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Fortsetzungen - in welchen Abständen?

Begonnen von Ratzefatz, 04. Mai 2015, 17:07:15

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Ratzefatz

Liebe 'zirkler,

ich habe mich zwar mittels Suche schlau gemacht und auch diesen Thread hier (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,9256.0.html) gefunden, aber da er nicht ganz das abdeckt, worum es mir geht, erlaube ich mir einen neuen zu eröffnen.

Ich habe ja bisher nur Einzeltitel veröffentlicht. Nun ist aber in einer Diskussion die Frage aufgetaucht: Wenn eine Reihe oder zumindest ein Zweiteiler geplant ist, in welchen Abständen sollten dann die Bände idealerweise erscheinen?

In der Praxis gibt es da ja große Unterschiede: Die drei Bände von Jennifer Wolfs Sanguis-Reihe erschienen zum Beispiel bei Carlsen Impress im November 2013, Dezember 2013 und Jänner 2014, also mit gerade je einem Monat Unterschied. Am anderen Ende des Spektrums fällt mir spontan G. R. R. Martins "Song of Ice and Fire" ein, bei dem zwischen den einzelnen Bänden schon mal fünf Jahre liegen können ("Feast for Crows" erschien glaube ich 2006, "Dance with Dragons" 2011 und "Winds of Winter" ist für frühestens 2016 angekündigt) - auch wenn in diesem Fall natürlich die TV-Serie hilft, das Interesse hochzuhalten, ist es da nicht verwunderlich, wenn manche Leser einfach die Geduld verlieren.

Da ja viele von euch Serien-Autoren (und ein paar von euch Serien-Verleger :-)) sind, würde mich einfach interessieren, welche Erfahrungen ihr gemacht habt: Welcher Zeitraum ist zu kurz? Welcher zu lange? Ganz besonders interessiert mich auch, ob hier für Ebooks andere Gesetze gelten als für Print, ob also Ebooks einfach "schnelllebiger" sind.

Liebe Grüße

Ratzefatz
,,Dein Name ist Venko", raunte Zoya in sein Ohr. ,,Venko, Venko, Venko." Sie gab ihm für jedes ,,Venko" einen Kuss und ermahnte ihren Mann: ,,Vergiss deinen Namen nicht!"
,,Wie könnte ich ihn vergessen, meine Zoya", raunte er zurück, ,,wenn ihn vergessen auch dich vergessen hieße?"

FeeamPC

Meine eigenen Verleger-Erfahrungen sind da ganz eindeutig: Ein Jahr ist der längste mögliche Abstand, besser wäre es, noch kürzere Abstände zu haben, sonst vergessen die Leser die Serie, bevor sie sie zu Ende lesen können.
Es hängt auch etwas davon ab, wieviel Bände es bereits gibt.
Die ersten drei Bände sollten, wenn möglich, innerhalb eines Vierteljahrs oder eines Halbjahres erscheinen, danach darf man auf jährliches Erscheinen umschwenken (auch wenn halbjährlich immer noch besser wäre).
Bei mir werden neue Serien deshalb nur noch herauskommen, wenn wenigstens drei Bücher veröffentlichungsreif sind und in entsprechend kurzen Abständen herauskommen können.
Ansonsten verzichtet man freiwillig auf viele Verkäufe, wenn die Abstände zu groß gewählt werden.


Maja

Ich denke, dieses Thema sollten wir an einem etwas allgemeineren Ort diskutieren als dort, wo es vor allem um Bewerbungstechniken und Vertragsrechtliches geht, daher verschoben.

Wesentlich ist, wie viele Bände ein Autor bereits geschrieben hat, wenn es zum Vertrag kommt. Je mehr bereits vorliegen, desto schneller kann man die einzelnen Teile rausschießen. Allerdings muss man dann auch die Zeit fürs Lektorat einrechnen. Ich habe, als wir die Percy-Reihe angeboten haben, zur Bedingung gemacht, dass zwischen den Teilen mindestens vier bis sechs Monate liegen, zum einen, weil ich dann die einzelnen Teile besser bewerben kann, und zum anderen, damit jedes Buch ein ausführliches Lektorat bekommen kann. Ich hätte Angst,wenn die Teile zu kurz nacheinander rauskommen, dass sie untergehen, und ich kann nicht Leserunden für vier Bücher gleichzeitig betreuen oder auch nur eine nach der anderen machen.

Meine Erfahrung mit dem "Puppenzimmer", das Ende Juni 2013 erschienen ist, und "Geigenzauber", das im September 2013 hinterhergekommen ist, dass die beiden Bücher zu rasch aufeinander gefolgt sind. Sie waren aber auch nicht aus einer Serie, deswegen passt das hier nur am Rand rein, aber da hatte ich echt das Gefühl, der Markt war noch nicht reif für ein zweites Buch von mir. Die Leser haben noch nicht nach Neuem gehungert, und das hat sicher dazu beigetragen, dass das zweite Buch derart gefloppt ist.

Wenn ich endlich meinen Vertrag bekomme, werden die einzelnen Percys, auch wenn da schon dreieinhalb Bände fertig vorliegen, mit deutlichem Abstand erscheinen. Noch mehr wird der Abstand bei meiner "Fälscher-Trilogie" sein. Da ist der zweite Band bis jetzt halbfertig, der dritte geplant: Der Verlag hat mir aber erstmal einen Vertrag für den ersten Teil gegeben, und von dessen Erfolg hängt ab, was für Verträge ich für die beiden anderen Teile bekomme. Das gibt mir jetzt etwas Luft zum Schreiben, und ich habe wenig Zeitdruck, kann aber auch nicht so gut planen. Da hier, anders als bei Percy, die Bücher direkt ineinander übergehen, der erste Teil mit einem üblen Cliffhänger endet, wäre es blöd, wenn die Leser zu lange warten müssen, wie es weitergeht. Andererseits haben mir Autoren wie Jordan oder Martin die Leserschaft hinreichend vorgewärmt, dass die zur Not in der Lage sein werden, sich noch ein wenig zu gedulden.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Sascha

Spielt es dabei nicht auch auch eine Rolle, wie abhängig die Teile voneinander sind? Wenn es einen gigantischen Handlungsbogen gibt, der alle Teile der Reihe umgreift und auf dessen Weiterführung der Leser hinfiebert, dann ist das sicher schlecht, wenn es zu lange dauert (ich frag mich immer noch, wann Sara Douglass ihr dunkles Jahrhundert weiterführt). Aber in sich abgeschlossene Geschichten, die prinzipiell unabhängig voneinander zu lesen sind und quasi nur gewisse Berührungspunkte haben oder irgendwann mal in Band X zusammenfließen, die dürfen doch ruhig längere Abstände haben, oder? Oder läuft sowas dann gar nicht mehr unter "Reihe"?

Alana

Ich glaube, dass ein halbes Jahr ein ganz guter Abstand ist. Meine Leser haben sich zumindest scheinbar schon an den Selfpublisher-Rhythmus gewöhnt (meist so ca. 4 bis 6 Monate) und können gar nicht verstehen, dass die 3 Teile meiner Trilogie im Jahreyrhythmus erscheinen. Steht auch in einigen Rezensionen drin. Ein Jahr ist also mittlerweile schon ein Abstand, der sehr lang ist. Kürzer ist sicher besser. Ein Monat finde ich sehr kurz, weil man ja das Erscheinen jedes Bandes für Werbung nutzen kann und die verpufft dann, aber vielleicht profitieren die einzelnen Bände auch davon, wenn die Fortsetzungen gleich erhältlich sind? Ich persönlich würde - auch je nach Länge der Bücher - ca. 4 Monate wählen.
Alhambrana

Ratzefatz

ZitatAber in sich abgeschlossene Geschichten, die prinzipiell unabhängig voneinander zu lesen sind und quasi nur gewisse Berührungspunkte haben oder irgendwann mal in Band X zusammenfließen, die dürfen doch ruhig längere Abstände haben, oder? Oder läuft sowas dann gar nicht mehr unter "Reihe"?

Die Frage ist für mich, wie lange ein Leser noch Interesse an dieser Welt hat, d.h. sich informiert, dem Autor auf Facebook folgt etc.. Kann natürlich gut sein, dass der Leser auch nach drei oder fünf Jahren noch liebend gern den neuen Band lesen würde - aber wie erfährt er davon, dass es den gibt? Vor allem im Self-Publishing, wo die Werbemöglichkeiten beschränkt sind, und bei Ebooks, wo die Buchhandelspräsenz fehlt, stelle ich mir das schwierig vor ...

LG
Ratzefatz
,,Dein Name ist Venko", raunte Zoya in sein Ohr. ,,Venko, Venko, Venko." Sie gab ihm für jedes ,,Venko" einen Kuss und ermahnte ihren Mann: ,,Vergiss deinen Namen nicht!"
,,Wie könnte ich ihn vergessen, meine Zoya", raunte er zurück, ,,wenn ihn vergessen auch dich vergessen hieße?"

Alana

Deswegen ist es wichtig, dass man sich einen Newsletterverteiler aufbaut. Wirklich interessierte Leser tragen sich da ein und denen kann man dann eine Mail schicken, wenn etwas Neues erscheint.
Alhambrana

FeeamPC

Der kritische Punkt ist, glaube ich, dass die Leser bei Fortsetzungen, die die Handlung eines Buches direkt fortführen, nicht warten wollen. Je bekannter ein Autor ist, desto eher darf er seine Leser auf Monate (oder sogar Jahre) vertrösten, je unbekannter ein Autor ist, desto enger sollten die Titel einer Serie aufeinander folgen.
Wobei Reihen mit jeweils komplett abgeschlossener Handlung in den Einzelbänden vermutlich etwas mehr Spielraum lassen.

Ich habe mich selbst beim gleichen Verhalten ertappt. Reihe angefangen- gefesselt- nachgesehen welche Bücher es davon noch gibt- sofort die nächsten 5 gekauft- danach hatte ich tatsächlich so sehr einen Narren daran gefressen, dass ich bereit war auf das nächste Buch ein Jahr zu warten.
Hat länger gedauert.
Und ich stelle fest, dass ich das nächste Buch nicht mehr auf dem Radar hatte, obwohl es längst erschienen ist. Hasbe ich bis heute nicht gekauft.
Hätte ich aber gekauft, wäre es schnell genug verfügbar gewesen.

Alana

Ja, das geht mir auch manchmal so und ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Punkt.
Alhambrana

Sascha

Zitat von: Ratzefatz am 04. Mai 2015, 20:05:46
Kann natürlich gut sein, dass der Leser auch nach drei oder fünf Jahren noch liebend gern den neuen Band lesen würde - aber wie erfährt er davon, dass es den gibt?
Naja, mehrere Jahre sind auch eine gewaltige Zeit. Aber wer nicht wirklich von der Schreiberei leben kann und auch noch einen Brotjob hat, der braucht halt doch mal ein halbes bis ganzes Jahr bis zum nächsten Band.
Was die Benachrichtigungen angeht, ja, da ist das mit den Newslettern bestimmt eine feine Sache. Die sollten dann aber wirklich, wie es Alana macht, nur zu wichtigen Ereignissen kommen (neuer Band ist da) und keinesfalls alle paar Wochen voll mit Marketinggeschwurbel rausgeblasen werden. Das verschreckt die Leute dann ja doch (man wird ja eh schon mit Werbung bombardiert).

FeeamPC

ZitatAber wer nicht wirklich von der Schreiberei leben kann und auch noch einen Brotjob hat, der braucht halt doch mal ein halbes bis ganzes Jahr bis zum nächsten Band.

Genau deswegen kann es Sinn machen, mit der Veröffentlichung von Band 1 etwas zu waren, bis man sicher ist, dass Band 2 im passenden Abstand erscheinen kann.

Sascha

Zitat von: FeeamPC am 05. Mai 2015, 11:50:23
Genau deswegen kann es Sinn machen, mit der Veröffentlichung von Band 1 etwas zu waren, bis man sicher ist, dass Band 2 im passenden Abstand erscheinen kann.
Ah, das ist Deine Taktik. ;)
Dann sag ich mal nicht, daß es da noch Ideen für Band drei gäbe ... Ups! ;D

FeeamPC

Wenn man das so timen kann, dass Band 3 nicht später als, sagen wir anderthalb Jahre hinter Band 1 erscheint, dann passt das noch. Längere Wartezeiten, und die Leser sind garantiert weg.

Koboldkind

Ich denke jetzt an dle LBM und die FBM/BuCon. Fühlt sich für mich so an, als wäre das der Richtwert für Verlage, die großen Knaller rauszubringen bzw. für die nächsten Zwei Monate anzukündigen. Oder?

Außerdem denke ich an Pratchett, die Götter haben ihn selig. Mit einem Output von 2 Büchern im Jahr, wenn man sich einen Stand gebaut hat, kann man als Berufsautor denke ich gut leben und besonders arbeiten. Mehr Bücher gehen wahrscheinlich nur, wenn man noch etwas in der Schublade hatte. Persönlich, wenn ich mir eure Argumente auch so durchlese, würde ich wohl auch dazu tendieren, erst einiges auf Halde zu schreiben. (Bis ein Verlag gefunden und das Lektorat durch ist, ganz abgesehen). Und dann hab ich, während die Bücher Halbjahr für Halbjahr erscheinen, noch die Luft, ordentliche Bücher zu schreiben und zu editieren.

Bei Lukianenko und der Wächterserie habe ich auch die Quatrologie auf einen Schlag geholt. Letztes Jahr sind zwei Nachfolger gekommen, die ich durchaus werbemäßig bemerkt habe, aber nicht gleich hingesprungen bin und gekauft habe. Das mag aber auch daran liegen, das die Geschichte bis dahin rund und abgeschlossen schien, sagen mal, das Vier-Gänge-Menu war sättigend, und jetzt bin ich noch so mit tanzen beschäftigt, dass ich noch keinen Hunger für die Apparetivs(?) habe.
Wer jetzt nicht wahnsinnig wird, muss verrückt sein.

Klecks

Zitat von: FeeamPC am 05. Mai 2015, 13:56:43
Wenn man das so timen kann, dass Band 3 nicht später als, sagen wir anderthalb Jahre hinter Band 1 erscheint, dann passt das noch. Längere Wartezeiten, und die Leser sind garantiert weg.

Das wäre in etwa auch mein Gefühl gewesen. Ich erinnere mich an so einige Reihen, bei denen ich den ersten Teil ganz toll fand, der zweite kam dann ein paar Monate später raus. Alles bis drei, vier Monate finde ich optimal, ein halbes Jahr ist bei mir die Obergrenze. Alles darunter ist bald genug, um dem nächsten Band noch entgegen zu fiebern, aber auch nicht so nahe, dass diese durchaus angenehme Spannung des Wartens ganz weg fällt. Aber wenn ich eine Reihe lese und dann herausfinde, dass ich mich jetzt ein Jahr gedulden muss, bin ich ziemlich enttäuscht - obwohl ich weiß, dass es schwierig ist und Zeit braucht, einen Roman zu schreiben und dann auch noch markttauglich zu machen mit Lektorat, Korrektorat, Cover und solchen Dingen.  :hmmm: