[ROSENTINTE] Das Moderator*innenteam des Tintenzirkels hat sich entschlossen, diesen Thread zu schließen. Durch rassistische Aussagen und unangemessene Vergleiche wurden in diesem Thread viel Leid verursacht. Leider haben wir als Team in diesem Moment nicht eingegriffen, wofür wir uns noch einmal entschuldigen möchten. Wir werden diesen Thread nicht ins Archiv verschieben, da er einige sehr wichtige und konstruktive Beiträge zum Thema Own Voices und Rassismus enthält. Wir denken aber auch, dass anschließend an die Beiträge in diesem Thread keine Diskussion des eigentlichen Themas mehr möglich ist. Da wir das Thema Own Voices und Repräsentation am Buchmarkt für sehr wichtig erachten, haben wir einen neuen
Thread für diese Diskussion eröffnet. [/ROSENTINTE]
Wir haben im Forum schon an anderer Stelle darüber gesprochen, ob ich Protagonisten authentisch schreiben kann, wenn sie Minderheiten angehören, denen ich selbst nicht angehöre. In letzter Zeit bin ich auf einen anderen Aspekt dieser Debatte gestoßen, den ich wirklich wichtig finde und über den ich hier gerne mit euch sprechen würde: Nehme ich Minderheiten die Chance, ihre eigenen Geschichten zu erzählen, wenn ich meine Bücher veröffentliche?
Ich bin zuerst auf das Thema aufmerksam geworden, als ich ein Video von Xiran Jay Zhao gesehen habe, in dem sie darüber spricht, dass sie fast keinen Vertrag für ihr Buch bekommen hätte, weil ihr gesagt wurde, dass es schon zu ähnliche Bücher auf dem Markt gibt. Repräsentation ist zwar wichtig, aber ist es möglich, dass ich Angehörigen der Gruppen, über die ich schreibe, damit auch Chancen wegnehme und es ihnen noch schwerer mache, ihre eigenen Geschichten zu erzählen? Helfe ich der repräsentierten Gruppe mit meinem Buch, weil sie sich selbst darin wiederfinden können, oder nehme ich ihnen die Chance, ihre Geschichten selbst zu erzählen?
Das Video ist sehr lang (aber sehenswert!), die Stelle, in der sie über dieses Thema spricht, beginnt ungefähr bei 52 Minuten:
https://www.youtube.com/watch?v=x8MD8U1IlwcEin anderer wichtiger Tweet zum Thema kommt von Moniza Hossain:
I know white writers write poc main characters because they want poc readers to see themselves in books, but here’s what happens when you do that: publishers end up acquiring books written by white people instead of books by pocs because they find the former easier to relate to.
https://twitter.com/moniza_hossain/status/1358522821815640064
Hier geht es jetzt erstmal um den amerikanischen Buchmarkt, aber letztens wurde ich an die Diskussion erinnert, als
Not Your Type von Alicia Zett herausgekommen ist. Soweit ich weiß, ist es das zweite Romance-Buch auf dem Markt, in dem der Love Interest trans ist, aber das erste, in dem das für den Leser von Anfang an klar ersichtlich ist. Die Autorin ist cis und ich habe mich gefragt: Wenn eine trans Person nun ein ähnliches Buch anbietet, wird es vielleicht abgelehnt, weil es schon ein Buch auf dem Markt gibt, dessen Prämisse zu ähnlich ist? Kann es auf dem deutschen Buchmarkt also zu genau demselben Problem kommen? Vielleicht sogar viel eher, weil der Buchmarkt hier generell kleiner ist?
Und ja, das erscheint mir wirklich sehr einleuchtend. Wenn ich als weiße Autorin eine moderne Neuerzählung von Mulan schreibe und dann ein chinesischer Autor mit einer ähnlichen Idee an den Verlag herantritt, dann könnte das Buch abgelehnt werden, einfach weil es meinem schon veröffentlichten Buch zu ähnlich ist. Die Geschichte stammt aus seinem Kulturkreis, aber er kann sie nicht mehr erzählen, weil ich das als weiße Autorin schon getan habe. Ich denke im Moment beim Schreiben wenig darüber nach, ob es Bücher auf dem Markt gibt, die meinem zu ähnlich sein könnten, vielen anderen Autoren geht es bestimmt auch so. Aber ich denke Verlage haben da schon ein genaues Auge drauf und beziehen das in ihre Entscheidungen mit ein.
Natürlich ist Repräsentation wichtig und niemand sagt, dass ich sie nicht mehr schreiben soll, aber in welchen Fällen könnte ich Own Voices Autoren auch Chancen wegnehmen? Wann schade ich mehr als dass ich helfe? Wenn die Marginalisierung einer Gruppe oder die Zugehörigkeit einer Figur zu dieser Gruppe zur Prämisse meines Romans wird, sollte ich das Buch dann noch veröffentlichen, wenn ich der Gruppe selbst nicht angehöre?
Ich hoffe, das ist das richtige Board für diesen Thread, aber mir geht es hier eben nicht darum, wie gute Repräsentation aussieht und wie authentisch ich über andere Gruppen schreiben kann, sondern wirklich konkret um die Probleme, die hier auf dem Buchmarkt insgesamt entstehen können und wann eine Veröffentlichung eine andere verhindern kann.