Auch wenn es nicht ganz zum Threadthema aber imerhin zur Diskussion passt: Ich glaube, ein guter Teil der Frustration entsteht auch dadurch, dass man als Autor den Fehler nun viel mehr bei sich selbst suchen kann, wenn ein Buch nicht läuft oder wenn man generell nicht so viel verkauft, dass es sich lohnt, die Zahlen überhaupt zu erwähnen. Früher hat man ein Buch geschrieben, überarbeitet und einem Verlag/Agentur angeboten. Der hat es genommen oder abgelehnt. Ein Nein, trifft hier zwar auch, aber das Krönchen lässt sich schnell richten. Man kann locker x Gründe nennen, warum es mit dem Manuskript bei diesem Verlag/Agentur nicht geklappt hat, die nichts mit einem selbst zu tun haben. Also versucht man es beim nächsten oder beschließt sein Glück mit dem nächsten Manuskript zu versuchen. Letztendlich konnte man sich als Autor aber immer sagen: Es ist höhrere Gewalt, dass ich unveröffentlicht bin. Die Gatekeeper lassen mich nicht rein. Das kann ärgerlich und frustrierend sein, aber bei weitem nicht so ärgerlich und frustrierend wie die Ablehnung durch die Leser selbst, für die man ja die Geschichte eigentlich geschrieben hat.
Nun haben wir das Selbpublishing - eine tolle Sache und eine Riesenchance für alle Beteiligten wie ich finde. Doch diese Riesenchance bringt auch einen Riesendruck für die Autoren mit sich. Die "Ausrede": Verlage wollen mich nicht, zieht nicht mehr. Man kann nun einfach selbst publizieren und in einer erfolgsorientierten Gesellschaft wie unserer hat man damit gefälligst Erfolg zu haben. Man muss nur genug wollen und sich Mühe geben, dann klappt das schon, lautet oft der Tenor. Schließlich hat man jetzt alle Zügel selbst in der Hand - wie peinlich wenn der Karren dann doch vor die Wand fährt und die Leser das Werk ablehnen und es in der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Um beim Bild zu bleiben: In "der guten alten Zeit" saß der Autor hinten mit in der Kutsche. Nun kann er sich auf den Kutschbock setzen. Und wenn etwas schief geht, ist immer der Kutscher schuld und nicht die Passagiere (auch wenn Verlage mangelnden Erfolg gerne auch auf mitfahrende Autoren zu schieben scheinen). Um es kurz zu machen: Ich glaube nicht, dass der Frust entsteht, weil man wegen eines zu großen Marktes nicht sichtbar genug ist, um ordentlich zu verkaufen, sondern weil man selbst offensichtlich zu inkompetent war, den Karren vernünftig ins Ziel zu fahren.
Das klingt jetzt vielleicht wenig hilfreich, aber man sollte es sich vor Augen führen. Es sind nicht die anderen Schuld, sondern man hat es selbst in der Hand. Früher hätten du und ich vielleicht nie die Chance bekommen, etwas zu veröffentlichen, weil an dem Tag, als wir das Manuskript eingereicht hätten der Lektor gerade Streit mit seiner Frau hatte, schlecht drauf war und deshalb die gesamte Post des Tages in den Abgelehnt-Ordner verschoben hätte oder weil der Lektor vielleicht wirklich aus subjektiven oder auch marktstrategischen Gründen der Meinung gewesen wäre, dass das Manuskript einfach nicht passt. Heute können wir unabhängig von solchen Gatekeepern unser Glück versuchen und sehen was draus wird und das mit einem realistischen Blick auf die Dinge. Wie Alana schon sagte, muss man für sich selbst entscheiden, welches Ziel man erreichen möchte und sich dann darüber klar werden, was man dafür tun muss.
Marketing ist nur ein kleiner Teil davon. Vor allem muss das Produkt stimmen. Marta (entschuldige, dass ich dich gerade als Beispiel ranziehe, du bist die erste, die mir einfällt), wäre nicht so erfolgreich, dass sie von ihrer Schreibe leben kann, wenn sie nicht auch gut schreiben würde. Und mit gut meine ich jetzt nicht ein theoretisch im Kreise von Fachleuten diskutiertes Gut. Sondern, dass sie an ihre Zielgruppe gerichtet schreibt in Plot, Figuren und Erzählstimme. Ihre Leser fühlen sich wohl in ihren Geschichten. Deshalb wollen sie mehr davon und empfehlen sie weiter, was neue Leser generiert. Deshalb kaufen sie jeden neuen Band und weniger, weil Marta Cover auf Instagramm postet oder Umfragen auf FB startet oder whatever. Bestsellerautoren gab es schon vor den sozialen Medien. Das sollte man nicht vergessen.
Aber Leser wollen heute wissen, wer die Bücher schreibt, die sie so sehr lieben. Also ist es gut, wenn man ihnen die Möglichkeit gibt mit einem in Kontakt zu treten. Früher nannte man das Fanpost noch richtig mit Umschlag und Briefmarke und man konnte sehr froh sein, wenn das Objekt der Fanbegierde tatsächlich geantwortet hatte. Heute genügen wenige Klicks und eine Antwort, ist nahezu garantiert.
Deshalb sollte man die sozialen Medien auch nicht komplett ignorieren zumindest dann nicht, wenn man Wert auf den Austausch mit seinen Lesern legt, in Erinnerung bleiben will und auf sich aufmerksam machen möchte und es gibt auch viele Marketingstrategien für die sozialen Medien, die hervorragend funktionieren und die man sich nutzbar machen kann. Man muss nur Zeit und Geld investieren wollen, diese Strategien zu erlernen. Wenn man das nicht will, ist das in Ordnung. Das soll jetzt nicht heißen, dass jeder, der keine Lust/Zeit/Geld für Marketing über soziale Medien hat selbst schuld ist an seiner Unsichtbarkeit. Viele Wege führen nach Rom. Nur wenn man sich gegen einen Weg entscheidet, muss man sich eben auch für einen anderen entscheiden, wenn man irgendwann mal irgendwo ankommen möchte, und da hilft es nicht an der Kreuzung stehen zu bleiben und sich darüber zu ärgern, dass der Weg nach Rom so lang ist.
Edit:
@Maja: Ich stimme dir voll umfänglich zu. Es ist ein Weg zu sagen: ich schreibe das Buch, verkaufen soll es der Verlag. Dafür ist er da. Das sehe ich genauso. Und deshalb verstehe ich auch, warum so viele ins SP drängen. Warum sich mit Gatekeeping aufhalten und Prozente abgeben, wenn die eigentliche Verkaufsarbeit ohnehni wieder an den Autor abgeschoben wird? Natürlich kann man als Autor Teil der Marketingstrategie des Verlags sein. Die Strategie darf aber nicht so aussehen, dass der Autor alles allein stemmt, allein sein Netzwerk genutzt wird oder gar noch selbst investiert. Dann kann man es auch gleich selbst machen. An dieser Stelle müssen die Verlage ihre Strategien überdenken. Aber solange es genug Autoren gibt, die vor lauter Dankbarkeit veröffentlicht zu werden und falscher Loyalität nahezu alles mit sich machen lassen (nein, ich spreche hier wirklich niemanden konkret an, da ich gar nicht weiß, was der einzelne mit sich machen lässt und was er aus voller Überzeugung tut), werden die Verlage kaum Handlungsbedarf sehen.
Zum erstickenden Buchmarkt: Ich denke nicht, dass die Öffnung des Buchmarktes durch Selfpublishing ihn an sich selbst ersticken lässt. Ja, es ist eine wahre Flut an Büchern, die täglich auf den Markt strömt, aber das wird sich selbst regulieren. Irgendwann trennt sich die Spreu vom Weizen und das System beruhigt sich - das gilt für Spler als auch für Kleinverlage, die über ihre Ambition den echten Plan vergessen haben. Leser sind ja auch nicht ganz deppert. Auch sie erkennen für sich Schund, wenn sie ihn in der Hand halten und werden ihn weglegen und dann wird er verschwinden - natürlich noch immer abrufbar aber in irgendeiner vergessenen Ecke. Während das, was die Leser lieben in die vorderen Ränge drängt und hier muss man eben seinen Platz und seinen Weg dahin finden. Natürlich ist die Kapazität eines jeden Lesers begrenzt. Die SuBs wachsen von Tag zu Tag. Aber ich denke nicht unbedingt mehr als sie es vorher schon getan haben und oft wachsen sie real - sprich Leser häufen gekaufte Bücher an, die sie "demnächst" mal lesen wollen. An dieser Stelle sollte man mit dem, wie ich finde, noch immer wichtigsten Marketinginstrumenten eines Buches aus der Masse herausstechen: Cover, Titel und Klappentext. Über die Wichtung kann gestritten werden. Bei mir als Leser wäre sie Titel, Cover, Klappentext, wobei ich gerne über ein mir persönlich unsympathisches Cover hinwegsehe, wenn mich dafür der Klappentext umhaut. Ich kaufe die Bücher schließlich wegen der Geschichte und nicht wegen des Bildes - sonst würde ich mir ein Poster kaufen. Als allererstes muss mich aber der Titel ködern... und manchmal auch die Breite des Buchrückens

aber das greift nur in der Buchhandlung.
Was mir da eher Sorgen macht, als das derzeit riesige Angebot, ist die derzeitige Preiskultur. Ich bin zu weit weg vom Metier, um tatsächlich zu wissen, was der Druck eines Buches in der Produktion kosten. Aber ich kann mir schwer vorstellen, dass die Druckkosten gute 70% bis 80% betragen. Aber genau in diesem Differenzbereich befinden sich oft E-Books im Vergleich zum Print - gerundet geht ein Taschenbuch für 10€ über die Theke und E-Books oft für 3€ schlimmstenfalls weniger. Wir verscherbeln unser Produkt, in dem so viel Herzblut steckt, freiwillig zu Dumpingpreisen... aus welchem Grund? Mehr Sichtbarkeit?
Klar, wenn man jetzt als einziger einen gerecht kalkulierten Preis verlangen würde, wird man aus Kostengründen vermutlich ignoriert. Geiz ist eben immernoch geil. Ich versteh nur nicht, warum sich alle einig zu sein scheinen, dass 3€ ein guter Preis für einen Roman ist im SP bereich. Bei Verlagsbüchern ist die Differenz in der Regel deutlich geringer. Also eigentlich, warum wir willentlich in dieser Dumpingspirale rotieren und uns absolut freiwillig um den wohlverdienten Lohn für unsere Arbeit bringen. Dass Modelle wie Kindle Unlimeted das nur befeuern, ist klar. Aber das führt zu weit an dieser Stelle.