• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Schreibblockade - Was ist Euer Geheimrezept?

Begonnen von Rei, 01. Januar 1970, 01:00:00

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Czara Niyaha

Für mich persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich beim Plotten von Anfang bis Ende, meistens gar nicht erst am Ziel ankomme, sondern schon vorher ins Stolpern gerate. Ich habe einen groben Faden, an dem ich versuche mich zu orientieren. Meistens entwickeln meine Geschichte und meine Charaktere beim Schreiben eine gewisse Eigendynamik. Mir kommen Gedanken und Ideen, auf die ich beim Plotten niemals gekommen wäre.
Manchmal gehe ich zu offen an ein neues Kapitel ran, das kann mitunter zu Problemen führen. Ich werde mal den Tipp ausprobieren mit den Notizen bevor ich ein neues Kapitel beginne. Wenn ich partout nicht weiterkomme und hänge, aber bereits ein andere Szene im Kopf habe, dann mache ich es wie Mondfräulein und springe weiter. Irgendwann füllen sich die Lücken.  ;)
Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Doro

Vor nicht allzu langer Zeit war es für mich auch so, dass ein vorheriges Plotten der Geschichte nicht möglich oder nicht sinnvoll war. Denn ich habe meine Figuren erst während des Schreibens wirklich kennengelernt und der Text hat, wie es auch Czara Niyaha schildert, ein Eigenleben entwickelt. Ich musste die Geschichte schreiben, um sie zu spüren und zu formen.
Inzwischen bin ich dazu übergegangen, im allerersten Schritt meine Figuren sehr gut kennenzulernen. So kann ich mich schon beim Plotten gut in die Szenen hineinversetzen und mich von meinen Figuren leiten lassen.
Diese Herangehensweise war für mich ein Experiment, an dessen Erfolg ich ehrlich gesagt nicht geglaubt habe. Umso überraschter war ich, mich beim Plotten auf einmal nicht mehr distanziert und haltlos zu fühlen.

Ich will keineswegs sagen, dass mein Weg für alle anderen der richtige sein muss.
Ich denke, es ist einfach wichtig, dass man die Methode findet, die sich für einen persönlich richtig anfühlt. Ich würde mir niemals das Recht herausnehmen, anderen Autor*innen etwas vorschreiben zu wollen.
Meine Erfahrungen teile ich für jene, die das Gefühl haben, etwas verändern zu müssen oder zu wollen (wie es für mich der Fall war) oder die vielleicht schlichtweg nach Anregungen oder neuen Sichtweisen suchen. Und um durch andere Meinungen vielleicht selbst Anregungen zu finden.
Denn langanhaltende Schreibblockaden haben mich in der Vergangenheit schon viel Zeit gekostet. Mit diesem Hindernis umzugehen, ist für mich also ein wichtiges Thema.

@Rotkehlchen
Das Notieren von Ideen und Geistesblitzen auf allen möglichen Medien finde ich auch sehr hilfreich.

Alana

#332
@Doro: Wie genau machst du das denn? Ich habe das auch schon versucht, da ich es wirklich sinnvoller finde, denn es macht mir oft viel Arbeit, hinterher noch Dinge umzuarbeiten, weil ich die Figuren anfangs nicht gut genug kannte. Für mich funktioniert es nur leider nicht. Ich hasse kaum etwas so sehr wie isolierte Charakterentwicklung und meine Bücher sind immer sehr Plot getrieben, die Figuren sind bei mir immer der Geschichte unterworfen. Ich habe ein einziges Mal versucht, ein Buch mit den Figuren zu beginnen und es war das größte Disaster meiner Autorenkarriere. Ich musste es 6 x neu schreiben und der Verlag musste es 4 x verschieben. Erst, nachdem ich zurück gegangen bin und gesagt habe: jetzt gehe ich wieder von der Geschichte aus und lasse die Figuren langsam daran reifen, hat es endlich geklapp und ich habe ein Buch schreiben können, auf das ich stolz bin.

Das Geheimnis wäre in meinen Augen nicht so sehr, dass man die Figuren zuerst entwickeln sollte, sondern wie man es macht, wenn die herkömmlichen Methoden nicht für einen funktionieren und man sehr stark plotgetrieben schreibt. Also falls du da Tipps hast, nehme ich die gerne.  :bittebittebitte:
Alhambrana

Doro

@Alana
Im ersten Moment wusste ich nicht, was ich auf deine Frage antworten soll. Denn meine Herangehensweise ist genau umgekehrt wie deine. Die Figuren kommen für mich zuerst, die Handlung ist der Rahmen, innerhalb dem sich meine Figuren entwickeln.

Nun frage ich mich aber, ob der Unterschied tatsächlich so groß ist. Denn auch bei mir sind die Figuren der Geschichte unterworfen. Denn der Plot zwingt meine Figuren, ihr normales Leben zu verlassen, Konflikten zu begegnen und dadurch sowohl eine externe als auch interne Entwicklung zu durchlaufen.
Ich nehme an, dass der größte Unterschied bei uns darin besteht, dass du dich fragst: ,,Der Plot verläuft [...] Was macht das mit meiner Figur?" und ich frage: ,,Um sich weiterzuentwickeln muss meine Figur mit [innerer Konflikt, Angst...] konfrontiert werden. Wie könnte der Plot meine Figur in diese Konfrontation zwingen?" Sehe ich das richtig?

Wie läuft denn bei dir das Schreiben generell ab? Hast du am Anfang eine ungefähre Idee von dem Plot, entwickelst beim Schreiben den Plot und lässt die Figuren folgen?
Formen die Figuren hin und wieder auch den Plot mit?
Vielleicht würde es dir helfen, die einzelnen Szenen vom Plot ausgehend zu planen ohne sie komplett auszuformulieren?

Meine Vorgehensweise sieht ungefähr so aus (Vielleicht ist davon etwas abwandelbar für dich?):
-    Idee für eine (alles andere ausgearbeitete) Figur oder Idee für eine interessante Szene, einen interessanten Augenblick, ein interessantes Bild...
-    Wie könnte die Welt aussehen, in die diese Idee passt? (Sehr grober Entwurf)
-    Wer ist meine Hauptfigur (immer noch sehr grob) UND worum soll es in der Geschichte im Kern gehen? Das heißt: Schreibe ich eine Geschichte, in der es um Macht geht? Oder um Liebe? Um Selbstbestimmung? Um Selbstfindung? Usw.
Welche Entwicklung soll meine Figur also durchlaufen?
Manchmal habe ich hier auch schon eine genauere Idee, wie meine Hauptfigur zu Anfang oder auch zum Ende der Geschichte ist. Hieraus ergibt sich dann ein möglicher Gegenpol.
-    Welche inneren Konflikte hat meine Hauptfigur? Wovor hat sie Angst? Was wünscht sie sich? Was braucht sie? (Want, Need / Wunde, Bedürfnis, Angst)
Hieraus ergeben sich oftmals schon erste oder auch sehr genaue Ideen zum Leben und zur Geschichte der Figur.
-    Weiterentwicklung der Figur. Hierfür habe ich mir eine Tabelle mit Punkten, die für mich wichtig sind, erstellt.
Manchmal lasse ich die Figur hierfür auch von sich selbst erzählen (nicht zwingend geordnet, mehr ein Blick in ihre durchaus auch konfusen Gedanken). Manchmal überlege ich mir, wie die Figur in hypothetischen Situationen (die nicht zwingend etwas mit der Geschichte an sich zu tun haben müssen) reagieren würde.
-    Welche Nebenfiguren würden Sinn machen? Welcher Antagonist würde sie am besten herausfordern?
-    Während ich die Figuren entwickelt habe, sind mir mit Sicherheit auch schon viele Ideen für den Plot gekommen. (Ansammlung von Notizen) Nun muss ich all dies noch in eine vernünftige Form bringen.
Welche Hauptkonflikte habe ich intern und wie könnte ich diesen extern begegnen? Das heißt: Welche Hauptszenen braucht mein Plot?
-    Welche Entwicklung durchläuft meine Figur zwischen den Hauptszenen und wie setze ich das im Plot am besten um?
Die Welt, in der meine Geschichte spielt, wächst für mich immer parallel mit. Sie entsteht aus den Figuren heraus, aus der Atmosphäre, die ich anstrebe und aus dem Plot.

Ich weiß immer noch nicht, ob ich dir damit weiterhelfen konnte, Alana. Aber vielleicht macht es ja für irgendjemanden Sinn?  :hmhm?:

Alana

#334
@Doro Vielen Dank für deine Mühe. Ich bin Extrem-Plotter und habe am liebsten vor dem Schreiben jede Szene schon geplant. Das, was du beschreibst, weiß ich über meine Figuren (Want, Need funktioniert für mich nicht so gut, ich nutze lieber Goal, Motivation, Conflict, extern und intern), ich wüsste nur gern mehr vor dem Schreiben. Die genaue Entwicklung der Figuren zum Beispiel habe ich zwar im Kopf und habe mehrere Ideen dafür, aber ich habe immer das Gefühl, dass ich sie beim Schreiben erst entdecken muss und das nicht vorher festlegen kann, weil Charakterentwicklung der Hauptteil meiner Plots ist und ich die ja durch das Schreiben bearbeiten und erkunden will. Vielleicht ergibt es daher gar keinen Sinn, das vorher schon wissen zu wollen, weil das einfach mein Prozess ist. Vielleicht muss ich einfach akzeptieren, dass es mir halt bei der Überarbeitung etwas mehr Arbeit macht, weil ich mit extrem charaktergetriebenen plotzentrischen Geschichten einfach diese Dinge nicht vorher festlegen kann. Ich weiß nicht, ob verständlich ist, wie ich das meine. Es klingt irgendwie widersprüchlich und ist es vermutlich auch, weswegen es als Prozess auch weniger effizient ist, als ich es gern hätte. Aber vielleicht ist es eben mein Prozess. *seufz*
Alhambrana