Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Buch- und Verlagswesen => Thema gestartet von: Kaeptn am 03. Januar 2009, 16:27:56

Titel: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Kaeptn am 03. Januar 2009, 16:27:56
Hallo,

ich frag mich manchmal ob "Fantasie" überhaupt noch gefragt ist. Bin auf der Heyne-Wettbewerbsseite auf "Der Drachenflüsterer" gestoßen (Werbung), wo auch schon kackfrech mit "Eragon schon durchgelesen?" geworben wird. Inhaltsangabe klingt für mich nach Drachenroman Nr. 2500...

Ich meine ok, Fantasie-Romane sind sich per se leider alle sehr ähnlich (sehr gerne Weltrettung, sehr gerne irgendwelche Artefakte die dazu gebraucht werden (und im Idealfall erstmal gefunden werden wollen), eigentlich immer irgendwelche Monster uswusf), ich mache da keine Ausnahme, aber was da momentan an Dracheneiern gelegt wird, da frag ich mich schon, ob man auf der Eragon-Welle wirklich so gut mitschwimmen kann, oder ob nicht letztlich noch die ersten 2-3 Trend-Mitschwimmer das Rennen machen und die anderen Verlage ihre Auftragsarbeiten halt noch raushauen, sich aber im Nachhinein doch ärgern, die überhaupt in Auftrag gegeben zu haben.

Anderer Fall sind diese endlosen Vampir/Dämon/Werwolf/wasweißich-Schmonzetten (wie wäre mit "Ich liebe ein Skelett"), die ja auch schon ganze Regale füllen.

Aber um zu meiner Frage zu kommen: Gibt es Verlage, die eher Mitschwimmer (sprich risikoscheu) sind und andere, die eher Trendsetter sind, in unserem Bereich? Oder ist zufällig immer mal wieder ein anderer der Trendsetter (bzw. der glückliche, der den Zuschlag für eine US-Trendsetter-Lizenz bekommen hat)?
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Mara am 03. Januar 2009, 16:41:17
Vieles was jetzt an Dämonen/Vampire/Werwolf Romanen auf den Markt kommt, gabs schon vor einem Jahr in der USA.
(Ich lese fast nur englischesprachige Romane und kenne mich daher ganz gut auf dem Fantasymarkt in der USA aus)
Momentan werden also die ganzen erfolgreichen US Romane übersetzt.

Ich würde also sagen, das die Verlage damit ein relativ geringes Risiko eingehen, da diese Art von Roman schon vor einem Jahr in der USA sehr erfolgreich war.
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Alana am 03. Januar 2009, 16:53:32
Ich habe kürzlich einen Roman gelesen, da hatte ich den Eindruck, dass krampfhaft versucht wurde, Biss zum Morgengrauen zu kopieren ohne dass es zu sehr auffällt.
Nannte sich Morgenrot, erschienen bei Heyne.
War nicht schlecht, hatte ein paar gute eigene Ideen, klang aber für mich zu sehr nach einer Auftragsarbeit a la : Bitte schreiben Sie etwas für unsere Biss zum Morgengrauen Leser.
Das war auch von einer deutschen Autorin.

Ich habe außerdem das Gefühl, dass erfolgreiche Autoren in letzter Zeit immer häufiger nach alten Schubladen-Skripten ausgequetscht werden. So zum Beispiel bei Jonathan Stroud, dessen hervorgeholtes Skript "Drachenglut" zwar ganz nett war, aber bei weitem nicht an Bartimäus anknüpfen konnte.

Die ganzen Drachenromane, die alle versuchen, Eragon zu kopieren, nerven mich schon lange, zumal ich das "Original", abgesehen vom Alter des Autors, nicht einmal besonders beeindruckend fand.

Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Isleya am 03. Januar 2009, 16:57:07
Die Frage, ob die Verlage lieber auf Nummer sicher gehen und den aktuellen "Trends" folgen, habe ich mir auch schon mehr als einmal gestellt.
Die zwar frustrierende aber dennoch logische Antwort lautet: Ja, zumindest nach dem, was ich bisher so in den Regalen habe stehen sehen. Tatsächlich wird es bei der Auswahl immer schwerer, etwas wirklich originelles und abwechslungsreiches zu erwischen. Aber es ja verständlich, dass die Verlage sich ohne Risiko über Wasser halten wollen, obwohl ich mir auch vorstellen kann, dass ihnen ab und zu selbst bewusst wird, wie langweilig ihr Sortiment gerade ist und dann auch mal einige neue Sachen bringen, die aber schon wieder umwerfend gut sein sollten oder noch besser der allerallerneuesten Trendwelle, die (wie Mara ja schon sagte) aus den USA oder meinetwegen auch von anderswoher herüber schwappt. Nach dem Motto: Schnell draufstürzen, sonst schnappt sich's ein anderer Verlag zuerst. Dann können wir hinterher immer sagen: Wir waren die ersten mit der genialen Idee, etwas vollkommen Neues zu bringen *hust*
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Churke am 03. Januar 2009, 17:19:53
Ganz klar, die Welle wird abgesurft, bis sie nicht mehr trägt, und dann geht man dorthin, wo gerade andere surfen.

Das ist auch nicht weiter verwunderlich. Random House ist ein Label mit marktbeherrschender Stellung. Die diktieren, was in die Regale kommt; die machen die Bestseller. Risiken brauchen sie alleine schon deshalb nicht einzugehen, weil es - wirtschaftlich - keine Konkurrenz gibt, die diese Bezeichnung verdient.

Wahrscheinlich werden sie mit dieser Masche irgendwann mal Probleme bekommen. Irgendwann...

Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: gbwolf am 03. Januar 2009, 17:32:16
Zitat von: Kaeptn am 03. Januar 2009, 16:27:56Aber um zu meiner Frage zu kommen: Gibt es Verlage, die eher Mitschwimmer (sprich risikoscheu) sind und andere, die eher Trendsetter sind, in unserem Bereich? Oder ist zufällig immer mal wieder ein anderer der Trendsetter (bzw. der glückliche, der den Zuschlag für eine US-Trendsetter-Lizenz bekommen hat)?
Du suchst sowas wie das It-Girl des Buchmarkts, die Vogue der Verlagsszene?  ;)
Die US-Trendsetter wird man sicher nur mit (gelegentlichem) Glück bekommen (Rothfuss an Klett-Cotta) und mit Finanzmacht (Random House kann sicher einiges an Geld für Lizenzen bieten).

Für die deutschsprachigen Trendsetter halte ich persönlich Piper, die in den letzten jahren zwischen den Brot-Büchern immer wieder überraschend-anderes gewagt haben und (zum Glück!) noch immer wagen - Thomas Plischke "Die vom Amboss" ist ein solcher Kandidat, Moers hat es in der Vegangenheit bewiesen und auch "Nachtreiter" von Daniela Knor ist nicht ganz Standard.
Innovativ sind natürlich auch Klett-Cotta und Co. und viele Kleinverlage.


In diesem Sinne kralle ich mir den Thread für die Verlagsrubrik und bitte darum, Schmähtiraden gegen die immergleichen Bösen an anderer Stelle abzulassen und sachlich über Trends, Trendsetter udn Auswirkungen zu diskutieren!
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Lomax am 03. Januar 2009, 17:55:53
Zitat von: Die Wölfin am 03. Januar 2009, 17:32:16Die US-Trendsetter wird man sicher nur mit (gelegentlichem) Glück bekommen (Rothfuss an Klett-Cotta) und mit Finanzmacht (Random House kann sicher einiges an Geld für Lizenzen bieten).
Ich denk mal, in dem Statement laufen zwei grundverschiedene Dinge zusammen. Wenn man einen US-Trendsetter kauft, der sich schon etabliert hat, ist man ja kein echter Trendsetter mehr, sondern einer, der auf schon Bewährtes setzt. Die Aussage müsste also eher lauten, "an große US-Autoren kommt man nur mit Glück oder Finanzmacht" ;)
  Echte Trendsetter zu bringen, würde ja bedeuten, dass man neue Ideen bringt, bevor sie sich bewährt haben. Dafür nutzt Finanzmacht nicht viel, weil die Titel dann in der Regel noch billig sind. Da hilft nur Glück, ein gutes Gespür und/oder Mut, Versuchsballons starten zu lassen.

Ansonsten denke ich mal, dass es schwer ist, echte "Trendsetter-Verlage" zu benennen. Jeder große Publikumsverlag mit Vollprogramm versucht natürlich, alle Schienen zu fahren: Man wird dort immer Bücher finden, die Trends bedienen und verlässliche Einnahmen bescheren. Und dazwischen auch Titel, die entweder das Verlagsprogramm abrunden oder auch ganz bewusst als Testballons gestartet werden, um die Trends von morgen auszuloten.
  Bei manchen Verlagen, die wie Klett-Kotta bewusst auf spezielle Nischen setzen, wird man eher etwas Originelles abseits der Massen-Trends finden. Sie deshalb als "mutige Trendsetter" zu bezeichnen, wäre allerdings auch verfehlt. Sie bedienen eben ihre Zielgruppen, und nur selten stoßen sie damit neue Massentrends an. Da findet man im Rahmenprogramm der "üblichen Verdächtigen", die bevorzugt die Trends bedienen, immer noch mehr Versuchsballons, die zum Massentrend von morgen werden. Und Trendsetter zu sein, bedeutet in letzter Konsequenz eben nicht nur, Ungewöhnliches abseits der Trends zu bieten, sondern Trends zu bringen, bevor es welche werden.
  Bei den kleineren und mittleren Verlagen finde ich die Situation sehr unübersichtlich. Viele von ihnen haben sehr dezidierte Vorstellungen und bedienen entweder klar definierte Nischen, oder sie springen besonders deutlich auf etablierte Schienen auf und schneiden sich auch am Rande ihre Scheibe ab. Zwar findet man bei den "Kleinen" dann oft auch Titel, die die großen Verlage vermutlich nie bringen würden - aber oft frage ich mich dann, ob das jetzt wirklich ein Ausdruck von Mut und Innovation war, oder nicht eher ein Versehen ;D Denn man darf ja nicht vergessen, dass bei großen Verlagen meist viele Leute beim Programm mitreden und persönlicher Geschmack sich dadurch nivelliert, während bei kleineren Verlagen ein Einzelentscheider oft eine sehr persönliche Note ins Programm bringen kann, die nur am Rande etwas mit "bedienen" oder "Innovation suchen" zu tun hat.
  Jedenfalls habe ich es sehr selten erlebt, dass irgendwelche Themen aus kleinen Verlagen irgendwann als echte Massentrends wiederkommen und die Autoren mit hochgespült werden. Zumindest nicht im Phantastik-Bereich, bei Krimis ist es wohl anders.
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: gbwolf am 03. Januar 2009, 18:16:12
@Lomax: Ich denke, dass dieser Verlage, die amerikanische Trends übersetzen, damit auch Trendsetter im deutschsprachigen Raum sind und einen Trend setzen, dem die deutschen Autoren zumeist folgen, bzw. innerhalb dessen sie ihre Aufträge bekommen oder entsprechend die Titel auf den Trend angepasst werden.
Würden mehr Trends aus dem indischen, chinesischen, japanischen oder wasweißich Sprachraum übersetzt, wären die Vampire evtl. nie hier angekommen (wahrscheinlich schon, aber ein wenig steuern können Riesenverlage da schon, denke ich).

Was ich durchaus vermischt habe ist "Trends setzen" mit "Nicht-Trend-Romane verlegen" und ausprobieren, ob dabei ein Trend herauskommt.

Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Lomax am 03. Januar 2009, 19:01:26
Zitat von: Die Wölfin am 03. Januar 2009, 18:16:12Ich denke, dass dieser Verlage, die amerikanische Trends übersetzen, damit auch Trendsetter im deutschsprachigen Raum sind und einen Trend setzen
Nun, die meisten Einzelautoren, die einen Trend begründen, werden schon vorher gekauft. Dass Trends gezielt importiert werden, kommt eher selten vor. Der neu aufgelebte Trend zu den HdR-Romanen beispielsweise kam berechenbar mit den Filmen. Der neue Trend zum Völkerroman auch - aber der erste, trendstiftende Roman dazu waren "Die Orks", und das war ein billig erworbener Titel, der in Deutschland einen Trend begründet hat, den es in den USA nicht gab.
  Harry Potter war hier in Deutschland schon als Lizenz verkauft, bevor er zum Megaseller wurde. In anderen Bereichen: Dan Brown war bei Lübbe auch schon länger im Programm, bevor "Illuminati" und damit ein Trend der Vatikans-Verschwörungsromane so richtig in Schwung kam.
  Solche Beispiele sind durchaus die Regel, denn Trends lassen sich nicht wirklich importieren - auch wenn natürlich bei jedem Trend in den USA der Versuch unternommen wird ;) Aber das Problem sind die Vorlaufzeiten. Wenn man wartet, bis ein Trendpotenzial so offensichtlich zu erkennen ist, dass der Importerfolg mehr oder minder garantiert ist - kann man hier in Deutschland auch nicht mehr zum Trendsetter werden, weil dann schon alle anderen Verlage gleichzeitig auf den Trend springen und es nicht mal mehr die Garantie gibt, dass der Trendsetter-Titel hier in Deutschland als Erstes erscheint.
  Wenn man einen Trend in Deutschland begründen will, muss man zugreifen, bevor das Buch im Ausland auch nur die Chance bekommt, sich zu erweisen. Denn es ist üblich, dass vielversprechende Lizenzen schon vor Erscheinen der Originalausgabe gehandelt werden. Ich habe seinerzeit eine ganze Menge Uncorrected Proofs zum Begutachten bekommen, und auch völlig ungedruckte, englische Manuskripte. Und das ist der Zeitpunkt, zu dem man auch als deutscher Verlag zugreifen muss, möchte man wirklich mit Vorsprung einen US-Trend exklusiv importieren. Bequemes Warten, bis ein, zwei Jahre später jeder weiß, dass das Buch eingeschlagen hat, und bis der Autor dementsprechend teuer ist, das lohnt sich selten.

Also: Wenn ein Trend aus den USA nach Deutschland rüberschwappt, kann man davon ausgehen, dass die wichtigen Lizenzen schon gekauft wurden, bevor man in den USA wirklich wusste, dass ein Trend daraus wird (was natürlich auch heißt, dass eine Menge Titel gekauft wurden, bei denen man nur glaubte, es könne in den USA ein Trend draus werden).
  Hat ein Verlag den Zeitpunkt verpasst, kann er hier auch keinen wirklichen Trend mehr begründen. Zumindest keinen, der dem Verlag noch eine einzigartige Stellung als Trendsetter verschafft und damit die Möglichkeit, die Gewinne des "ersten Ansturms" exklusiv einzufahren und das Marktsegment als "Marke" zu dominieren.
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Alana am 03. Januar 2009, 22:49:03
@Lomax: Danke, das war sehr interessant.
Ich denke, dass das absolut zutrifft.
Obwohl es auch denkbar wäre, dass große deutsche Verlagsgruppen von vornherein ein Vorkaufsrecht bei bestimmten amerikanischen Verlagen haben, so können sie sicher gehen, dass ihnen keiner die Senkrechtstarter vor der Nase wegschnappt.

Kaeptn fragte, ob Fantasy überhaupt noch gewünscht/gekauft/gelesen wird.

Ich denke, dass Fantasy im weitesten Sinne sich immer mehr etabliert.
Ich würde aber gerne mal wissen, ob das bloß ein subjektiver Eindruck ist.

Auf jeden Fall habe ich das Gefühl, dass Fantasy immer salonfähiger wird.

Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Lomax am 04. Januar 2009, 00:31:21
Zitat von: Alana am 03. Januar 2009, 22:49:03Obwohl es auch denkbar wäre, dass große deutsche Verlagsgruppen von vornherein ein Vorkaufsrecht bei bestimmten amerikanischen Verlagen haben, so können sie sicher gehen, dass ihnen keiner die Senkrechtstarter vor der Nase wegschnappt.
Nun ja - "Random House" ist ja nicht nur eine deutsche Verlagsgruppe ;D
  Ansonsten, wie gut die US-Verlage internationale Rechte vermauscheln können, hängt nicht zuletzt davon ab, was für Rechte ihnen die Autoren dort abtreten. Und wie wir aus einem anderen Thread wissen, läuft in den USA ja nichts ohne Agenten ;) Und die schauen schon darauf, dass Vorkaufs- und Auslandsrechte nicht umsonst aus der Hand gegeben werden.
Zitat von: Alana am 03. Januar 2009, 22:49:03Ich denke, dass Fantasy im weitesten Sinne sich immer mehr etabliert.
Ich würde aber gerne mal wissen, ob das bloß ein subjektiver Eindruck ist.

Auf jeden Fall habe ich das Gefühl, dass Fantasy immer salonfähiger wird.
"Salonfähig" und "etabliert" sind ja zwei dehnbare Begriffe, unter denen so allerhand zu verstehen ist. Wenn man darauf hofft, dass Fantasy literarisch anerkannter wird ... Ich fürchte, da wachsen eher die Gletscher in den Alpen wieder.
  Was allerdings zu beobachten ist: Mit den Bestsellern im Bereich der "Völkerromane" hat man Verkaufszahlen erreicht, die fast um den Faktor 10 über dem liegen, was man vor zehn Jahren noch in den Kalkulationen der Verlage als "Gesamtmarkt aller regelmäßigen Fantasyleser" angenommen hat. Das macht Fantasy ohne Zweifel zu einem Genre von deutlich gestiegener Marktbedeutung.
  Man sollte, wenn man über "Trendsetter" redet, allerdings auch nicht übersehen, was das implizit noch bedeutet: 90% der derzeitigen Fantasyleser kennen das Genre erst seit 10 Jahren. Die erfahrenen Leser, die sich heute über fehlende Innovation beklagen, die neue Trends vermissen und für die nicht alles neu ist, was derzeit so gedruckt wird, sind zur Minderheit in ihrem angestammten Genre geworden.
  Diese nackten Zahlenverhältnisse machen vielleicht auch manches einsichtiger, was manchen derzeit in puncto "Fantasie" und "Wellen bedienen" in den Verlagsprogrammen so unbegreiflich erscheint.
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: LoneRanger am 04. Januar 2009, 12:13:10

ZitatIch denke, dass Fantasy im weitesten Sinne sich immer mehr etabliert.
Ich würde aber gerne mal wissen, ob das bloß ein subjektiver Eindruck ist.
Auf jeden Fall habe ich das Gefühl, dass Fantasy immer salonfähiger wird.

Guten Morgen, schönen Sonntag!

Fantasy ist ein weites Spektrum, das inzwischen jeden Bereich der Literatur erreicht hat und aus kaum einen Genre sind fantastische Elemente wegzudenken. Die Leser stutzen nicht mehr so, wie in einer Geschichte etwas auftaucht, was in den fantastischen Bereich gehört und haben gelernt, es symbolhaft zu deuten. Natürlich gibt es noch die "Old School Fantasy" und die epischen Werke, aber es ist eine ganz andere Diskussion, was aus diesem Sub-Genre wird, als die Frage, welche Entwicklung Urban-Fantasy, Social-Fantasy, Romantic-Fantasy und die Einflüsse durch den japanischen Markt in den nächsten Jahren machen. Wir können zwar nach Amerika schauen, dabei aber im Auge behalten, dass Teile der amerikanischen Medienwelt bereits in japanischen Händen oder zumindest von dort beeinflusst sind.

Und das es eine Entwicklung von "hau-drauf" nach "wie fühlst du dich dabei" gibt, während Andere immer mehr an der Grenze zur unverhohlenen Gewalt kratzen, vollzieht die unterschiedlichen Bedürfnisse der Leser nach. Mir war Moers/Rumo durchgehend um einiges zu brutal. Ich stehe dazu, das ich gerne Jugend-Fantasy lese - weil dort viele Dinge wirklich noch der Fantasie überlassen werden und nicht in schrillen Farben ausgemalt werden. Ich freue mich auf mehr ernsthafte Romantic-Fantasy, ggf. auch ohne Biss in den Hals. Für mich hat dieser Trend den Arbeitstitel 'White Fantasy', ohne (ich betone ohne, weil die Diskussion gerade in einem anderen Forum läuft), also ohne damit ein neues Genre schaffen oder definieren zu wollen. White Fantasy wäre demnach jeder Schreibstil, so heftig wie er auch an manchen Stellen sein muss, oder sein will, der in erster Linie davon ausgeht, das sowohl die Wesen in unserer Welt wie in den anderen Welten eine Seele haben, die genau so verletzt werden kann wie ein Körper und für die es eine Grenze gibt an Ertragbarem. Wir kennen, glaube ich die Grenzen unserer Seele und immer mehr Autoren, Autorinnen berücksichtigen dies wieder. Hier gibt es noch ein weites Land zu entdecken, denn welches Genre ist besser geeignet, die vielfältigen Wünsche und Träume unserer Seele zu beleuchten. Ja, wir hatten die Krieger, ja wir hatten die Geistwesen, der Aspekt des Seins wurde also auch berücksichtigt - bekommen wir jetzt die Seelenwesen?

Bitte, all das ist nicht wirklich Neu, es ist immer mehr oder weniger enthalten gewesen - aber ich sehe zumindest die Möglichkeit einer ansatzweisen, vorsichtigen Verstärkung einer Entwicklung und damit auch eine neue Leserschaft für diesen, unbestritten, nur Teilbereich der Fantasy.

Liebe Grüße

Der LoneRanger 








Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Grey am 04. Januar 2009, 12:37:08
Bei White Fantasy denke ich immer an 'christliche' Fantasy ... vielleicht wegen der Ähnlichkeit mit White Metal. Aber das ist keine bewusste Verknüpfung, oder?
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: LoneRanger am 04. Januar 2009, 13:12:52
Hallo Grey,

diese Frage musste ja (endlich) jemand einmal stellen. Sagen wir es so: Ich habe den Begriff gebraucht, trotzdem es diese Verknüpfung gibt. Dort geht es aber wohl eher um einen anderen Konflikt: In der Metall-Szene haben viele (die Meisten) Gruppen ein klares Bekenntnis zu einem okkulten oder satanischen Hintergrund. Das hat schon seit der Rock'n'Roll Ära zu Diskussionen innerhalb der etwas fundamentaleren Christenheit geführt, und bestimmte Musik wurde pauschal verteufelt. Das liegt daran, das Fundamentalismus immer dumm ist, aber das bedeutet nicht, das der Glaube an Gott dumm ist, oder?
Luther hat Gassenhauer und Kneipenlieder seiner Zeit zu Kirchenliedern umgetextet. Damals waren Bläserchöre noch absolut Trendy! Cliff Richard hat gesungen: "Why should the Devil have all the good Music (Warum dem Teufel die gute Musik lassen)" und es war klar, das bei Metall die Diskussion bei den "Frommen" wieder von vorne los ging. Die Christen, die auf Metall standen haben die Bezeichnung "White Metall" eher zur Durchsetzung im eigenen Lager gebraucht, und dann erst zur Abgrenzung nach aussen.

Bei Fantasy gab es relativ geringe Wiederstände im fundamentalistischen Flügel, einmal weil Literatur allgemein eher leise daher kommt. Außerdem hat es schon zu früh-pietistischen Zeiten christliche Fantasy gegeben und später hat auch Lewis, auf seinem Weg vom bekennenden Atheisten zum intelligenten Christen einen Weg im angelsächsischem Raum geebnet. Interessant: Walden-Media (Narnia) ist fest in amerikanisch-christlichen Händen.

Das war der grobe Hintergrund, ein absolut interessantes Theam, aber gleich OffTopic, wenn ich so weitermache  :o

Ich persönlich bin von meinem Wertverständnis stark vom Urchristentum (und natürlich dem, was Jesus gelehrt hat) beeinflusst, mache aber um das organisierte Christentum seit einiger Zeit einen sehr grossen Bogen und befinde mich zu den meisten Trends dort im Widerspruch. Es mag sein, das bei meiner Formulierung 'White Fantasy' mein persönlicher Hintergrund eine Rolle gespielt hat. Ich halte aber, Fantasy, wie die Musik, wie andere Künste, für den kreativen Ausfluss eines kreativen Geschöpfes und damit neutral, oder sogar eher "Schöpfungsgemäß". Erst was wir daraus machen, transportiert die Werte, die wir vermitteln wollen, oder den Müll, den wir loszuwerden haben...

White Fantasy (die es ja so gar nicht gibt!!!) ist also für mich auf keinen Fall (!!!) christliche Fantasy.

Viel Text auf eine kurze Frage, gell.

Liebe Grüße

Stefan (LoneRanger)


Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Lomax am 04. Januar 2009, 13:43:33
Zitat von: LoneRanger am 04. Januar 2009, 13:12:52Bei Fantasy gab es relativ geringe Wiederstände im fundamentalistischen Flügel, ...
Ähm, du hast aber nicht viel Verbindung zu den freikirchlichen Gemeinden, oder? Dass Fantasy Teufelswerk ist, bekommt man da regelmäßig zu hören. Bekam ich jedenfalls regelmäßig zu hören, als ich mich in den 80ern noch regelmäßig dort umgesehen hatte. Insofern wäre da sicher dasselbe Fundament gegeben, das du für "White Metall" konstatiert hast.
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: LoneRanger am 04. Januar 2009, 13:50:33
@ Lomax
wird zu sehr Off-Topic, melde mich kurz per PN.
Ich hatte den 'Widerstand' gegen Fantasy ausschliesslich in der Relation zu den Musikdiskussionen gewogen. Aber Du hast recht, ich war in den 70ern in der "Jugendstunde", es ist also eine subjektive Einschätzung die wohl so nicht stimmt. Vermutlich wird dort Fantasy genau so stark 'verfolgt'.

Trotzdem, White Fantasy meint nicht den christlichen Kontext. Bei mir jedenfalls nicht!

Gruß,
Stefan

Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Leon am 04. Januar 2009, 14:18:15
Zitat von: Kaeptn am 03. Januar 2009, 16:27:56
Fantasie-Romane sind sich per se leider alle sehr ähnlich (sehr gerne Weltrettung, sehr gerne irgendwelche Artefakte die dazu gebraucht werden (und im Idealfall erstmal gefunden werden wollen), eigentlich immer irgendwelche Monster uswusf), ich mache da keine Ausnahme,

Anderer Fall sind diese endlosen Vampir/Dämon/Werwolf/wasweißich-Schmonzetten (wie wäre mit "Ich liebe ein Skelett"), die ja auch schon ganze Regale füllen.

Ein interessanter Aspekt, zu dem ich gerne etwas sagen möchte:

Ich stimme mit Dir überein, wenn Du sagst: dass in fast allen Romanen mehr oder weniger das gleiche Muster zum tragen kommt. Ich selbst bilde darin keine Ausnahme. Schließlich will der Leser Welten retten, verschollene Artefakte suchen und mit irgendwelchen Monstern oder Drachen kämpfen, oder Dinge tun, die ihm im normalen Leben nicht möglich sind. Wer würde schon gerne ein Buch, über einen stinknormalen Tagesablauf eines Koboldes lesen wollen, bei dem der Höhepunkt darin besteht, dass er es geschafft hatte, seine Krungelköpfe noch rechtzeitig vor dem herannahenden Unwetter in Sicherheit zu bringen. Ich denke mir, das würde keinen vom Hocker hauen. :)

Zudem denke ich, ist es inzwischen auch ein Ding der Unmöglichkeit geworden, etwas wirklich brandneues zu schreiben. Etwas noch nie dagewesenes. Da ich glaube, es gibt nichts neues mehr. (Hierbei meine ich jetzt keine Namen oder Orte. Da ist bestimmt noch so einiges machbar.) Alles andere ist in der einen oder anderen Form oder unter anderem Namen schon Mal da gewesen. :hmmm:

Gruß
Leon  
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Sarina am 04. Januar 2009, 15:23:51
ich denke auch, dass bestimmte Aspekte einfach dazu gehören. Was habe ich mir meinen Kopf zerbrochen, habe mich doch dann für die typische Heldensaga entschieden, die in den Folgebänden sich von den typischen Aspekten entfernt und auf den Kopf stellt.

Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Kaeptn am 04. Januar 2009, 16:57:47
Zitat von: Alana am 03. Januar 2009, 22:49:03
Kaeptn fragte, ob Fantasy überhaupt noch gewünscht/gekauft/gelesen wird.

Ich denke, dass Fantasy im weitesten Sinne sich immer mehr etabliert.
Ich würde aber gerne mal wissen, ob das bloß ein subjektiver Eindruck ist.

Auf jeden Fall habe ich das Gefühl, dass Fantasy immer salonfähiger wird.

Da hast du mich missverstanden, ich meinte ob Fantasie (bewusst mit ie) [beim Autor] gefragt ist, oder ob man nicht doch lieber den gefühlt 10.000 Drachenreiter-Roman verfasst, statt sich eigene Kulturen und Viecher auszudenken.

Dass Fantasy seit den HdR-Filmen weit hipper ist als in meiner Jugend, sehe ich auch bei einem bloßen Blick in die Buchhandlung. Und ich denke mit der Hobbit-Verfilmung wird es nchmal einen Schwung geben. Früher war deutsche Fantasy ja so gut wie gar nicht vertreten, außer Hohlbein war mir als Jugendlichem jedenfalls nix bekannt (Ende mal außen vor), da las ich neben Tolkien noch Weis&Hickman, Terry Brooks und so was.
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: gbwolf am 04. Januar 2009, 17:08:57
@Kaeptn: Ich muss gestehen, dass ich deine Fragestellung nicht ganz verstehe. Worauf möchtest du mit diesem Thread hinaus? Geht es um die Frage, ob man nur veröffentlicht werden kann, wenn man sich an Trends orientiert, um Verlage, die auch Nicht-Trendthemen eine Chance geben oder geht es allgemein darum, ein wenig abzuschimpfen?
Wie bewertest du die bisherige Diskussion in deinem Thread? Du hast ihn eröffnet, also lenke ihn ein wenig, bzw. äußere dich bitte auch zur geführten Diskussion, derzeit sehe ich nämlich nicht, wozu dieser Thread dient.
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Kaeptn am 05. Januar 2009, 10:05:14
Mir ging es darum, ob es bestimmte Verlage gibt, die sich mehr für Fantasy abseits der derzeitigen Trends interessieren als andere...
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Leon am 05. Januar 2009, 10:29:50
Da "Fantasy" ein Oberbegriff ist, unter dem sich zahlreiche Unterarten tummeln würde es mich interessieren, welche Art von Fantasy sprichst Du an?

Gruß
Leon
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Alana am 05. Januar 2009, 12:19:23
Zitat von: Kaeptn am 04. Januar 2009, 16:57:47
Da hast du mich missverstanden, ich meinte ob Fantasie (bewusst mit ie) [beim Autor] gefragt ist, oder ob man nicht doch lieber den gefühlt 10.000 Drachenreiter-Roman verfasst, statt sich eigene Kulturen und Viecher auszudenken.

achso.
Nunja, ich denke schon, dass man mit etwas komplett Eigenständigem mehr erreichen und sich eine eigene Fangemeinde schaffen kann, als wenn man nur den zigtausendsten Drachenreiterroman schreibt.
Als Beispiel fällt mir Bartimäus ein, das war ja wirklich mal etwas Anderes und auch ziemlich erfolgreich und hat mir auch sehr viel besser gefallen, als Eragon.

Ich glaube einfach, dass viele Autoren und Verlage auf Nummer sicher gehen.
Trotzdem ist der Nachahmer-Markt in meinen Augen nicht so erfolgreich.
Wenn auch vielleicht genug, um die Verlage zufrieden zu stellen.
Aber ich habe noch nie von einem Hype um einen anderen Drachenreiter-Roman gehört.

Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Linda am 05. Januar 2009, 12:43:43
Zitat von: Alana am 05. Januar 2009, 12:19:23
Aber ich habe noch nie von einem Hype um einen anderen Drachenreiter-Roman gehört.

wenn Erfolg natürlich gleichgesetzt wird mit internationaler Bestseller und Verfilmung, dann trifft das sicher zu.  :engel:
Drachenreiter, sogar eine ganze Reihe davon, gab es indes schon bei einer gewissen Anne McCaffrey im letzten Jahrhundert ...tausend.
Auch heute existieren ungezählte Bücher mit Drachen (und werden immer noch geschrieben und angeboten, abgelehnt oder verlegt), die vielleicht nicht gerade für Hollywood interessant sind, aber dennoch verlegt werden und ihren Mann bzw ihre Frau ernähren. Und für die Autoren und Verlage ist so ein Buch sicherlich ein Erfolg.

Gruß,
Linda
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Alana am 05. Januar 2009, 23:28:50
Genau das meinte ich, sie sind durchaus zufriedenstellend aber es entsteht eben kein Hype.

Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Raven McTalon am 05. August 2009, 14:07:19
Ja, schon, um einen anderen Drachenreiter-Roman gab es nie SO einen Rummel. Wobei ich sagen muss, ich hab mich inzwischen auch nahezu gänzlich von Drachen, Elfen etc. abgewandt. Nach dem (gefühlten) 10.000 Elfen/Drachen-Roman ging's mir einfach auf den Nerv, das alles einfach nach dem gleichen Strickmuster ist. Jetzt tummel ich mich bei Vampiren und so weiter. Wobei es  auch da Strickmuster gibt, die eigentlich immer auftauchen.
Z.B. rettet der Vampir / Werwolf / Dämon sie eigentlich fast immer unter unmöglichen Umständen
und ach, ja nicht zu vergessen, dass es bis jetzt eigentlich in jedem auch eine Liebe zwischen einem (mehr oder weniger) normalen Menschen und einem Vampir / Werwolf / Dämon gab...
Tja, aber irgendwie kommt man selbst ja auch nicht drum rum, nicht? Bei mir gibt es jetzt eine Liebe zwischen einem Werwolf und einer Halb-Werwölfin (die zu dem Zeitpunkt, da sie mit IHM zusammenkommt allerdings noch nicht ahnt, dass sie zur Hälfte ein Werwolf ist XD)

Ich frag mich wie man davon weg kommt? Es ist sich dann doch immer alles so ähnlich irgendwie... Hmm... Ja und mit Bartimäus hast du schon recht: War mal was anderes. Kann ich bei Eragon jetzt eigentlich nicht so sagen...
Naja, wie dem auch sei...

LG
Ash
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Joscha am 06. August 2009, 08:19:16
Ich habe mich nahezu vollständig von irgendwelchen Fabelwesen abgewandt, in meiner Welt leben nur Menschen und um die geht es dementsprechend auch.

Ich glaube, die meisten Verlage sind durchaus bereit, sich von den aktuellen Hypes zu lösen, solange die Qualität des Manuskriptes stimmt und man ein großes Leserpotential vermutet. Irgendwer muss ja für den nächsten Hype den ersten Schritt tun.
Allerdings würde ich schon sagen, dass man es als Mitschwimmer einfach hat, denn das Konzept hat sich dann schon bewährt und der Verlag kann sich einer großen Gruppe "Stammleser" quasi sicher sein, wenn er den Roman nur überzeugend genug als "Bis(s)-Nachfolger" tituliert.
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: FeeamPC am 07. August 2009, 09:11:37
Ich wage zu behaupten, daß so ziemlich jedes Buch in die Kategorie "alles schon einmal dagewesen" gehört. Menschen haben nun einmal ein ziemlich fixes Verhaltensrepertoir, und über die letzten Jahrtausende haben sich die wesentlichen Bestandteile einer spannenden Geschichte nicht geändert.
Geschichten über Elfen, Drachen und Zauberer, über heroische Queste und tapfere Kämpfer, über Liebe und Verrat gibt es seit Anno dunnemals, und diese Geschichten sind sehr gut belegt (Edda, Ilias, Gilgamesch-Epos). Trotzdem kann ein guter Geschichten-Erfinder seinen Lesern ein Gefühl vermitteln, als ob er die Welt komplett neu geschaffen hat.
Was den Trendsetter von den Mitschwimmern unterscheidet, ist eine Geschichte, die so faszinierend geschrieben ist, daß der der Hörer oder Leser gar nicht darüber nachdenkt, ob ihm das Strickmuster vertraut ist.
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Leon am 07. August 2009, 09:22:01
Guten Morgen, FeeamPC

Zitat von: FeeamPC am 07. August 2009, 09:11:37
Was den Trendsetter von den Mitschwimmern unterscheidet, ist eine Geschichte, die so faszinierend geschrieben ist, daß der der Hörer oder Leser gar nicht darüber nachdenkt, ob ihm das Strickmuster vertraut ist.

Das hast Du schön gesagt. Kann ich nur voll und ganz bestätigen. :winke:

Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Lucien am 07. August 2009, 16:42:34
Dem stimme ich auch zu.  :D
Ich selbst habe während meiner naiven Schreibanfänge auch noch nach der ultimativ neuen Story gesucht und wollte etwas schreiben, was wirklich neu ist.  ::)
Inzwischen weiß ich, dass ich mich wohl darauf beschränken muss, altbekannte Elemente neu zusammen zu seltzen, sodass sie wenigstens neu aussehen.

Eigentlich schade, dass diese "neuen Kreationen" unter den ganzen schon bekannten Fantasy-Rezepten meistens untergehen.  :'(

Aber manchmal frage ich mich, was passieren würde, wenn ein Verlag jetzt irgendein x-beliebiges Buch bewerben würde, als wäre es der tollste Bestseller überhaupt.
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Agrona am 07. August 2009, 23:25:27
Zitat von: Jenny am 07. August 2009, 16:42:34
Ich selbst habe während meiner naiven Schreibanfänge auch noch nach der ultimativ neuen Story gesucht und wollte etwas schreiben, was wirklich neu ist.  ::)

Es muss nicht immer alles neu sein.. im normalen Leben ist das ja auch nicht so das jeder ein völlig anderes Leben hat bzw. niemand schon mal Teile aus diesem Leben selbst erlebt hätte oder zumindest Ähnliches.

Ich jedenfalls werde weiter Ideen mixen, meine hinzuwerfen, ein bisschen da was aus meinem Leben rausschneiden und hinzurühren und schwups ist der perfekte Buchstabensalat fertig ;) Möchte jemand mal probieren?
Titel: Re: Mitschwimmer vs (Möchtegern)-Trendsetter
Beitrag von: Maria am 14. August 2009, 19:16:18
Die Sache mit der "White Fantasy" und die Frage nach eigenen Welten hat mich an zwei Dinge erinnert.

Als ich für ein aktuelles Projekt meine Welt und meinen Helden erdachte, hat mich meine Schwester mit der simplen Frage "Und woran glaubt das Volk deines Helden? Gibt es für sie ein Leben nach dem Tod?" ziemlich in die Ecke getrieben, weil ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht hatte.
Wenn es nicht eine klare Mythologie als Basis gibt, eine Götterwelt wie die Nordische, ist es eine Herausforderung, sich sowas auszudenken. Ich habe das Gefühl, dass viele Fantasyautoren, um Glaubensfragen ihrer Helden einen Bogen machen. Häufig ist der Glaube auch nicht relevant, ich denke nicht, dass sich jemand bei Harry Potter gefragt hat, was denn die Zauberer glauben, ob es für sie einen Gott (oder mehrere) und ein Jenseits gibt. Obwohl die Welt der Mugels eine Rolle spielt, hat es der Glaube der Mugels nicht.

Zweitens ist es nicht so leicht, sich eine komplett andere Welt auszudenken, komplett andere Wesen als die bestehenden. Ein Weltenbau benötigt Geschichte, Geographie, Biologie, Wirtschaft, Infrastruktur, gegebenenfalls eine eigene Mythologie, Soziologie, einen Finanzmarkt, Bodenschätze  usw...

Ich bin beim Weltenbau schon ins Schwitzen gekommen, bei der Frage, ob es überhaupt Milch und Käse geben kann und wie die Milchgeber heißen müssen. Wenn es keine Milch und keinen Käse gibt, womit werden dann die Kinder ernährt und wie kommen die Bauern zu ihrem Eiweiß,  und wenn es Kühe gibt, die auch Kühe heißen, gibt es dann auch Schweine und Hühner und Eier?
Im Bestreben, etwas Neues zu schaffen  spickt man die Seiten seines Romans mit zig neuen Wörtern für neue Dinge (um die alten zu ersetzen), die dann den Leser verwirren und erst erklärt werden müssen, wodurch die Handlung ins Stocken gerät usw...
Urbane Fantasy, wo grad mal ein paar Vampire durch eine Stadt laufen, die gleich funktioniert wie es unsere Städte tun, hat es sicher leichter als umfassende Weltenbaufantasy. 

Leser haben Erwartungen an Bücher. Wenn da drauf Fantasy steht, möchten sie gerne das kaufen, was sie unter Fantasy erwarten, ob das nun Drachen, Zwerge, Orks oder Elfen sind. Wenn sie stattdessen verschiedenste fremde Wörter für Völker und Fabelwesen im Klappentext finden, ist das Risiko groß, dass sie das Buch wieder zur Seite legen.  Daher haben sich Herr der Ringe und Harry Potter bei der Irischen Mythologie bedient wie viele andere Autoren sich ebenfalls bei den Volk Tales verschiedener Völker bedienen. Die Begriffe dieser Wesen kennen die Leser.
Wie heißt nochmal das Sprichwort: "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht."  Leider gilt das oft auch für Bücher wie ich festgestellt habe.