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Debüt

Begonnen von Barra, 06. Februar 2021, 14:32:27

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Barra

Salût zusammen!

Mir ist mal wieder im Zusammenhang mit Veröffentlichungen das Wort Debüt untergekommen.
(OT: Und weil ja grad die Ballsaison aus der Serie Bridgerton in aller Mund ist. Off-Topic Ende.)

Jetzt habe ich meine erste Frage schon beantwortet bekommen, dank @Maubel.
Was wird denn als Debüt gewertet?
Kurzgeschichten: Nein
Novellen: Ja
Romane: Ja

Daher erweitere ich meine Frage jetzt:
Wie war es bei euch?
Erzählt doch mal wie ihr diesen Meilenstein erlebt habt. War es überhaupt so besonders oder nur der erste Schritt, um endlich voranzukommen?
Was habt ihr kurz vorher noch gemacht? Habt ihr daraufhingefiebert?
Gibt es etwas was ihr angehenden Debütanten und Debütantinnen raten wollen würdet?
Oder eine Warnung? Tipps?

Natürlich frage ich nicht uneigennützig, ich möchte ja auch mal was veröffentlichen, lieber früher als später.
Aber ich denke, wir haben doch so einige TiZis, die noch nichts veröffentlicht haben und für alle die schon gewieft sind, vielleicht erinnert ihr euch ja gern daran zurück. Na ja, oder eben auch nicht, weil es ein total verkorkster Start war, aber auch das würde ich gern mal lesen. Vor allem dann auch wie ihr damit umgegangen seid, gleich wieder rauf aufs Buch oder erst mal Urlaub gemacht?

Freu mich auf eure Erfahrungen und Ratschläge.
Barra

Maja

Das ist ein interessantes Thema, aber weniger eine Buchmarkt-Frage, sondern persönliche Erfahrung. Daher verschoben.


Es folgt: mein persönlicher Bericht.

Meine Agentur habe ich seit Ende 2008, und auch wenn über die Jahre immer wieder Verlage an den angebotenen Manuskripten interessiert waren, hat es doch lange gedauert, bis jemand zugesagt hat. Ich war frustriert, weil um mich herum viele Tizis erfolgreich Verträge unterschrieben haben, und keiner wollte mich. Nach vier Jahren Suche mit Agentur war ich ziemlich durch, und auch wenn ich eigentlich etwas größeres wollte, habe ich dann, nachdem echt alle anderen abgesagt hatte, doch eingewilligt, dass mein "Puppenzimmer" in einem kleineren Verlag erscheinen sollte - es war sonst niemand mehr übrig. So unterschrieb ich Ende 2012 beim neugegründeten Dotbooks-Verlag.

Mein Debüt sollte ursprünglich als gedrucktes und Ebook parallel erscheinen - für ein reines Ebook hätte ich nicht unterschrieben, die Druckausgabe war mir wichtig. Auf den Tag heute vor acht Jahren kam dann die Mail vom Verlag: Sie finden Ebooks so toll, bla bla bla, wollen sich auf ihre Kernkompetenzen besinnen, und alle geplanten Bücher werden als reine Ebooks erscheinen, ohne Druckauflage. Ich war fuchsig, Agentin war fuchsig, aber wir haben echt alles versucht, ohne Erfolg. Das Buch ist bis heute nur ein Ebook (von der russischen Ausgabe abgesehen, aber die kam erst viel später). Der Verlag hat uns auch echt Steine in den Weg geräumt - sie waren Besitzer der Druckrechte, hatten vier Jahre Zeit, ehe die an uns zurückgefallen sind, und waren nur bereit, sie an einen anderen Verlag abzutreten, wenn der ihnen das gesamte Lektorat bezahlt hätte. Also, bis heute ist Puzi ein Ebook.

Mein Debüt erschien dann im Sommer 2013, und ich konnte mich nicht richtig drüber freuen. Es war eben nur ein Ebook, ich hatte nichts zum In-die-Hand-Nehmen, und es fühlte sich nicht wie etwas richtiges an. Ich bekam keine Lesungstermine, weil ich kein echtes Buch vorweisen konnte, und da half es nicht mal, dass sich Puzi verkaufte wie geschnitten Brot. Es war irgendwie nur ein Debüt zweiter Klasse. Noch frustrierender wurde, dass danach auch von anderen Verlagen nur Angebote für Ebook-Only kam. Ich hatte ja gehofft, dass das Debüt mir zumindest Türen öffnen würde, aber das tat es nicht. Es war ein Ebook-Bestseller, verkaufte sich fünfstellig, und ging Verlagen am Arsch vorbei.

Als ich dann bei Klett-Cotta unterschrieb, für ein gedrucktes Buch, ging ein dreifacher Traum in Erfüllung, und inzwischen bin ich sogar wieder bereit, wenn der Rest stimmt, reine Ebooks zu machen. Aber damals hat sich das echt wie eine Niederlage angefühlt, was eigentlich ein Triumph hatte werden sollen. Es war ein gutes Buch, und es hat sich gut verkauft - das ist das, worauf es ankommt. Mein erstes gedrucktes Buch, Kettlewood, hat ein Zehntel von dem verkauft, was Puzi geschafft hat.

Wenn ihr für ein Debüt unterschreibt, schaut nicht nur auf die Form. Schaut auch, was der Verlag euch für Aktionen anbietet, um das Buch zu verkaufen. Ein gut promotetes Ebook ist besser als ein gedrucktes Buch, das vom Verlag keinerlei Marketing bekommt - das Schlimmste jedoch ist ein reines Ebook ohne Marketing. Da ist der Flop vorbestimmt. Hatte ich auch. Geigenzauber hat sich knapp über hundertmal verkauft. Insgesamt.

So oder so - nehmt euer Debüt ernst. Feiert es gebührend. Auch wenn es in einem kleinen Verlag passiert - das macht es nicht zur Niederlage. Freut euch über jeden Leser, und macht das beste draus. Man debütiert nur einmal. Und das ist immer eine Party wert.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Pintana

Ach ja, das Debüt ... Majas Bericht ist ja schon geprägt von den Aufs und Abs auf dem steinigen Weg zum Debüt. Meiner war auch sehr gemischt ...

Mit meinem allerersten Manuskript habe ich fröhlich Verlage angeschrieben, damals noch blauäugig und in der Erwartung, dass man mir die Schlüsselträger aus den Händen reißen würde. Es hat exakt in den Markt gepasst, gefiel mir total, aber es ließ sich einfach nicht unterbringen. Egal, wie sehr ich es versucht habe, die Schlüsselträger sind heute noch ein Schubladenmanuskript (abgesehen von einem kurzen Versuch im SP ::) ). Dann sprach mich ein Verlag an. Von sich aus! Ich war total platt und freute mich riesig darüber, dass ihnen meine Textschnipsel, die ich zwecks Kritik in einem Forum eingestellt hatte, so gut gefallen haben, dass sie mich als Autorin aufnehmen wollten. Der Harken an der Sache?  Vielleicht ahnt ihr es: Nicht mit meinem bereits geschriebenen Manuskript. Anhand von ein paar Eckpunkten sollte ich etwas neues schreiben "sowas wie Twilight" wollten sie. Aber ich weigerte mich strickt, so ein Lämmchen wie Bella in die Welt zu setzen. Meine Mädels sind keine scheuen Rehe. Also stampfte ich innerhalb weniger Monate meine Nachtwesen-Trilogie praktisch aus dem Boden, hatte drei ordentliche Manuskripte, die der Verlag auch gut fand. Dann begann das Trauerspiel von neuem. Für den Verlag sollte ich, als kleinen Gefallen, erstmal ein paar Kolleginnen helfen, ich, blöd wie ich war, habe brav alles gegen gelesen, Fehler gesucht, mit Kolleginnen diskutiert und jede freie Minute mit Verlagskram verbracht, obwohl ich ja nur Autorin war. Ein Buch nach dem anderen erschien. Meins nicht. Irgendwann hat s mir gereicht, ich habe klar gemacht, dass ich niemandem mehr helfe, wenn nicht auch langsam mal mein Buch an der Reihe ist. Ich habe so viel in diese Geschichte gesteckt und sie extra auf Anforderung geschrieben. In der Zwischenzeit erschien ein Prequel (als Novelle über eine Ausschreibung vom damaligen Vss Verlag), die irgendwie dann ja mein Debüt war. Aber das war mir egal. Ich wollte kein mickriges Ebook, nachdem kein Hahn kräht. Ich wollte meinen Platz am Tisch, den ich mir, meiner Meinung nach in dem Verlag mehr als verdient hatte. Meine Lektorin schmuddelte ein Lektorat zusammen, überlas Fehler, korrigierte Rechtschreibfehler rein, zerfledderte das Konzept (ich sollte die ehrgeizige Agentin Lisa, die Prota nett und freundlich machen ::) Die Figur, die der Verlag haben wollte hätte meinen Plot nie getragen. Vermutlich wäre sie nach fünf Seiten gestorben.), dann aus lauter Frust oder aus mangelnder Erfahrung splitterte sie meine drei Bücher in sechs, donnerte ihren eigenen Stil in die Geschichte und der Upload inklusive Druck erfolgte, ohne, dass ich eine letzte Abnahme machen konnte. Mein PC zerschoss die Festplatte, die einzige Version, die übrig blieb, war die mir der Verlag mit: "So sieht s jetzt aus" per PDF als Mail geschickt hat. Nur die verstümmelten Überreste meiner geliebten Geschichte. Da hatte ich es also, mein langersehntes Debüt. Mein Name war endlich auf  einem Cover. Auf dem Cover von diesem verkrüppelten armen Buch, das mich so viel gekostet hat. Danke für Nichts :hatschi: Die Leser haben mich mit schlechten Rezis bombardiert, was angesichts der Qualität zu erwarten war. Sämtliche Illusionen, ich könnte Autorin werden, waren futsch.

Ein paar Tage ärgerte ich mich maßlos, dann begann ich, die Scherben aufzusammeln. Vom Markt nehmen ließ dieses Ding sich aber erst nach Jahren. Mit dem Verlag (der mittlerweile nicht mehr existiert) habe ich keine weiteren Geschäfte gemacht und mich nach dieser Pleite eine zeitlang mehr oder weniger erfolgreich als SP durchgeschlagen. Erst jetzt, mittlerweile sieben Jahre später, beschäftige ich mich wieder mit der Option, mir einen neuen Verlag zu suchen. Hoffentlich läuft es dieses Mal besser. Was aus dem Projekt wurde? Der zweite und dritte Band existieren noch unberührt, aber mich an eine Rekonstruktion vom Ersten zu machen, aus den Resten, die noch da sind, habe ich bis heute nicht geschafft. Vielleicht irgendwann.

Und die Moral von der Geschichte: Guckt ganz genau, mit wem ihr Geschäfte macht, schaut, dass jede Änderung über euren Tisch geht und: niemals als Arbeitsesel einspannen lassen, wenn ihr nicht genauso viel zurück bekommt.

Barra

#3
(Ich hab es irgendwie nicht so mit dem richtigen einsortieren, wenn ich dann mal einen Thread eröffne. :hmmm: Tut mir leid. Danke für's Umtopfen.)

Und danke für deine ausführliche Rückmeldung, @Maja
ZitatMan debütiert nur einmal. Und das ist immer eine Party wert.
Das ist ein sehr schönes Statement.
Den Wunsch gerade das Debüt auch in den Händen halten zu wollen und nicht nur als Ebook zu sehen, kann ich absolut nachvollziehen.
"Puzi", so ruft meine Nachbarin immer ihren Kater, wenn der abends reinkommen soll.


Danke auch @Pintana für deine geschilderten Erfahrungen.
Dass die Festplatte dann auch noch abrauscht, ist natürlich so richtig schön noch nachtreten.
Mist, das mit dem Arbeitsesel ist mir selbst auch schon passiert. Aber ich bin recht früh wieder ausgestiegen, als nichts zurückkam.
Zitatschaut, dass jede Änderung über euren Tisch geht
Ja, das erscheint mir generell sehr wichtig. Und es ist wirklich super blöd, wie das bei dir gelaufen ist. Es ist absolut nicht schön, wenn das etws so hingerotzt wird.

Topaz

Blöde Frage von einer Unwissenden: Warum gelten KGs nicht als Debüt? Und wer bestimmt das?

Grummel

Keine blöde Frage. Warum das hier im Zirkel so ist, weiss ich nicht. Für mich war meine erste KG-Veröffentlichung mein Debüt als Autor und meine Novelle mein erstes Roman-Debüt. Und beide waren toll und ich habe sie zelebriert. ;)
"Kaffee?"
"Ja, gerne."
"Wie möchtest du ihn?"
"Schütte ihn mir einfach ins Gesicht!"

Barra

#6
Keine Frage ich habe mich wie blöd über meine erste VÖ in einer Anthologie gefreut. Aber das ist wirklich nicht die Art Debüt, die gemeint ist.
Mich überrascht hingegen, dass eine Novelle zum Romandebüt zählt. Weil es eben klar eine Novelle ist und kein Roman. Das ist für mich halt wirklich so dieses Erbsenzählen. Ist es nun Kurz oder Lang, nee eine Novelle. Also ist es ein Novellendebüt.  :ätsch:
Aber wie man es auch dreht und wendet. Einen "Preis" kann man nicht mit dem Debüt einer Kurzgeschichte in einer Anthologie gewinnen, richtig?
Das bezieht sich immer nur auf: Bestes Debüt (Roman, na ja oder eben Novelle) Jahreszahl.
Korrigiert mich gern, wenn ich daneben liege. Genau dafür ist der Thread da.

Pintana

#7
@Topaz die erste KG ist natürlich auch etwas Besonderes. Aber beim Debütbegriff in dem Zusammenhang geht es vermutlich darum, etwas in der Hand zu haben, dass nur von einem selbst stammt. Wenn der alleinige Name auf dem Cover steht und man das erste mal viele Stunden lesen, lernen, üben, plotten, Recherche, schreiben und verbessern in den Händen hat. Praktisch das erste eigene Produkt.

@Barra war doof, ja, aber ich habe draus gelernt. Und das Wichtigste ist, immer weiter zu machen. Das man weiß, warum man schreibt. Für mich ist das einfach beantwortet: Ich kann nicht ohne :rofl: Daran wird kein Verleger, kein Kritiker und kein gescheiterter VÖ Versuch was ändern  ;D Vielleicht war dieses Erlebnis auch nötig, um das zu erkennen.
Das du auch schon die Position als Arbeitsesel aufgedrückt bekommen hast tut mir leid. Das sollte sich niemand gefallen lassen. Damit meine ich nicht, die Hilfsbereitschaft unter Autoren, das ist super und wesentlich für die Entwicklung auf beiden Seiten. Aber ausnutzen lassen ... nein, das nicht. Das sollte sich niemand gefallen lassen müssen. Ich hoffe, dass mir das beim nächsten Mal früh genug auffällt, und das ich, wie du, früh genug aussteigen kann, sollte sowas nochmal vor kommen. 

Araluen

#8
Es ist ein bisschen wie mit Musik. Musiker werden nicht wegen ihrer Debütsingle gelobt, sondern erlangen mit igrem Debütalbum Popularität. Ich glaube, diese Analogie kann man auch zwischen KG und Roman sehen.

Meine erste veröffentlichte KG habe ich trotzdem als kleines Buch gefeiert. Immerhin hatte ich mich in der Ausschreibung gegen X andere durchfesetzt und hatte meine Zusage zwei Stunden, nachdem ich abgeschickt hatte. Die KG ist in einer wundervollen Anthologie erschienen, ich habe das Taschenbuch zuhause, es gibt tolle Rezis (auch konkret zu meiner) und als ich die Verlegerin auf der LBM traf, drückte sie mir (und allen anderen Autoren der Antho) prompt ein paar Exemplare zum Signieren in die Habd. Ja es war toll und ich bin immernoch stolz darauf, auch wenn es "nur" eine KG war.

Maja

Eine Kurzgeschichte ist vielleicht kein Romandebüt, aber trotzdem ein Debüt, und ich denke, dass man die auch durchaus feiern darf. Ich habe im Leben noch keine Kurzgeschichte zustandegebracht, ich kann mich nicht kurzfassen, deswegen bringe ich da keine eigenen Erfahrungen mit. Aber die Auswahl einer Anthologie geschafft zu haben - das ist etwas, auf das man voll und ganz stolz sein kann. Wer im Tizi seine allererste Kurzgeschichte veröffentlicht, kann die auch ganz regulär als Veröffentlichung zum Aushängen melden. Wir hängen nicht jede einzelne veröffentlichte KG aus - aber ein KG-Debüt ist ein Debüt, und das wird gefeiert.

Mit einem Roman vergleichen möchte ich das trotzdem nicht, einfach vom Arbeitsaufwand her. Am "Puppenzimmer" habe ich ein Dreivierteljahr geschrieben, plus Zeit zum Überarbeiten, plus mehrere Wochen Lektorat - das ist einfach ein Riesenberg an Arbeitsstunden, die da reingehen, und das Gefühl, dafür endlich etwas zurückzubekommen. Auch wenn man nicht hingehen darf und seinen effektiven Stundenlohn ausrechnen - es ist doch eine Form von Anerkennung, dass ein Buch draußen ist und Leser es haben wollen.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Cairiel

Interessante Fragen. Ich gebe auch mal meinen persönlichen Senf dazu ab.  :)

Zitat von: Barra am 06. Februar 2021, 14:32:27Daher erweitere ich meine Frage jetzt:
Wie war es bei euch?
Erzählt doch mal wie ihr diesen Meilenstein erlebt habt. War es überhaupt so besonders oder nur der erste Schritt, um endlich voranzukommen?
Was habt ihr kurz vorher noch gemacht? Habt ihr daraufhingefiebert?
Gibt es etwas was ihr angehenden Debütanten und Debütantinnen raten wollen würdet?
Oder eine Warnung? Tipps?
Mein Roman-Debüt war gleichzeitig auch das erste Buch des Verlags. Rückblickend hatte ich unfassbar viel Glück. Das Cover war in Ordnung und vor allem habe ich tatsächlich mein Honorar bekommen. Pünktlich und immer.
Aber von Anfang an: Über die Zusage hatte ich mich nach mehreren Absagen riesig gefreut. Der erste Dämpfer kam mit dem Vertrag. Ich besaß zum Glück ein sehr gutes Buch, das den Normvertrag Satz für Satz auseinander genommen und erklärt hat, dementsprechend hatte ich eine gute Vorstellung davon, was in einem Vertrag in Ordnung war und was nicht. Viele Punkte haben mich gestört, aber ich konnte mit dem Verleger über alles reden (auch wenn es durchaus etwas gefetzt hat), und das Ergebnis war für beide Seiten zufriedenstellend.
Das Lektorat war ... mäßig. Typisch für die meisten Kleinverlage. Die Lektorin war eigentlich nur eine wenig kritische Betaleserin. Rückblickend, wo ich selbst die vielen inhaltlichen Fehler und Baustellen viel besser sehe, hätte ich mir gewünscht, sie hätte den ganzen Roman auseinander genommen, statt ihn beinahe unverändert auf die Menschheit loszulassen ...

Als ich dann mein Buch zum ersten Mal in den Händen hielt, war ich überglücklich! Es war wundervoll! Aber auch hier gab es Dämpfer. Erstaunlicherweise erhielt mein Buch relativ viel Aufmerksamkeit für ein Werk aus einem neuen Miniverlag und von einem jungen, unveröffentlichten Autor. Die Kritik war ... durchwachsen. Es gab einige, die das Buch ganz gerne mochten, und ich werde heute noch ab und an nach dem fehlenden dritten Teil gefragt. Aber viele mochten es - verständlicherweise - auch nicht. Unter anderem eine recht bekannte Autorin einer Nische (nicht TiZi-Mitglied), die zuvor in regem Kontakt zu mir stand und gleich mehrere signierte Exemplare bestellt hat und völlig begeistert von mir war. Bis sie das Buch bekommen und gelesen hat. Sie hat nie wieder ein Wort darüber verloren, aber nachdem sie mir danach plötzlich die kalte Schulter gezeigt hat, gehe ich davon aus, dass sie es nicht mochte ... Das war sehr unangenehm.

Zitat von: Barra am 06. Februar 2021, 14:32:27Natürlich frage ich nicht uneigennützig, ich möchte ja auch mal was veröffentlichen, lieber früher als später.
Aber ich denke, wir haben doch so einige TiZis, die noch nichts veröffentlicht haben und für alle die schon gewieft sind, vielleicht erinnert ihr euch ja gern daran zurück. Na ja, oder eben auch nicht, weil es ein total verkorkster Start war, aber auch das würde ich gern mal lesen. Vor allem dann auch wie ihr damit umgegangen seid, gleich wieder rauf aufs Buch oder erst mal Urlaub gemacht?
Ich weiß, als einstmals veröffentlichter Autor rede ich mich leicht, immerhin ging es mir früher auch so. Rückblickend wünschte ich mir jedoch, ich hätte lieber später als früher veröffentlicht. Mein Debütroman war schlichtweg nicht gut genug. Mein "Der Herr der Schwarzen Schatten" hätte ein viel besseres Debüt abgegeben - wenn der die Aufmerksamkeit meines ersten Buches bekommen hätte, wäre die ganze Sache anders verlaufen! Aber obwohl er in meinen Augen deutlich besser war, war ich vermutlich bei den meisten Leser:innen schon verbrannt. Ich kann gut verstehen, dass bei so vielen großartigen Büchern auf dem Markt keiner, der mein erstes mittelmäßiges Buch gelesen hat, danach unbedingt noch ein zweites von mir lesen wollte ...

Grummel

Zitat von: Barra am 06. Februar 2021, 19:36:57
Aber wie man es auch dreht und wendet. Einen "Preis" kann man nicht mit dem Debüt einer Kurzgeschichte in einer Anthologie gewinnen, richtig?

Auch da liegst du ein wenig falsch. Es gibt genug Preise, die du mit deiner / einer Kurzgeschichte gewinnen kannst. Vollkommen egal, ob Debüt oder nicht. Da wird halt nicht unterschieden. ;)
"Kaffee?"
"Ja, gerne."
"Wie möchtest du ihn?"
"Schütte ihn mir einfach ins Gesicht!"

Angela

Bei meinem ersten SP habe ich irgendwie erwartet, dass Lametta vom Himmel fällt.  :rofl:
Ich habe auch echt viele Rückmeldungen bekommen, weil Leute das Buch und besonders meine freche, kleine Heldin liebten, nur war es das am Ende dann auch. Ein sehr bekannter deutscher Autor sollte es sich sogar ansehen, von einer Freundin vermittelt, hat er aber am Ende nie, weil seine Frau es schon doof fand.

Bei meiner ersten Verlagsveröffentlichung war das eher so ein Ego-Ding. Ich habe einige KGs geschrieben, weil ich frustriert war und wissen wollte, ob ich überhaupt irgendwo ankommen kann. Gleich die erste wurde genommen und schnell veröffentlicht. Doch, das hat mir schon geholfen. Ich sehe KGs als eigene Gattung an. Gerade bei KGs gibt es einige Geschichten, an die ich mich nach 40 Jahren noch sehr gut erinnere, weil sie einfach atemberaubend waren. Böse, gut, genial. 'Nachts schlafen die Ratten doch.' und so.

Bei meinem ersten Verlagsroman habe ich nicht viel erwartet (weil der Verlag da bereits schwächelte), das war auch gut so. Das Marketing war einfach schlecht, die 'Verlagsbloggerinnen eine Katastophe'. (Das Lektorat war übrigens klasse und echt sorgfältig, aber das reißt es halt am Ende auch nicht raus.)

Trippelschritt

Mein erstes Romanmanuskript habe ich damals allen großen Verlagen angeboten. Pieper wollte das ganze Manuskript, hat dann aber abgelehnt, weil "all ages" eben nicht "adult" war. Ob diese offiziellen Begründung auch der Wahrheit entsprach, weiß ich nicht.

Dann machte jemand, der aus den Marketing eines britischen Verlages kam einen Fantasy Ebook-Verlag auf. Dem habe ich mein Manuskript geschickt. Erst lange nichts gehört, dann kam die Nachfrage. Wir haben zusammen sieben Romane als Ebooks und Softcover auf den Markt gebracht und ich habe richtig gut verdient. Aber Amazon hat mehr und mehr die Conditionen verändert, und so haben wir uns in aller Freundschaft getrennt.

Ich hatte einfach Glück und zum richtigen Zeitpunkt genügend Material in der Schublade. Außer dem ersten fertigen Band einer Trilogie, hatte ich auch den zweiten Band fertig, der allerdings noch einmal etwas umgeschrieben werden musste. Den dritten Band hatte ich damals gegen die Wand geschrieben, aber es gab große Texblöcke, die verwendet werden konnten. Außerdme hatte ich noch einen weiteren Einzelroman zu gut wie fertig. Deshalb ließ sich in relativ kurzer Zeit eine Marke aufbauen, und ich hatte Ruhe für die nächste Trilogie.

Wenn ich aus dieser Erfahrung etwas ableiten kann, dann dieses: Wenn es mit dem ersten Roman nicht gleich klappt (Er lag zehn Jahre in der Schublade), sollte man doch einfach weiter schreiben, an sich arbeiten, sein Handwerk verbessern und durchaus für die Halde schreiben. Man weiß nie, was kommt.

Viel Erfolg euch allen.
Trippelschritt

Barra

Zitat von: Pintana am 06. Februar 2021, 19:43:03
Wenn der alleinige Name auf dem Cover steht und man das erste mal viele Stunden lesen, lernen, üben, plotten, Recherche, schreiben und verbessern in den Händen hat. Praktisch das erste eigene Produkt.
Das hast du aber wunderbar zusammengefasst.
Ich fand das nicht so schlimm damals mit dem Arbeitsesel - also fühlte mich nicht ausgenutzt. Nur als eben nichts zurückkam, hab ich dann eben auch nichts mehr gemacht.

Zitat von: Araluen am 06. Februar 2021, 19:46:55
Musiker werden nicht wegen ihrer Debütsingle gelobt, sondern erlangen mit igrem Debütalbum Popularität.
Das ist eine gelungene Analogie.
Mir liegt es fern die Kurzgeschichten abzuwerten. Ich habe nur einfach letztes Jahr nicht an das Wort 'Debüt' gedacht, als die Geschichte gedruckt wurde und ich sie wirklich in den Händen hielt (natürlich auch weil die Messen ausfielen). Und jetzt fragte ich mich eben, wenn ich eine Novelle veröffentliche, ob es dann offiziell dann das Debüt ist oder das auch noch nicht zählt. :ätsch:

Zitat von: Maja am 06. Februar 2021, 20:02:30
Wir hängen nicht jede einzelne veröffentlichte KG aus - aber ein KG-Debüt ist ein Debüt, und das wird gefeiert.
Ja, das hab' ich dann wohl verpasst letztes Jahr. Ich melde sie aber gern nach.

Zitat von: Cairiel am 06. Februar 2021, 20:46:50
Rückblickend wünschte ich mir jedoch, ich hätte lieber später als früher veröffentlicht.
Oh, vielen lieben Dank für deine Schilderungen. Und diesen wirklich auch sehr guten Rat. Gerade das mit dem Zeit lassen ist wichtig. Man soll ja nie was überstürzen oder ungares Zeug abgeben. Komisch, dass dann doch immer wieder die spontanen Dinge am meisten ziehen.
Das mit dem abgebrochenem Kontakt zu einer Autorin ist ja merkwürdig gelaufen bei dir. Hat sie sich vielleicht in einer Figur unabsichtlich wiedererkannt?

Zitat von: Grummel am 07. Februar 2021, 07:47:59
Vollkommen egal, ob Debüt oder nicht. Da wird halt nicht unterschieden.
Ja, das meinte ich, es wird eben nicht unterschieden. Es wird die beste Anthologie, die beste Kurzgeschichte gewählt aber nicht gezielt: Die beste Debüt-Kurzgeschichte, WEIL es das erste veröffentlichte Werk einer Autorin/ eines Autors generell ist. So meinte ich das. Aber danke für den Hinweis, dass man auch mit einem KG Debüt einen Preis gewinnen könnte. :jau:

Zitat von: Angela am 07. Februar 2021, 09:17:34
Bei meinem ersten SP habe ich irgendwie erwartet, dass Lametta vom Himmel fällt. 
Oh, das klingt schon eher nach mir.  ;D
Genau das dachte ich mir auch: Bin ich gut genug überhaupt irgendetwas zu veröffentlichen? Bevor ich auch nur daran denke mal einen ganzen Roman anzubieten (unerheblich ob Verlag oder Agentur). Und ohne die Chance vor/letztes Jahr mit der Kurzgeschichte hätte ich jetzt wirklich nicht den Mut gehabt mal ein Exposé zu verschicken. Daher vielen Danke für deine Einblicke.

Zitat von: Trippelschritt am 07. Februar 2021, 10:21:12
Wenn ich aus dieser Erfahrung etwas ableiten kann, dann dieses: Wenn es mit dem ersten Roman nicht gleich klappt (Er lag zehn Jahre in der Schublade), sollte man doch einfach weiter schreiben, an sich arbeiten, sein Handwerk verbessern und durchaus für die Halde schreiben.
Das war aber wirklich Glück für dich und ich finde es toll mal zu lesen, dass Schubladenprojekte doch nicht vergessen werden, sondern auch mal gebraucht werden! Richtig super, dass du trotz einem total versemmelten dritten Teil, das Ruder noch rumreissen konntest. Das war sicher nicht leicht, wenn man alles auseinander nimmt und wieder zusammensetzt.


Das Lektorat sprechen viele von euch an. Ich denke gerade das Debüt möchten viele so perfekt und fehlerfrei wie möglich vorzeigen.
Das verstehe ich, genau das will ich gerade auch. Aber manchmal schleicht sich son kleines Teufelchen ein, was mir sagen will: Es ist doch nur dein erster Roman, mach nicht son Gewese darum. "Das erste Mal" ist auch nur das erste Mal. Und die Hexe auf der anderen Schulter meint dann immer: Ja, vielleicht bleibt es auch das einzige Mal, also sieh zu!

Danke für euren vielen authentischen Berichte.
Ich hoffe es melden sich noch mehr.