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Doku "Wie wird man Bestseller" heute auf arte

Begonnen von Feuertraum, 11. Juli 2012, 15:52:28

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Feuertraum

Am heutigen Mittwoch Abend läuft auf arte die Dokumentation "Wie wird man Bestseller?" von 22.10 Uhr - 23.05 Uhr. In diesem knapp 1stündigen Film wird (laut Fernsehzeitschrift) aufgezeigt, wie der Buchmarkt funktioniert.

Leider weiß ich nicht, ob man die Doku danach noch in der Mediathek sehen kann.
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Kayla

Klingt interessant. Werde da mal reinschauen. Danke für den Tipp, Feuertraum!

Pestillenzia

Arrrgh! Warum kommen solche Sendungen so spät??? Zur besten Sendezeit kommen die dämlichsten Formate und die interessanten Dinger kommen dann, wenn ich in die Heia muss.  :brüll:

chaosqueen

Danke für den Hinweis, ich versuche, daran zu denken und ihn aufzunehmen!

Valaé

Oh, schick. Ich hab noch nichts, womit ich mich heute Abend nach dem Lernen belohnen wollte. Das klingt doch nach genau dem Richtigen. Danke für den Hinweis!

Mika

Das ist echt mal ein klasse Tipp, hab es mir gleich zum Aufnehmen eingestellt :)

Runaway

Ich mir auch ;D Wozu gibt's Festplattenreceiver.

Faol

Ich hab's gerade gesehen. Im Bezug auf das E-Book war das ganze aber schon ein bisschen veraltet.
Two roads diverged in a wood, and I -
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
(Robert Frost - The Road Not Taken)

Hanna

Ja, allerdings. Bei dem Buchpreis stand 2008. Also gut vier Jahre würde ich sagen.
#happyverpeilt oder auch gründlich überfordert ...

chaosqueen

Der Bericht war von 2009 und beim Satz "irgendwann wird es den iPod für Bücher geben" hab ich auf meinen Kindle geschielt und gegrinst. ;)

Lavendel

Ja, ich nehme mal an, die Doku ist wahrscheinlich von 2008 oder 2009 gewesen, deshalb waren auch die Infos über E-Reader natürlich veraltet. Das kann man verschmerzen, wenn man es weiß. Was mich viel mehr gestört hat war, dass sie außer dem Deutschen Buchpreis und der Strategie der Verlage, die Läden mit den Büchern vollzustopfen, die man verkaufen will, immer dezent um ihr eigenes Thema, nämlich wie man Bestseller wird, herumgeredet haben. Klar, keiner weiß so ganz genau, wie das mit den Bestsellern funktioniert, aber selbst diese Feststellung hat die Doku nicht so richtig klar formuliert. Stattdessen zehn Minuten Leute auf der Straße, die erzählen, was sie grade lesen. Kein Wort zum Beispiel davon, was in den großen Buchhandelsketten passiert, dass Verlage sich die guten Plätze kaufen müssen, kein Wort über Amazons Entwicklung, die 2008 mit etwas Recherche sicherlich schon Ansatzweise abzusehen war. Stattdessen hieß es einfach nur, ja, Amazon ist halt eine "Cash Cow". Der Deutsche Buchpreis wird zur Castingshow stilisiert, weil es Daniel Kehlmann unangenehm ist, bei der Verleihung antanzen zu müssen. Dann faseln die von gefürchteten Literaturagenten, erklären Frankfurt zur "Börse" und geben dem ganzen Literaturbetrieb damit gleich einen anrüchigen und korrupten Anstrich (wir erinnern uns, dass 2008 das Krisenjahr war ...).

In der Doku wurde einfach so getan, als sei der Buchmarkt früher viel netter gewesen und hätte die Schriftsteller mehr wertgeschätzt, und dabei fällt völlig unter den Tisch, dass das Buch, anders als z.B. die bildende Kunst, spätestens seit dem 19. Jahrhundert ein Massenmarkt ist. Man kann das selbstverständlich nicht direkt Vergleichen, dafür ist Unterschied in der Funktionsweise dieses Marktes im 19. und 21.Jh dann doch zu groß, aber ist das Buch dennoch seit ungefähr 200 Jahren ein Produkt für den Massenkonsum. Das ist ja nicht unbedingt abwertend. Massenkonsum ist immerhin ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaft. Es wird dann aber so getan, als sei das Buch als Konsumgut oder Ware etwas Neues und Erschreckendes, so als sei Literatur von Natur aus etwas rein Ideelles, das durch den bösen Kapitalismus des 21. Jh. total korrumpiert würde. "Es geht um Millionen"/"Man ist unter Wölfen". Solche Sätze fallen dann da, und ich will am liebsten meinen Kopf auf den Tisch schlagen (bin aber zu vernünftig dafür).

Dass deutsche Autoren in Deutschland immer noch und trotz Verbesserung in den letzten ca. 15 Jahren relativ wenig gelesen werden, darüber redet man mal lieber nicht. Die Unterhaltungsliteratur (es musste natürlich auch jemand erwähnen, das meiste auf dem Markt sei ja doch "nur Unterhaltungsliteratur" ...) fällt wie immer in solchen Sendungen komplett unter den Tisch. Und was erst recht keiner sagen will (und ich vermute, die meisten Leute verstehen es noch nicht mal)ist, dass man besser kein deutsche Autor sein sollte, wenn man einen Bestseller landen will (auch das haben sie ja angedeutet, als sie die Preise für Lizenzen verglichen haben, aber deutlich gemacht haben sie es nicht). Deutsche Literatur wird sowohl bei uns als auch im Ausland eben als grundsätzlich philosophisch, ernst und "schwierig" (man könnte auch böse sagen langweilig) wahrgenommen. Man könnte hoffen, dass sich das langsam ändert, weil durch internationale Beststeller wie die von Stig Larson auch der englischsprachige Markt sich angeblich mehr für Übersetzungen öffnet.

Ach, bevor ich jetzt noch weiter meckere und mich darüber auslasse, wie die deutsche Literaturförderung mit ihren Literaturpreis- und Stipendienpolitik dieses Bild von deutscher Literatur so ziemlich unveränderlich hält: Ich fand die Doku einfach doof. :(

Debbie

@Lavendel: Hervorragende Ausführung, und ich muss dir in alten Punkten recht geben!


Ich fand auch, dass der Titel völlig verfehlt war, weil auf das Thema gar nicht eingegangen wurde. Es wurde zwar erwähnt, dass tatsächlich i. d. R. nur die Bücher zu Bestsellern werden, die vom Verlag auch dazu "bestimmt" und daraufhin entsprechend beworben werden. Nett, dass das mal so deutlich erwähnt wurde, aber was der Verlag genau macht, um die Bücher zu bewerben (abgesehen von Doppelseiten in entsprechenden Magazinen/Katalogen), und nach welchen Richtlinien der Verlag ein Buch zu seinem "Lieblingskind" kürt, davon wurde leider nicht gesprochen.

Zitat von: Lavendel am 12. Juli 2012, 10:54:18

Dass deutsche Autoren in Deutschland immer noch und trotz Verbesserung in den letzten ca. 15 Jahren relativ wenig gelesen werden, darüber redet man mal lieber nicht. Die Unterhaltungsliteratur (es musste natürlich auch jemand erwähnen, das meiste auf dem Markt sei ja doch "nur Unterhaltungsliteratur" ...) fällt wie immer in solchen Sendungen komplett unter den Tisch. Und was erst recht keiner sagen will (und ich vermute, die meisten Leute verstehen es noch nicht mal)ist, dass man besser kein deutsche Autor sein sollte, wenn man einen Bestseller landen will (auch das haben sie ja angedeutet, als sie die Preise für Lizenzen verglichen haben, aber deutlich gemacht haben sie es nicht). Deutsche Literatur wird sowohl bei uns als auch im Ausland eben als grundsätzlich philosophisch, ernst und "schwierig" (man könnte auch böse sagen langweilig) wahrgenommen. Man könnte hoffen, dass sich das langsam ändert, weil durch internationale Beststeller wie die von Stig Larson auch der englischsprachige Markt sich angeblich mehr für Übersetzungen öffnet.


Da musste ich jetzt lachen - eine Sendung über Bestseller, die sich darüber beklagt, dass das meiste doch nur Unterhaltungsliteratur ist?!  :hmhm?:  Welche Ironie, da die weltweiten Bestseller eben alle in die Sparte "Unterhaltungsliteratur" gehören. Das ist, meiner Meinung nach, ja genau das Problem - die böse Unterhaltungsliteratur, die der deutsche Buchmarkt so gering schätzt und fast gar nicht fördert; jedenfalls im Vergleich mit der literarischen Belletristik, Sachbüchern und (zu allem Unglück!) dem Non-Reader-Segment, was durchaus genug beworben wird. Deshalb werden unsere Bücher nicht besonders gut ins Ausland verkauft - weil die Menschen weltweit eben Unterhaltungsliteratur (vor allem emotionale, was einige deutsche Autoren vielleicht schon können, aber was auf den Wunschlisten der Verlage definitiv nicht ganz weit oben steht) bevorzugen.

Insofern wird man immer das Gefühl nicht los, dass die deutsche Literaturelite sich ihren Pendants in anderen Ländern intellektuell haushoch überlegen sieht, sich auf keinen Fall auf deren Niveau herablassen will und deshalb am liebsten unter sich bleibt. Dumm nur, dass unsere Verlage dann dafür sauteure Lizenzen aus dem Ausland einkaufen müssen. Man möchte sich regelmäßig das Essen nochmal durch den Kopf gehen lassen ...

Eine pseudophilosophische Sendung über einen pseudointellektuellen Buchmarkt - kein Wunder, dass sie nicht viel zum Thema Bestseller sagen konnten  :snicker:

Lavendel

Zitat von: Debbie am 12. Juli 2012, 11:36:11
Da musste ich jetzt lachen - eine Sendung über Bestseller, die sich darüber beklagt, dass das meiste doch nur Unterhaltungsliteratur ist?!  :hmhm?:  Welche Ironie, da die weltweiten Bestseller eben alle in die Sparte "Unterhaltungsliteratur" gehören.
In aller Fairness muss man jetzt sagen, es Pascal Mercier, der das gesagt hat. Im Rest der Sendung wurde das eher ausgeklammert, aber die Fixierung auf die "hohe" Literatur ist ja schon durch den Blickwinkel vorgezeichnet, den die Doku einnimmt, zum Beispiel durch die Auswahl der Autoren. Ich finde Julia Franck hat dagegen ganz schön formuliert, dass es die ganz scharfe Grenze zwischen E und U eigentlich nicht gibt.

Zitat von: Debbie am 12. Juli 2012, 11:36:11
Insofern wird man immer das Gefühl nicht los, dass die deutsche Literaturelite sich ihren Pendants in anderen Ländern intellektuell haushoch überlegen sieht, sich auf keinen Fall auf deren Niveau herablassen will und deshalb am liebsten unter sich bleibt. Dumm nur, dass unsere Verlage dann dafür sauteure Lizenzen aus dem Ausland einkaufen müssen. Man möchte sich regelmäßig das Essen nochmal durch den Kopf gehen lassen ...
Naja, die bildungsbürgerliche Elitenkultur ist schon etwas, das man "sehr deutsch" nennen könnte. Andererseits ist das Problematisieren, das ich im vorigen Post angefangen habe, genauso "sehr deutsch". Trotzdem hat es mich halt aufgeregt, obwohl ich eigentlich vorher wusste, dass mir in so ein Doku so ein Unsinn aufgetischt wird. Deutsche Intellektuelle sind einfach schlimm. Ich auch, auch wenn ich keine so richtig Intellektuelle bin - hoffe ich. ::)