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Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Coppelia am 10. Februar 2014, 13:52:06

Titel: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Coppelia am 10. Februar 2014, 13:52:06
Sicherlich ein schwieriges Thema, angeregt vom Ironie-Thread (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,14062.0.html). Ich hoffe, das gab es nicht schon!

Ich bin doch sehr erstaunt, wie viele leidenschaftliche Gegner der Ironie in Texten es gibt. :) Das hätte ich niemals für möglich gehalten.
Ich schreibe gern humorvoll, wenn auch nicht immer. Würde ich die Ironie aus meinen Texten weglassen, würden sie damit einen guten Teil des Humors verlieren. Ich bin allerdings einer eine Vertreterin milder Ironie, die ihre Figuren gern hat und liebevoll mit ihnen umgeht.
Ich habe auch weitgehend ironie-freie Texte. Die sind dann aber auch deutlich ernster.

Natürlich kommt Humor nicht nur durch Ironie zustande. Die Frage ist schon regelrecht philosophisch. Ich habe mal in der Witzforschung gearbeitet, habe einige wissenschaftliche Dinge zu dem Thema gelesen, aber eine Antwort habe ich trotzdem nicht gefunden: Was macht Humor in Texten aus?
Was macht für euch Humor in Texten aus?
Wie versucht ihr, Humor in eure Texte hineinzubringen? Natürlich ist nicht jeder Text dafür gleichermaßen geeignet. Trotzdem finde ich, dass auch ernste Texte von Humor profitieren. Wenn sie nicht zuuuu ernst sind oder die jeweilige Stelle nicht zu ernst ist.
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Siara am 10. Februar 2014, 14:11:48
So was in der Art hatte ich gerade auch schon im Ironie-Thread angemerkt: Ironie ist für mich auf jeden Fall die einfachste Art des geschriebenen Humors. Auch da muss man natürlich darauf achten, dass die Ironie erkannt wird. Aber vieles andere funktioniert eben grundlegend nicht.

Auf einer Bananenschale ausrutschen und im Pferdemist landen (um mal ganz klischeehaft zu bleiben), ist in Textform einfach nicht witzig. Bringt ein Autor damit einen Leser, der älter als fünf ist, zum Lachen, muss er ein unglaubliches Schreibtalent haben.  ;)

Andere Arten von Humor... da fällt mir die Zuordnung schwer, auch wenn ich ein paar Stellen im Kopf habe. Wortspiele, wenn sie gut gemacht sind. Manche Metaphern, wenn sie wunderbare Bilder vor die Augen zaubern. Und manchmal sind es eben bestimmte Begebenheiten, die man zu etwas Lustigem entwickeln kann, die aber so einmalig sind, dass ich im Augenblick keinen Oberbegriff finde.

Auf jeden Fall liegt für mich der Humor dann tatsächlich mehr in der Erzählung und der Wortwahl als in der eigentlichen Handlung und dem Geschehen.

Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Ary am 10. Februar 2014, 14:17:44
Ich finde, es kommt immer ganz auf die Art von Humor an, die man transportieren möchte. Bei mir läuft es da meistens auf Ironie und Wortwitz hinaus, oder auf Situationskomik. Ich kann keine lustigen Geschichten schreiben, Comedy liegt mir nicht und ich mag keinen Stammtischhumor. Wenn ich Humor in meine Geschichten bringe, ist er entweder ironisch oder rabenschwarz.  :darth:
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Sprotte am 10. Februar 2014, 14:51:56
Meistens bringe ich Humor in Wortgefechten meiner Heldenpaare ein. Manchmal auch durch eine leicht bissige Sicht der Heldin auf den Helden.
Alles Bananenschalen-Mäßige ist im Roman nicht angebracht, finde ich.
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Christian Svensson am 10. Februar 2014, 15:09:05
Ich denke, dass sind Fallentscheidungen. Das Beispiel mit der Bananenschale ist Slapstick und geht nur in einem Text, der generell so angelegt ist.
Dann ist es wohl auch eine Frage sowohl der verwendeten Perspektive als auch der Erzählstimme. Wenn ein auktorialer Erzähler 300 Seiten lang sachlich und emotionslos berichtet hat, kann er nicht auf einmal einen Witz bringen. In der personalen oder ich-Persepktive können die Figuren durchaus Humor zeigen, zum Beispiel in Dialogen. Dann muß es aber auch wieder zum Charakter passen. Darum, wie für fast jedes verwendete Stilmittel: Es muss passen, oder "Die Dosis macht das Gift."
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Churke am 10. Februar 2014, 15:45:42
Zitat von: Coppelia am 10. Februar 2014, 13:52:06
Wie versucht ihr, Humor in eure Texte hineinzubringen?
1. Der Plot
2. Die Figuren
3. Die Dialoge
4. Die Anspielungen
5. Wortschatz und Satzbau

Also eigentlich immer und überall.



Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Christopher am 10. Februar 2014, 16:13:20
Mir geht es ähnlich wie Aryana. Eine Geschichte schreiben mit der Intention sie "witzig" zu gestalten, kann ich irgendwie nicht.
Trotzdem gibt es (laut Betas) bei mir durchaus mal was zu lachen. Das ist dann aber immer aus der Situation heraus, zwar so angelegt, dass es witzig sein KANN aber der Witz steht nicht im Vordergrund.
Kurz:
Ich schreibe es nicht, um witzig zu sein, sondern es ist für sich genommen witzig gewesen, wobei ich der Situation nur den Spielram gegeben habe witzig sein zu können...

...so viel zum Thema kurz. Schwieriges Thema. Ich glaub, ich denk lieber noch mal drüber nach und schaue, ob ich mehr Erkenntnisse sammeln kann ;)
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: HauntingWitch am 10. Februar 2014, 17:03:59
Humor ist, wenn ich lachen muss. Logisch. Wann und weshalb genau das eintritt, kann ich aber nicht sagen. Ich denke, es hängt von Wissen, Erfahrung, Wertvorstellungen und Weltanschauung ab. Z.B. bei Supernatural gibt es ja immer mal wieder Anspielungen auf Filme, Musik usw. In einer Folge klingeln die beiden Brüder also als angebliche FBI-Agenten bei einem möglichen Zeugen und stellen sich vor:
"Das ist Agent Tyler, ich bin Agent Perry." (oder umgekehrt)
Zeuge: "Ah, wie bei Aerosmith!"
Ich finde das zum Schiessen komisch, denn ich kenne diese Band zufällig und weiss, dass Gitarrist und Sänger Tyler und Perry heissen. Ich finde es fast jedes Mal zum Schiessen, denn sie nehmen bekanntlich immer Namen von Musikern. Jemand, der dieses Wissen nicht hat bzw. mit den besagten Musikern nichts anfangen kann, findet das wahrscheinlich nur halb so lustig, wenn überhaupt.
Das ist jetzt ein sehr einfaches Beispiel, aber das Prinzip funktioniert immer gleich. Es ist also auch eine sehr individuelle Sache.

In meinen Geschichten entsteht der Humor eher zufällig. Ich weiss, wenn ich es gezielt darauf anlege, geht es schief, also tue ich das nicht. Aber oft gibt es Stellen, in denen mir eine witzige Bemerkung in den Sinn kommt, weil es sich in dem Moment richtig anfühlt. Dann schreibe ich das auch. Eine Beta (ich glaube, es war sogar eine Zirklerin, weiss nur nicht mehr, wer) sagte mal, sie möge meinen Humor. Und ich dachte so: Ich, Humor, wo? Erst danach ist mir aufgefallen, dass der Humor in dem Projekt wie selbstverständlich nebenbei eingeflossen ist. Es kommt auch auf die Charaktere an, manche sind einfach witziger als andere. Ich überlege mir das aber eigentlich nie genau, es passiert einfach oder eben nicht. Erst hinterher bei der Überarbeitung fallen mir gewisse Stellen dann auf oder ich streiche es raus, wenn ich etwas als unpassend empfinde.
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Simara am 10. Februar 2014, 18:13:44
Ich liebe Humor. Egal ob in fremden oder eigenen Werken- Wer mich zum lachen bringen kann hat die größte Hürde bereits überwunden. Da ich mit Serien wie "Buffy" aufgewachsen bin macht es mir auch nichts aus, wenn Drama und Komödie schnell wechseln, auch wenn ich verstehen kann, dass so etwas nicht jeder gut findet.
In meinen eigenen Geschichten kommt es immer sehr stark auf das Setting und die Figuren an, wieviel und welche Art von Humor ich benutzte, doch wichtig ist mir dabei immer, dass die Figuren nicht alle im selben Tonn scherzen, sondern ihrer Stimme treu bleiben. Solange man sich daran hält, glaube ich nicht, dass der Humor ganz fehl am Platze ist. Dann ist es eben morbide über die Todesumstände von Madame Käsekuchen zu lachen, wenn mein Prota einen düsteren Humor hat soll er gerne einen Witz darüber machen. Sollen ihn die anderen Figuren dafür rügen, ich verbiete ihm da ungern den Mund. Außerdem kann man über den jeweiligen Humor so viel über den Charakter einer Figur ausdrücken und es auch den anderen Figuren mitteilen, ohne es direkt aussprechen zu müssen.
Allerdings fliegen bei mir viele Dinge, die ich beim ersten Schreiben witzig fand, in der Überarbeitung auch wieder raus, da ich bei meinem verqueren Denken oft die einzige bin, die drüber lachen würde.  ;)
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Issun am 10. Februar 2014, 19:06:19
Wie schön, das Thema hier zu vertiefen. :)
Ich liebe Humor, und ein großer Teil meines Humors besteht aus Ironie. Aber nicht ausschließlich. Ich habe auch schon einige seltsame Anwandlungen gehabt, mich zum Beispiel einmal an eine Szene gewagt, die dem oben genannten Ausrutschen auf der Bananenschale nicht unähnlich war. Keine Ahnung, ob das funktioniert hat. Auf jeden Fall lassen sich die Texte, die ich schreibe, nicht von meiner Person trennen, und so fließt immer etwas von meinem Humor ein, meist völlig unwillkürlich. Ich denke nicht: "So. Jetzt schreibe ich etwas Witziges." Ich lasse die Worte einfach so fließen, wie sie mir in den Sinn kommen. Ich glaube, besonders tritt der Humor dann in den Dialogen, aber auch in Beschreibungen zutage. Was mir mit Sicherheit gar nicht gelingen würde, ist ein Witz, wie er gerne mündlich mitgeteilt wird (nach dem Motto: "Kennst du schon...?"). Holzhammer-Witzen kann ich nicht so viel abgewinnen, obwohl es da auch Ausnahmen gibt - beim Schreiben verwende ich sie jedenfalls so gut wie nie.

Ich glaube, Humor ist ein heikles Thema, das ziemlich viel mit Persönlichkeit zu tun hat und deshalb auch die Gemüter erhitzen kann. Auf jeden Fall spannend, ihn zu diskutieren.
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Coppelia am 10. Februar 2014, 19:22:14
Angeblich entsteht Komik dadurch, dass etwas Unerwartetes passiert, das als unpassend empfunden wird. So jedenfalls die Witz-Theorien, die ich damals gelesen habe. Ich bin aber nicht sicher, ob das auch die text-typische Sorte Humor ist.

Es wurde von einem Experiment erzählt, das ich mir gemerkt habe (und das ich auch ziemlich witzig finde): Wissenschaftler haben so getan, als würden sie Versuche mit Ratten machen. Ihre Probanden sollten die Ratten aus dem Käfig nehmen. Allerdings handelte es sich bloß um Stoffratten. Die Wissenschaftler haben dabei angeblich herausgefunden, dass die Probanden mehr lachen mussten, je unerwarteter die "Wendung" kam, z. B. wenn sie dicke Handschuhe anziehen mussten und davor gewarnt worden waren, wie bissig die Ratten waren.
Tut mir leid, dass ich keine Quelle mehr nennen kann. Es ist Jahre her, dass ich das gelesen habe.

Ich finde es auch immer sehr lustig, wenn etwas in Texten unpassend ist. Z. B. wenn eine Figur den Ernst der Lage nicht erfassen kann und in ernsten oder feierlichen Situationen irgendwelche banalen Dinge erzählt oder tut. Natürlich muss der Leser dann in der Lage sein, das zu leisten, was die Figur nicht kann - erkennen, was angemessen wäre. Es kann sich auch einfach die falsche Person in einer Lage befinden, die nicht wirklich zu ihr passt, z. B. in der Rolle eines Helden. Das bietet viel Potential für Komik und für Figurenentwicklung. Kommt halt darauf an.
Und klar, witzige Dialoge sind wertvoll. :) Dabei finde ich es oft besonders witzig, wenn eine Figur eine andere missversteht, dem Leser aber klar ist, wie die Äußerung gemeint ist. Natürlich ist das nicht immer witzig, es kommt eben aufs Thema an.
Ich könnte es unter Umständen auch witzig finden, wenn jemand auf einer Bananenschale ausrutscht. Aber es kommt darauf an, wer und in welcher Situation und wie es geschildert wird.

Ja, Anspielungs-Humor ist so eine Sache. In dem Computerspiel "Fallout - New Vegas" gab es manchmal besondere Ereignisse, die auf irgendetwas anspielten und offenbar lustig waren. Offenbar, ich habe die Anspielungen nie verstanden und habe daher auch nie lachen müssen. ;D
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Thaliope am 10. Februar 2014, 19:30:02
Das Prinzip mit den durchbrochenen Erwartungen, das Coppi beschreibt, ist meine Lieblingsform von Humor, die sich in ganz, ganz vielen Witzen findet und die ich selbst auch am liebsten in meinen Texten einsetze. Eine Erwartung schüren, und sie dann fein unterwandern - oder, subtiler, mit dem Vorschlaghammer zertrümmern  ;D Das passiert mir beim Schreiben automatisch und ich musste mich eine ganze Zeit lang zwingen, wenn ich es mal nicht machen wollte. Denn zu viel Witz, Ironie etc. kann tatsächlich verhindern, dass man den Figuren nahekommt und mit ihnen mitfühlt - weil man ggf. einen Konflikt nicht austrägt, sondern mit einem Gag übergeht. Ich hoffe ja, dass ich irgendwann mal den für mich richtigen Mittelweg finde ;)

Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Naudiz am 10. Februar 2014, 21:50:36
Ich glaube, ich bin eine der witzlosesten Autorinnen unter dem Firmament. Wenn sich Humor in meine Werke verirrt, dann eigentlich ausschließlich rabenschwarzer, seltener auch mal Ironie oder Sarkasmus. Allerdings nicht im eigentlichen Text! Sondern in Dialogen. Für alles andere sind meine Geschichten zu ernst. Ich habe genau einen Roman, bei dem ich auch mit dem von mir heiß und innig geliebten Anspielungs-Humor arbeiten kann. Der ist allerdings auch aus der Ich-Perspektive eines ziemlich geekigen jungen Mannes geschrieben, da finde ich das schon wieder passen. Aber meine Fantasy-Werke, wie gesagt, sind ziemlich humorlos, dafür düster und tragisch. Und ich versuche nie, nie, nie, aus Intention lustig zu sein. Das wirkt nur aufgesetzt und gezwungen und ist damit sogar für mich selbst total unwitzig.

Aus Leser-Perspektive habe ich genau das gern, was ich auch schreibe. Oh, und Wortspiele! Gerade Pratchett geht wunderbar mit ihnen um, genauso wie mit den Anspielungen. Das ist mir immer eine wahre Freude. Dieser Humor der durchbrochenen Erwartungen bringt mich hingegen nur in den seltensten Fällen zum Lachen, außer, er ist mit dem Anspielungs-Humor gepaart. Auch Holzhammer-Witze ziehen bei mir höchstens ein müdes Gähnen nach sich oder, viel häufiger, ein missbilligendes Kopfschütteln. Deswegen mag ich auch so Comedians wie Mario Barth nicht. Das ist mir einfach zu primitiv (nichts gegen diejenigen, die das schreiben oder mögen. Jeder hat einen anderen Geschmack.) Kabarettisten bringen mich da schon eher zum Lachen. Oder, die Godfathers of Humour in meinen Augen: Monty Python. Die arbeiten ja auch wieder viel mit schwarzem Humor, Wortwitz und Anspielungen. Und natürlich Satire. Deswegen kann ich auch gut gemachten Parodien viel abgewinnen.

Long story short: Humor in einem Roman muss für mich entweder bitterböse schwarz oder satirisch sein oder auf Wortwitz und Anspielungen basieren. Subtil ist das Stichwort.
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Polarfuchs am 11. Februar 2014, 10:41:29
Über diese Frage habe ich mir noch nie Gedanken gemacht, zumal ich auch eigentlich keinen "humorvollen" Text schreiben möchte. Aber eine Betaleserin sagte mir mal nach, dass die Geschichte durch den trockenen Sarkasmus der Protagonistin an einigen Stellen " sehr witzig" wird.
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Zit am 11. Februar 2014, 14:18:52
Muss ja zugeben, dass ich ein Mensch bin, der Humor in 90% der Fälle begreift, aber bei den wenigsten Sachen lachen muss. Gerade beim geschriebenen Wort bin ich da schwierig. Auch weil ich mehr auf "optischen" Humor getrimmt bin: lustige Mimiken, bestimmte Körperhaltungen oder Filmschnitte. (Gerade Animationsfilme kriegen das gut hin; aktuelles Beispiel: Minions.) Da wir hier schon von Supernatural sprachen, erinnere ich mal gern an die Folge, in der Dean von der Geisterseuche befallen ist und völlig am Rad dreht. Als sie dann in der Fabrik sind und er den Schreikrampf bekommt, musste ich wirklich herzlich lachen. Beim ersten Mal; und immerhin schafft die Szene es immer noch, dass ich breit grinse und mich freue.
Ansonsten finde ich lakonische Äußerungen witzig oder auch Schlagfertigkeit, da muss ich gelegentlich auch leise kichern.
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Churke am 12. Februar 2014, 10:14:04
Sophismen: Mein Lieblingsspiel ist, absurde Settings und lächerliche Ideologien als absolute Wahrheiten zu verkaufen. Hört sich alles superlogisch an, ist aber totaler Schwachfug. Kleine Satire auf Propaganda.  8)
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Cailyn am 12. Februar 2014, 11:44:03
Nebst Ironie gibt es eine humoristische Art, die ich in Bücher besonders  mag. Aber ich habe keine Ahnung, wie man das beschreiben könnte. Als sehr klassisches Beispiel die Hobbits von Tolkien: Sie essen. Sie essen viel und gerne. Sie essen immerzu. Sie müssen essen. Pfeife rauchen. Und wenn mal etwas aktiv getan wurde, gibt's den nächsten Snack. Das ist für mich nicht Ironie, sondern eine Eigenart, die mit einer gewissen Lebensfreude gepaart ist. Vielleicht stellt diese Art von Humor "Schwächen" von anderen in einen sympathischen Kontext, und darum beschert es mir ein Lächeln.
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: absinthefreund am 12. Februar 2014, 18:41:56
Zitat von: Cailyn am 12. Februar 2014, 11:44:03
Nebst Ironie gibt es eine humoristische Art, die ich in Bücher besonders  mag. Aber ich habe keine Ahnung, wie man das beschreiben könnte. Als sehr klassisches Beispiel die Hobbits von Tolkien: Sie essen. Sie essen viel und gerne. Sie essen immerzu. Sie müssen essen. Pfeife rauchen. Und wenn mal etwas aktiv getan wurde, gibt's den nächsten Snack. Das ist für mich nicht Ironie, sondern eine Eigenart, die mit einer gewissen Lebensfreude gepaart ist. Vielleicht stellt diese Art von Humor "Schwächen" von anderen in einen sympathischen Kontext, und darum beschert es mir ein Lächeln.

Oh ja, das ist genau ein Beispiel, wie ich es gesucht habe!
Szenen aus "Harry Potter" oder "Jonathan Strange & Mr Norrell" wären auch möglich gewesen. Die Briten eben!

Die essenden Hobbits erscheinen uns lustig, weil es vor den gewaltigen Problemen Mittelerdes Fehl am Platz wirkt, sich um so banale Angelegenheiten wie ein gutes Essen zu scheren. Einerseits ist es dieses klassische Sich-unpassend-benehmen, das Coppelia schon angesprochen hat, weil die Beteiligten nicht merken, dass ihr Verhalten unangebracht ist. Andererseits ist es der wunderbare englische Humor, der die eigene Kultur auf die Schippe nimmt. Nach dem Motto: Wenn die Essenszeiten nicht mehr eingehalten werden können, ist etwas nicht in Ordnung mit der Welt!
Nebenbei bemerkt lockern die Essensszenen die Gefahrensituation auf und das macht die Hobbits "humaner". Es ist ja typisch menschlich, im Chaos Halt in alltäglichen Dingen zu suchen. Wären die Hobbits nicht so, wie sie sind, wäre die Seele des "Herrn der Ringe" in meinen Augen futsch!

Daran anknüpfend habe ich den Eindruck, dass hier (und im Ironie-Thread (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,14062.15.html)) mehr über den Humor von Charakteren gesprochen wird als über Humor im Erzählstil. Aber das sind in meinen Augen zwei Paar Schuhe.
Ob ein Charakter sich typischerweise humorvoll/ironisch gibt, liegt in seiner Persönlichkeit. Aber der humorvolle Unterton, der beweist, dass der Erzähler den Mumm hat, seine Figuren ein bisschen zu veräppeln, ist etwas ganz anderes. Humor, das dürfen wir nicht vergessen, ist eine Form von Intelligenz! Und einem intelligenten Erzähler glaubt man mehr, auch wenn es unbewusst geschieht. Abgesehen davon, dass es mehr Spaß macht, einem Erzähler zu folgen, der Intelligenz beweist.

Ich bin der Auffassung, Humor muss Bestandteil einer guten Geschichte sein. Einfach aus dem Grund, dass wir im echten Leben auch nicht ohne auskommen. Wie oft sind wir Zeuge unfreiwillig komischer Szenen, wenn wir auf andere Menschen treffen, weil wir, unperfekt, wie wir sind, nicht jede Situation elegant meistern können.

Hier wurde mehrmals gesagt, Humor sei wichtig, um schlimme Situationen aufzulockern, aber wenn sie sehr schlimm sind, sollte man doch lieber darauf verzichten, weil es unpassend wäre. Ich bin da anderer Meinung. Gerade in den schlimmsten Momenten bleibt uns manchmal nichts anderes übrig, als den Humor (meistens ist es tatsächlich Ironie) auszupacken, um den Gefühlen, die uns fertig machen wollen, ein Ventil zu geben.
Zum Beispiel in Kriegssituationen: Entweder man fängt an zu essen und sich mit Alltäglichem zu beschäftigen wie die Hobbits oder man beginnt Witze über die eigene Situation zu machen. Dass man nicht durchgängig Witze reißen kann, ist klar, aber es liegt in unserer Natur, ab und zu uns selbst von außen zu betrachten und über die Ironie der Welt zu lachen, auch wenn es ein bitteres Lachen ist.
Wer das nicht tut, ist humorlos. Solche Leute gibt es, auch in Romanen, aber hoffentlich nicht als Protagonisten.

Humor in eine Geschichte einzuflechten ist große Kunst, man kann ihn nicht erzwingen, aber vor allem sollte man ihn nicht aufhalten, wenn er im Anmarsch ist.
Hattet ihr das nicht auch schon? Ihr seid kräftig am Tippen und plötzlich nimmt die Szene in eurem Kopf eine absurd-komische Wendung. Ihr platzt vor Lachen, aber so könnt ihr die Szene nicht aufnehmen, das ginge gegen den Plot. Schreibt sie trotzdem auf, ihr müsst sie ja nicht verwenden, aber es ist eine gute Übung. Beim nächsten Mal passt der humorvolle Twist ja vielleicht und ihr seid gewappnet.
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Siara am 12. Februar 2014, 19:28:32
Zitat von: absinthefreund am 12. Februar 2014, 18:41:56
Daran anknüpfend habe ich den Eindruck, dass hier (und im Ironie-Thread (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,14062.15.html)) mehr über den Humor von Charakteren gesprochen wird als über Humor im Erzählstil. Aber das sind in meinen Augen zwei Paar Schuhe.
Ob ein Charakter sich typischerweise humorvoll/ironisch gibt, liegt in seiner Persönlichkeit. Aber der humorvolle Unterton, der beweist, dass der Erzähler den Mumm hat, seine Figuren ein bisschen zu veräppeln, ist etwas ganz anderes. Humor, das dürfen wir nicht vergessen, ist eine Form von Intelligenz! Und einem intelligenten Erzähler glaubt man mehr, auch wenn es unbewusst geschieht.

Was die zwei Paar Schuhe angeht, gebe ich dir vollkommen recht. Es sind zwei unterschiedliche Arten, Humor in die Geschichte einfließen zu lassen. Ich persönlich mag humorvolle Charaktere gerne, besonders Ironie weckt schnell Sympathien. Wenn die Charaktere ihr Lächeln nicht verlieren, gibt das Hoffnung auf einen Ausweg aus der Problemsituation und kann sogar Spannung aufbauen.

Aber mit humorvollen Erzählern bin ich nie sonderlich gut klargekommen (was höchstwahrscheinlich der Grund ist, warum ich kein Pratchett-Fan bin). Gerade bei einem auktorialen Erzähler nimmt Humor für mich jegliche Spannung. Dann kann ich die Geschichte einfach nicht ernst nehmen. Natürlich gibt es Bücher, in denen Spannung und Ernsthaftigkeit auch gar nicht das Ziel sind, und dann ist dagegen nichts einzuwenden. Aber wenn mir der Erzähler in brenzligen Momenten aufdrängen will, wie gefährlich doch alles ist, und sich im Rest der Geschichte über die Handlung und Charaktere lustig macht, kaufe ich ihm die sorgenvolle Stimmung einfach nicht ab.

Es stimmt auf jeden Fall, dass Humor ein Charakterzug der Figuren ist. Deswegen ist es mir auch lieber, wenn ein auktorialer Erzähler selbst nicht humorvoll ist. Denn schließlich tritt er nicht selbst auf und ist nicht am Geschehen beteiligt. Zeigt er aber selbst Humor, würde ihm das eine Charaktereigenschaft verleihen. Das finde ich äußerst unpassend, wenn er in der Geschichte, die man gerade verfolgt, selbst absolut keine Rolle spielt.

Dass ich über den Humor der Charaktere meistens ohnehin eher lachen kann, kommt noch dazu  ;) 
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: absinthefreund am 13. Februar 2014, 13:05:07
Zitat von: Siara am 12. Februar 2014, 19:28:32
Aber mit humorvollen Erzählern bin ich nie sonderlich gut klargekommen (was höchstwahrscheinlich der Grund ist, warum ich kein Pratchett-Fan bin). Gerade bei einem auktorialen Erzähler nimmt Humor für mich jegliche Spannung. Dann kann ich die Geschichte einfach nicht ernst nehmen. Natürlich gibt es Bücher, in denen Spannung und Ernsthaftigkeit auch gar nicht das Ziel sind, und dann ist dagegen nichts einzuwenden. Aber wenn mir der Erzähler in brenzligen Momenten aufdrängen will, wie gefährlich doch alles ist, und sich im Rest der Geschichte über die Handlung und Charaktere lustig macht, kaufe ich ihm die sorgenvolle Stimmung einfach nicht ab.

Es stimmt auf jeden Fall, dass Humor ein Charakterzug der Figuren ist. Deswegen ist es mir auch lieber, wenn ein auktorialer Erzähler selbst nicht humorvoll ist. Denn schließlich tritt er nicht selbst auf und ist nicht am Geschehen beteiligt. Zeigt er aber selbst Humor, würde ihm das eine Charaktereigenschaft verleihen. Das finde ich äußerst unpassend, wenn er in der Geschichte, die man gerade verfolgt, selbst absolut keine Rolle spielt.

Ich sehe das im Prinzip auch so wie du. Tut mir leid, ich habe mich leider nicht klar ausgedrückt in meinem Beitrag, wie ich gerade beim Überfliegen festgestellt habe.

Ich persönlich mag zwar Pratchett, möchte aber nicht immer und ausschließlich solche Bücher lesen. Was ich mit dem intelligenten und humorvollen Erzähler meine, kann man wieder am Hobbit-Beispiel gut erkennen. Da gelingt es dem Erzähler, uns die Hobbits auf eine Weise näher zu bringen, dass wir über ihre Marotten lächeln müssen. Der Erzähler hätte die Eigenart der Hobbits auch ganz anders darstellen können, nämlich so, dass er ihr Verhalten kritisiert und dem Leser automatisch auch diese Haltung gegenüber den Hobbits einpflanzt. Das tut der Erzähler aber nicht, den (meisten) Hobbits kommt die Lebensfreude nicht abhanden, und der Leser freut sich über ein bisschen Erheiterung in der sonst düsteren Lektüre.

Der Erzähler hat es in der Hand, die Sichtweise des Lesers auf die Dinge so zu steuern, dass er sie ernst, emotional, humorvoll etc. wahrnimmt. Klar, das wissen wir alle! Aber ich meine, dass der Erzähler vor der Möglichkeit des Humors eben nicht zurückschrecken darf, wenn er alle Facetten menschlicher Emotionen anregen will. Die Kunst ist es natürlich, den passenden Kontext und die richtige Dosis zu erwischen.

Ich hoffe, ich konnte mit dem Missverständnis aufräumen.
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Siara am 13. Februar 2014, 17:45:14
@absinthefreund

Kein Problem, dann hab ich's wohl einfach falsch verstanden  ;)

Die Art des erzählerischen Humor, die du meinst, mag ich auch sehr gern. Es ist mehr der unterschwellige Humor und den zu beherrschen ist auf jeden Fall ein Zeichen von Intelligenz.

Vielleicht ist das die "Show, don't tell"-Variante des Humors?  :hmmm:



Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Feuertraum am 18. Februar 2014, 10:41:03
Auch wenn es ziemlich paradox klingt, aber Humor ist eigentlich eine verdammt ernste Sache und eine Wissenschaft für sich.
Ich liebe humoristische Geschichten und versuche selbst, Humor zu schreiben.
Allerdings ist Humor deswegen schwierig, weil man einen Balanceakt finden muss zwischen feinem/intelligenten Humor und Humor, der eher in Richtung Rohrkrepierer geht oder peinlich ist.
Ich mag eher einen Humor, der eine verblüffende Wirkung hat, der nicht bloß mit Worten spielt, sondern auch Gegenstände beschreibt, die so doof sind, dass sie schon wieder gut sind. In einem Projekt von mir lieferte Angel Filia die Idee, das Skelett eines Menschen als Steckablage für abgewaschenes Geschirr zu nutzen. Dieses Skelett steht auf einem Fließband, dass zu einer Föhnkammer führt und dort die nassen Teller trocknet (bei der Gelegenheit noch ein dickes Danke an AF).
Auch wenn Charaktere natürlich prädestiniert sind "coole" Sprüche rüberzubringen, den Leser zum Schmunzeln, zum Grinsen, zum Lachen oder zum Giggeln zu bringen, so finde ich doch Gegenstände und Szenen, die das Alltägliche plötzlich in einem ganz anderen, "witzigen"(?), zwischen skurillen, absurden und abstrusen Licht stehen lassen, die dem Leser ein: "Das ist...wow" abringen, einfach besser, eben weil das Übliche, Bekannte plötzlich eine andere Sichtweise einbringt.
Ein Dämon in einem Schwert, der in einer Tour labert ist nett.
Ein Dämon in einem Schwert, den man hypnotisieren kann, gefällt mir jedoch wesentlich besser, einfach weil es anders ist und dennoch etwas hat, das (zumindest meine Wenigkeit) fasziniert.
Titel: Re: Was macht in einer Geschichte den Humor aus?
Beitrag von: Nikki am 02. Mai 2021, 19:12:07
Ich habe vor Horror und Humor enormen Respekt, weil man da so viel falsch machen kann. Beide Elemente neigen dazu, wenn sie nicht beherrscht werden, schnell langweilig und schlimmstenfalls sogar lächerlich zu werden. Darum mache ich bewusst einen Bogen um humoristische Einlagen, dennoch habe ich das Feedback bekommen, dass mein Roman einige lustige Stellen hat. Ich versuche jetzt zu rekonstruieren, wieso gerade diese Stellen als witzig empfunden wurden und meine Einschätzung deckt sich ziemlich gut mit dem Kommentar von @Coppelia:

ZitatAngeblich entsteht Komik dadurch, dass etwas Unerwartetes passiert, das als unpassend empfunden wird.

Meistens wird eine Szene bzw. eine Aussage/Handlungsweise als witzig empfunden, wenn sie authentisch für die Figur, aber unpassend für die generelle Situation empfunden wird. Aktion und Reaktion passen da auf den ersten Blick nicht zusammen und überrumpeln die Leser*innen. So gesteht die eine Figur gerade der anderen ihre Liebe, ihre Gedanken drehen sich also nur darum, ob ihre Gefühle erwidert werden. Währenddessen macht die andere Figur aber eine Entdeckung, die sie förmlich von den Socken haut. Die erste Figur bezieht die entsetzte Reaktion auf sich und ist am Boden zerstört. Dieses Missverständnis, das nur für wenige Zeilen andauert, wird als witzig empfunden, weil - so glaube ich - die Reaktion der vermeintlich abgewiesenen Figur zwar nachvollziehbar ist (sie weiß zu dem Moment ja nicht, was die andere Figur eben entdeckt hat), aber absolut nicht zu der Situation passt, da die Leser*innen wissen, dass die abweisende Reaktion der anderen Figur zur Entdeckung gehört und diese eigentlich nun wichtiger ist als das gestöre Liebesgeständnis.

Ein weiterer Faktor ist Übertreibung. Ich habe eine Figur, die hat einen ganz klaren Charakter, der u.a. stur und besserwisserisch ist. Dieser Charakter führt dazu, dass sich die Figur in gewissen Szenen völlig daneben benimmt, aber noch immer innerhalb ihrer Persönlichkeit bewegt. Weil sie so übertrieben sie selbst ist, verhält sie sich in entsprechender Situation unpassend, sprich, unerwartet. (Wobei diese Figur so stark charakterisiert ist, dass die Leser*innen wohl nichts anderes von ihr erwarten würden).

Also anhand des Humors in meiner Geschichte glaube ich, dass der Faktor von Überrumpelung der Leser*innen eine gewichtige Rolle spielt und hilft, eine Situation zu entschärfen. Es darf aber nicht zu abwegig werden, um die Glaubwürdigkeit der Figuren zu untergraben. In anderen Worten: es muss authentisch sein.