• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Bauernfängerei

Begonnen von zitatus, 21. Dezember 2007, 11:41:00

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

zitatus

Ich bin heute über einen Artikel des Literatus Cafes gestolpert.
http://www.literaturcafe.de/rodja-smolny-lindbergh-well-bauernfaengerei/

Zitat aus dem Newsletter: "Dreister Abzockversuch: Ein Literaturagent will nur Ihr Geld

Es war in jüngster Zeit wohl einer der dreistesten Abzock-Versuche unter Autorinnen und Autoren. Ein Mann gab sich als Literaturagent einer angeblich aus Schweden stammenden Agentur aus. Viele Autorinnen und Autoren schickten ihm ihre Manuskripte, da auch renommierte Internet-Angebote auf ihn hereingefallen waren und Werbung für ihn geschaltet haben. Schon nach kurzer Zeit vermeldete der Literaturagent den Einsendern eine erfolgreiche Vermittlung. Einzige Voraussetzung: der Autor solle sein Manuskript auf eigene Kosten überarbeiten lassen. Kostenpunkt: 12.000 Euro.
Da offenbar wenige Autoren bereit waren, so viel Geld zu investieren und den Braten rochen, änderte er später seine Masche und bot allgemein ein Lektorat an, um die Chancen auf Vermittlung zu verbessern. Wohl Hunderten von Autoren hat dieser Literaturagent die immer gleichlautenden Serienbriefe geschickt.
Nach einem Aufruf des Literatur-Cafés meldeten sich Dutzende von Opfern. Und einige haben leider gezahlt.
Der NDR berichtete ebenfalls über diese Masche und fand erwartungsgemäß heraus, dass zwischen dem Literaturagenten und dem Lektoratsservice eine eindeutige Verbindung bestand. Der NDR-Beitrag ist auf YouTube http://www.youtube.com/watch?v=_UfxMeNBhMU verfügbar."

Sind eigentlich schon mehr solcher Fälle bekannt geworden? Das Internet bietet sich für derart Betrug ja leider an. Hat jemand Erfahrung mit guten/schlechten Agenturen?

Schelmin

Danke für den Link, ich kann den Sender nämlich nicht empfangen, und habe somit die Sendung nicht sehen können.

Aber Himmel! 12000 Euro? Ist da wirklich jemand drauf eingegangen?

Artemis

Da sieht man mal, wie verzweifelt manche Autoren sind. Und man sieht vor allem, wie viele Autoren es tatsächlich gibt, die unbedingt und mit allen Mitteln veröffentlicht werden wollen.

Jetzt frage ich mich ... ist das ein Künstler-Phänomen, das nur unter Autoren auftritt? Sind nur Schriftsteller bereit, sich dermaßen in die Schulden zu stürzen, nur um ihr gedrucktes Buch in der Hand zu halten?

Ich bin weder hobbymäßig Maler noch Musiker, daher kann ich das nicht beurteilen, aber ich frage mich ja, ob die ebenfalls so verzweifelt handeln würden, um ihre Werke an die Öffentlichkeit zu bringen. Würde der Maler für tausende Euro eine Galerie mieten, um seine Bilder aufzuhängen? Würde Musiker so viel Geld bezahlen, damit ein Tonstudio sein Geträller aufnimmt und auf ne Scheibe presst?

Solange es noch verzweifelte Autoren gibt, die nach jedem dünnen Fädchen greifen, wird es wohl auch die Machenschaften der Betrüger geben. Ich finde es ja furchtbar, dass Menschen die Leidenschaft anderer ausnutzen, um Geld zu verdienen, aber da wird sich so schnell wohl nix dran ändern. Augen auf und Hirn einschalten - aber wer wird nicht schwach, wenn er (vermeindlich) einen Schritt vor der Erfüllung seines größten Traumes entfernt ist?  :omn:

Chuck

Im Musikgeschäft gibt es genauso schwarze Schafe. Allerdings ist es da vielleicht noch ein bisschen verschoben. Häufig werden ja schon sehr teure Aufnahmen gemacht, um sich überhaupt zu bewerben.
Sicherlich ist es in mancher Hinsicht auch transparenter, welche Plattenfirma was vermarktet.

Aber gerade in der Musik geht es ja in erster Linie ums Spielen. Und das kann im Prinzip jede Band, ohne einen Vertrag. Daher ist hier vermutlich weniger Verzweiflung im Spiel, als beim Schreiben.

Das Beispiel mit der Literaturagentur zeigt deutlich, wie wichtig Aufklärung und Wissen ist. Schwarze Schafe... oder nennen wir sie freundschaftlich schwarze Penner, gibt es immer. An krimineller Energie wird es nie mangeln. Daher sind offene Augen und ein klarer Verstand oberstes Gebot für jeden Autor. Und mag dieser auch noch so schlecht, klein oder jung sein.

Lord Bane

Wie bei allen Betrügereien (und das hier ist eindeutig Betrug) gehören immer zwei dazu: Einer der betrügt und ein anderer, der sich betrügen lässt.

Ich sehe das wie Chuck. Auch wenn man noch so dringend veröffentlicht werden will, heißt das noch lange nicht, dass man sein Hirn abschalten muss.


Viele Grüße,
Lord Bane

Antigone

Zitat von: Artemis am 21. Dezember 2007, 13:20:37
Jetzt frage ich mich ... ist das ein Künstler-Phänomen, das nur unter Autoren auftritt? Sind nur Schriftsteller bereit, sich dermaßen in die Schulden zu stürzen, nur um ihr gedrucktes Buch in der Hand zu halten?

Das ist jetzt ziemlich OT, aber wenn du schon fragst... ich kenn so was ähnliches aus der Orientalischen Tanzszene (sprich Bauchtanz). Da gibt es oft Bühnenshows, die von Tanzstudios ausgerichtet werden - da treten einerseits die LehrerInnen und BesitzerInnen auf, aber auch immer wieder Schülerinnengruppen. Und das heißt:

a) zahlen die Mädels/Frauen Geld für ihren Kurs,wo sie die Choreographien lernen
b) zahlen sie manchmal noch zusätzliches Training dafür
c) zahlen sie oftmals für Kostüme
d) ÜbungsCD...
e) zahlen ihre Angehörigen den Eintritt, um die Tochter/Mama/Oma/Tante dann zu sehen

Da geht auch ne Menge Geld drauf, das könnt ihr mir glauben. Aber viele Frauen zahlen halt für die "Ehre",auch mal auf der Bühne stehen zu dürfen.

Lg, A.

zitatus

...und wieviele geben sich bei Castingshows der Lächerlichkeit preis, nur um auf der Bühne zu stehen?
Es sollte auch einen Bohlen für Autoren geben...  ;)

Termoniaelfe

ZitatEs sollte auch einen Bohlen für Autoren geben...

Den gibt es ja. Es sind die große Publikums- aber auch dei kleinen Verlage, die eben kein Geld für eine Veröffentlichung kassieren. Es sind jene Verlage, die wirklich genau hinschauen und wo ausgesiebt wird. Hat nicht fast jeder von uns mindestens einen, wenn nicht sogar zwei Ordner voller Absagen. Also ich hab auch genug bekommen, bevor der Knabe Verlag mich unter Vertrag genommen hat. Aber genau das war es, was mich immer wieder anspornte an meiner Schreibe zu arbeiten. 

LG
Termi

zitatus

Nun, mein "Bohlen" ist das Federfeuer-Forum. Wenn man Mist fabriziert, bekommt man hier ganz schnell bescheidgestoßen. Und wenn's gut ist, bekommt man hier auch Motivation die weiterzuschreiben.
Wenn man also zwanghaft veröffentlichen will, sollte man sich zunächst einer ehrlichen Kritik stellen.

Um auf den Bericht zurück zu kommen: Sind Euch noch mehr Agenturen bekannt, die angeblich Autoren vermitteln? In dem Bericht hört sich das an, als wäre das unter uns Autoren gar nicht so unüblich. Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.

Julia

Nun, ich glaube, es ist weniger die Verzweiflung, die einen Autoren dazu treibt, so unglaublich viel Geld auszugeben, nur um das eigene Werk gedruckt zu sehen.
Nein - es ist Eitelkeit. Die Tatsache, dass einem geschmeichelt wird (WIR drucken ihr herausragendes Werk!) und man sich selbst geschmeichelt fühlt.
Und ich denke, genau das ist der Punkt, der es für uns alle gefährlich macht. Kaum jemand ist Schmeicheleien gegenüber vollkommen unaufgeschlossen, wenn sie gut gemacht sind.
Und das Prinzip funktioniert überall, in der Werbung, in der Wirtschaft, und sogar bei den Sekten (auch dort wird niemand gleich am Anfang unter Druck gesetzt, das kommt erst später, wenn eine emotionale Bindung aufgebaut wurde).

Natürlich wirken 12.000 Euro auf dem weißen Papier abschreckend - aber so wird kein DKZ-Verlag an einen Autoren herantreten. Nein es wird umworben und umschmeichelt, und dann, so ganz nebenbei werden einem dann die Kosten untergejubelt ("... und vielleicht kann man die Zahlung auch erst einmal aussetzen, sie brauchen dann erst zu zahlen, wenn das Buch auf dem Weg zum Bestseller ist ...").
Also, Augen auf! Das sollte für jeden von uns gelten.

Liebe Grüße,

Julia

Warlock

Ich denke mal auch, dass der Endpreis in Häppchen serviert wird. Hier mal 1000 Euro für das Cover, da mal 2000 Euro für das Lektorat...
Das wird so geschickt gemacht, dass der Autor schnell den Kostenüberblick verliert und nur Augen für sein Werk hat. Ich meine, wer träumt nicht davon, mal zu Weltbild zu gehen und sein Buch dort auffällig im Regal zu sehen und vielleicht damit zur Kasse zu gehen und zu sagen: "Soll ich Ihnen die Exemplare signieren?".

Wieder einmal sieht man, wie sehr man ausgenutzt und abgezockt werden kann und das in allen Lebensbereichen.

Lord Bane

Nachwuchsautoren sind immer ein gefundenes Fressen für Geldschneider, Abzocker und ähnliches Gesockse. So sind auch viele sogenannte "Autorenratgeber" nicht wirklich hilfreich, sondern füllen lediglich die Taschen desjenigen, der sie geschrieben hat (natürlich gibt es auch sehr sinnvolle, aber das sind wenige).

Hier wird eben versucht, mit Träumen und Hoffnungen Geld zu verdienen - kein wirklich unbekanntes Phänomen und nichts, worüber man sich wundern sollte.

Übrigens, als kleine gemeine Bemerkung am Rande: Wir Fantasyautoren sind ebenfalls groß darin, Luftschlösser zu verkaufen  ;D.

Viele Grüße,
Lord Bane

Maja

So ein Schreiben habe ich auch mal bekommen, das ist allerdings lange her, 1999 war das schon. Die wollten eine Lesehonorar von DM 50,- pro Seite - was mir, obwohl ich damals noch jung und unerfahren war, doch zu hoch erschien. Ich bin also nicht drauf eingegangen.
Diesmal habe ich nichts bekommen - ich fühle mich herabgewürdigt in meiner Leistung.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt