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Der Große Anspruch...

Begonnen von MarkOh, 18. September 2006, 06:47:19

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Silvia

Bei mir beißt sich gerade der nach diversen Jahren Fantasy-Lesens gewachsene Anspruch an eine selbstverfaßte Geschichte mit dem letzten Stand meines Könnens/Stils *gg*. Ist halt schon ein paar Jährchen her, daß ich eine längere Story verfasst habe. Ich versuche mich gerade an meinen eigenen Anspruch heranzuarbeiten. Ein paar Versuche habe ich in den letzten Wochen schon in die Tonne getreten, aber ich kann zumindest sagen, jede neue Version war besser als die vorige.  ;D

Coppelia

Ich stimme dir da im Großen und Ganzen zu.

Meine Kriterien für Anspruch sind nichts für Kinderbücher, da würde ich auch anders rangehen. Obwohl Symbole auch in Kinderbüchern ihre Berechtigung haben. Kinder kriegen vieles mit, auch wenn sie es noch nicht analysieren können, und haben ein ganz intuitives Verständnis dafür, was eine Geschichte "rund" macht.

Die ganze Problemliteratur geht mir auch echt auf den Senkel - obwohl ich finde, dass sich das gebessert hat! Als ich klein war, gab es sowas nur, jetzt hat sich doch wenigstens Harry Potter etabliert.

Man kann Probleme aber auch fantastisch und lustig bearbeiten. Eigentlich macht das Bücher sogar spannender, finde ich. Nur ob die Jury das anerkennt, weiß man nie. Bücher, die nur lustig sind, sind wirklich häufig auch flach. Etwas kann durchaus zu 90% lustig sein, aber wenn es zu 100 % lustig ist, ist es Klamauk und hat keine Botschaft - dann ist es gut, um zu lachen, aber anspruchsvoll ist es nicht.

Arielen

Zitat von: Schelmin am 21. September 2006, 12:55:00
Willst du einen Preis, schreib ein Buch darüber. Aber kaum ein Buch, das einen ganz normalen Helden hat,  ein Kind, mit dem man sich vielleicht sogar identifizieren kann, und das ein Abenteuer besteht, hat eine Chance, einen Preis zu gewinnen. Oder wenigstens hoch gelobt zu werden. Ein Buch das einfach nur lustig ist, bekommt gleich den Stempel: flach. Das halte ich für eine sehr makabere Entwicklung.
Klar haben auch solche problembezogenen Themen eine Berechtigung in der Literatur. Aber eben nicht nur. Und solche Themen mit Anspruch gleichzusetzen halte ich für falsch.

Das Denken existiert aber leider schon seit langem in der deutschen "Literaturszene und wird fröhlich weiter getragen, das sieht man ja an Elke Heidenreich, die Fantasy und Krimi grundsätzlich gleich ausschließt. Heute wird eben ganz krass nach E-Literatur (mit Anspruch) und U-Literatur (ohne augenscheinlichen Anspruch) unterschieden. Mich ärgert das auch.
Alles liegt im Auge des Betrachters

Manja_Bindig

Und U-Literatur ist Fantasy.
Und bei Fantasy wird folgerichtig ausgeschlossen, dass sich der Autor eine Frage stellt und diese Frage in seiner Geschichte die Grundlage bildet(Beispiel meine "Seelensuche": Darf ich einen Menschen für einen anderen opfern? KANN ich einen geliebten Menschen für einen anderen geliebten Menschen opfern? )
Aber nein, das ist Fantasy, das KANN sich nciht mit solchen Dingen beschäftigen. (Dass mir die Fantasy GERADE die Möglichkeit bietet, solche Fragen auf meine Art und Weise zu überdenken - das klammern wir hier mal aus)

Linda

#19
Tja, liebe Leute - ich habe einen hohen Anspruch. Und zwar an meine Leser ;-)

Von dieser Warte her haben wir das noch gar nicht so beleuchtet, aber da liegt für mich tatsächlich der Hund begraben. Anspruch ist immer auch eine Frage der Zielgruppe und Stilmittel, die nicht als solche erkannt werden, sind quasi verschenkt.

E-Literatur darf wer weiß wie verquast daherkommen, weil es eine Leserschaft gibt, die bsp. die Form über den Inhalt stellt, weil es Rezensionen in großen Zeitschriften und Literaturkreisen gibt, die die Interpretation für den Leser schon mal vorsorglich vornehmen, oder zumindest Ansätze in den Raum stellen. Weil der Leser den Gebrauch von Symbolen und Metaphern erwartet und gutheißt.

Die Rezeption von U-Literatur ist da ganz anders. Je nachdem (also nach Genre oder Autor oder auch nur Werk), ist alles gut, was beim Konsumieren weder inhaltlich noch sprachlich aneckt, noch zum Nachdenken herausfordert und immer eindeutige Antworten gibt. Genau das ist so und so passiert, Interpretationsspielraum gegen Null, viele erklärende Passagen, für alle, die die Sachen zwischen den Zeilen beim (flüchtigen oder extrem langgezogenem) Lesen nicht mitbekommen haben. Figuren ohne Brüche, moralische Eindeutigkeit und ein sauberes Happy End.

Oder eben etwas dazwischen.  - Da sehe ich mich. Ich möchte für Leser schreiben, nicht für Literaturkritiker. Je nach Zielgruppe und Thema schraube ich entsprechende Stilmittel zurecht und hoffe, dass so ein breiter Korridor entsteht, wo sich nur wenige überfordert fühlen, aber auch nur wenige unterfordert werden.
Genaugenommen versuche ich immer die Gratwanderung, für verschiedene Leserschichten auf verschiedenen Ebenen innerhalb eines Textes zu schreiben. Es ist wie mit Ironie: wer sie versteht, kann sich freuen, wer sie nicht versteht, dem fehlt dann i. d. R. auch nichts Essentielles. (Obwohl man sich natürlich darüber auch schon wieder streiten könnte.)

Mehrdeutigkeit von Literatur ist für mich ein unbedingtes Qualitätsmerkmal. Fast food ist zuweilen toll, aber ein leckeres Drei Gänge Menü muss eben auch mal sein.

Gruß,

Linda

Feuertraum

Habe ich Anspruch?
Die Antwort ist ein ganz klares NEIN! Ich will nur eines: unterhalten. Und bin ich damit der ganz große Außenseiter? Klar, bin ich, wenn es nach Heidenreich & Co geht. Geht es aber nicht, denn unabhängig davon ob Fantasy nur ein Mauerblümchendasein fristet oder nicht: noch immer gibt es sehr sehr viel an Unterhaltungsliteratur, die verlegt wird. Und gekauft!!
Filme, die Spaß und Spannung und Action versprechen sind auch nichts anderes als Unterhaltung. Und werden von Millionen Fernsehzuschauern/Kinobesuchern konsumiert.
Zwar findet man manchmal - meistens in amerikanischen Sitcoms - einen moralischen Zeigefinger, aber wirklich anspruchsvoll?
Nö, nicht wirklich.
Sie wollen unterhalten, ich will unterhalten.
Nicht mehr.
Und dazu stehe ich!!

LG

Feuertraum
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Lakos

Also ich finde Anspruch in Büchern oder Geschichten schon wichtig. Immerhin will ich beim Lesen eines Buches, und sei es auch nur ein "plumper" Fantasy-Schmöker, nicht nur unterhalten werden. Ein Buch bringt mich immer eine Erfahrung weiter, es erzählt mir eine neue Geschichte. Eine Geschichte, die es vielleicht wert ist, wieder erzählt zu werden. Und am längsten bleiben meiner Meinung nach die Geschichten im Gedächtnis, die Fragen aufwerfen, die den Leser zwar nicht hoffnungslos überfordern, aber eben auch zum Denken anregen. Ich versuche immer ein gesundes Mittelmaß zwischen Unterhaltungsliteratur und E-Literatur zu halten. Denn zuviel vom Guten...

Wobei ich zugeben muss, dass ich nur die Fragen stellen kann, die mich zu diesem Zeitpunkt selber beschäftigen. Aber es gibt ja immer irgendetwas und zur Not fragt man halt nach dem Sinn des Lebens. ;)

Kalderon

#22
Ich brauche auch etwas Bestimmtes in Büchern oder Filmen, dass es wert ist, sie zu konsumieren. Von den meisten Büchern, die ich bisher gelesen habe, kann ich mit Fug und Recht sagen: sie waren es nicht wert, gelesen zu werden. Sie waren unterhaltsam. Aber das genügt mir nicht. Ich hätte genausogut einen Actionfilm schauen können, nur hätte ich dafür nicht so lange gebraucht. Im Grunde ist es Zeitverschwendung. Ich frage mich momentan wieder, ob ich eine Bücherreihe nicht zu Ende lese, einfach weil es nicht mehr als Unterhaltung ist. Lediglich das Interesse daran, was mit den Charakteren geschieht, hält mich am Ball. Soweit hat die Autorin gute Arbeit geleistet.
Ich bin anspruchsvoll. Man muss mir schon etwas bieten. Etwas Unkonventionelles oder etwas, das Fragen aufwirft und sie beantwortet. Aber Fragen, die einen größeren Sinn haben. Denn viele Menschen sind auch einfach nur auf der Suche nach einem Lebenssinn.

Manja_Bindig

Du stellst dir DOCH einen Anspruch, Feuertraum. Du willst unterhalten.

Und das wollen wir hier alle.
Ich hab den Anspruch, ein paar grundlegende Fragen in meine Geschichten einzubauen, ohne sie direkt im Text zu stellen, so dass der Leser nicht gelangweilt abwinkt. Aber die Frage ist eben doch offensichtlich. Wenn ich es schaffe, dem Leser ne Nuss zu knacken zu geben, hat er self-entertainment, lange nachdem die Geschichte zu Ende ist. Und wenn es eine unterhaltsame Geschichte ist, bin ich zufrieden.

Lastalda

Ich finde es gar nicht schlimm, dass es Literatur gibt, die ausschließlich unterhalten will, und solche die Botschaften vermitteln oder zum Denken anregen will.
Was mich anstinkt, ist die Abwertung des Einen oder Anderen. Es gibt verschiedene Geschmäcker und verschiedene Leseransprüche, also sollte es auch bitteschön verschiedene Literatur geben. Wie Linda schon sagte - es ist alles eine Frage der Zielgruppe.

Schwarz-Weiß-Unterteilungen a la "E- und U-Literatur" sind an dieser Stelle eigentlich sowieso sinnlos, weil die meisten Bücher doch beides enthalten, nur in verschiedener Gewichtung. Ganz davon abgesehen, dass sich "Anspruch" im Sinne von Botschaften/zum Denken anregen und Unterhaltung kein bisschen ausschließen.

Manja_Bindig

Ich hab sogar das dumpfe Gefühl, dass ich Denkanstöße besser aufschnappe, wenn sie mir unterhaltsam und ohne Zeigefinger und Neopfeil serviert werden... da ist mir Lynn Flewelling tatsächlich lieber als Heinrich Mann(gut - das ist auch keine Kunst, der Heinrich ist mir zu... langweilig)

Manja_Bindig

Hm.. im Endeffekt sind das dann immer die Geschichten, die ich als "nicht gelungen" empfinde.
Beispiel "Teleny": Davon abgesehen, dass kein Kapitel ohne Betszenen auskam(und die waren mit einer BLÜHENDSTEN Fantasie geschrieben) und es SEHR blumig geschrieben war... da war kein wirklicher Sinn dahinter. der "Plot" war nur dazu da, um den Zwischenraum zwischen dem Matratzensport zu überbrücken. Mehr nicht. (und deswegen glaub ich auch nciht, dass das von Oscar Wilde ist)

Und von dieser Sinnfreiheit sind meine Geschcihten auch nciht verschont.
Mein Erstling ist so ein Sorgenkind... am Ende hab ich es geschafft, noch was reinzubasteln, aber mit dem Rest hadere ich sehr.
Von "Traumwächter"(ich hab beschlossen, es jetzt endgültig zu den Akten zu legen) und diesem unsäglichen, Fanfiction-artigen Ding ganz zu schweigen... bei letzterem schäm ich mich heute noch.  :pfanne:

Linda

Zitat von: Manja am 25. September 2006, 16:50:13
Davon abgesehen, dass kein Kapitel ohne Betszenen auskam(und die waren mit einer BLÜHENDSTEN Fantasie geschrieben) und es SEHR blumig geschrieben war... da war kein wirklicher Sinn dahinter. der "Plot" war nur dazu da, um den Zwischenraum zwischen dem Matratzensport zu überbrücken.

;)

also, was manche Leute unter "beten" verstehen :-)

Ja, ist schon klar, nur ein Vertipper. Aber ein guter.

Manja_Bindig

Der perfekte Tintenklecks. ^^

Firerain

Flache Texte sind mir zuwider.

Allerdings birgt zu viel (gewollte) Tiefe die Gefahr, dass am Ende der Unterhaltungswert darunter leidet.
Die Kunst ist es, Anspruch und Unterhaltung miteinander in Einklang zu bringen.