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NO-GO's - Was nicht (mehr) in einen guten Roman gehört

Begonnen von Debbie, 05. März 2012, 15:30:29

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Merlinda

Das mit dem umschreiben verschiedener Sagen finde ich auch ziemlich blöd. Vor allem, wenn man Thor nach Ägypten steckt.  :wums: Lacht nicht, das habe ich wirklich in einem Text zum Probelesen entdeckt ...
Und was ich auch völlig ausgelutscht finde, ist diese Liebe auf den ersten Blick. Er der absolute Mädchenschwarm, alle fliegen auf ihn und sie die kleine, schüchterne Maus, die ihn am Ende bekommt.  ::)
Das wirkt irgendwie so unglaubwürdig.
Auch das vielen Charakteren, vor allem "Nebenrollen" typische Charaktereigenschaften aufgedrückt werden. (z.B. die zickige High-School-Diva, die der Protagonistin das Leben zur Hölle macht und vorher mit dem schuleigenen Mister Universum zusammen war, oder die beste, streberhafte Freundin, die nur gute Noten schreibt und auf jede Frage eine Antwort hat ...  :happs:)
Was mich auch tierisch nervt, sind diese perfekten Protagonisten, die nicht das kleinste Makel aufweisen und meistens bildhübsch mit großer Klappe sind. Perfekte Menschen gibt es nicht! Jeder hat seine Macken und sein Päckchen zu tragen. Und das wird meiner Meinung nach häufig nicht berücksichtigt.
Auch fliegt vielen Protas ihr Erfolg beim Lösen einer Aufgabe einfach so zu, ohne sich großartig anzustrengen oder Rückschläge zu erleiden. Nicht jeder Plan klappt auf Anhieb, oder?

Churke

Zitat von: Coppelia am 22. Januar 2013, 11:14:18
Wenn eine Figur jemanden tötet, nur weil sie zufällig der Held/die Heldin ist, und es so dargestellt wird, als wäre es völlig ok, während es ein Problem ist, wenn der Gegenspieler genau dasselbe tut, dann kann ich das nicht besonders gut leiden.

Es ist aber auch im richtigen Leben so: Ob 100 Leichen als gute Nachricht oder als menschenverachtendes Verbrechen in der Zeitung stehen, hängt davon ab, wer sie gekillt hat.

Gwee

Zitat von: Churke am 22. Januar 2013, 11:59:58
Es ist aber auch im richtigen Leben so: Ob 100 Leichen als gute Nachricht oder als menschenverachtendes Verbrechen in der Zeitung stehen, hängt davon ab, wer sie gekillt hat.

Mag ja sein, aber dann würde ich gerade eben in Romanen nicht auch noch nachhelfen. Ich finde es ohnehin schlimm. Auch wenn man mit Gewalt generell einfach gelassen umgeht. Gerade noch wurde die Figur fast vergewaltigt und fünf Seiten später merkt man es ihr gar nicht mehr an! Das ist so unglaubwürdig, dass es schon grausam ist.
Es ist so eine Art Obsession, glaube ich. Das Schreiben fasziniert mich so sehr,
daß, wenn es mir verboten würde, ich langsam daran sterben würde.
Johannes Mario Simmel

Merlinda

Zitat von: Gwee am 22. Januar 2013, 12:06:20
Gerade noch wurde die Figur fast vergewaltigt und fünf Seiten später merkt man es ihr gar nicht mehr an! Das ist so unglaubwürdig, dass es schon grausam ist.

Da muss ich dir Recht geben. Was ich auch schrecklich finde ist, dass die Figuren gleich wieder völlig locker und ausgeglichen in ihren Alltag zurückkehren. Irgendwie verzerrt das total die Wirklichkeit ...

Debbie

Zitat von: Coppelia am 22. Januar 2013, 11:14:18
Ist ja interessant, dass ihr so streng mit der Mythologie seid! Dabei ist es doch oft gar nicht so einfach, anzugeben, welche nun die "eigentliche" Fassung einer Sage ist. :) Vergil hätte die Aeneis sicher nicht schreiben können, wenn er mit der Überlieferung sehr streng gewesen wäre.

Ja, da bin ich richtiggehend penibel!  :happs:  Mir ist auch nicht wichtig, ob man sich an Homer oder Hesiod hält, ob Freyja mit Frigg, und Od mit Odin gleichgesetzt wird - solange es nur irgendeiner mythologischen Grundlage entspricht, bin ich schon zufrieden. Ich weiß, dass es in den verschiedenen Überlieferungen da Diskrepanzen gibt, aber wenn Thor plötzlich der Göttervater oder Odins Bruder ist, wird's für mich schon übelkeiterregend! Sogar Marvel hat es geschafft, die groben Fakten richtig zu gestalten ... Und von einem Buch über Mythologie erwarte ich schon noch mehr Vorlagentreue als von einem Comic!

Und dabei ist es für mich auch nochmal ein Unterschied, ob jemand vor Christi Geburt sich an eine "Neuinterpretation" ranwagt, oder das heutzutage tut - übrigens ein Grund, warum ich Bücher, die bereits anhand von Titel oder Cover eine Assoziation zu diversen Mythologien suggerieren, grundsätzlich nicht mehr kaufe. Und von einer Hohlbein-Version von Thor hab ich ehrlich gesagt auch nichts anderes erwartet  :snicker:

Coppelia

ZitatEs ist aber auch im richtigen Leben so: Ob 100 Leichen als gute Nachricht oder als menschenverachtendes Verbrechen in der Zeitung stehen, hängt davon ab, wer sie gekillt hat.

Ja! Ein absolutes No-Go und umso schlimmer, weil es im richtigen Leben vorkommt. Meine Meinung.

AngryMuffin

Zitat von: Debbie am 22. Januar 2013, 12:38:03
Ja, da bin ich richtiggehend penibel!  :happs:  Mir ist auch nicht wichtig, ob man sich an Homer oder Hesiod hält, ob Freyja mit Frigg, und Od mit Odin gleichgesetzt wird - solange es nur irgendeiner mythologischen Grundlage entspricht, bin ich schon zufrieden. Ich weiß, dass es in den verschiedenen Überlieferungen da Diskrepanzen gibt, aber wenn Thor plötzlich der Göttervater oder Odins Bruder ist, wird's für mich schon übelkeiterregend!
Jawohl! Oder wenn Persephone plötzlich Demeters Schwester ist! :gähn: Da werde ich auch absolut närrisch. Man muss sich nicht zwangsweise an die verschiedenen Mythen halten, aber soetwas wie klare Verwandtschaftsbeziehungen sollten schon eingehalten werden. Und bitte keine Mythologien einfach mischen. (also zum Beispiel griechische und römische Götternamen zusammen in ein Buch werfen // wenn es nicht entsprechend begründet wird)
Neuinterpretation ist ja noch keine Todsünde, aber wenigstens Verwandtschaftsbeziehungen und klare Hierarchien sollten doch bitte eingehalten werden.

Zitat von: Merlinda am 22. Januar 2013, 11:54:45
Und was ich auch völlig ausgelutscht finde, ist diese Liebe auf den ersten Blick. Er der absolute Mädchenschwarm, alle fliegen auf ihn und sie die kleine, schüchterne Maus, die ihn am Ende bekommt.  ::)
Das wirkt irgendwie so unglaubwürdig.
Oja, und dann auch die Tatsache, dass die bösen Schulzicken immer nur irgendwie gemein sind, weil das eben ihre Rolle ist - das ist teilweise so platt und oberflächlich. Denn das wirkliche Mobbing passiert in der Realität (meiner Erfahrung nach) nie so offen, sondern mehr unterschwellig, was dann teilweise auch grausamer und authentischer ist.
Oh, und die andere Figur, gegen die ich inzwischen wirkliche Aggressionen entwickle, ist der eingeweihte Lehrer / die eingeweihte Lehrerin. In vielen Büchern, in denen die Protagonistin/der Protagonist noch in die Schule geht, gibt es eine Lehrerfigur, die entweder eine von den mitwirkenden Guten oder den manipulativen Bösen ist. Oder im Unterricht werden ganz zufällig Dinge eingeflochten, die der Protagonistin/dem Protagonisten beim Lösen eines Geheimnisses/einer Aufgabe hilft. 

. . . . ich weiß nicht genau, ob klar geworden ist, was ich meine, aber ich hoffe einfach mal, dass es nicht allzu wirr geworden ist.  :hmmm:

Kati

ZitatGerade noch wurde die Figur fast vergewaltigt und fünf Seiten später merkt man es ihr gar nicht mehr an!

Gwee, hast du da ein bestimmtes Buch im Kopf? Ich bin nämlich gerade über genau so eine Szene gestolpert und habe mich total geärgert, wie lockerflockig die Figur zurück in ihren Alltag geht, als wäre gar nichts passiert. Sowas geht gar nicht. An sich ist Verharmlosung für mich ein absolutes No-Go. Ich hatte auch letztens ein Buch, in dem die beste Freundin brutal vom Antagonisten ermordet wurde und ein paar Seiten später schien sie schon völlig vergessen. Aber auch Verharmlosung von Mobbing oder Krankheiten finde ich total daneben.

Eine weitere Sache, die ich nicht mehr lesen möchte, ist die Verballhornung von echten historischen Figuren. Man kann natürlich welche einbauen in historischen Romanen, aber ich möchte keine Fantasy mehr lesen, in denen Edgar Allen Poe und Bram Stoker als Vampire herumstreunen und einfach total lächerlich gemacht werden (und das nicht mit Absicht), oder in denen der Geist von irgendeiner Persönlichkeit herumspukt. Das kann klappen, wenn man es richtig angeht, aber in den meisten Fällen entehrt es die Person einfach. Mein Höhepunkt war ein Roman, in dem Emily Bronte als verrückte Antagonistin auf einem modernen Internat herumirrte. Da fehlt mir dann wirklich der Respekt vor der Person, ich finde schon oft das Auftauchen realer Personen in historischen Romanen eine Gratwanderung, bei der man stark aufpassen muss, dass man nichts falsches schreibt.

Franziska

Was ich ziemlich nervt finde ist, wenn ein Text zwischen verschiedenen Zeitebenen wechselt, was ja an sich nicht schlecht sein muss. Aber wenn das dann so ist, dass man als Leser gar nicht mehr weiß, in welcher Zeit die Figuren gerade sind, ob es jetzt Erinnerung oder Gegenwart ist und man keiner der Storys auf den Zeitbenen mehr folgen kann, weil es ständig springt und sich überhaupt keine fortlaufende Geschichte ergibt. Das habe ich jetzt in zwei Romanen hintereinander gehabt. Sicher auch Geschmackssache. Ich mag ja anspruchsvolle Literatur, aber irgendeine Form von erkennbarer Handlung muss ein Text für mich schon haben (und sei es ein fortlaufender Monolog oder sonst was)

Lila

Zitat von: Debbie am 22. Januar 2013, 12:38:03Ja, da bin ich richtiggehend penibel!  :happs:  Mir ist auch nicht wichtig, ob man sich an Homer oder Hesiod hält, ob Freyja mit Frigg, und Od mit Odin gleichgesetzt wird - solange es nur irgendeiner mythologischen Grundlage entspricht, bin ich schon zufrieden. Ich weiß, dass es in den verschiedenen Überlieferungen da Diskrepanzen gibt, aber wenn Thor plötzlich der Göttervater oder Odins Bruder ist, wird's für mich schon übelkeiterregend! Sogar Marvel hat es geschafft, die groben Fakten richtig zu gestalten ... Und von einem Buch über Mythologie erwarte ich schon noch mehr Vorlagentreue als von einem Comic!

Und dabei ist es für mich auch nochmal ein Unterschied, ob jemand vor Christi Geburt sich an eine "Neuinterpretation" ranwagt, oder das heutzutage tut - übrigens ein Grund, warum ich Bücher, die bereits anhand von Titel oder Cover eine Assoziation zu diversen Mythologien suggerieren, grundsätzlich nicht mehr kaufe. Und von einer Hohlbein-Version von Thor hab ich ehrlich gesagt auch nichts anderes erwartet  :snicker:

Vielleicht war genau das mein Fehler: ich habe mir tatsächlich mehr davon versprochen... :d'oh:
Livid Oppressed King: Ignite!
Tyranny Has Overcome Rules."
(oder: was man nicht alles aus LOKI & THOR machen kann!) - TasTä (aka Lila)