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Wenn eine geliebte Figur sterben muss...

Begonnen von Ryadne, 27. August 2012, 12:01:45

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Serafina

Hui, ich bin gerade richtig erleichtert, dass es auch anderen Leuten so geht! Bei den ganzen zu betrauernden Figuren bietet sich ja fast ein "Tintenzirkel-Friedhof" oder ein "Tote-Charaktere-Trauerthread" an.  :'(

Zitat von: Ryadne am 27. August 2012, 12:45:21
Richtig regt es mich beim Lesen aber auf, wenn im Prinzip schon alles gelaufen ist und dann im Endkampf die geliebten Figuren noch sterben müssen. Vor allem, wenn die Autoren dann noch einen Zwilling sterben lassen oder sowas.  :seufz:
Das finde ich auch immer unnötig. Das Happy-End wird einem dadurch einfach total verdorben! (War das zufällig auf Harry Potter bezogen?)

DEckel

Zitat von: Chris am 27. August 2012, 13:49:28
PS: Nur nebenbei: Ganz blöd ist das allerdings für Lesungen - wenn ich einen Kloß im Hals spüre, weil mein Liebling gleich sterben wird, erschwert das das Lesen schon.  ;)

Oje, da habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht. Kann ich dann vielleicht irgendwie... Drumrumlesen?  :-\

Meine Protas haben bisher alle überlebt, aber sie haben unterwegs doch einige Freunde und Verwandte verloren.
Und das drückt mir schon immer sehr auf die Tränendrüsen, selbst wenn ich es nochmal (und nochmal, und nochmal) lese... Aber ausarbeiten müssen wir sie trotzdem, selbst wenn der Plot sie nicht am Leben lassen will.

Ryadne

Zitat von: Serafina am 27. August 2012, 16:41:57
Das finde ich auch immer unnötig. Das Happy-End wird einem dadurch einfach total verdorben! (War das zufällig auf Harry Potter bezogen?)

Jaa, ich glaub schon ;) Es ist so häufig, dass am Ende noch die besten Freunde oder Geschwister umgebracht werden. Das finde ich soo schlimm. Wenn in einer Fantasygeschichte am Anfang Zwillinge auftauchen, kann man sich zu bestimmt 80% sicher sein, dass einer von beiden das Buch nicht überlebt. Das ist wie mit den Soldaten, die in Hollywoodfilmen Fotos von ihren Geliebten zeigen.

Zitat von: Chris am 27. August 2012, 13:49:28
PS: Nur nebenbei: Ganz blöd ist das allerdings für Lesungen - wenn ich einen Kloß im Hals spüre, weil mein Liebling gleich sterben wird, erschwert das das Lesen schon.  ;)

Naja, sowas liest man doch eher nicht bei einer Lesung vor, oder? Man will ja nicht direkt mit der Tür ins Haus fallen.

K a t e

Zitat von: Chris am 27. August 2012, 13:49:28
PS: Nur nebenbei: Ganz blöd ist das allerdings für Lesungen - wenn ich einen Kloß im Hals spüre, weil mein Liebling gleich sterben wird, erschwert das das Lesen schon. 

Ups, daran hab ich gar nicht gedacht... Aber ich glaube, ich würde dann einfach was anderes vorlesen, vor allem weil meine Figuren immer Richtung Ende sterben.

Zitat von: Ryadne am 28. August 2012, 10:52:08
Es ist so häufig, dass am Ende noch die besten Freunde oder Geschwister umgebracht werden. Das finde ich soo schlimm. Wenn in einer Fantasygeschichte am Anfang Zwillinge auftauchen, kann man sich zu bestimmt 80% sicher sein, dass einer von beiden das Buch nicht überlebt.

Bei Zwillingen oder Geschwistern überhaupt finde ich so etwas absolut schrecklich! Fast noch schlimmer, als wenn bei einem Paar einer von beiden stirbt, denn Geschwister wachsen das ganze Leben über nebeneinander auf und wenn plötzlich einer weg ist... *schauder*
Als Beispiel fällt mir jetzt natürlich die Weasley-Zwillinge (Harry Potter) ein. Einfach schrecklich... und so unnötig! :brüll:

Mika

Die erste Figur, die ich jemals getötet habe war ganz besonders schrecklich. Ich war mitten im Schreibfluss, noch ziemlich am Anfang meiner Schreiberei und habe ihn einfach so mit einem Nebensatz getötet... Erst als die Tränen auf die Tastertur tropften wurde es mir wirklich bewusst. Ich hab geheult wie ein Schlosshund, aber irgendwie: tot ist tot, wenn es passiert, passiert es und es rückgängig zu machen würde einfach nicht funktionieren.
Das war noch als ich meine Geschichten noch nicht geplottet habe sondern einfach drauf losgeschrieben habe. Mittlerweile kann ich mich schon lang auf den Tod einer Figur vorbereiten, was nicht bedeutet, dass es weniger weh tut. Der Plot sieht es manchmal einfach vor, manche Tode sind für Geschichten einfach zwingend notwendig und trotzdem schrecke ich manchmal noch davor zurück.
Mittlerweile hab ich schon einige Figuren umgebracht, vor allem in meinem Monsterprojekt ne ganze Menge und jedesmal musste ich schwer schlucken, spürte das ein oder andere Tränchen. Aber man muss doch auch irgendwie den Schmerz spüren, wenn man ihn vermitteln will, oder?
Bald ist schon wieder eine Figur in meinem aktuellen Projekt dran. Ich hab sie in der ersten Version schonmal getötet, dieses Mal wird es noch etwas grausamer sein. Irgendwie freu ich mich nicht wirklich drauf, aber was muss das muss.

Cairiel

Am Anfang meiner Schreiberei fand ich es nicht so schlimm, einen Charakter zu töten. Ich hielt es für eine Art dramatikförderndes Plotmittel.   ::)  Mittlerweile geht es mir aber genau wie vielen anderen Schreiberlingen auch: Ich könnte jedes Mal in Tränen ausbrechen. (Seitdem kommt es auch weit seltener vor, dass einer meiner Charaktere dran glauben muss.)

Bei meinem letzten Projekt z. B. ist es jedoch einfach passiert. Er war sogar noch für eine spätere Szene eingeplant, aber ich habe geschrieben und geschrieben ... und plötzlich war er tot!  :'(  Und dabei war er auch noch mein Lieblingscharakter aus der Geschichte. Aber meine Charaktere haben sich einfach selbstständig gemacht und einer hat ihn ohne mein Einverständnis getötet. Der nächste Charakter wollte dann den Mörder dafür umbringen usw. aber dann habe ich die Notbremse gezogen, damit es nicht in Massenmord und -totschlag endet.  :pfanne:
Und bei meinem derzeitigen Projekt muss mein über alles geliebter Protagonist am Ende dran glauben. Ich Idiot habe ihn so tief ins Schlamassel geplottet, da kommt er nie mehr lebend heraus.  :gähn:  Na ja ... vielleicht verselbstständigen sich meine Charaktere dieses Mal auf positive Art und Weise. Ich hoffe es sehr für ihn.  :bittebittebitte:

Zitat von: Ryadne
Ich hab irgendwo mal gelesen, dass Joanne K. Rowling weinen durchs Haus gelaufen sein soll, als sie Sirius umgebracht hat - ist das also normal, ja?
Na hoffentlich ist sie das! Einfach den armen Sirius sterben lassen ...  :'( Ich wollte danach gar nicht mehr weiterlesen ...

Zitat von: RyadneWenn in einer Fantasygeschichte am Anfang Zwillinge auftauchen, kann man sich zu bestimmt 80% sicher sein, dass einer von beiden das Buch nicht überlebt.
Dann gehöre ich in dem Punkt zum Glück zu den anderen 20 %, meine beiden brauche ich noch.  :)  Das ist mir noch gar nicht aufgefallen, aber jetzt, wo du es sagst ... Stimmt tatsächlich.

Ryadne

Zitat von: Cairiel am 28. August 2012, 13:11:28
Dann gehöre ich in dem Punkt zum Glück zu den anderen 20 %, meine beiden brauche ich noch.

Gut so!

Mir ist gerade bewusst geworden, dass die Logik meines aktuellen Projekts es verlangt, dass ich eine der beiden Hauptfiguren töte. Das ist so furchtbar, ich mag ihn so gerne und bisher hatte ich gar nicht vor, ihn sterben zu lassen. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr muss ich einfach zugeben, dass am Ende alles viel, viel mehr Sinn gibt, wenn ich ihn sterben lasse. Dabei hasse ich es immer, wenn Autoren sowas machen, und eigentlich ist das auch so vorhersehbar, denn Charaktere wie er sterben immer früher oder später.
Vielleicht sollte ich mit dieser Tradition brechen und ihn doch am Leben lassen. Aber das wäre verdammt inkonsequent und irgendwie auch eine vertane Chance... *schwerer Seufzer* Über Schicksale zu bestimmen kann wirklich deprimierend sein.

Churke

Wenn man der dramatischen Logik folgt, kann der Tod eines Helden auch befreiend wirken. Im Tod zeigen sich noch einmal Größe und Charakter der Figur, als krönendes Finale eines Lebenswerkes.

Sanne

Oh, ich habe schon mal ein Buch zugeklappt und nicht weitergelesen, weil der Autor meine Heldin sterben ließ. Das ist wohl auch der Grund, warum ich so gegen das Töten von den "Guten" bin. Ausgenommen sind Tode durch Krankheit, die man nicht immer vermeiden kann.

Ich versuche eigentlich immer am Ende in jedem Fall die Hoffnung überleben zu lassen. Es muss kein Happy End sein, aber es muss in Gedanken für mich möglich sein, die Geschichte im positiven Sinne weiter zu spinnen. Etwas, was mich traurig und verzweifelt zurücklässt, ist so deprimierend und es gibt schon so viele deprimierende Dinge auf dieser Welt, dass ich mir in meinen eigenen Geschichten doch etwas *hoffnungsvolles" ausdenke.

Um die schönen Seiten im Leben nicht zu vergessen.  :)





Farean

Zitat von: Chris am 27. August 2012, 13:49:28
PS: Nur nebenbei: Ganz blöd ist das allerdings für Lesungen - wenn ich einen Kloß im Hals spüre, weil mein Liebling gleich sterben wird, erschwert das das Lesen schon.  ;)
Ach, dabei kriegt man Routine... ::)

Den Kloß im Hals bei der Lesung hab' ich häufiger - ich mußte mir tatsächlich für solche Fälle Atemübungen angewöhnen, um halbwegs flüssig durchlesen zu können. Andererseits sage ich mir, das Publikum hat sicher nichts dagegen, wenn ich beim Lesen ein wenig menschlich wirke und nicht wie ein gut geschmiertes Abspielgerät.

Sanne: Du hast ja so recht, die schönen Seiten kommen sowohl im Leben als auch in der Fiktion oft zu kurz. Ich habe den Eindruck, derzeit gehört "as dark & gritty as possible" in der einstmals heroischen Fantasy zum guten Ton, zum Mainstream. Dabei ist das im Übermaß auf Dauer genauso ermüdend wie rosarotes Eititütidei. Eine gute Geschichte braucht eine ausgewogene Mischung an Licht und Finsternis - und das möglichst im Wechselspiel, damit der Leser die Höhen und Tiefen auch richtig spürt. :snicker:

Snöblumma

Zitat von: Churke am 29. November 2012, 13:51:08
Wenn man der dramatischen Logik folgt, kann der Tod eines Helden auch befreiend wirken. Im Tod zeigen sich noch einmal Größe und Charakter der Figur, als krönendes Finale eines Lebenswerkes.

Darum lasse ich meine Figuren auch so gerne tragisch sterben :D.

Zitat von: Farean am 29. November 2012, 14:50:16
Ich habe den Eindruck, derzeit gehört "as dark & gritty as possible" in der einstmals heroischen Fantasy zum guten Ton, zum Mainstream. Dabei ist das im Übermaß auf Dauer genauso ermüdend wie rosarotes Eititütidei. Eine gute Geschichte braucht eine ausgewogene Mischung an Licht und Finsternis - und das möglichst im Wechselspiel, damit der Leser die Höhen und Tiefen auch richtig spürt. :snicker:
Den Eindruck habe ich auch, und darum macht es mir auch fast keinen Spaß mehr, diese Bücher zu lesen. Gerade bei Abercrombie ging mir das dauernde "Härter, dreckiger, realistischer" irgendwann auf den Geist. Ich will auch mal zwischendurch die hübsche, freundliche Prinzessin haben (die vielleicht wirklich einfach nur nett und freundlich ist), ein bisschen Träumereien, ein bisschen Rosarot. Nicht immer nur grauschwarz. Dann finde ich es gleich noch schlimmer, wenn Figuren sterben müssen. Wenn sie nur aus einer harten und dreckigen Welt abtreten und dabei ein bisschen Gedärme verlieren, nun ja. Wenn sie mitten aus einem eigentlich schönen Leben gerissen werden:  :'(.

Mir tut es eigentlich auch um jede Figur leid, die ich umbringen muss, vor allem aber um Nebenfiguren. Ich kenne bei vielen Nebenfiguren die Lebensgeschichte, und ich habe wirklich Mitleid mit ihnen, weil diese Geschichte niemals an das Licht der Welt tritt - nur weil sie ein langweiliges, einfaches Leben hatten, beispielsweise. Das finde ich viel unfairer als den Tod des Helden, der wenigstens noch seine gute Geschichte bekommen hat.

Antonia Assmann

Zitat von: Snöblumma am 29. November 2012, 15:00:12
Mir tut es eigentlich auch um jede Figur leid, die ich umbringen muss, vor allem aber um Nebenfiguren. Ich kenne bei vielen Nebenfiguren die Lebensgeschichte, und ich habe wirklich Mitleid mit ihnen, weil diese Geschichte niemals an das Licht der Welt tritt - nur weil sie ein langweiliges, einfaches Leben hatten, beispielsweise. Das finde ich viel unfairer als den Tod des Helden, der wenigstens noch seine gute Geschichte bekommen hat.

Das hast du schön gesagt, Snö! Genau so geht es mir auch!

Moni

Zitat von: Serafina am 27. August 2012, 16:41:57
Hui, ich bin gerade richtig erleichtert, dass es auch anderen Leuten so geht! Bei den ganzen zu betrauernden Figuren bietet sich ja fast ein "Tintenzirkel-Friedhof" oder ein "Tote-Charaktere-Trauerthread" an.  :'(

Ist zwar schon was her, aber dafür gibt es doch die Nekropedia;D
Das Projekt ist genau für solche Fälle gedacht, ist allerdings schon was älter und daher hier im Zirkel wohl in Vergessenheit geraten.
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Churke

Zitat von: Snöblumma am 29. November 2012, 15:00:12
Mir tut es eigentlich auch um jede Figur leid, die ich umbringen muss, vor allem aber um Nebenfiguren.

Ja, aber du musst sie umbringen.
Im wirklichen Leben kommt der Tod typischerweise ungelegen und ziemlich sinnlos daher. Wenn du jemanden umbringen musst, dann ist der Tod dramaturgisch inszeniert. Für den Plot sterben zu dürfen, ist ein echtes Privileg. Das muss man sich verdienen. ;D

Szazira

Tote sind bei mir nicht ganz so selten. Liegt wohl am Thriller-Einschlag bei mir. Was komischerweise nicht heißt, dass es mir leicht fällt Charaktere um die Ecke zu bringen. Tote sind etwas, was passiert. Unnötige versuche ich zu vermeiden, auch unter der "Zivilbevölkerung" (Bei meiner Sammlung an Psychos gar nicht so einfach   :hmhm?: :psssst:)

Manchmal baue ich ein paar Zeilen über die Figur ein, einfach um zu zeigen, dass da nicht nur NoNami gestorben ist. Ich versuche dadurch dem Charakter Respekt zu zollen.

Charaktere mit denen ich lange gearbeitet habe fallen mir besonders schwer. Wenigstens zu dem Charakter sollte der Tod passen. Das "Women in Refrigerators"-Syndrom versuche ich zu vermeiden. Ein bisschen ein schlechtes Gewissen bleibt trotzdem und manchmal rollen auch ein paar Tränen. :'(

Um es mit einem sinngemäßen Zitat aus "Inkarnationen der Unsterblichkeit - Des Schicksals dünner Faden" zu sagen: Damit das Muster stimmt, müssen manche Fäden gekappt, verdünnt oder gestärkt werden.