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Müssen Geschichten immer voller Action sein ?

Begonnen von CarlH, 15. März 2019, 11:04:24

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Siara

"Action" ist meiner Meinung nach ein weit gefasster Begriff. Wörtlich übersetzt bedeutet er immerhin nichts anderes als "Handlung". Wo beginnt Action? im Alltagsverständnis sind es vermutlich Szenen, in denen das physische Geschehen das verbale/psychische überwiegt. Und nein, das muss meiner Meinung nach definitiv nicht teil einer Geschichte sein - weder in der Fantasy noch in irgendeinem anderen Genre. (Actionromane mal ausgenommen).

Was eine Geschichte hingegen braucht, ist einen Konflikt. Ohne Konflikt, innerlich oder äußerlich, kann es keine Entwicklung geben. Und letztendlich ist es doch das, was ein Buch rechtfertigt, oder? Dinge verändern sich, und diese Entwicklung soll der Leser miterleben können. Wenn am Ende des Buches alles noch exakt so ist wie am Anfang, hätte man den Mittelteil offenbar weglassen können, denn er hatte keine Relevanz. Dann kann man sich das Schreiben des Buches gleich schenken. Also: Für mich ist "Konflikt" der zentrale Begriff.

Es stimmt, dass auf einen Konflikt früher oder später oft Action folgt. Das liegt vielleicht daran, dass der Autor sich Spannung wünscht, und körperliche Gefahr (für den Protagonisten oder andere) ist da natürlich ein praktisches Mittel. Wenn es eine körperliche Bedrohung gibt, die vielleicht sogar tödlich sein kann, steht automatisch viel auf dem Spiel. Das wiederum hilft, den Konflikt zu verdichten. Mit anderen Worten: Action ist ein Stilmittel. Ein viel benutztes, aber für mich letztendlich nicht mehr als ein weiteres Handwerkszeug, das uns zur Verfügung steht.

Aber unter den Handwerkszeugen ist es für mich wohl am ehesten der Hammer. (Wortspiel war unbeabsichtig. :engel:) Es gehört für viele zur Grundausrüstung, und ohne ihn etwas Brauchbares zu schaffen, ist auf jeden Fall eine größere Herausforderung. Unmöglich ist es ganz bestimmt nicht. Aber wenn man ohne auskommen möchte, ist es von Vorteil, sich genau zu überlegen, worin der Konflikt begründet liegt und was die Konsequenzen wären, wenn er sich in die eine oder andere Richtung entwickelt.

Letztendlich vertrete ich aber bei allen "muss" Fragen, die das Schreiben betreffen, dieselbe Haltung: Nein. Mann muss überhaupt nichts, und auch die viel rezitierten Regeln halte ich eher für Richtlinien, die man kennen sollte. Die Bücher, die sich für mich von der Masse abheben und mir (im Positiven) noch lange im Gedächtnis bleiben, wurden ganz sicher nicht unter der Prämisse "man muss" geschrieben. Sie spielen mit den Regeln und übertreten sie, um Geschichten auf die bestmögliche Weise zu erzählen. Dafür braucht es allerdings etwas, das erzählt werden kann.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Vic

Die Frage hängt ganz davon ab wie man Action definiert. ;)
Also alle paar Seiten Explosionen, Verfolgsjagden und Drachenkämpfe brauche ich z.b. nicht unbedingt.
ABER ich brauche dringend eine Art Spannungsbogen. High Stakes. Also für den Protagonisten muss zunehmend was auf dem Spiel stehen, damit ich richtig mitfiebern kann.
Ich habe schon einige Bücher gelesen, die ein tolles World Building hatten, eine originelle Prämisse und interessante Charaktere, aber leider NICHTS damit angefangen haben.
Also niemand braucht Action in dem oben beschriebenen Sinne, aber es MUSS einfach ab und zu etwas passieren. Und zwar nicht random irgendwas, sondern etwas, was einen direkten Impact auf den Protagonisten hat. Er verliert seinen Job. Ein Familienangehöriger wird krank. Jemand setzt ihn unter Druck. Er erlebt eine schlimme Enttäuschung. Es muss halt irgendwas passieren, was ihn dazu bringt in die Handlung einzusteigen und was ihm eine Motivation gibt, Dinge zu tun. Denn nichts ist so schlimm wie ein passiver Protagonist.

Tom

Meiner Meinung nach ist es nicht erforderlich, immer auf 180 Action Action Action in einer Geschichte zu haben. Solange der Spannungsbogen gehalten wird und genügend interessante Details fallen, die mich am Ball halten, finde ich es sogar schön, mal ein bisschen "Pause" von dem ganzen Trubel zu haben.

Nebula

Nein, müssen sie nicht. Sie sollten Spannung haben, aber diese muss nicht zwangsweise durch Action realisiert sein. Eine Geschichte voller wiederkehrender, exakt nach demselben Schema ablaufenden Actionszenen ist meistens auch langweilig.

Minna

Das Problem damit, was denn Action in einer Geschichte sei, bzw. Konflikte und wie ich die in jeder Szene unterbekomme, habe ich auch oft. In den letzten Monaten ein wenig mit dem Storygrid zum Plotten befasst und gemerkt, das die bessere Bezeichnung für "Action und Konflikt" für mich die Veränderung ist.
In jeder Szene, in jedem Abschnitt der Geschichte sollte es eine Veränderung geben, für den Gesamtplot, für einen Teilabschnitt des Plottes, für die Charakterentwicklung. Die Ursache für diese Veränderung kann von einem falschen Wort zur falschen Zeit, bis zum Angriff des Big Bad reichen. Laut Storygrid sollten sich aber die Konsequenzen der Veränderung im Verlauf des Romanes steigern von: eine Entschldigung würde reichen  bis wenn die Erde hin ist, ist sie hin.
Ich habe das Gefühl, das die Geschichte, die ich nach dem Prinzip geplottet habe, bisher ganz gut funktioniert, in Bezug auf diese Problematik.