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"Das neue Buch von Michael Ende"

Begonnen von Tigermöhre, 24. Januar 2019, 13:06:34

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Tigermöhre

... das wurde mir gerade in einer Werbemail angepriesen. :o

Hey ihr Lieben,
natürlich bin ich voll darauf reingefallen und musste kucken, was es denn jetzt damit auf sich hat. Anscheinend hat ein Autor ein über 20 Jahre altes Romanfragment ausgebuddelt und weitergeschrieben. Bei Reihen wie dem Rad der Zeit finde ich das ja sehr nachvollziehbar, aber bei einem Romananfang? Es sind auch nur die ersten 3 Kapitel (wahrscheinlich in der Rohfassung) von Ende. Die restlichen 13 von dem anderen Autoren. Ich muss gestehen, das empfinde ich schon etwas seltsam. Gerade auch weil mit Endes Namen Werbung gemacht wird.

Wie sehr ihr das?

Silvia

Worum soll's denn gehen?
*trotzdem neugierig*
;)

Dämmerungshexe

Ist mir auch schon auf Facebook begegnet, hat mich aber nicht weiter interessiert, als ich gesehen hatte, dass es nicht "echt" ist. Wenn man "Nach einer Idee von Michael Ende" als Headline nehmen würde fänd ichs ok, ansonsten ist es für mich sehr fragwürdig.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Sascha

"Fragwürdig" ist gut, ich nenne sowas glatten Beschiß.

Tigermöhre

Zitat von: Silvia am 24. Januar 2019, 13:08:22
Worum soll's denn gehen?
*trotzdem neugierig*
;)

Um einen Knappen bei einem Raubritter oder so. Das Fragment wurde kurz nach seinem Tod wohl auch schon in einem Sammelband veröffentlicht.

@Dämmerungshexe ja, "Nach einer Idee" fände ich auch ok. Wobei die Idee nur der Anfang ist. Alles andere hat sich wohl der andere Autor ausgedacht. Es gibt keine Plotnotizen o.Ä.

@Sascha da bei Amazon sehr deutlich steht, dass das Buch nicht von Ende ist, würde ich es noch nicht als Beschiss bezeichnen. Nur nah dran.

Ich frage mich auch gerade, ab wann ich es ok ist, die Arbeit einer*s Autor*in weiterzuführen und auch unter deren*dessen Namen zu veröffentlichen. :hmmm:
Neben dem Rad der Zeit (wovon ich als Jugendliche nur die ersten zwei Bücher gelesen habe) kenne ich noch den 4. Teil der Avalonreihe und fühlte mich da wirklich betrogen. Zimmer-Bradley hatte die Geschichte geplottet, aber kein einziges Wort davon geschrieben. Der Stil war total anders.
Und dann weiß ich noch dass Christopher Tolkien einiges aus dem Nachlass seines Vaters überarbeitet und veröffentlicht hat.

Antigone

Zitat von: Tigermöhre am 24. Januar 2019, 13:06:34
Wie sehr ihr das?

Mein erster Impuls: ziemlich gruselig...

Aber ich fürchte, so läuft es in der Werbebranche. Jetzt melkt man die Kuh nicht nur, bis sie tot ist, sondern auch danach....

Dämmerungshexe

Zitat von: Tigermöhre am 24. Januar 2019, 14:22:43
Ich frage mich auch gerade, ab wann ich es ok ist, die Arbeit einer*s Autor*in weiterzuführen und auch unter deren*dessen Namen zu veröffentlichen. :hmmm:

Ich glaube das kommt immer auf den/die Autor/in und auch seinen/ihre Nachfolger/in an. War das Werk tatsächlich "unvollendet" oder ist es nur ein Marketing-Gag, ist es eine Hommage oder eine direkte Fortsetzung, hätte der/die Autor/in das so gewollt, wie war das Verhältnis zum/zur Nachfolger/in, ... ?Schwer zu sagen.
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Mia Nordstern

Bei Stig Larsson wurde das ja auch gemacht.

Ich würde das definitiv nicht wollen. Gesetzt den Fall, ich würde mal so berühmt.

Ich hatte mal eine Mail von Audible "Das neue Buch von Sir Arthur Conan Doyle" das fand ich auch sehr befremdlich. War aber dann nur eine neue Hörbuchausgabe von einer Sherlock-Holmes-Geschichte.
So we beat on, boats against the current, borne back ceaselessly into the past. (F. Scot Fitzgerald, The Great Gatsby)

Silvia

Da gibts noch mehr. Diese "Hanni und Nanni"-Reihe für Kinder hat glaub ich 6 Originalautorinnen-Bände, alles andere läuft zwar noch unterm gleichen Namen, aber es sind wohl andere Autoren.

Slenderella

Enid Blyton sind sau viele nicht von ihr. Fünf Freunde, Geheimnis um und wie sie alle heißen. Dasselbe gilt für die Drei Fragezeichen und viele andere langlebige Serien.
Ich brauch noch eine Katze
Und ein Beil wär nicht verkehrt
Denn ich gehe heute abend
Auf ein Splatter-Pop-Konzert

Tigermöhre

Bei Enid Blyton weiß ich das nicht, aber die Drei ?? ? laufen schon echt lange nicht mehr unter Hitchcocks Namen. Da steht irgendwo "Nach einer Idee von ..." oder so drin.
Bei unser Bücherei sind die sogar unter dem Namen des jeweiligen Autors sortiert. (Was mich immer beim Zusammensuchen der Bücher irritiert. Die Fragezeichen stehen da nämlich nicht mit beim Titel.)

Mia Nordstern

Ich glaube, Hitchcock hat nie wirklich ein Fragezeichenbuch geschrieben. Als Schöpfer steht bei Wikipedia Robert Arthur. Er hat wohl nur Hitchcocks Namen gekauft. Enyd Blyton stimmt natürlich auch.

Die Frage ist natürlich auch, wie geht man damit um. Ich glaube, bei Blyton war das, dass nicht bekannt war, dass sie nur so wenige Hanni-und-Nanni-Bücher geschrieben hatte. Ich glaube, das war mal ein kleiner Skandal. Bei Larsson war es ja eine regelrechte öffentliche Diskussion, die Erben waren ja erst strikt dagegen.

Ich denke, dass das bei Ende ähnlich war, er ist ja nun schon sehr lange tot.
So we beat on, boats against the current, borne back ceaselessly into the past. (F. Scot Fitzgerald, The Great Gatsby)

Alana

#12
Bei solchen Reihen wie Die drei ??? ist das für mich was anderes, weil es total üblich ist, dass die von einem Team geschrieben werden. Der Name des Autors spielt dabei marketingtechnisch auch keine Rolle und niemand würde die ersten drei Kapitel eines toten Autors dafür verbraten, sondern einfach einen neuen Autor was neues schreiben lassen.

Was Michael Ende angeht: wären die drei Kapitel total genial, dann fände ich es schade, sie der Öffentlichkeit vorzuenthalten. Aber es gäbe ja noch andere Möglichkeiten, als einen anderen Autor weiterschreiben zu lassen und Endes Namen auf das zu 90% nicht von ihm stammende Buch zu klatschen.
Alhambrana

Tigermöhre

@Mia Nordstern stimmt, jetzt wo du es erwähnst, soweit ich mich erinnere hat Hitchcock die Geschichten nur kommentiert. (Und das hat er, glaube ich, wirklich gemacht.)


Zitat von: Alana am 24. Januar 2019, 18:10:24
Was Michael Ende angeht: wären die drei Kapitel total genial, dann fände ich es schade, sie der Öffentlichkeit vorzuenthalten. Aber es gäbe ja noch andere Möglichkeiten, als einen anderen Autor weiterschreiben zu lassen und Endes Namen auf das zu 90% nicht von ihm stammende Buch zu klatschen.

Die drei Kapitel wurden schon mal veröffentlicht. Das ist jetzt eine Zweitverwertung.

Araluen

Zwischen Bradley und Paxson gab es meines Wissens nach auch die Absprache so vorzugehen. Es sind, mein ich, drei wenn nicht vier Bücher von Paxson zum Avalonzyklus geschrieben worden.
Beim Rad der Zeit hatte der Autor auch sein Einverständnis gegeben, oder?
Tolkien wurde auch nicht gefragt, aber sein Sohn hat nunmal alles geerbt.

Ende scheint aber keiner gefragt zu haben und das Werbevorgehen finde ich auch fragwürdig. Ne das schmeckt mir seltsam auf der Zunge.