spannungsbogen im zweiten Band ein wenig einsackte).

Zitat von: caity am 07. August 2007, 19:24:48
Klar, nur, wie gesagt, ich finde es relativ einfach, so etwas zu umgehen, wenn man einmal einen roten Faden hat ^.-

Wobei ein roter Faden ja eigentlich der Handlungsplot bzw.das Haupt-Motiv des Romans ist - zumindest so wie ich den Begriff 'roter Faden' verstehe - und nicht das Fünf-Punkte-Modell. Wobei auch ein roter Faden dich nicht vor Spannungsbogeneinbrüchen schützen kann. (sie den letzten Harry Potter - diese Camping-Sequenzen im Mittelteil war für mich ein ganz klarer Einbruch im Spannungbogen - trotz rotem Faden)

Liebe Grüße
Cailin
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 07. August 2007, 20:03:54
Hallo Cailin,

Das fünf-Punkte-Modell garantiert dir in der Regel, den roten Faden nicht zu verlieren ;)
Zumindest ist es leichter, einen zu halten und zu finden, wenn man sich daran orientiert.
Und das es trotz rotem Faden zu Spannungseinbrüchen kommen kann, kann und will ich nicht bezweifeln *gg*

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Hr. Kürbis am 07. August 2007, 21:57:54
*dicke Augen vom mitlesen hat*

Puh, das artet hier ja aus! Ich frag mich bloß, warum hier die Diskussion ausgebrochen ist, dass die "Fünf-Eckpunkte-Strukturierung" von Caity als ultimative Wahrheit verkauft wurde? Das war nicht mein Eindruck...  :hmmm:

Ist ja auch egal, mittlerweile schreibt ihr ein bisserl nebeneinander her, Lomax, Caity wollte von dir ganz gerne wissen (so hab ich es heraus gelesen), wie denn nun die "korrekte" Formel, so wie du sie gelernt hast, für dieses Schema lautet. Ein Punkt, der mich als Verfechter des Vier-Punkt-Schemas auch brennend interessiert! ;) ;D

Übrigens hatte und habe ich nie den Eindruck, das in diesem Forum mit allgemein gültigen Schreibregeln "gedealt" wird. Eigentlich sollte doch jeder wissen, dass es so etwas nicht gibt. Ich mache mich ja nun auch bei anderen Quellen schlau, bin in einer Schreibgruppe, aber ich picke mir doch nur die Sachen raus, die mir wirklich helfen. Alles andere kippt hinten über, was mich ausbremst landet auf dem Müll...
Obwohl, dann gehöre ich auch auf die Halde, ich bremse mich ja ständig selber! :rofl:

*sucht nach der allwissenden Müllhalde*
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 08. August 2007, 01:33:23
Hallo Caity,

alle deine Punkte im letzten Posting hängen leider zusammen und enden in einer Sackgasse:

1. Ich glaube deshalb, dass du in "deiner" eigenen Theorie nicht sattelfest bist, weil du sie in deinen Beispielen nicht sinnvoll und stringent anwenden konntest.
2. Das wiederum glaube ich wegen der Fehler, die ich in deiner Argumentation auszumachen glaube.
3. Auf diese Fehler habe ich aufmerksam gemacht, und sie hängen wiederum damit zusammen, dass du meines Erachtens nach nicht zwischen "unbewusst" und "zufällig" unterscheidest, und zur Stützung deiner These Dinge in Texte reininterpretierst, die dort nicht zu finden sind.
4. Da du diese Unterscheidung zwischen "unbewusst" und "zufällig" bzw. zwischen "interpretieren" und "reininterpretieren", wie ich sie treffe, entweder tatsächlich nicht verstehst oder einfach so nicht treffen willst - gibt es nichts, was ich dir zu den Punkten 1 bis 3 noch sagen kann, weil der gemeinsame Ausgangspunkt für die Kommunikation fehlt.

Denn in einer Welt, in der alles, "was man in einen Text hereininterpretieren kann auch dort zu finden sein muss", und in der es zwischen einer unbewussten und einer zufälligen Auswahl keinen Unterschied gibt, hast du auch keine Fehler in deiner Argumentation gemacht und wendest deine Theorien richtig an.
  Leider ist das nicht meine Welt, und sie ist auch zu verschieden von der meinen, als dass ich über die Kausalzusammenhänge in dieser Welt noch weitere Aussagen treffen könnte.

Es mag sein, dass wir uns über die umstrittenen Begriffsdefinitionen noch weit genug einigen könnten, um wieder einen gemeinsamen Wortschatz zu entwickeln. Aber wenn meine bisherigen Erklärungen dazu nicht ausreichen, sehe ich zumindest meine Tippkapazitäten und den Rahmen des Forums überschritten :(

Zitat von: caity am 07. August 2007, 19:21:09Ich hatte auch kein Problem mit deinen genauen Nachfragen. Ich hatte ein Problem mit einigen Sätzen, in denen ich eventuell mehr gesehen habe, als du gemeint hast. Ich fühlte mich als Laie abgestempelt. Klar, irgendwo bin ich das auch, aber ist meine Meinung deshalb schlechter als die der anderen. Du sprachst von der ,,allgemeinen Theorie" und von ,,dem Fundus Eigenbedarf" und das hörte sich für mich so an: Was du erzählst ist Käse, das stimmt alles nicht, ist deinem eigenen Mist entsprungen, usw. Und da fühlte ich mich angegriffen. Selbst wenn es aus dem Fundus Eigenbedarf ist, ist es deshalb schlechter als die allgemeine Theorie?
Ich weiß wirklich nicht, worüber du dich da aufregst - denn das einzige Mal, wo ich auf mein Studium referiert habe, war der Teil, wo ich darauf hingewiesen habe, dass deine Theorie im Prinzip korrekt ist und ich das auch so gelernt habe. Warum also fühlst du dich als Laie abgestempelt, wenn ich dir bestätige, dass zumindest ein Teil von dem, was du gesagt hast, auch von Profis so vertreten wird?
  Unter dem "Fundus für den Eigenbedarf" verstehe ich Ableitungen aus komplizierten Regeln, die gezielt vereinfacht wurden, um für bestimmte, konkrete Probleme gangbare Lösungen anzubieten. Solche "Faustregeln" sind für jeden nützlich, der genau diese Probleme hat und lösen will. Aber sie werden natürlich problematisch, wenn man sie anstelle der allgemeinen Regeln anwenden will. Und im vorliegenden Fall hatte ich eben das Gefühl, dass du dir das allgemeine Schema zu einer solchen "Faustregel" zurechtgebogen hast.
  So wie ich versucht habe, die Mängel in der Argumentation zu belegen, steht es dir jederzeit frei, das Gegenteil zu beweisen. Mit "Laie" oder "Profi" hat das nichts zu tun, sondern nur mit den Argumenten, die hier vorgestellt werden. Und anhand derer wird am Ende ohnehin jeder Diskussionsteilnehmer für sich entscheiden (müssen) welche Theorie (für ihn) die bessere ist. Und wie er sie anwendet.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 08. August 2007, 01:58:19
Hallo Herr Kürbis,
Zitat von: Hr. Kürbis am 07. August 2007, 21:57:54Ich frag mich bloß, warum hier die Diskussion ausgebrochen ist, dass die "Fünf-Eckpunkte-Strukturierung" von Caity als ultimative Wahrheit verkauft wurde?
Seufz. Ich fürchte, meine Postings sind zu lang. Denn genau das Zitat mit der Verallgemeinerung, an der sich später die Diskussion entzündete, habe ich ja gerade erst zitiert:
Zitat von: caity am 03. August 2007, 22:28:58Es ist ein "formales Gerüst" Und nicht nur im Drama zu finden, sondern auch so gut wie bei jedem Bestseller, egal ob Fantasy, Historisch oder sonst irgendetwas, ob jetzt beabsichtigt oder nicht sei mal dahin gestellt.
Zitat von: Hr. Kürbis am 07. August 2007, 21:57:54Ist ja auch egal, mittlerweile schreibt ihr ein bisserl nebeneinander her, Lomax, Caity wollte von dir ganz gerne wissen (so hab ich es heraus gelesen), wie denn nun die "korrekte" Formel, so wie du sie gelernt hast, für dieses Schema lautet.
Da ich nie behauptet habe, dass das Schema falsch ist, wüsste ich nicht, was für eine "korrekte Formel" man nachreichen sollte. Ich habe nur bemängelt, dass es (meines Empfindens nach) unkorrekt angewandt und je nach Gusto zurechtgebogen wird. Beispielsweise auch, indem die Anwendung recht wahllos zwischen "Entwicklung der Hauptfigur" und "Entwicklung der Handlung" hin- und herspringt.
Und wie sie meiner Ansicht nach korrekt eingegrenzt wird, habe ich schon in meinem ersten Posting ausgeführt.

Aber wenn es noch weitere Fragen gibt, die ich beantworten kann, indem ich bereits Gesagtes noch mal ins Gedächtnis zurückrufe, stehe ich natürlich gern zur Verfügung.  ;D
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 08. August 2007, 08:46:38
Hmpf, Kinder... Über Regeln streitet man sich nur. Regeln sind doof. Brecht sie! Dafür werde ich jedenfalls immer mein Fähnchen schwenken.;D
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Grey am 08. August 2007, 09:17:42
*schwenkt mit*

Ich als Literaturtheoriebanause wusste bis vor ein paar Tagen noch gar nichts von diesem Schema ... und sowohl ich als auch meine Charaktere habens nicht vermisst. Ich denke, wenn man einfach versucht, ehrlich mit sich selbst zu sein, was nun in eine Geschichte reinmuss und was nicht (und dann notfalls auch zu streichen  :'( ), dann kommt bei einer ordentlich durchdachten Geschichte die Spannung fast von selbst ... also FAST ^^
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 08. August 2007, 10:51:39
Zitat von: Lavendel am 08. August 2007, 08:46:38Regeln sind doof. Brecht sie!
Ein Fehler ist eine Abweichung von der Regel. Ein Stilmittel ist auch eine Abweichung von der Regel, allerdings eine überlegte und zielgerichtete. Ich musste leider schon zu viele Fehler aus Texten herauskorrigieren, die ihre Verfasser als "Stilmittel" zu verkaufen versuchten, um jetzt noch ganz unbefangen empfehlen zu können, die Regeln zu brechen.
Regeln haben ihren Sinn und ihre Reichweite. Wenn es keinen guten - sehr guten! - Grund gibt, sich darüber hinwegzusetzen, sollte man sie einhalten. Allein schon deshalb, weil in einem Text, der keinen Regeln folgt, sämtliche Versuche eines sinnvollen Regelbruchs untergehen und wirkungslos verpuffen. Aber die Reichweite einer Regel gibt auch an, wann man sich sinnvoll über sie hinwegsetzen kann.

Um eine Regel sinnvoll brechen zu können, muss man sie nicht unbedingt kennen (auch wenn das in vielen Schreibwerkstätten so behauptet wird). Vieles kann man auch ganz instinktiv richtig machen. Aber ich bleibe dabei: Ein instinktives, also unbewusstes Richtigmachen ist etwas anderes als zufälliges Richtigmachen. Es erfordert zumindest ein entsprechendes "Sprachgefühl".
  Und wenn das Sprachgefühl versagt, kann die bewusste Kenntnis von "Regeln" oder Mechanismen in einem Text zumindest hilfreich sein. Insofern finde ich, dass es im Prinzip durchaus nützlich ist, das von Caity vorgestellte Schema zu kennen, und es ist sinnvoll, dass es hier vorgestellt wurde. Man muss nicht nach so einem Schema (oder nach irgendwelchen anderen Regeln) schreiben - aber wenn man beim Schreiben irgendwo hängt und feststellt, dass der Text nicht funktioniert, kann man sich an diese "Regeln" erinnern und schauen, ob sie weiterhelfen.
  Irgendwo zwischen übertriebener Begeisterung und prinzipieller Ablehnung gibt es einen gesunden Mittelweg. Und allein das Wissen und die Kenntnis um etwas schadet ja nie, würde ich sagen ;)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 08. August 2007, 11:06:33
Ha!
Ich wusste, dass das kommt, du alter Lektor du :ätsch:.
Aber Recht hast du da schon. Ich hätte schreiben sollen: Brecht die Regeln sinnvoll und gut, hm? ;D

Und ich lehne nicht Regeln generell ab. Ich lehne es ab festgefahrenen Strukturen bedingungslos zu folgen. Und ich bin kritisch, sobald ich etwas von nonplusultra höre. In Regeln steht was schlecht ist. Aber nicht zwangsläufig, was gut ist. Zumindest, wenn es um Literatur geht.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Hr. Kürbis am 08. August 2007, 12:57:08
@Lomax
Okay, ich dachte, du hättest es noch etwas Formelhafter, so als trockenen Lehrbuchsatz. Hab mir jetzt noch mal dein erstes Posting zu diesem Thema durchgelesen und "herausgelesen", was du meinst... Got it! Tschuldigung fürs wiederholte von der Seite anquatschen, aber bei mittlerweile 6 Seiten wird es unübersichtlich, und ja, deine Postings sind wirklich lang! ;D

@Lavendel
*Den "Break the rules-Orden" rausholt und anheftet* :rofl:
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 08. August 2007, 14:16:25
Zitat von: Lavendel am 08. August 2007, 11:06:33In Regeln steht was schlecht ist. Aber nicht zwangsläufig, was gut ist.
Das ist doch eine Aussage, der ich mich gleich anschließen könnte. Obwohl sie beim konkret vorliegenden Beispiel den kosmetischen Mangel aufweist, dass es ausnahmsweise tatsächlich mal um ein Schema geht, das erklären will, wie man etwas "gut" strukturiert. Anscheinend gilt auch für "allgemeine Regeln über Regeln", dass man sie für den Einzelfall immer flexibel beugen muss :D
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 08. August 2007, 14:18:53
Zitat von: Hr. Kürbis am 08. August 2007, 12:57:08... und ja, deine Postings sind wirklich lang! ;D
Ich brauche wohl einen Posting-Lektor, der meine Beiträge sinnvoll zusammenkürzt :-X
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Grey am 08. August 2007, 14:25:04
Zitat von: Hr. Kürbis am 08. August 2007, 12:57:08
@Lavendel
*Den "Break the rules-Orden" rausholt und anheftet* :rofl:

Breaking the law, breaking the law ... breaking the law, breaking the law ... *moschmosch*

Das wäre dann wohl die passende Hymne dazu, was?  ;D ;D ;D
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 08. August 2007, 19:19:24
Zitat von: Lomax am 08. August 2007, 14:16:25
Obwohl sie beim konkret vorliegenden Beispiel den kosmetischen Mangel aufweist, dass es ausnahmsweise tatsächlich mal um ein Schema geht, das erklären will, wie man etwas "gut" strukturiert. Anscheinend gilt auch für "allgemeine Regeln über Regeln", dass man sie für den Einzelfall immer flexibel beugen muss :D
Hmm, dann packen wir doch einfach ein 'zumeist' vorne vor^^.

Hr. Kürbis: *stolz dir Brust schwell* sowas wollte ich schon immer mal haben ;D
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 09. August 2007, 00:25:46
Hallo Lomax,

Und weiter geht's *gg*
Wollen doch mal sehen, ob wir nicht doch noch "zueinander" finden. ^.-

Zitat1. Ich glaube deshalb, dass du in "deiner" eigenen Theorie nicht sattelfest bist, weil du sie in deinen Beispielen nicht sinnvoll und stringent anwenden konntest.

Ich habe bisher *zwei* Beispiele gebracht.
ZitatAnfang: Klar, Frodo glücklich/zufrieden im Auenland mit Bilbo, keine Gefahr in Sicht blabla 1. Wendepunkt: Frodo reist von Bockland nach Bruchtal (die Entscheidung ist zwar schon früher gefallen, Vorbereitungen ebenfalls, hier wird es letztendlich aber durchgezogen)
Höhepunkt: Frodo kommt in Bruchtal an, wo auch Gandalf ist, will dort ja Ring abgeben --> vorzeitiges Ende für ihn in Sicht
2. Wendepunkt: Eingeschlossen in Moria, nur Flucht nach vorne möglich; später auch noch Verlust von Gandalf, es sieht dort ja allgemein sehr schlecht für die Helden aus
Schluss: Frodo muss alleine/mit Sam weiter reisen um sein Ziel zu erreichen
Und
ZitatDer erste Wendepunkt bezeichnet immer einen grassen Wechsel in der vorherigen Geschichte des Protagonisten, der durch eine Entscheidung seinerseits eingeleitet wird (HP: Harry erfährt, dass er ein Zauberer ist und "entschließt sich" Hogwarts zu besuchen)
Der Höhepunkt ist der Moment, in dem sich die Spannung vorerst "anscheinend" entladen hat. Einige wichtige Probleme sind gelöst und das Ziel scheint zum greifen Nahe (HP: Harry wird Sucher bei den Gryffindors, hat seine Freunde, alles scheint toll zu laufen)
Der 2. Wendepunkt ist im Gegensatz zum 1.Wendepunkt nicht ein Moment, in dem sich etwas ändert und der Held eine Entscheidung hat, sondern in der er total in einer Sackgasse steht (HP: Gut, das ist nicht wirklich vorhanden, fehlt mir persönlich aber in den gesamten HP-Büchern, ein Moment in dem Harry vollkommen allein in einer Sackgasse steht .../ Übrigens gehe ich bei HP 1 mittlerweile davon aus, dass der 2. Wendepunkt die Tatsache sein soll, dass sie beim Drachen wegbringen erwischt werden, da klemmt's nämlich wirklich und es sieht ja fast so aus, als würden sie von der Schule fliegen. Das sind nur ein paar Seiten und danach dreht sich ja alles weiter, aber es wäre der rote Faden, dem der erste Teil folgt: Harry Ankunft und Einleben in Hogwarts, das beinahe komplett zerstört zu werden scheint.)
Und jetzt erklär mir anhand von denen bitte genau, was du daran als nicht ,,stringent angewendet" empfindest. Dass das Herr-der-Ringe-Beispiel in deinen Augen nicht sinnvoll war, habe ich mittlerweile verstanden. Trotzdem folgen die beiden Beispiele der gleichen Regel und der gleichen Folge. Ich wiederhole es auch gerne noch einmal:
Anfang: Einfach die bloße Ausgangssituation des Protagonisten
1. Wendepunkt: Eine Änderung im Leben des Protagonist, beeinfluss durch eine Entscheidung und deren Durchführung
Höhepunkt: Verschnaufpause für den Protagonisten
2. Wendepunkt: Protagonist steht an der Wand
Schluss: Endsituation des Protagonisten.
Und das stimmt imho in beiden Beispielen überein. Vielleicht bin ich auch einfach zu blöd um den Haken daran zu erkennen, aber dann sag ihn mir doch bitte!
Zudem: Ich für meinen Teil finde, dass der Plot des Protagonisten – um den es bei diesen Punkten meiner Theorie nach geht – in großen Teilen mit dem Handlungsplot übereinstimmen sollte. Zumindest bei Anfängern. Man tut sich damit einfach leichter. Das er das in anderen Büchern *nicht* immer tut, weiß ich und ich will ganz sicher nicht das Gegenteil behaupten.

Zitat2. Das wiederum glaube ich wegen der Fehler, die ich in deiner Argumentation auszumachen glaube.

Gleiches Thema: Ich kann Fehler korrigieren oder in deinen Augen falsche Aussagen erklären, wenn ich sie kenne.

Zitat3. Auf diese Fehler habe ich aufmerksam gemacht, und sie hängen wiederum damit zusammen, dass du meines Erachtens nach nicht zwischen "unbewusst" und "zufällig" unterscheidest, und zur Stützung deiner These Dinge in Texte reininterpretierst, die dort nicht zu finden sind.
4. Da du diese Unterscheidung zwischen "unbewusst" und "zufällig" bzw. zwischen "interpretieren" und "reininterpretieren", wie ich sie treffe, entweder tatsächlich nicht verstehst oder einfach so nicht treffen willst - gibt es nichts, was ich dir zu den Punkten 1 bis 3 noch sagen kann, weil der gemeinsame Ausgangspunkt für die Kommunikation fehlt.

Okay. Das habe ich verstanden. Vielleicht sollten wir wirklich erst einmal über das Verständnis dieser vier Worte diskutieren, um ein gemeinsames Vokabular zu finden.
Erst einmal ,,zufällig" und ,,unbewusst" (Du weißt, dass Word die beiden auch als Synonym füreinander vorgeschlagen werden?):
Ich hab einfach mal www.synonyme.woxikon.de zur Rate gezogen:
zufällig
auf einem Zufall beruhend, schicksalhaft, unabsichtlich, unbeabsichtigt, unerwartet, ungewollt, unvorhergesehen, unvermutet, belanglos, beiläufig, beliebig, bedeutungslos, gleichgültig, unbewusst, unwillkürlich, wahllos, willkürlich, von selbst, von ungefähr, durch Zufall, ohne Absicht
unbewusst°
intuitiv, instinktiv, automatisch, gedankenlos, unterbewußt, unwillkürlich, ahnungslos, blind, emotional, emotionell, gefühlsmäßig, gewohnheitsmäßig, mechanisch, naiv, traumhaft, triebhaft

Ich für meinen Teil sehe beim ,,Zufall" etwas, das einfach geschieht, ohne, dass du weißt warum, woher es kommt und im ersten Moment vielleicht auch: was es dir bringen mag. Trotzdem glaube ich für meinen Teil *nicht* an den absoluten Zufall. Zumindest existiert er hier auf der Erde nicht. Vielleicht bin ich dazu auch zu religiös, aber ich finde den Gedanken, wir alle wären nur ein Produkt des Zufalls, das einfach so entschieden ist, ohne, dass irgendein Plan dahinter steckte oder das es zumindest weiter reichende Bedeutungen hat, doch zu erschreckend. Aber ich weiche ab, sorry >///<
Trotzdem mag vielleicht gerade das auch daran liegen, das ich unbewusst in einer gewissen Weise mit zufällig gleich setze, eben bedingt dadurch, dass auch der Zufall irgendeinen Grund haben muss.
Eine unbewusste Handlung ist etwas, das man sich selbst nicht erklären kann. Man handelt, ohne zu wissen warum, woher der gewisse Drang kommt, es zu tun und im ersten Moment vielleicht auch nicht wissend, was es einem bringen mag.
Vielleicht ist aber gerade auch das der springende Punkt, der ,,zufällig" und ,,unbewusst" unterscheidet:
,,Zufällig" wird meist eher genutzt, um eine Einwirkung von außen zu beschreiben, ,,unbewusst", um eine eigene Handlung zu ,erklären'.
Womöglich liegt auch da der Hund begraben.
Ich sage eben, wenn ich unbewusst eine Struktur in die Geschichte eingebaut habe, ist es in gewisser Weise ein Zufall, dass sie dort drin ist, denn ich hätte mich unbewusst genauso gut für jede andere Struktur entscheiden können.
Es behagt dir aber nicht, die Entscheidung mit dem Ergebnis gleichzusetzen, oder? Habe ich das richtig verstanden?

Zum nächsten. Es sind nicht die Worte ,,interpretieren" und ,,reininterpretieren", denn ich habe das Wort ,,interpretieren" nie benutzt. Es geht hier um den Unterschied zwischen ,,reininterpretieren" und ,,zu finden sein".
Das fällt mir allerdings deutlich schwerer, hier eine allgemeine Diskussion drüber zu führen. Außerdem hängt es sehr, sehr stark mit dem ersten zusammen. Also erst einmal vielleicht wieder das Synonym-Zeugs:
interpretieren
auslegen, auffassen, aufzeigen, deuten, erklären, erleuchten, erläutern, explizieren, herauslesen, klarmachen, auseinander setzen°, begreiflich machen, verdeutschen, verständlich machen
reininterpretieren (muss ich jetzt für mich aus dem oberen ableiten [zu nichts anderem ist das da!!!], da ich das leider nicht finden könnten]
auslegen = hineinlegen; auffassen, wo es nicht beabsichtigt war; deuten, wo es nichts zu deuten gab; herauslesen; in falsche Richtung verständlich machen
Das wären in etwa meine ,Synonyme'. Wie du bemerkst, habe ich allein das Wort ,,herauslesen" normal gelassen, denn ich finde das bleibt es trotz allem: Ein herauslesen. Was mich zum nächsten bringt:
finden
entdecken, antreffen, auffinden, auffischen, aufgabeln, auflesen, aufspüren, aufstöbern, auftreiben, auskundschaften, ausmachen, erblicken, erkennen, ermitteln, herausbekommen

Eine Reininterpretation ist auch eine Form von Interpretation, allerdings eine solche, bei der man etwas entdeckt, was nicht so entdeckt werden sollte, was der Autor so nicht beabsichtigt hat (und trotzdem unbewusst getan hat/trotzdem zufällig hineingeraten ist?). Trotzdem *hat* man es entdeckt, man *hat* es gefunden, folglich ist es zu finden gewesen. Auch wenn es nicht gefunden werden sollte, es wurde gefunden. Das war alles, was ich behauptet habe und daran halte ich nun einmal fest...

Und jetzt bin ich sehr gespannt, wie genau du die vier Worte auffasst ;)

Und zum anderen: Ich zitiere mal und hebe die für mich wichtigen/verletzenden Dinge hervor:
ZitatBisher fällt mir nur auf, dass ich aus dieser Richtung hier im Thread noch kein Beispiel ohne fundamentalen formalen Mangel gesehen habe. Und daraus folgt jetzt meine ketzerische Anmerkung: Wenn diejenigen, die hier diese Struktur als allgemeine Regel empfehlen wollen, selbst nicht in der Lage sind, sie dramenttheoretisch sattelfest anzuwenden - sind sie selbst dann tatsächlich wegen dessen formaler Aussagekraft von dem Schema so begeistert ... oder nicht nur, weil es ihnen persönlich eine Hilfe bietet, ihre Gedanken zu ordnen. Wofür man kein formal ausgereiftes Schema braucht, sondern auch vage Vorstellungen schon ausreichen würden - die man dann aber nur mit Vorsicht an dritte verkaufen sollte.

Und, wie gesagt - ich stelle hier nicht die Struktur an sich in Frage. Die habe ich im Studium kennengelernt, und auch bei meiner Beschäftigung mit Drehbuchschreiben. Man kann sie tatsächlich in vielen Geschichten finden, und sie ist auch ein sehr wirksames Strukturierungsinstrument.
  Ich habe nur den Eindruck, dass, was hier im Thread verfochten werden soll, ist nicht die korrekte Theorie, sondern eine verallgemeinerte und absolutierte Faustregel aus dem Fundus für Eigenbedarf. Was dann genau der Kardinalmangel wäre, den ich für Schreibwerkstätten im Internet oft konstatiert habe.

Besonders dein ständiges Gerede von ,,Mangel" fand ich sehr abwertend. Es hat mich ziemlich geärgert und ich fühlte mich als dumm abgestempelt, was ich mir nicht gerne gefallen lasse. Aber, wie gesagt, es ist gut möglich, dass ich das einfach schlecht aufgefasst habe und du es nicht so gemeint hast. Ich will mich mit dir darüber auch nicht streiten, also lassen wir das, okay ;)

Bye
caity

PS:
ZitatSeufz. Ich fürchte, meine Postings sind zu lang. Denn genau das Zitat mit der Verallgemeinerung, an der sich später die Diskussion entzündete, habe ich ja gerade erst zitiert:
Zitat von: caity am 03.August.2007, 22:28:58
Es ist ein "formales Gerüst" Und nicht nur im Drama zu finden, sondern auch so gut wie bei jedem Bestseller, egal ob Fantasy, Historisch oder sonst irgendetwas, ob jetzt beabsichtigt oder nicht sei mal dahin gestellt.

Noch einmal: Setz statt ,,es ist zu finden" ,,hineininterpretieren" hinein und dann sag mir bitte, was an der Aussage falsch ist, so verallgemeinert sie auch sein mag. Nebenbei bemerkt bezweifle ich, dass sie auch in jedem Drama zu finden ist und sagte nicht, sie sei in jedem Bestseller zu finden, sondern einfach, dass – um es jetzt noch einmal so zu sagen – sie in viele Bestseller ,,hineinzuinterpretieren" sei. In Ordnung so?
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Coppelia am 09. August 2007, 08:52:38
*mitles*

An dem Schema leuchtet mir ja das meiste ein. Ich bin sogar eine Freundin davon, sich an "Regeln" zu halten. Aber egal ... eins geht mir aber nicht so recht in den Kopf, nämlich das hier:

ZitatHöhepunkt: Verschnaufpause für den Protagonisten
Ein Höhepunkt wäre dann also nach deiner Definition eine Stelle in einer Geschichte, wo was passiert? Nichts? Innere Handlung  ??? Eine Stelle, nachdem gerade etwas passiert ist?
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 09. August 2007, 10:08:02
Zufall: Wenn in China ein Sack Reis umfällt.
Unterbewusst: Du kaufst eine bestimmt Colamarke, weil du am Abend vorher die Werbung dafür gesehen hast, obwohl du dich nicht bewusst daran erinnerst, die Werbung gesehen zu haben.
(Oder: Tolkien bestritt kategorisch, dass der Herr der Ringe allegorisch zu den Weltkriegen zu sehen sei. Es ist trotzdem kaum zu übersehen, dass er einige seiner Erfahrungen hat einfließen lassen. Entweder hat er also geleugnet, obwohl er das alles bewusst getan hat oder er hat es unterbewusst so gestaltet, weil seine Erinnerungen an den Krieg noch so präsent waren.)

Zum reininterpretieren: Man kann fast alles in einen Text reininterpretieren. Man muss es nur an bestimmten Textstellen ordentlich genug belegen und am besten die Stellen auslassen, die gegen die eigene Theorie sprechen, schon hat man eine schlüssige Argumentation. Es gibt durchaus wissenschaftliche Bücher, die das ganz rigoros durchziehen!
Zum Beispiel gibt es ein Buch Racism, Misogyny, and the "Othello" Myth. Inter-Racial Couples from Shakespeare to Spike Lee: Inter-racial Couples from Shakespeare to Spike Lee von einer Dame namens Celia R. Daileader. Die Gute Frau behauptet darin, man hätte Hexen verbrannt, um sie so schwarz zu machen wie den Teufel, dem sie huldigen, bzw mit dem sie sexuellen Kontakt hatten. Das ist absoluter Quatsch! Die wurden verbrannt, um sie zu reinigen, oder nicht? Aber weil es in einer schlüssigen Argumentation steht, ist dieses Buch trotzdem total erfolgreich (was vielleicht am Thema liegt, das ja schon recht reißerisch ist...)
Reininterpretiren bedeutete also: sich die Fakten so zurechtlegen, wie man sie grade braucht.
In gewisser Weise, das muss man zugeben, gilt das für jede Interpretation. Aber dafür ist die Literaturwissenschaft ja eben keine Naturwissenschaft. Man kann höchstens versuchen, sich mit gewissen Formalien und Umsichtigkeit der 'Wahrheit' zu nähern.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Hr. Kürbis am 09. August 2007, 10:09:15
@Coppelia
Ich denke mal, das ist eine Phase, in der der Protag sich sicher ist, allen Widrigkeiten zum Trotz am Ziel zu sein, denn den ersten Wendepunkt (und seine Folgen) hat er hinter sich gebracht... Nur weiß er nicht, das hinter der nächsten Ecke schon Wendepunkt Nr. 2 auf ihn wartet.

Mit "Höhepunkt" ist also nicht die spannendste Stelle gemeint, das sind dann doch eher die Wendepunkte, sondern sozusagen die "Mitte" der Handlung...

So hab ich es verstanden und deswegen in meinem 4.Punkte-Schema weggelassen!  ;D

*guckt sich nach Lomax mit der Argumentations- :pfanne: um*
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: felis am 09. August 2007, 10:09:44
*einmisch*
Hi Caity, Deine Bemühungen um Wortdefinitionen in allen Ehren, aber m.E. hat unbewusst spätestens seit Freud eine Konnotation, die in Deinen Definitionen  im Gegensatz zu denen von Lomax nicht auftaucht:
Die Psychoanalyse kennt Handlungs- und Denkschemata, die für die betreffende Person vollkommen unbewusst ablaufen aber trotzdem einer zwingenden inneren Logik der Persönlichkeit folgen.
Und das ist leider etwas völlig anderes als eine zufällig auffindbare Struktur, die vom Autor weder bewusst noch unbewusst intendiert war.
Wieder etwas anderes ist eine reininterpretierte Struktur. Dann die ist. m. E. weder zufällig, noch beabsichtigt (ob nun bewusst oder unbewusst) vorhanden, sondern gar nicht. "Reininterpretieren" ist für mich das Überstülpen einer Struktur, die de Facto gar nicht vorhanden ist  und daher von jedem Betrachter, seinen persönlichen Neigungen folgend anders ausgelegt werden kann.
Gegen solche Formen der Überinterpretation bin ich noch aus meinem Deutschunterricht her allergisch, da ich häufig andere Auslegungen gefunden habe als die Standardauslegungen meinr Deutschlehrer :P.
Ich vermute, es wird ganz oft viel zu viel in Texte reininterpretiert, was der Autor niemals beabsichtigt hat. Von meiner eigenen Schreiberei her und auch von diversen Statements anderer Autoren aus Foren z. B. gewinne ich den Eindruck, schreiben ist ein viel weniger geplanter Prozess, als viele Deutschlehrer zu glauben scheinen.   ;)
LG
felis

Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 09. August 2007, 11:04:55
Hallo Caity,
Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46Wollen doch mal sehen, ob wir nicht doch noch "zueinander" finden. ^.-
Ich habe oben ja nicht ausgeschlossen, dass wir begrifflich zueinander finden. Ich habe nur keine Lust, das im Rahmen des Forums "auszutippen". Gerade zu dem Thema "Textverständnis" beispielsweise habe ich mal eine Unterrichtseinheit konzipiert und gehalten, in der es eben um die Grundlagen von Interpretation ging. Sie war auf 12 Schulstunden angesetzt und hat dann noch ein Stück länger gedauert - und das wäre der Aufwand, den ich sehe, wenn man die Begriffe hier von Grund auf klären muss.

Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46Ich habe bisher *zwei* Beispiele gebracht.UndUnd jetzt erklär mir anhand von denen bitte genau, was du daran als nicht ,,stringent angewendet" empfindest.
Nun, beim HdR meintest du ja, dass du inzwischen verstanden hast, was ich sagen wollte. Und das "Harry Potter"-Beispiel habe ich zunächst mal als Illustration für dein Schema verstanden, nicht als Beispiel dafür, dass das Schema überall zu finden ist. Deshalb habe ich es als nicht so wichtig erachtet, dass du auch da das Schema nicht stringent anwenden konntest - wie du schon selbst in der zitierten Passage eingestanden hast:
Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46HP: Gut, das ist nicht wirklich vorhanden, fehlt mir persönlich aber in den gesamten HP-Büchern, ein Moment in dem Harry vollkommen allein in einer Sackgasse steht ...
Wenn dir hier selbst schon auffällt, dass du ins Schwimmen gerätst und lavieren musst, um es mehr schlecht als recht noch als Beispiel für dein Schema heranzuziehen - musst du dann wirklich mich noch fragen, wo ich die "Überzeugungslücke" in deinem Beispiel sehe?

Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46Ich wiederhole es auch gerne noch einmal:
Anfang: Einfach die bloße Ausgangssituation des Protagonisten
1. Wendepunkt: Eine Änderung im Leben des Protagonist, beeinfluss durch eine Entscheidung und deren Durchführung
Höhepunkt: Verschnaufpause für den Protagonisten
2. Wendepunkt: Protagonist steht an der Wand
Schluss: Endsituation des Protagonisten.
Dann skizziere ich noch mal die Struktur, so wie ich sie kennen gelernt habe. Die Unterschiede zu deinem Schema hielt ich nicht für so bedeutend, dass ich sie hätte herausstreichen müssen. Aber vielleicht kommen die Probleme in der Präzision ja doch durch die geringfügigen Abweichungen zustande:
1. Auslösendes Moment - nicht einfach die "Ausgangsituation", sondern genau das (womöglich sogar belanglose) Ereignis, durch das die Handlung "ins Rollen" gerät.
2. 1. Wendepunkt (1. Plotpoint): Der Protagonist wird endgültig aus seiner bisherigen Lebensführung gerissen und steht vor einer Entscheidung, die sein Leben/die Handlung in eine ganz neue Richtung lenkt.
3. Höhepunkt (Midpoint): Der Protagonist muss sich einem neuen Ziel zuwenden (Das kann bedeuten, dass eine "Verschnaufpause" vorliegt, wenn nämlich das alte Ziel scheinbar erreicht wurde. Es kann aber auch abrupt und ohne Verschnaufpause umschlagen, wenn der Protagonist nämlich schon vor erreichen des alten Ziels bemerkt, dass er sich bisher getäuscht hat).
4. 2. (3.) Wendepunkt (2. bzw. 3. Plotpoint): Wieder ändert sich die Lage und die weitere Handlung des Protagonisten entscheidend - in aller Regel bedeutet das, dass der Protagonist (scheinbar) gescheitert und am Ende ist, oder tatsächlich mit dem Rücken zur Wand steht und sich neu aufrappeln muss, um doch noch weiterzukommen.
5. Schluss: Die Probleme des Protagonisten werden gelöst.

Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46Vielleicht sollten wir wirklich erst einmal über das Verständnis dieser vier Worte diskutieren, um ein gemeinsames Vokabular zu finden.
Ich wollt ja eigentlich nicht mehr über Begriffe diskutieren - versuch es einfach aber trotzdem noch mal, zugespitzt zu definieren:

zufällig - nicht vorhersehbar, wahllos und völlig beliebig
unbewusst - unabsichtlich und womöglich intuitiv
Ein Zufall kommt von außen und wird dort womöglich von irgendwelchen Ursachen gesteuert. Das Unbewusste kommt von innen und wird von der menschlichen Psyche gesteuert ... Ja, vermutlich liegt genau da der Hund begraben.

interpretieren - einem "Objekt" auf Basis des eigenen Weltverständnisses eine bestimmte Bedeutung zuordnen
hineininterpretieren - Auf Basis des eigenen Weltverständnisses bedeungsvolle Objekte sehen, die gar nicht da sind.

Zitat von: caity am 09. August 2007, 00:25:46Noch einmal: Setz statt ,,es ist zu finden" ,,hineininterpretieren" hinein und dann sag mir bitte, was an der Aussage falsch ist, so verallgemeinert sie auch sein mag. ... und sagte nicht, sie sei in jedem Bestseller zu finden, sondern einfach, dass – um es jetzt noch einmal so zu sagen – sie in viele Bestseller ,,hineinzuinterpretieren" sei. In Ordnung so?
Streng formal-logisch betrachtet ist deine Aussage dann korrekt. Denn das "Hineininterpretieren" zeichnet sich ja eben dadurch aus, dass es nichts über das Objekt aussagt, sondern nur über das interpretierende Subjekt. Mithin kann man also alles in jedes "hineininterpretieren", wenn man nur will.

Indem du deine Aussage auf diese Weise formal korrekt machst, entwertest du sie jedoch zugleich für die Praxis - denn jede nicht falsifizierbare Aussage ist für den Erkenntnisgewinn unbrauchbar. Und da "hineininterpretieren" nichts über das "Objekt" aussagt, und das "Objekt" in dem Fall die Texte sind, ist die Aussage so für Textarbeit nutzlos. Sprich: Wenn man ohnehin in jeden Text dein Schema "hineininterpretieren" kann - warum sollte man sich dann überhaupt noch beim Schreiben darum kümmern, es hineinzulegen?
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 09. August 2007, 12:27:49
Hallo,

@Coppelia:
ZitatEin Höhepunkt wäre dann also nach deiner Definition eine Stelle in einer Geschichte, wo was passiert? Nichts? Innere Handlung   Eine Stelle, nachdem gerade etwas passiert ist?

Genau, eine Stelle, an der der Protagonist sein Ziel erreicht zu haben scheint/kurz davor steht. Das ist die Definition, die ich dazu im Kopf habe.

@Lavendel:
Zufällig – unbewusst: Ich glaube den Hauptunterschied dazu habe ich mittlerweile verstanden. Trotzdem glaube ich, dass es in bestimmten Situation einfach zum gleichen Ergebnis führt. Nehmen wir deine Cola-Flasche:
Du kaufst zufällig eine bestimmte Cola-Flasche. In dem Moment weißt du ja nicht, dass es unbewusst von der Werbung kommt, also ist es für dich irgendwo auch ein Zufall. Allein schon deshalb, dass du die Werbung gesehen hast *und* an einem solchen Automat/an der Cola-Flasche vorbei gelaufen bist. Unbewusste Handlungen ergeben sich aus einer Reihe von Zufällen.
Reininterpretieren: Genau die gleiche Definition sehe ich auch. Deshalb meine ich, dass, wenn man etwas reininterpretiert, es dort auch zu finden sein muss. Die Hexen werden schwarz, es ist zu finden gewesen, dass das ein Sinn ist, um sie dem Teufel ähnlich zu machen (oder vielleicht sogar ihrer schwarzen Seele? ;)), auch, wenn es absoluter Schachsinn ist, es gab Hinweise darauf, folglich war es zu finden.

@felis:
ZitatDie Psychoanalyse kennt Handlungs- und Denkschemata, die für die betreffende Person vollkommen unbewusst ablaufen aber trotzdem einer zwingenden inneren Logik der Persönlichkeit folgen.

Okay, das sie immer einer inneren Logik folgen, war mir nicht bewusst. Für mich haben unbewusste Handlungen keine so große innere Logik. Sie haben Anstöße, klar, aber das hat ein Zufall genauso – Sack Reis → womöglich der Wind?
Verstehst du? Vielleicht sollte ich mich mal mit Freud's Theorie auseinander setzen, aber so auf den ersten Blick sehe ich bei unbewussten Handlungen nicht immer eine zwingende Logik.

Trotzdem glaube ich das Problem jetzt verstanden zu haben:
@Lomax:
Was unbewusst und zufällig angeht, gebe ich dir Recht. Ich habe da einiges um die beiden Worte herum nicht beachtet und nur ihre Ähnlichkeit gesehen, das war mein Fehler. Entschuldige.

ZitatNun, beim HdR meintest du ja, dass du inzwischen verstanden hast, was ich sagen wollte.

Ähm ... nein, eigentlich nicht. Ich verstehe, warum du es für nicht sinnvoll hältst, aber ich verstehe nicht, warum du es nicht für stringent angewandt hältst.

ZitatWenn dir hier selbst schon auffällt, dass du ins Schwimmen gerätst und lavieren musst, um es mehr schlecht als recht noch als Beispiel für dein Schema heranzuziehen - musst du dann wirklich mich noch fragen, wo ich die "Überzeugungslücke" in deinem Beispiel sehe?

Bitte nicht vergessen: Ich habe das nachgereicht. Ich hatte schnell ein Beispiel gesucht, um das Schema zu erklären und bin dabei relativ hastig drüber gegangen. Mir ist das ganze erst beim Näheren hinsehen aufgefallen und dadurch kaum auch der *Klick* was letztendlich der rote Faden ist. Eine Interpretation (und sei es nur eine ,,Reininterpretation") braucht Zeit und die habe ich mir beim ersten Beispiel nicht gelassen. Trotzdem behaupte ich, es letzten Endes stringent angewandt zu haben.

Zum Schema:
Stimmt, das ist kein großer Unterschied, abgesehen von der Ausgangssituation und dem Höhepunkt vielleicht ein bisschen. Das kann ich aber für mich ohne Probleme in ,,mein" Schema eingliedern. Gut, daran kann es wohl nicht liegen. Danke, dass du das jetzt endlich genannt hast ;)

Zitatinterpretieren - einem "Objekt" auf Basis des eigenen Weltverständnisses eine bestimmte Bedeutung zuordnen
hineininterpretieren - Auf Basis des eigenen Weltverständnisses bedeungsvolle Objekte sehen, die gar nicht da sind.

Argh, jetzt werde ich aber langsam wütend! Ich *weiß* was der Unterschied von interpretieren und hineininterpretieren ist. Mir geht es nicht um ,,interpretieren" es geht um ,,zu finden sein"!!!! Was ist an der Aussage: Alles, was man in einen Text hineininterpretiert, muss darin auch in irgendeiner Weise zu finden sein, falsch??? Was ist deine Definition von ,,zu finden sein" wenn sie sich nicht in dieser Weise mit ,,hineininterpretieren" deckt?

ZitatMithin kann man also alles in jedes "hineininterpretieren", wenn man nur will.

Jupp.

ZitatUnd da "hineininterpretieren" nichts über das "Objekt" aussagt, und das "Objekt" in dem Fall die Texte sind, ist die Aussage so für Textarbeit nutzlos.

Mmh. In gewisser Weise sagt es aber auch etwas über das Objekt aus. Nämlich das, was das Subjekt in ihm sieht. Keine zwei Menschen sind gleich. Folglich sind auch keine zwei Wahrnehmungen gleich. Daraus wiederum: Eine Reininterpretation sagt, wie ein Subjekt einen Text wahrnimmt. Dann hat es eine Bedeutung für das Objekt. Ich für meinen Teil behaupte ja, dass ich durch die Arbeit mit den Eckpunkten, den roten Faden besser erkenne und die Geschichte somit in wenigen Sätzen erzählen kann. Könnte ich nicht, wenn ich die Eckpunkte nicht kennen würde. Dann würde ich mich nämlich verzetteln. Das hat mir im Deutschunterricht schon so manches Mal den Kragen gerettet *gg*

ZitatWenn man ohnehin in jeden Text dein Schema "hineininterpretieren" kann - warum sollte man sich dann überhaupt noch beim Schreiben darum kümmern, es hineinzulegen?

;) – Ich habe nie behauptet, dass man sich großartig darum kümmern muss, es hineinzulegen. Ich habe gesagt, es kann einem selbst helfen, wenn man darauf achtet ^.-

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 09. August 2007, 16:35:04
Zitat von: caity am 09. August 2007, 12:27:49

Argh, jetzt werde ich aber langsam wütend! Ich *weiß* was der Unterschied von interpretieren und hineininterpretieren ist. Mir geht es nicht um ,,interpretieren" es geht um ,,zu finden sein"!!!! Was ist an der Aussage: Alles, was man in einen Text hineininterpretiert, muss darin auch in irgendeiner Weise zu finden sein, falsch??? Was ist deine Definition von ,,zu finden sein" wenn sie sich nicht in dieser Weise mit ,,hineininterpretieren" deckt?

Mmh. In gewisser Weise sagt es aber auch etwas über das Objekt aus. Nämlich das, was das Subjekt in ihm sieht. Keine zwei Menschen sind gleich. Folglich sind auch keine zwei Wahrnehmungen gleich. Daraus wiederum: Eine Reininterpretation sagt, wie ein Subjekt einen Text wahrnimmt. Dann hat es eine Bedeutung für das Objekt. Ich für meinen Teil behaupte ja, dass ich durch die Arbeit mit den Eckpunkten, den roten Faden besser erkenne und die Geschichte somit in wenigen Sätzen erzählen kann. Könnte ich nicht, wenn ich die Eckpunkte nicht kennen würde. Dann würde ich mich nämlich verzetteln. Das hat mir im Deutschunterricht schon so manches Mal den Kragen gerettet *gg*

Oha! Das kann aber ganz schön in die Hose gehen!
Bis zu einem gewissen Punkt hast du sicherlich Recht mit deiner Aussage über individuelle Wahrnehmung. There are as many texts as there are readers.
Aber! Lies folgenden Artikel aufmerksam, und wirst vielleicht verstehen, warum es ziemlich gefährlich ist zu behaupten, dass alles, was ein Individuum in einem Text findet auch wirklich da ist!
http://en.wikipedia.org/wiki/The_Satanic_Verses_controversy
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 09. August 2007, 16:46:30
@ Lavendel: Ich bin leider nicht besonders Englisch begabt. Hast du auch irgendein Deutsches Beispiel?  :-[ Sonst versuch ich's mal, aber ... *räusper*
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 09. August 2007, 16:58:11
Sorry, ich guck irgendwie schon automatisch auf Englisch... hier noch mal der vergleichbare Artikel auf Deutsch. In diesem Zusammenhang besonders interessant der Abschnitt 'Wirkung'

http://de.wikipedia.org/wiki/Die_satanischen_Verse
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 09. August 2007, 20:55:01
Hallo Lavendel,

okay, ich habe den Text jetzt gelesen, bin mir aber nicht ganz sicher, in wieweit das jetzt die Aussage (Alles, was man in einen Text hineininterpretiert, ist dort auch zu finden) gefährlich macht. Zumal du es eigentlich schon selbst sagst:
Zitatalles, was ein Individuum in einem Text findet auch wirklich da ist!

Das habe ich nämlich gar nicht behauptet und würde ich auch nicht behaupten. Ich behaupte lediglich, dass das, was ich hineininterpretiere, darin zu finden ist, andererseits hätte ich es nicht finden können.
Letztendlich liegt es dann an mir, ob ich das gefundene als einzig richtige Wahrheit sehe - was imho *immer* falsch ist - oder ob ich zulasse, dass es auch andere Bedeutungen haben könnte. Ich denke das wäre die schlimmere Behauptung, die eine solche Folge heraufbeschwören würde:
"Das, was ich in dem Text gefunden habe, ist wirklich das, was der Text aussagen will."
Das würde ich niemals behaupten. Alles, was ich sage ist, dass unbewusst/zufällig Anspielungen darauf in den Text hineingekommen sind und diese zu finden waren, als ich es hineininterpretierte, klar? ;)

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 09. August 2007, 21:44:41
Erstmal: Bitte zitiere keine unvollständigen Sätze! Das verändert den Sinn doch ungemein.
Der Originalsatz lautete nämlich:
ZitatLies folgenden Artikel aufmerksam, und wirst vielleicht verstehen, warum es ziemlich gefährlich ist zu behaupten, dass alles, was ein Individuum in einem Text findet auch wirklich da ist!
Du hast nur den letzten Teil zitiert, um deine eigenen Aussagen zu belegen. Damit drehst du mir quasi die Worte im Mund um.

Nun ja, zum Rest:
ZitatWas ist an der Aussage: Alles, was man in einen Text hineininterpretiert, muss darin auch in irgendeiner Weise zu finden sein, falsch???
.
Salman Rushdie hat nie die Absicht gehabt, den muslimischen Glauben zu diffamieren und grundsätzlich schlecht zu machen. Trotzdem glauben eine Menge Leute, das stehe in seinem Buch. Deiner Aussage nach ist  The Satanic Verses deshalb aber zwangsweise ein anti-muslimisches Buch, weil jemand diese Haltung darin gefunden haben will.

ZitatZumal du es eigentlich schon selbst sagst:
Zitat
alles, was ein Individuum in einem Text findet auch wirklich da ist!

Das habe ich nämlich gar nicht behauptet und würde ich auch nicht behaupten.

Entschuldige, aber du hast es behauptet.
Nochmal:
ZitatWas ist an der Aussage: Alles, was man in einen Text hineininterpretiert, muss darin auch in irgendeiner Weise zu finden sein, falsch???
.

Das kam von dir, caity. Ja, von dir.

Ich kriege grade das Gefühl, dass es völlig sinnlos ist, mit dir zu diskutieren. Ich versuche die ganze Zeit über sachlich zu bleiben. Das solltest du auch.
Es ist keine Schande, eine Meinung zu ändern, aber so zu tun, als hätte man eine andere Meinung niemals vertreten halte ich - entschuldige - für reichlich feige. Niemand ist perfekt. Jede/r kann sich irren. Und keine/r kann alles wissen.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 09. August 2007, 21:56:13
Hallo Lavendel,

ach herrje. Du verstehst mich vollkommen falsch. :(

Erstmal: Ich hatte nur den letzten Teil zitiert, weil nur er von Bedeutung war, aber ich hätte es auch genausogut im ganzen Satz zitieren können. Wichtig ist, dass du nicht die beiden Verben "hineininterpretieren" und "finden" sondern "finden" und "da sein" einander gegenüber gestellt hast, was ich nicht getan habe.

ZitatSalman Rushdie hat nie die Absicht gehabt, den muslimischen Glauben zu diffamieren und grundsätzlich schlecht zu machen. Trotzdem glauben eine Menge Leute, das stehe in seinem Buch. Deiner Aussage nach ist  The Satanic Verses deshalb aber zwangsweise ein anti-muslimisches Buch, weil jemand diese Haltung darin gefunden haben will.

Nein. Meiner Aussage nach, sind anti-muslimische Anzeichen in dem Buch zu finden, weil sie jemand gefunden hat, aber sie sind nicht zwangsläufig dort drin, weil sie jemand gefunden hat. ;)

ZitatDas kam von dir, caity. Ja, von dir.

Und der Satz ist so auch nicht falsch:
ZitatAlles, was man in einen Text hineininterpretiert, muss darin auch in irgendeiner Weise zu finden sein
Es ist aber eine gänzlich andere Aussage als deine:
"Alles, was in einem Buch zu finden ist, ist auch darin vorhanden."
Das habe ich nämlich nicht behauptet.

ZitatIch versuche die ganze Zeit über sachlich zu bleiben. Das solltest du auch.

Entschuldige. Ich versuche natürlich sachlich zu bleiben. Momentan sehe ich auch nicht, wo ich das im vergangenen Post nicht gewesen bin. Trotzdem: Entschuldigung.  :seufz:

ZitatEs ist keine Schande, eine Meinung zu ändern, aber so zu tun, als hätte man eine andere Meinung niemals vertreten halte ich - entschuldige - für reichlich feige.

Naja, wie gesagt, die Meinung, die ich geäußert habe, vertrete ich. Die, die ich nie geäußert habe, werde ich sicherlich nicht vertreten, es sei denn, ich bin dieser Ansicht ;)
Wenn ich meine Meinung ändere, werde ich dir das mitteilen und zwar genau so *gg*

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 09. August 2007, 22:06:19
 :seufz:

Wie sagte Lomax so schön: Wir haben wohl kein gemeinsames Vokabular für diese Diskussion.

Zum einen diskutieren wir nun wirklich nicht mehr die fünf Eckpunkte, zum anderen scheinen wir wohl völlig aneinander vorbei zu reden.

Das ist jetzt der Punkt, an dem ich definitiv aus der Sache aussteige. Bevor wir uns hier noch viel mehr verrennen.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 09. August 2007, 22:33:24
Zitat von: caity am 09. August 2007, 20:55:01Ich behaupte lediglich, dass das, was ich hineininterpretiere, darin zu finden ist, andererseits hätte ich es nicht finden können.
Das ist aber gerade das Problem - dass nämlich zumindest ich unter "hineininterpretieren" verstehe, dass man Dinge in einem Text "findet", die dort eben nicht sind. Um es mal an einem vereinfachten Beispiel darzustellen:

Für mich stellt sich der Diskussionsverlauf nämlich so dar, als hättest du in deiner ersten Aussage gesagt: "In jedem Garten ist ein Schatz zu finden."
Darauf antwortete ich: "Das stimmt nicht."
Und darauf du: "Das stimmt schon - denn wenn man wirklich einen Schatz finden will und sich gründlich genug umschaut, wird man auch in jedem Garten auf etwas stoßen, das man als Schatz ansehen kann."

Und damit hast du in gewisser Hinsicht recht, nämlich aus Sicht der Psychologie und allgemeinen Lebenshilfe. Weil ja ein Schatz etwas sehr persönliches sein kann, und die Schatzsuche somit ein Akt der Selbstfindung.
  Nur kann ich mich mit der Antwort nicht abfinden, weil ich halt über Gärten und Schätze reden wollte und das nur dann einen Sinn macht, wenn man eine gemeinsame, allgemeine Vorstellung von Schätzen hat  - und sich der Frage zuwendet, ob das, was nicht persönlich, sondern gemeinhin als "Schatz" bezeichnet wird, in Gärten zu finden ist. Und ich glaube, die meisten haben deine ursprüngliche Aussage auch in diesem Sinne aufgefasst.

Und damit kommen wir wieder von Gärten und Schätzen auf das komplexe Feld der Literatur:
Zitat von: caity am 09. August 2007, 12:27:49Mmh. In gewisser Weise sagt es aber auch etwas über das Objekt aus. Nämlich das, was das Subjekt in ihm sieht.
Dann war mein Fehler, dass ich über Literatur reden wollte und nicht über Selbstfindungsprozesse beim Lesen. Und ich muss zugeben, dass ich aus dieser Perspektive auch gar nicht über Literatur reden will. Weil das nämlich den Text und die Kunst zu einem hilflosen Opfer des Lesers erklärt, ohne eigenen Wert und eigene Aussage.

Zitat von: caity am 09. August 2007, 12:27:49Keine zwei Menschen sind gleich. Folglich sind auch keine zwei Wahrnehmungen gleich.
Da hast du eine sehr wahre Aussage zitiert - aus der allerdings nicht zwangsläufig deine Schlussfolgerung zu ziehen ist. Jeder Leser nimmt einen Text anders wahr - trotzdem gibt es Verfahren zum textgerechten Verständnis, indem sich nämlich die Interpretation im Rahmen eines "hermeneutischen Zirkels" in Zwiesprache zwischen Leser und Text vollzieht. Ganz im Gegensatz zum "Reininterpretieren", das ein Zuschwallen des Textes durch den Monolog des Lesers darstellt.

Genau dieses korrekte Entwickeln des Textverständnisses im Rahmen des hermeneutischen Zirkels war Inhalt der von mir oben angesprochenen Unterrichtseinheit. Ich kann das hier im Forum nicht vermitteln. Da es aber eine Unterrichtseinheit fürs 10. Schuljahr war, bin ich davon ausgegangen, dieses Verfahren als gemeinsame Basis für Textarbeit voraussetzen zu können. Sogar angesichts deines oben von dir angesprochenen Alters.
  Ich weiß nicht, ob dieser Bereich der Textarbeit bei euch einfach nicht sauber unterrichtet wurde, ob du ihn falsch verstanden hast oder ganz bewusst beschlossen hast, bestimmte Aspekte davon für dich persönlich abzulehnen. Ich persönlich habe eher das Gefühl, dass nichts dergleichen der Fall ist und du dich derzeit einfach in einer Abwehrhaltung verrannt hast und verzweifelt versuchst, dir das, was du weißt, so zurechtzubiegen, dass du dich damit verteidigen kannst. Aber letztlich spielt das keine Rolle.
  Wichtig ist nur eins: Dass du es mit deinen "Sonderdefinitionen" von Begriffen und dem Rückzug auf persönliche Wahrnehmung dir selbst schwer machst, mit anderen über Texte zu reden. Und dass du durch dieses Lavieren und Rumdefinieren und die Rettungsversuche an Nebenschauplätzen letztlich schon ganz vernebelt hast, was im Kern deiner Aussagen tatsächlich nützlich und hilfreich und vielleicht auch für andere interessant war. Und das finde ich schade, weil ich tatsächlich denke, dass dieses Schema für die Dramaturgie von Romanen ein hilfreiches Werkzeug darstellen kann - das du gerade im Begriff bist, kaputtzureden.  >:(
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 09. August 2007, 23:07:54
Damit hier am Ende nicht nur seitenlanges ot-Geplänkel um Nebenfragen steht, will ich noch mal an das "5-Punkte-Schema" erinnern und mich nun doch an eine entsprechende Aufteilung des HdR wagen. Als Illustration, zur Diskussion, Einladung zum Widerspruch, konstruktiver Neuanfang oder was auch immer - jedenfalls zum Thema :)

Also, die Erzählstruktur des HdR, soweit man ihn als Frodos Geschichte betrachtet:

1. Auslösendes Element: Frodo erfährt, was der Ring wirklich ist.

2. 1. Plotpoint: Bruchtal - Frodo beschließt, die Verantwortung anzunehmen und den Ring zu tragen.

3. Midpoint: Frodo betrachtet die bisherige "Gruppenreise" als gescheitert und beschließt, seinen Weg allein zu gehen.

4. 2. Plotpoint: Frodo bei Kankra und den Orks - seine Stärke wird gebrochen

5. Schluss: Der Ring wird vernichtet - obwohl Frodo scheitert.

Folgende Szenen, die als Konkurrenz angesehen werden können, müssen vielleicht erklärt werden:

Tatsächlich ist Frodos Szene an der Furt eine seiner stärksten - aber es ist trotzdem kein "Wendepunkt", weil sich für Frodo vorher und nachher nichts ändert, sondern nur seine charakterliche Stärke und innere Kraft gezeigt wird, die Gandalf früher schon behauptet hatte. Es ist nur eine starke Szene zur Illustrierung des Charakters - wie andere auch: Frodo im Hügelgrab, Frodo auf der Wetterspitze (immerhin das einzige Ereignis neben dem Ringverlust, das bei Frodo "Spuren" hinterlässt) ...

Auch der Aufbruch aus dem Auenland und andere Szenen dazwischen mag mancher als "Wendepunkt" ansehen, oder vielleicht auch als späteres auslösendes Element - das trügt aber. In dem Moment, wo Gandalf den Ring enthüllt, ist festgelegt, dass etwas geschehen wird. Spätere Ereignisse kommen also als auslösende Elemente nicht mehr in Frage.
  Ferner ändert sich Frodos Verfassung von diesem Auslöser bis Bruchtal nicht wirklich - er reist zwar durch die Gegend, bleibt aber ein Getriebener und versucht, weitestgehend den Plänen zu folgen, die andere für ihn gemacht haben. Erst in Bruchtal trifft er bewusst die Entscheidung, sich der durch das auslösende Element aufgeworfenen Bedrohung zu stellen - nimmt also seinen Job als "Held" der Geschichte an.

Gandalfs Tod und andere Szenen ändern dann an Frodos Lage nicht viel. Ein Gruppenführer wird durch einen anderen ersetzt - aber Frodos Rolle und seine Ziele bleiben dieselben. Erst als er sich von der Gruppe trennt, ändert sich seine Rolle wieder - und zugleich endet sein alter Plan, der beim ersten Wendepunkt in Gang gesetzt wurde. Also kann nur Frodos Entschluss bei den Fällen als nächster Wendepunkt gelten.

Nach Kankra und den Orks hat Frodo die aktive Rolle, die er bei den beiden vorherigen Wendepunkten gezeigt hat, endgültig verloren. Er schleppt sich nur noch weiter und ist damit der klassische "Held am Boden" - die typische Konstellation für den letzten Wendepunkt. Nur dass der Held sich normalerweise im letzten Wendepunkt aufrafft, während die Veränderung für Frodo eben darin besteht, dass er geschlagen ist - was sich dann am Schluss zeigt, wenn offenbar wird, dass er die früher in "starken Szenen" demonstrierte innere Kraft verloren hat und den Ring nicht mehr ablegen kann.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Dorte am 09. August 2007, 23:17:05
Tja, auch bei dir muss ich doch anmerken, dass es außer Frodo noch andere Figuren im Buch gibt, die ziemlich viel erleben. ;)
Da so ziemlich alle, die ich kenne, mit mir einer Meinung sind, dass der HdR nicht gerade ein normales Buch und mindestens streckenweise leicht chaotisch geschrieben ist, könnten wir uns einfach darauf einigen, dass dieses Buch als Beispiel für ein Plotschema denkbar ungeeignet ist. Noch ungeeigneter wäre da nur das Silmarillion. Wenn's Tolkien sein soll, dann doch am ehesten der Hobbit oder Roverandom, oder aber ganz wer anders.

Darf ich mal versuchen, ob ich das Schema verstanden habe? Anhand von "Wintersonnenwende" von Susan Cooper.
1. Auslösendes Element: Will erfährt, dass er einer der Uralten und der Zeichensucher ist.
2. Will stellt sich seiner Aufgabe und versucht, die Zeichen an sich zu bringen.
3. äh...
4. Die Welt versinkt im Chaos, der Reiter scheint zu triumphieren.
5. Schluss: Die Zeichen werden zusammengeschmiedet.
Wie man da jetzt die ziemlich wichtige Hawkin-Merriman-Sache reinbringen soll, weiß ich allerdings nicht. Denn die hat mit Will ja nichts zu tun.
Und da liegt glaub ich generell meine Hauptkritik an dem Schema: es ist nach meinem Verständnis anhand dieses Threads sehr auf eine Hauptfigur ausgelegt und muss scheitern, sobald wichtige Dinge abseits dieser Perspektive passieren.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Maran am 09. August 2007, 23:49:59
Versucht den "Herrn der Ringe" mal aus der Perspektive von Aragorn zu analysieren ... (Kleiner Tip am Rande)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Hr. Kürbis am 10. August 2007, 08:29:46
Man kann auf jeden einzelnen Charakter von HdR dieses Schema anwenden, hätte ich jetzt Zeit und müsste nicht zur Arbeit, dann würde ich mich daran versuchen... So kann ich mich aber ins Bad flüchten und dann ein bisserl schneller in die Pedale treten, denn eigentlich müsste ich schon weg sein...

Vielleicht heute Abend?
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Dorte am 10. August 2007, 10:00:18
Aber es kann doch nicht Sinn eines Textanalyse-Schemas sein, wenn man das Schema nicht auf den Text, sondern auf eine bestimmte Figur darin anwenden muss. Da kommt man ja bei jedem Text auf zig Muster.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 10. August 2007, 10:02:10
Zitat von: Dorte am 09. August 2007, 23:17:05
Da so ziemlich alle, die ich kenne, mit mir einer Meinung sind, dass der HdR nicht gerade ein normales Buch und mindestens streckenweise leicht chaotisch geschrieben ist, könnten wir uns einfach darauf einigen, dass dieses Buch als Beispiel für ein Plotschema denkbar ungeeignet ist.
Ein ungewöhnliches Buch sicher - immerhin hat er ein neues (Sub)genre eröffnet und wäre sonst auch nicht so erfolgreich gewesen. Dass er deshalb schlecht zu analysieren wäre, stimmt allerdings nicht - immerhin lebt ja die ganze Literaturwissenschaft davon, ungewöhnliche Werke in ihre ganz gewöhnlichen Bestandteile zu sortieren und selbige dann in die passenden Schubladen abzulegen ;)

Der Herr der Ringe ist für Strukturanalysen sogar besonders gut geeignet. Das ist kein Zufall, und auch ein bisschen mehr als "unbewusstes" Konzeptionieren vom Autor - Tolkien war Altphilologe, und gerade in seinem klassizistisch geprägtem Zeitalter hatten solche formalen Strukturierungen in der akademischen Welt einen noch sehr viel höheren Stellenwert als heute. Man kann also davon ausgehen, dass er die damals bekannten Schemata für Textstrukturen nicht nur während seines Studiums auswendig gelernt, sondern sie für seine Arbeit auch weitestgehend verinnerlicht hatte. Das moderne "5-Punkte-Schema" gehörte wohl nicht dazu, ist aber letztendlich auch nur eine Ableitung von klassischeren Einteilungen, und dass Tolkien sich von denen frei machen konnte, ist stark zu bezweifeln.
 Dementsprechend hat der Herr der Ringe viele Figuren, viele Nebenerzählstränge und andere Elemente, aber jeder für sich ist hochstrukturiert und alles andere als chaotisch. Es ist ungefähr so chaotisch wie ein Ameisenstaat - der ja auch von außen betrachtet so wirkt, aber sehr gut organisiert ist, wenn man die einzelnen Wirkabläufe verfolgt.

Ansonsten ist der HdR sogar leichter zugänglich, als manch modernes Werk. Denn es gibt tatsächlich Bücher mit mehreren gleichberechtigten Hauptfiguren - aber beim HdR gibt es eine klare hierarchische Struktur der Figuren. Zunächst einmal ist das Buch an sich eine Geschichte über die Reise des Rings zu seiner Zerstörung. Und Frodo ist die einzige Figur, deren Geschichte so ziemlich genau mit diesem zentralen Plot parallel läuft - er begleitet den Ring vom Anfang der Geschichte bis zum Ende; er hat vor dieser Reise nicht viel gemacht; und danach auch nicht mehr viel. Frodo ist also tatsächlich die eindeutig herausgehobene Hauptfigur.
 In zweiter Linie ist es eine Geschichte der Hobbits. Man merkt das sehr deutlich an den Perspektiven des Buches, die immer dann bei den Hobbits bleiben, wenn es auch nur die geringste Möglichkeit dazu gibt. Auch die Hobbits begleiten die Reise des Rings vom Anfang bis zum Ende - aber ihre Geschichte reicht darüber hinaus, was sie letztlich zu untergeordneten Hauptfiguren macht.
 Alle anderen Charaktere sind letztlich (so sympathisch sie einem auch sein mögen, und so wichtig ihre Rolle im Buch) nur wichtige Nebenfiguren. Aragorn, Gandalf, die restlichen Gefährten sowieso - sobald ein Hobbit da ist, rücken diese Figuren von der Erzählperspektive her automatisch in den Hintergrund. Zudem haben sie in ihrer Entwicklung eigene Handlungsbögen, die irgendwann in die "Ringreise" eintreten und sie dann auch wieder verlassen - aber vorher und nachher weitergehen.
 Es mag aus vielerlei Hinsicht interessant sein, sich mit den anderen Figuren zu befassen - aber Frodos "Weg" überspannt als einziger auch den zentralen Handlungsstrang des Buches, die "Queste" um den Ring. Ich würde Frodos Weg durchaus als "Rückgrat" des Buches ansehen - und daher als sehr gutes Beispiel für Plotschemata.

Tolkien war eigentlich derjenige, der die Fantasy in die Moderne geholt hat. Er selbst stand mit den Füßen in den alten Erzähltraditionen, in der Welt der Sagen und nordischen Mythen. Und er selbst hat den HdR auch in dieser Tradition geschrieben. Was dann allerdings herauskam, war offensichtlich ein moderner Roman, der trotz archaischer Inhalte und Muster in der Erzählform auf dem Höhepunkt seiner Entstehungszeit war. Gerade deshalb ist es sehr interessant, seine formalen Übereinstimmungen mit aktuellen Strukturen zu betrachten.
 Dass sich trotz der traditionellen Orientierung von Autor und Werk das "moderne Drehbuchschema" schon recht gut in dem Buch nachverfolgen lässt, während umgekehrt die Abweichungen im Detail alle auf archaische Erzähltraditionen zurückzuführen sind, zeigt m.E. nach sehr gut, wie Tolkien dieser Brückenschlag zur "modernen archaischen Sage" gelungen ist.

Ich denke also durchaus, dass der HdR ein recht gut als Beispiel für strukturelle Analysen geeignet ist. Weil er Strukturen aufweist, und weil man aus dieser Analyse tatsächlich etwas über Erzählmuster und Wirkung lernen kann. Nicht zuletzt aber auch deshalb, weil vermutlich jeder dieses Werk kennt und mitreden kann. Was leider bei weniger bekannten Werken nicht der Fall ist: Sie mögen noch so gute Beispiele sein, und noch so richtig analysiert - wer das Buch nicht kennt, kann zu der Struktur nichts weiter sagen.
 Was bei mir und "Wintersonnenwende" leider der Fall ist. Und, ja, ich wurde gestern Abend schon geschlagen, weil ich diesen Kinderbuchklassiker nicht kenne. Weitere Schläge in diese Richtung sind also nicht nötig  :-[
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Dorte am 10. August 2007, 10:31:22
Strukturelle Analyse ist für mich aber etwas anderes, als ein Schema zu nehmen und zu gucken, ob es auf einen Roman passt. Für mich ist das eine Analyse des Textes, um daraus ein übersichtliches Schema zu entwickeln, dass auf diesen Roman passt...
Und zudem merkt man dem HdR deutlich an, dass er eigentlich eine Fortsetzung vom Hobbit war und sich erst später zum riesigen Epos weiterentwickelt hat.

Schlagen wollte ich dich nicht, ich habe einfach ein Buch genommen, was mich gerade aus dem Regal angeschaut hat - kann doch nicht jeder alles kennen. ;)
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 10. August 2007, 11:27:49
Zitat von: Dorte am 10. August 2007, 10:31:22Strukturelle Analyse ist für mich aber etwas anderes, als ein Schema zu nehmen und zu gucken, ob es auf einen Roman passt. Für mich ist das eine Analyse des Textes, um daraus ein übersichtliches Schema zu entwickeln, dass auf diesen Roman passt...
Die strukturelle Analyse ist zunächst mal ergebnisoffen. Aber wenn man wiederkehrende Muster findet, kann man daraus ein allgemeines Schema ableiten - und dann wiederum prüfen, ob andere Werke ebenfalls diesem Schema folgen bzw. ob und wie sie davon abweichen. Für den Literaturwissenschaftler ist das Selbstzweck - aber dem Autor können solche Verallgemeinerungen nutzen, um auch die Wirkmechanismen und Möglichkeiten im eigenen Werk besser zu durchschauen.
Zitat von: Dorte am 10. August 2007, 10:31:22Und zudem merkt man dem HdR deutlich an, dass er eigentlich eine Fortsetzung vom Hobbit war und sich erst später zum riesigen Epos weiterentwickelt hat.
Der HdR "hat" sich nicht entwickelt, er "wurde" entwickelt - auch wenn Tolkien nicht von Anfang an das schreiben wollte, was er geschrieben hat, ist auch ein Werk wie der HdR letztendlich von einem Autor geschrieben worden und nicht aus sich selbst heraus entstanden. Und wenn man weiß, wie akribisch Tolkien gearbeitet hat, dann kann man auch davon ausgehen, dass am Ende alles halbwegs so dastand, wie er es stehen haben wollte.
  Natürlich kamen im Schreibprozess Dinge hinzu, mit denen er vorher nicht gerechnet hatte; und irgendwann musste er das Buch abgeben, obwohl er gerne noch weiter daran gefeilt hätte (geht es so nicht jedem Autor ;)). Aber bei allem, was nach dem geplanten Anfang noch hinzugekommen ist, hat Tolkien sich sehr genau überlegt, wie und wo er es einbaut. Und er hat mit Sicherheit auch mehrere Varianten für die Story durchprobiert, bevor er sich schließlich für diejenige entschieden hat, die man heute lesen kann.
 
Deine Formulierung zum HdR erinnert mich ein wenig an eine Rezension zu meinem zweiten Roman: Dort hatte ich früh einen als Hauptfigur aufgebauten Protagonisten sterben lassen. Man hat sehr deutlich gemerkt, dass viele Lieser bei diesem abrupten Umschlag in der Handlung einfach in die vorher eingeschlagene Richtung weitergelaufen sind und große Schwierigkeiten hatten, diese Wendung zu aktzeptieren. Und ein Leser meinte sogar, man hätte deutlich gemerkt, dass ich ursprünglich etwas anderes im Sinn gehabt hätte und sich dann "die Geschichte in eine andere Richtung entwickelt hat, als der Autor ursprünglich beabsichtigte".
  Aber das stimmte nicht. Gerade der Tod dieser Hauptfigur war von Anfang an geplant, er war genau so vorbereitet worden, wie er stattgefunden hat, und ich hatte ihn bewusst sogar in vorher gezeichneten Strutkurdiagrammen zum Romanaufbau an der bewussten Stelle platziert.

Ein Roman soll "mitreißend" wirken. Aber man sollte nicht leichtfertig daraus schließen, dass er selbst ein reißender Fluss ist, der sogar den Autor hilflos überrollt hat. Und ganz gewiss nicht Tolkien, der einer der akademischsten, detailverliebtesten und planungs- und hintergrundversessensten Autoren ist, den ich kenne. Auch wenn der HdR letztlich größer ausfiel, als ursprünglich geplant, war der Autor sicher dazu in der Lage, die zusätzliche Fülle so zu strukturieren, wie es seiner Meinung nach der Geschichte angemessen war.
  Ich denke also, man sollte nicht zu viel über die Entstehungsumstände eines Werkes spekulieren, sondern es einfach so hinnehmen, wie es da steht. Und dann sehen, was man aus dem Text "rausholen" kann. Also, anstatt darüber zu grübeln, ob Genese und Komplexität des Werkes nicht eine Strukturierung von vornherein verbieten - warum nicht einfach anhand des Textes beurteilen, ob die angebotene Strukturierung sinnvoll ist, ob Passagen übersehen wurden, die in dem Zusammenhang von Bedeutung sind; ob Dinge übersehen wurden, die die Struktur relativieren etc.?
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Dorte am 10. August 2007, 11:44:59
Ich habe den Eindruck, dass sich in diesem Thread ganz gewaltig Literaturwissenschaft, Autorenstrategien und Lesereindrücke vermischen und ich echt nicht mehr durchblicke, über was wir eigentlich reden. ;) Von daher klinke ich mich erstmal aus.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: felis am 10. August 2007, 13:43:10
Zitat von: Lomax am 10. August 2007, 10:02:10
 Ansonsten ist der HdR sogar leichter zugänglich, als manch modernes Werk. Denn es gibt tatsächlich Bücher mit mehreren gleichberechtigten Hauptfiguren - aber beim HdR gibt es eine klare hierarchische Struktur der Figuren. Zunächst einmal ist das Buch an sich eine Geschichte über die Reise des Rings zu seiner Zerstörung. Und Frodo ist die einzige Figur, deren Geschichte so ziemlich genau mit diesem zentralen Plot parallel läuft - er begleitet den Ring vom Anfang der Geschichte bis zum Ende; er hat vor dieser Reise nicht viel gemacht; und danach auch nicht mehr viel. Frodo ist also tatsächlich die eindeutig herausgehobene Hauptfigur.
Entschiedener Widespruch an dieser Stelle. Sam hat den Ring genauso lang begleitet - und noch wichtiger, Sam ist derjernige, der am Ende  (als Frodo, wie Du ganz richtig bemerkt hast, geschlagen ist) die Heldenrolle annimmt (einer von Sams zentralen Plotpunkten ;-)) und dafür sorgt, dass die Queste zu einem erfolgreichen Ende kommt.
Deswegen ist Sam für mich der zentrale Held der Geschichte und nicht Frodo.
Sams das lösen von der Gruppe kann man genauso gut als Sams plotpunt bezeichnen, er lädsst nämlicch frodo nicht alleine gehen - auch hier ist er der aktive und Frodo der, der Sams Entscheidung hinnimmt.
Sams auslösendes Moment zu finden, fand ich auch einfach. Es ist der Moment, wo Gandalf ihn beim Lauschen erwischt und mit auf die Reise schickt.

Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 10. August 2007, 16:18:41
Hallo felis,

vielen Dank. Ich dachte schon, jedes Gespräch über das Thema würde aus irgendwelchen Gründen in Grundsatzdiskussionen versinken. Aber hier ist doch eine schöne, konkrete Gegenthese, die man auch am Text verifizieren oder falsifizieren kann. Oder im Grunde genommen zwei Thesen:

1. Sam hat dieselben Wendepunkte wie Frodo
Nun, wenn "Sams Geschichte" sich auch nach einem solchen Schema gliedern lässt, wäre das Lauschen sein "Einstieg" in die Story. Da sehe ich auch erst mal keine Alternative. Also betrachte ich zunächst, was Sams Ist-Zustand bei Eintritt in die Story ist - seine Ziele, seine Beweggründe, seine Motivation. Soweit ich das im Kopf habe, war das Frodo: Er will wissen, in was Frodo da hineingeraten ist.
  Als Sam das Auenland verlässt, folgt er (wie die anderen Freunde) Frodo, weil sie alle Frodo nicht allein lassen wollen. In Bruchtal beschließt Sam, Frodo zu folgen. Bei der Trennung der Gruppe - folgt Sam Frodo. Der Pass ist noch der Punkt, der einem Wendepunkt auch für Sam am nächsten kommt: Sam nimmt den Ring an sich und beschließt, die Queste allein fortzuführen. Aber dann erfährt er, dass Frodo noch lebt - und folgt ihm. Ich würde das daher eher wieder als "starke Szene" einordnen denn als "Wendepunkt" der Figur - Sam zeigt, dass er auch anders könnte. Aber seine oberste Priorität, sein Ziel in der Geschichte, ist vorher wie nachher immer Frodo, niemals der Ring, "die Mission" oder sonst etwas.
  Und weil sich somit zwar die äußeren Umstände für Sam ändern - sein Aufenthaltsort, seine Gesellschaft, nicht aber seine innere Befindlichkeit und seine "Ausrichtung", denke ich nicht, dass an diesen Stellen für Sam genauso "Wendepunkte" vorliegen wie für Frodo.

2. Sam ist ein zumindest gleichberechtigter Protagonist neben Frodo
Diese deine 2. These ist von der hier diskutierten "5-Punkte-Struktur" völlig unabhängig. Immerhin gibt es kein Gesetz, dass jede Geschichte und ihr Protagonist diesem Schema folgen muss. Also könnte Sam immer noch ein gleichberechtiger Protagonist sein, selbst wenn man keine entsprechenden Wendepunkte für ihn finden kann. Das wäre dann allerdings eher eine Diskussion, die man unter einer eigenen Überschrift führen müsste.

Wenn man allerdings auch für Sam Plotpoints finden könnte, in denen entscheidende Umschwünge seines Charakters, neue Entscheidungen und neue Ziele von ihm mit ebenso entscheidenden Wendungen im Plot übereinstimmen, dann wäre das zumindest ein starker Hinweis darauf, dass Sam ein gleichwertiger Protagonist ist.
Also lohnt es sich vielleicht durchaus, noch mal nachzuschauen, ob Sam nicht doch an anderen Stellen eigene Wendepunkte hat; oder ob, wenn schon nicht in Bezug auf seine Motivation für den Hauptplot, Charakteränderungen und Neuausrichtungen seiner Person vorliegen, die in Schlüsselszenen manifest werden.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: felis am 10. August 2007, 23:14:14
@Lomax,
Sam hat sicher nicht alle Plotpoints gemeinsam mit Frodo, nur einige.(S. "Startpunkt")

Und ich finde, er erlebt schon einen entscheidenden Umschwung seines Charakters der sich anbahnt, als er den Ring an sich nimmt. (Was ich deswegen als midpoint identifizieren würde.)
Er tritt nämlich immer mehr aus dem Schatten von Frodo heraus und während Frodo sich ja im grundegenommen aufgibt, und am Schluss "in den Westen geht", rettet Sam das Auenland, gründet  eine Familie und wird dann auch noch Bürgermeister. ;-)

Ich bin allerdings zugegebenermaßen in dieser plotpoint - Theorie alles andere als sattelfest.
Ist die plotpoint theorie eigentlich hinfällig, wenn man mehr als einen Haupt-Prota hat. Oder sollte man sie dann auf alle Protas anwenden?
LG
felis
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Hr. Kürbis am 11. August 2007, 08:07:23
Wenn "alle" Protags dem selben Plot folgen, dann gibt es wahrscheinlich nur ein Schema, das geringfügig von dem des "Haupthelden" abweicht... also so wie in der klassischen Rollenspiel-Party-Situation oder eben wie bei HdR mit Frodo und Sam. Der Weg ist der gleiche, die Abweichungen vielleicht nur minimal.

Gibt es allerdings Subplots, dann wird wohl für jeden dieser Subplots einem eigenen Schema zugeordnet, immerhin soll dieser ja auch spannend sein und funktionieren, auch wenn er dem Mainplot untergeordnet ist...

So jedenfalls würde ich es machen. ;D
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 11. August 2007, 13:19:05
Zitat von: felis am 10. August 2007, 23:14:14Er tritt nämlich immer mehr aus dem Schatten von Frodo heraus und während Frodo sich ja im grundegenommen aufgibt, und am Schluss "in den Westen geht", rettet Sam das Auenland, gründet  eine Familie und wird dann auch noch Bürgermeister. ;-)
Wobei sich dann schon die Frage stellt, was noch zum "Plot" des Buches gehört, bzw. wann die Geschichte eigentlich zu Ende ist. Da sich das beim HdR in "Etappen" vollzieht, ist das keine leichte Entscheidung. Wenn der Ring zerstört ist, endet eigentlich die "Ringqueste". Sams spätere Entwicklung würde ich eigentlich nur noch als "Nachklang" betrachten, weil ja das zentrale Element für einen Plot fehlt - der "Konflikt".
Der ist allerdings bei anderen Episoden nach dem Ring, wie bei der "Befreiung des Auenlandes" noch verhanden, so dass die Übergänge fließend sind. Wie auch immer: Familiengründung, Bürgermeisteramt ... das mag Sams verändertes Wesen nach der Handlung beschreiben. Aber die Wendepunkt, die dorthin führten, sollten doch noch innerhalb der Handlung liegen und sich markant festmachen lassen.
Zitat von: felis am 10. August 2007, 23:14:14
Ist die plotpoint theorie eigentlich hinfällig, wenn man mehr als einen Haupt-Prota hat. Oder sollte man sie dann auf alle Protas anwenden?
Eigentlich dient dieses Schema der Strukturierung einer Handlung. In der modernen Form geht sie allerdings davon aus, dass die Handlung stets aktiv von einer "Hauptperson" gesteuert wird, sich an dieser Person festmacht und dementsprechend ein Umschwung in der Handlung auch immer an eine Richtungsänderung in der Figurenentwicklung gebunden ist. In einer einfachen Geschichte gibt es damit keine Probleme.
  In einer komplexen Geschichte mit mehreren Hauptfiguren und mehreren Handlungssträngen gibt es natürlich auch keine "reine Lehre" mehr, aber natürlich ist es umso wichtiger, den Text dann zu strukturieren, damit es kein heilloses Durcheinander gibt. Also kann man sich als Autor überlegen, ob man sich in der Gestaltung der einzelnen Handlungsstränge und der Figurenentwicklung an dem Schema orientieren will; oder ob man einen übergeordneten "roten Faden" in den Text webt, der dieser Orientierung folgt. Aber, wie gesagt, das ist jeweil nur eine Möglichkeit, eine Hilfe.
  Bei der Analyse fertiger, komplexer Texte muss man den Text natürlich vorher in seine einzelnen Verläufe - und zwar in Bezug auf die Charakterentwicklung wie in Bezug auf die äußere Handlung hin - aufdröseln, um dann diese Einzelstränge gesondert zu betrachten. Wenn man dann feststellt, dass bestimmte, wichtige Punkte der Handlung mit wichtigen Stationen der Figurenentwicklung zusammenlaufen, ist das sehr interessant, denn es zeigt, wie man in einer komplexen Geschichte die Fäden "verweben" kann.

Insofern habe ich in meinem Beispiel auch nur gesagt, dass man den Herrn der Ringe unter der Perspektive "Frodos Geschichte" recht gut sowohl handlungs- wie figurenmäßig nach diesem Schema gliedern kann. Das schließt natürlich nicht aus, dass andere Aspekte des Textes nicht auch, getrennt und für sich betrachtet, genauso organisiert sein können - oder nach einem anderen Schema.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 11. August 2007, 13:27:44
Zitat von: Hr. Kürbis am 11. August 2007, 08:07:23Gibt es allerdings Subplots, dann wird wohl für jeden dieser Subplots einem eigenen Schema zugeordnet, immerhin soll dieser ja auch spannend sein und funktionieren, auch wenn er dem Mainplot untergeordnet ist...
Jeden untergeordneten Handlungsstrang (und ich sage jetzt nicht "Subplot", weil das wiederum als Fachbegriff mit ganz eigener Bedeutung eher einen "unterschwelligen" als einen "untergeordneten" Plot bezeichnet) selbst wiederum nach dem Schema aufzubauen, wäre schon mal eine mögliche Ausweitung des Ansatzes. Die interessanten Fragen, die sich in dem Zusammenhang stellen, sind dann folgende: Kriegt jeder dieser Handlungsstränge dann auch eine eigene Hauptfigur, so dass Handlungs- und Figurenentwicklung wiederum parallel verlaufen können? Muss man jeden einzelnen Strang nach genau diesem Schema gestalten? Und wie bringe ich all diese Dinge zusammen, so dass sie eine Geschichte ergeben und nicht nur eine Fülle von Figuren und Handlung präsentieren, die allesamt für sich perfekt strukturiert belanglos nebeneinander herdümpeln?

Die Anwendung dieser Struktur auf bestehende Werke wie dem HdR kann helfen, zu sehen, wie diese Fragen in anderen Büchern beantwortet werden. Und deshalb denke ich, dass das Arbeiten mit und das Nachdenken über solche Beispiele einem letztlich vielmehr hilft, sich das Schema zu vergegenwärtigen und dann auch als Hilfe für eigene Texte zu gebrauchen, als wenn man es nur theoretisch nennt oder sich Gedanken darüber macht, ob es "gut" ist oder "zwangsläufig" zu finden sein muss. Und deshalb habe ich oben auch so darauf gedrängt, dass bei der Vorstellung dieser "Theorie" auch einfach mal ein paar formal saubere, praktische Anwendungen geliefert werden - oder zumindest eine Auseinandersetzung mit dieser Theorie am Textbeispiel.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Hr. Kürbis am 11. August 2007, 14:42:55
Ups, ja, stimmt... Ein Subplot wäre ja ein Plot im Plot sozusagen, also sagen wir es deutsch: Ich meinte einen Nebenplot! :vibes:
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: caity am 11. August 2007, 18:31:16
Hallo,

nur kurz, ich würde gerne viel mehr zu dem Thema sagen, aber ich habe leider keine Zeit :(

@ Lavendel: Ich find's schade, dass du dich so einfach ausgeklinkt hast. Ich bin mir sicher, dass hätte sich auch anderweitig lösen lassen :(

@ Lomax: Den Hermeneutischen Zirkel haben wir tatsächlich nur sehr, sehr knapp besprochen - im 11. Schuljahr in Religion. Deshalb bin ich auch nie darauf gekommen, den hier oder anderweitig anzuwenden, er war bei mir streng mit Bibelarbeit verbunden und mit nichts anderem. Tja ... so viel zum Thema: Gemeinsames Bildungssystem -.-"

@ Kürbis: Also bei mir stimmt es glaube ich bei den Nebenplots nicht mit diesem Thema überein. Dort, wo der 1. Wendepunkt sein sollte, ist bei mir bei meinem Hauptnebenplot ein Höhepunkt. Wobei das natürlch nicht das Maß aller Dinge ist ;)

Bye
caity
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lavendel am 12. August 2007, 12:09:59
Hi caity!

Ich habe mir gedacht: Hey, das hier ist ein Thread, in dem die Anwendung eines bestimmten Schemas diskutiert werden soll. Ich habe meine allgemeine Meinung dazu gesagt.

Ich muss im Studium ständig in irgendwelchen Romanen rumfrickeln. Nicht das mir das grundsätzlich keinen Spaß macht, aber im Moment habe ich keine Lust, alle möglichen Bücher - und schon gar nicht den Herrn der Ringe - in fünf Punkte zu gliedern. Zumal mir nicht ganz klar ist, zu welchem Ergebnis das letzendlich führen soll. Alle, die dazu Lust haben, sollen das ruhig tun. Bestimmt ist das auch für einige Leute sinnvoll, anderen macht es vielleicht grade Spaß, aber ich bin momentan auch zu ausgelastet für so intensive Textarbeit. (Soll heißen, es ist mir einfach zu anstrengend jetzt den dicken Schinken rauszukramen und nach Textbelegen zu suchen  ;). Ich bin ein faules Stück.)

Das, über das wir uns auseinandergesetzt haben hatte nun wirklich nur noch ziemlich periphär mit dem ursprünglichen Thema des Threads zu tun. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass die Basis für eine vernünftige Verständigung fehlte. Wir haben uns im Kreis gedreht, und das weiterzuführen wäre sicher nicht besonders sinnvoll gewesen.
Titel: Re: Fünf Eckpunkte in einem Text
Beitrag von: Lomax am 12. August 2007, 22:20:22
Zitat von: caity am 11. August 2007, 18:31:16Den Hermeneutischen Zirkel haben wir tatsächlich nur sehr, sehr knapp besprochen - im 11. Schuljahr in Religion. Deshalb bin ich auch nie darauf gekommen, den hier oder anderweitig anzuwenden, er war bei mir streng mit Bibelarbeit verbunden und mit nichts anderem. Tja ... so viel zum Thema: Gemeinsames Bildungssystem -.-"
Man kann ihn eigentlich überall anwenden, um das Verstehen von (bevorzugt abstrakteren) Inhalten zu reflektieren. Aber Religion ist trotzdem ein ungewöhnliches Fach dafür ;)
  Ich weiß auch nicht, ob der Begriff an sich wirklich expliziter Gegenstand irgendeines Lehrplans ist und genannt werden müsste. Nur die Prinzipien, die er beschreibt, sollten auf jeden Fall auch im Deutschunterricht vermittelt werden. Aber was Schulen und vor allem Deutschunterricht betrifft, wundert mich ansonsten ohnehin nichts mehr.
  Aber zu dem Kapitel sollte sich im Zweifel lieber Manja als Expertin äußern, da ich selbst entsprechende Anekdoten leider nicht aus eigener Erfahrung beisteuern kann, sondern sie selbst nur von diversen Dritten gehört habe ;D