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Wenn der Zweifel an die Tür klopft

Begonnen von Alaun, 06. August 2009, 09:47:55

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HauntingWitch

@Cailyn: Ja, okay, das stimmt, daran habe ich nicht gedacht. Aber ich sehe schon, grundsätzlich meinen wir das Gleiche.

HauntingWitch

Sorry für den Doppelpost. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich in diesem Thread wirklich richtig bin, aber ich traue mich nicht, gleich schon wieder einen neuen aufzumachen. Es ist nicht so, dass ich extrem verzweifelt bin oder eine Blockade habe oder so etwas...

Aber kennt ihr diese Werke, bei denen ihr so richtig, richtig schlimme Komplexe bekommt? Ich bin momentan ein bisschen süchtig nach Game Of Thrones (die Serie). Wer es kennt, wird wissen, dass der Autor der Buchvorlage da ein extrem durchdachtes, detailliertes und vielschichtiges Worldbuilding erschaffen hat (ich weiss gar nicht, ob ich wirklich wissen möchte, wie es erst in den Büchern ist  ;D). Ich finde das genial, ohne Frage, ich geniesse, kann man nur schwärmen von.

Und dann denke ich an meinen eigenen Roman mit meiner eigenen Welt und sie kommt so unglaublich flach und unzulänglich vor. Fast neige ich dazu, das alles zerreissen und neu machen zu wollen. Das ist natürlich völlig irrational, sich als mehr oder weniger Anfänger mit einem der ganz grossen messen zu wollen, der ausserdem noch vierzig Jahre älter ist als man selbst und höchstwahrscheinlich über entsprechend mehr Lebenserfahrung, Allgemeinbildung usw. verfügt. Aber trotzdem würde ich auch gerne so etwas Tolles erschaffen, so etwas Tiefgründiges, richtig Gutes. Und ich schaue mein Werk an und habe das Gefühl, dass es das einfach nicht ist. Das ist übrigens nur ein Beispiel. Ähnliche Probleme habe ich auch bei anderen Autoren, die ich als besonders gut empfinde. So gut möchte ich auch werden, irgendwann. Aber der Weg erscheint mir so lang, meine Skripte so klein und unbedeutend dagegen...  :seufz: Habt ihr das auch?

Siara

Als ich 11 war und mir die "Herr der Ringe" Filme angesehen habe, habe ich angefangen zu heulen. Mit anderen Worten: Ich kenne das nur zu gut.

Und es ist immer noch schwer, diese unrealistischen Erwartungen an sich selbst von sich wegzuschieben. Ich versuche zu lernen, mir wenigstens die Techniken abzugucken... und hoffe, dass das etwas hilft. Ich sehe das Ganze inzwischen einfach als Lernprozess an. Vielleicht reicht man irgendwann wenigstens ansatzweise an die Großen heran, wenn man ebenfalls 30 Bücher geschrieben hat und 50 Jahre Schreiberfahrung hat. Dass jemand eine solche Genialität unter den ersten 5 Romanen hat, ist doch sicher eher selten.

Ich denke aber auch, dass es einem teils tatsächlich nur so vorkommt. Welten, die in andererleuts Köpfen stecken, erschließen sich einem schließlich viel langsamer, dementsprechend wirken sie gewaltiger. Mit seiner eigenen Welt beschäftigt man sich viel mehr, und wenn man sie irgendwann in und auswendig kennt, erscheinen einem die Besonderheiten zu gewöhnlich. Schließlich sind sie für den Schriftsteller zum Alltag geworden. Das kann den Lesern aber ganz anders gehen.

Immerhin geben auch die berühmten Autoren immer wieder zu, wie viele Zweifel sie hatten und dass sie glaubten, niemals so gut zu werden wie ihre Lieblingsschriftsteller. Dieses Gefühl hat also vermutlich wenig zu sagen - es bringt einen lediglich dazu, sich auf die tollen Geschichten zu konzentrieren und von ihnen zu lernen.  ;)
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Rhiannon

Witch, vergleichst du dich auch sofort mit Usain Bolt, wenn du mit dem Laufen anfängst?
Ich weiß, das "Will auch" und "Ich wäre doch gerne so wie mein Lieblingsschriftsteller etc." ist fies und man kriegt es nicht immer aus dem Kopf, aber anstatt auf diese Weise zu denken, hilft es dir vielleicht, wenn du dir genau überlegst, was dich an deiner Welt stört und was du bei Martin gefunden hast. Vielleicht kannst du dir ja das eine oder andere dadurch gefälliger machen. Und wenn du nichts findest, dann hast du eine andere nette kleine Welt, die wahrscheinlich trotzdem funktioniert. Ganz ehrlich, nicht jede Geschichte braucht ein Westeros!

Grey

Ist halt auch die Frage, was man will, so als Erzähler. Will man eine riesige, komplexe Welt, in der man sein Leben lang schreiberisch bleibt? Dafür brauchst du vor allem eines: Zeit. Ich meine, wie lang schreibt Martin jetzt an seinem Epos? Wie lang braucht er jeweils für das nächste Buch? Klar, dass Welt und Figurenkonstellation ein Monstrum an Komplexität sind, wenn man bedenkt, wie viele Stunden und Aberstunden er daran herumgedacht haben muss. Es steht ja auch zu erwarten, dass er niemals etwas anderes schreiben wird als das Lied von Eis und Feuer - und nicht mal da ist es sicher, dass er es noch vor seinem Tod zu einem Abschluss bringt. Aber sind nur solche Geschichten, solche Lebenswerke, wirklich gut? Ich würde mal behaupten: Nein. Tiefgründig und bedeutsam kann man auch auf 200 Seiten sein, dafür braucht es keine etlichen tausend. Mir persönlich wäre das ja auch zu eng, mich immer und ewig nur mit der gleichen Story zu befassen, egal wie komplex sie ist. Und ich behaupte weiterhin, dass sich durch das Erdenken vieler unterschiedlicher Geschichten die Chance erhöht, irgendwann DIE zündende Idee zu finden. Dieses Meisterwerk, das ganz bestimmt in jedem von uns schläft. Wir müssen es ja nur finden. Und bis dahin können wir doch prima an unserem Handwerk arbeiten, damit wir die Idee, wenn wir sie denn haben, auch stilvoll umsetzen können. :) Also, husch husch! An den Schreibtisch! ;)

Cailyn

HauntingWitch,
Ich kann das gut nachvollziehen. Schon oft dachte ich, dass mein Geschreibe fast lächerlich ist im Angesicht der grossen Werke. Aber Rhiannon hat schon recht. Kein Meister fällt vom Himmel. Und auch der Martin hat mal klein angefangen (mit Sci-Fi KGs) und diese waren wohl auch noch nicht so fulminant wie die Saga.
Was aber auch noch bedacht werden sollte: Man empfindet das eigene Schaffen bis zu einem gewissen Grad immer als weniger grossartig. Schon nur deshalb, weil man da direkt hinter die Kulissen sieht. Von Aussen betrachtet sieht doch alles gleich viel glanzvoller aus.

Sascha

Hey!

Ich habe das bei Andreas Eschbach irgendwo gelesen:
Es ist sinnlos, sich mit den ganz Großen zu vergleichen und dann zu denken, das eigene Werk kommt da nie ran, also wird man auch nie veröffentlichen usw.
Stattdessen soll man sich in der Bücherei/Buchhandlung die Romane nehmen, die recht schlecht geraten sind und sich denken: Wenn sogar sowas es zur Veröffentlichung geschafft hat, dann krieg ich das auch hin.

Recht hat er, der Eschbach. :jau:

Und ehrlich: Ich hab schon einige Bücher in den Fingern gehabt, wo ich mir das gedacht habe. Teils fand ich die Sprache unterirdisch, teils die Handlung. Da waren aber hochgejubelte, wahnwitzig erfolgreiche Autoren drunter.
Also: Ranhalten, Hilfe holen (Dafür sind wir doch irgendwie alle hier, um einander zu helfen, oder?) und besser machen als so manche Schreiberlinge, die auch veröffentlicht wurden.

Servus!

Esora

Hi HauntingWitch,

mir ging es auch schon einige Male so... nachdem ich ein richtig gutes Buch gelesen, oder einen megaguten Film gesehen und dann auf mein Projekt niedergeblickt habe, stand ich fast an der Grenze zur Verzweiflung. Ich war mir fast sicher, dass ich niemals etwas schaffen würde, dass dasselbe Potenzial in sich birgt.

Aber seit einiger Zeit hab ich meine Ansicht aber ganz geändert. Ich lasse mir die Genailität von solchen Werken nicht mehr allzu nahe treten. Ich lese sie/schaue sie an und ganz am Ende (nachdem ich zwischendrin immer noch manchmal den Mut zum weiterschreiben verliere) betrachte ich das gesammte nochmal und zwar von außen, als neutraler Beobachter. Und dann betrachte ich mein Projekt und spiele mit dem Gedanken, die Dinge, die mit faszinieren auf mein Werk zu übertragen. Einige Gedanken später jedoch entferne ich mich immer weiter von dieser Idee, denn ich erarbeite mir immer wieder aufs Neue die Dinge aus meinem Projekt heraus, die besonderes und einzigartig sind - und davon hat jedes Projekt etwas. Was bleibt, ist allerhöchstens ein Hauch, der vermischt mit all dem anderen und meiner Kreativität vielleicht erst bei Beobachtung unter dem Mikroskop auffällt. Und dann setze ich mich voll neuem Elan an die Arbeit und tippe und tippe immer weiter und ziehe neue Handlungen durch meine Welten. Und im Hinterkopf ist immer noch dieses Buch/Film, das mich fasziniert und entmutigt hat und ich spüre den Ansporn, immer besser und besser zu werden, um eines Tages über das Buch/Film hinauszuwachsen. Manchmal fange ich auch an, eine andere Geschichte zu analysieren, ihre Schwachstellen herauszufiltern und diese in meinem Projekt dann auszufüllen.

Und auch, wenn es nie dazu kommen sollte, dass mein Projekt besser werden wird, als das Buch, dass ich bewundert habe, so ist doch der Wille da und der zählt ;D

Und außerdem... das Entscheidende beim Schreiben und dem Erzählen von Geschichten ist doch diese seltsame, ergreifende Macht, die einen packt, wenn man in die Welt einer Geschichte eintaucht, und dieser unbändige Wunsch, immer Neues zu schaffen.

LG
Esora

traumfängerin

Was Sascha gesagt hat, kann ich so nur unterschreiben. Und ja, es gibt diese Werke wo man denkt, o mein Gott, so gut werde ich das niemals hinbekommen! Die Frage ist nur, was man mit solchen Momenten macht (wie Esora auch schon so treffend bemerkt hat). Lässt man sich davon runterziehen, oder schaut man sich an, wie diejenigen das hinbekommen haben, um es zu lernen und zu versuchen dies selbst in seinem aktuellen oder nächsten Werk einzubauen? Und manchmal ist es auch ganz heilsam, sich einfach in Ehrfurcht vor einem solchen Schriftsteller zu verneigen und sich zu sagen: "Gut, das werde ich niemals schaffen." Aber das muss man ja auch nicht. Schließlich wird ja nicht nur der 1. Platz der Bestsellerliste gelesen.  ;) (Ganz davon abgesehen, dass die Qualität eines Buches nichts darüber aussagt, wie erfolgreich es schlussendlich ist).

Außerdem ist ein Buch so vielschichtig, dass selbst der beste Autor niemals alles perfekt machen kann. Gegen zu viel Depression beim Lesen eines hervorragenden Werkes oder Ansehen einer tollen Serie hilft es manchmal, sich auf die kleinen Mini-Fehler zu konzentrieren, die sich überall finden. Denn dann kann man sich denken: "Gut, mag sein, dass er eine unglaublich tolle durchdachte Welt hat, aber anders als zumindest in der Serie müssen sich meine Frauen nicht ständig ausziehen und nackt durch die Gegend springen!"  :D

Feuertraum

#459
Ich kenne das nur zu gut, Haunting Witch. Man liest die Werke von anderen Autoren und denkt sich: "Boah, ich möchte auch so faszinierend schreiben können. Ich möchte auch eine Welt erschaffen, die man nicht bloß liest, vielmehr eine Welt, die man beim Lesen spürt. Jeder Atemzug des Protas (oder Antos) streift die Wange. Man spürt es auf der Haut, wenn die Sonne scheint oder wenn es regnet.
Allerdings machen Sie etwas, was irgendwie Vergleich Äpfel mit Birnen ist: Sie vergleichen Film mit Buch. Und das ist mbMn. ein Vergleich wie David gegen Goliath, nur dass der Riese hier ganz klar als Sieger hervorgeht.
Beim Buch hat man im Grunde genommen nur die Möglichkeit, eine Szene, einen Effekt, nur mittels Wörtern zu beschreiben, und der Leser bekommt nur eine Möglichkeit, sich diesen Effekt in seinem Kopf vorzustellen.
Im Film hat man sehr viele Möglichkeiten mehr, die zudem auch noch in schneller(er) Reihenfolge und einer etwas größeren Größe zu sehen sind.

Was den Weltenbau angeht: Ich bezweifele, das Martin sein Universum ganz alleine geschaffen hat. Vielmehr gehe ich davon aus, dass es ein paar Köpfe mehr waren, die zusammen gebrainstormt haben.

Was nun den Vergleich mit anderen Autoren angeht: Ja, auch das kenne ich. Ich lese auch hin und wieder ein Buch, bei denen ich dastehe und sage: "SO will ich auch schreiben können. Dieser Autor/diese Autorin hat es einfach drauf. Aber ich werde nie, nie, nie seine Nonchelance, seinen Stil, seine Art, Bilder zu weben, erreichen."
Und um den von Sascha erwähnten Eschbach ein wenig in die Parade zu fahren: Natürlich wird es immer Autoren geben, die Sie, ich oder Erna Müller bewundern werden. Aber bedeutet dass, dass Sie, ich oder Erna Müller nicht vielleicht auch ihre Fans haben? Kann es nicht sogar sein, das ein Andreas Eschbach sich hinstellt und sagt: Ja, Mensch, cool, HW hat es drauf!"
Ist natürlich nur eine Vermutung.
Aber seien wir ehrlich: wir alle haben unsere eigene Stimme, haben Ideen, haben unsere Art, diese Ideen mit unserer Stimme umzusetzen.
Wir unterstützen uns gegenseitig, um das, was wir als "Nuscheln" bezeichnen mögen vielleicht in eine klare, deutliche, moderative Aussprache zu bringen. Und dabei immer noch wir selber zu sein.
Und darum schließe ich mich Greys Worten an: Ab an den Schreibtisch.
LG
Feuertraum
(der eben seine Motivationspeitsche herausholt, um HW ein klein wenig...äh...aufzumuntern, weiterzumachen... ;) ;D)
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Sascha

Zitat von: Feuertraum am 21. März 2014, 22:33:05
Und um den von Sascha erwähnten Eschbach ein wenig in die Parade zu fahren: Natürlich wird es immer Autoren geben, die Sie, ich oder Erna Müller bewundern werden. Aber bedeutet dass, dass Sie, ich oder Erna Müller nicht vielleicht auch ihre Fans haben? Kann es nicht sogar sein, das ein Andreas Eschbach sich hinstellt und sagt: Ja, Mensch, cool, HW hat es drauf!"
Ich glaube nicht, daß Sie dem Eschbach damit in die Parade fahren. So etwas in der Art meinte er damit: Man muß nicht seinen größten Idolen nacheifern bzw. sich an denen messen, auch anderes wird gelesen. Man sollte sich an denen messen, die verlegt wurden, obwohl sie nicht besser oder sogar schlechter schreiben als man selbst.
Eschbach sagt über sich selbst, daß es in seinen ersten Romanen von flachen Charakteren und hölzernen Dialogen nur so wimmelte. Also, er will durchaus Jungautoren Mut machen und gibt ja auch eine Menge Tips zum Schreiben.
Und natürlich sind die Geschmäcker verschieden. Ich fand z.B. "Todesregen" von Dean Koontz einfach mies. Nur billige Gruseleffekte, 08/15-Horror von der Stange und ein dämliches Ende. Einige andere sehen das ähnlich, wieder andere nennen es ein Meisterstück:
http://www.amazon.de/Todesregen-Dean-Koontz/dp/345343336X/ref=sr_1_1/279-0167725-9016527?ie=UTF8&qid=1395479270&sr=8-1&keywords=todesregen

HauntingWitch

#461
Danke euch.  :knuddel:

@Grey: Du triffst einfach immer wieder den Nagel auf den Kopf. So betrachtet: Nein, ich möchte tatsächlich keine 20 Jahre und länger im gleichen Projekt gefangen sein, ohne irgendetwas anderes machen zu können.

@Siara und Rhiannon: Ja, sehen und lernen, das sage ich mir auch immer wieder. Aber davon geht dieser "so gut werde ich nie"-Gedanke leider nicht weg. Ich habe auch beschlossen, nicht mehr zu sagen "so gut werde ich nie", sondern eher "so gut möchte ich auch einmal werden", weil das positiver ist.

@Sascha: Okay, das stimmt. Von denen kenne ich mehr als genug. Aber man will sich ja nicht mit den schlechten Büchern befassen, sondern lieber mit guten. Manchmal frage ich ich auch, wie so ein Schund (wie ich jetzt auch gerade wieder aus der Bibliothek geholt habe) veröffentlicht werden kann und manche wirklich guten Sachen (aus dem TiZi z.B.) ihr Dasein in der Schublade fristen müssen. Das finde ich irgendwie auch traurig.

@Feuertraum: Hihi, das wäre natürlich eine Ehre.  ;D Ja, das hat schon was.

Also, ich gehe jetzt schreiben, bis später.  ;)

Aphelion

Zitat von: HauntingWitch am 21. März 2014, 16:48:32
Und dann denke ich an meinen eigenen Roman mit meiner eigenen Welt und sie kommt so unglaublich flach und unzulänglich vor.
Just habe ich einen Blogartikel zu dem Thema gelesen, den ich dir verlinken möchte: *klick*

Es wird inzwischen "erwartet", dass eine Fantasy-Welt sehr komplex ist - was sicherlich (wie im verlinkten Artikel beschrieben) auf Tolkien zurückzuführen ist. ABER.

Das heißt nicht, dass eine hochkomplexe Welt mit zig Hintergrundgeschichten und schier endlosen Details die einzige Möglichkeit ist, eine Geschichte zu erzählen.

Es ist eine Möglichkeit von mehreren.

Der Autor im verlinkten Artikel hält diese Hintergründe für unabdingbar - weil er sich dabei auf das bezieht, was momentan "marktkonform" ist.

Selbst wenn deine Geschichte wirklich in einer "flachen Kulisse" spielt (was ich nicht beurteilen kann), ist das also nicht zwingend ein Hinweis darauf, dass dein Manuskript schlecht ist.

Andererseits spricht nichts dagegen, deine Welt noch weiter auszubauen, wenn du das Bedürfnis dazu hast. Aber es sollte - erst einmal - DEIN BEdürfnis sein, solange du keinen Vertrag für das MS hast und dein Vertragspartner auf eine bestimmte "Marktkonformität" besteht.

BESTIMMTE Marktkonfomrität ... Nicht vergessen. Dein MS ist nicht unverkäuflich, nur weil deine Welt "kleiner" ausgefallen ist, als die von Sonstwem. :)

Coppelia

#463
Ich habe noch eine etwas andere Sicht auf die Dinge. Meiner Meinung nach ist es nur eine Frage der Zeit. Wenn man sich lange genug mit Romanen aus derselben Welt mit denselben Figuren beschäftigt, wird die Welt von ganz allein komplex.

Was Weltenbau oder Originalität betrifft, halte ich Martin nicht mal für besonders bemerkenswert. Aber er hat interessante Figuren, einen recht ausführlichen politischen Hintergrund und einen guten Schreibstil.

Und nicht, dass ich mir jetzt einen Vergleich mit Martin anmaßen wollte, aber: Ich schreibe Kessel-Romane seit 2007, also seit 7 Jahren. Inzwischen ist dieses Setting so komplex geworden, dass es bei neuen Romanen viel zu viele Dinge zu bedenken gibt. Ich habe jede Menge Figuren und mehr politischen Hintergrund, als mir lieb ist. Die Figuren bekommen - so empfinde ich es jedenfalls - mit jedem Roman mehr Profil, und auch die Welt wird immer mehr ausgebaut. Das ist nicht unbedingt nur ein Vorteil.

Martin schreibt schon lange an seiner Romanreihe und hat auch schon wesentlich mehr Seiten gefüllt als ich.

Daher, Witch, wenn du eine komplexe Welt möchtest, bleib einfach dran und gib deiner Welt und deinen Figuren eine liebevolle Betreuung. Ich glaube nicht, dass Komplexität eine besondere Leistung ist. Es ist bei einer bestimmten Art zu arbeiten eher ein unvermeidlicher Nebeneffekt. Die Leistung besteht meiner Meinung nach eher darin, trotzdem die Übersicht zu behalten.

Arcor

Aus gegebenem Zweifel zerre ich den Thread mal wieder etwas empor. So schön das Lesen meistens auch ist, manchmal ist es auch ziemlich hinterhältig.
Jetzt habe ich mit großer Vorfreude angefangen, Scott Lynchs dritten Gentlemen Bastards-Band The Republic of Thieves zu lesen und schon schaut Mr. Zweifel wieder bei mir vorbei.  :brüll: Nicht primär wegen der Geschichte, denn soweit bin ich noch nicht, um zu sagen, ob die Geschichte richtig gut ist, sondern wegen des Weltenbaus. Ich finde die Stadt, die Lynch erschaffen hat, einfach so genial und fesselnd und toll, zusammen mit den Figuren und dem ganzen Konzept mit Magie und Alchemie und einfach allem ...  :wolke:
Ich schwärme selten so für Weltkonzepte, aber irgendwie hat mich das voll erwischt. Ich will das auch gar nicht missen, aber meine eigene Welt (namentlich beim Weißen Ruf) kommt mir dagegen gerade so richtig fad und gewöhnlich und überhaupt nicht spannend vor. :happs: :gähn: Ich bin wirklich versucht, das ganze Konzept noch einmal über den Haufen zu schmeißen und neu zu plotten, auch wenn ich nicht weiß, ob das der Geschichte gut tut.  :d'oh:
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise