Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Weltenbau => Thema gestartet von: Elle am 19. Februar 2011, 21:12:06

Titel: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Elle am 19. Februar 2011, 21:12:06
Ich stehe im Moment vor einem ziemlich kniffligen Problem in der Konstruktion meiner Fantasywelt. Und zwar versuche ich, sie relativ modern zu gestalten, was bedeutet, es gibt Elektrizität, Verkehrsmittel wie Autos und Züge, Computer vielleicht nicht gerade, ich würde also sagen, ungefähr auf dem Stand spätes 19. bis frühes 20. Jahrhundert. Das betrifft aber - und da wird es kompliziert - nur einen bestimmten Bereich eines Landes beziehungsweise Kontinents, im übrigen Teil ist der Fortschritt durch die Regierung durch magische Energien dadurch unmöglich, beziehungsweise zurückgeworfen worden, dass elektrische Geräte nicht funktionieren.

Was mich jetzt beschäftigt, ist die Frage: Wie sieht eine solche, praktisch ab einem gewissen Punkt zum Stillstand(?) gezwungene Kultur aus? Vor allem, wenn sie sich des Fortschritts anderer, nicht wirklich weit entfernter Gebiete bewusst ist? Die "magische Unterdrückung" dauert zum Zeitpunkt der Handlung bereits ungefähr zwei bis drei Jahrhunderte an, es gibt aber einzelne "Inseln" innerhalb dieser Zone, die von der kontrollierenden Magie abgeschirmt sind.

Habt ihr Ideen zum Alltag in einer solchen Welt? Ich würde mich über ein paar Anregungen freuen :)


Elle
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Sanne am 19. Februar 2011, 22:20:03
Hallo Elle  ;)

Hmm - ich denke mir mal, sie haben keine andere Chance, als sich zu behelfen mit den Dingen, die ohne Elektrizität funktionieren. Offene Feuerstellen, wo auch gekocht wird, Wasser aus dem Brunnen, Plumpsklo, Pferde für die Fortbewegung.

Dafür müsste natürlich auch ihre Arbeit angepasst werden - denn irgendwo müssen die Leute sich ja versorgen und das auch alles ohne diese Hilfsmittel? Licht mit Kerzen, Holzarbeiten und Ackerbestellung werden gute Berufe sein.

Ist es das, was Du meinst? Oder können sie sich Dinge beschaffen aus diesen Inseln? Das würde natürlich wieder anders sein. Kommen sie an Medikamente ran - oder fallen sie total ins Mittelalter zurück?

Grübelnde Grüße von
Sanne^^
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Satoshi am 19. Februar 2011, 22:32:03
Das19.20 Jhr. ist ne tolle Idee! einer der  besten Kompromiss aus alt und neu das man machen kann meiner Meinung nach!

Wieso unterdrückt die Regierung den Fortschritt? Wäre es nicht für sie von Vorteil wenn es dem ganzen Land besser ginge?
Ist die Tatsache bekannt dass die Regierung für das Nichtfunktionieren verantwortlich ist? Wenn ja dann wird es Aufstände und Landesflucht geben. Mit viele Auswanderern musst du aber auch so rechnen. Wahrscheinlich Familienväter die im anderem Land Geld verdienen, was bestimmt besser geht als im mittelalterlichen(?) Land in dem sie eigentlich leben.
Wahrscheinlich wird es mal so was wie die Bauernaufstände im , ich glaube 16. Jhr. geben. Lebt die Regierung auf den ,,Inseln"? Dann werden sie ständig das Ziel von Rebellen werden, die für den Fortschritt kämpfen (Anschläge usw.)
Eine interessante Möglichkeit wäre auch, dass sich die Magie wie im anderem Land die Technik weiterentwickelt hat, bzw ein Wettkampf zwischen beiden stattfindet, da werden halt Autos verwendet, dort fliegt man

so hoffe ich konnte dir helfen^^
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Einsamer Falke am 20. Februar 2011, 16:11:41
Mir stellt sich gerade die Frage, ob auch Verbrennungsmotoren (etwa in Kettensägen oder Fahrzeugen) auch nicht funktionieren...also ob sich diese Blockade auf alles Technische, oder nur auf elektrisch funktionierende Geräte auswirkt.
Und den Fragen "Warum macht die Regierung das?" und "Weiss das Volk, wer daran Schuld ist?" möchte ich mich gerne ebenfalls anschließen.

Soviel für den Anfang. Ich bin ja der Meinung, dass die Leute dort ziemlich schnell wegziehen würden, ob sie nun wissen wer diesen Effekt bewirkt oder nicht, ist ja egal. Immerhin wissen sie, dass es woanders funktioniert.
Was natürlich sein könnte: Die eigentliche Bevölkerung ist vollkommen unmagisch, weswegen sie die Nachbarländer für Hexervölker halten und deshalb meiden. In etwa so, wie im Mittelalter alles Technische abgelehnt und als Hexerei bezeichnet wurde.
Damals waren zum Beispiel im Orient die besten Ärzte, aber das waren ja die bösen Heiden, deswegen kamen diese Kenntnisse erst viel später hier an.

Hoffe ich konnte helfen.

Gruß
Eric
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Calysta am 20. Februar 2011, 16:25:15
Ai ai ai...warum denken Leute bei dem Wort "ohne Elektrizität" immer an das raue Mittelalter? Bis vor 174 Jahren wusste auch noch niemand, was Elektrizität ist. Und wie hat man sich derweil technisch beholfen? Mit Dampfmaschinen. Es gibt auch heute noch Züge, die mit Dampf angetrieben werden - also eigentlich der Kohle, die den Wasserkessel anheizt, bis daraus der Dampf strömt.
Wenn man mal "Michel aus Löneberga" schaut, kommt auch ganz schnell raus, dass die da keinen Strom hatten und trotzdem nicht wie im Mittelalter lebten.


Wenn du Magie als "technisches Hilfsmittel" siehst, dann musst die Magie mit Elektrizität zusammenbringen - wenn die anderen Völker Magiebegabt sind und Strom haben.
Ich habe das bei mir mit magentischen Feldlinien, der guten alten Induktion und den Maxwellschen Gleichungen erklärt. Das hört sich kompliziert an - ist es auch. Weil es gibt immer Naturgesetze, die man nicht ändern kann und das erzeugen von Strom gehört da mit dazu. Aber vielleicht bin ich auch nur zu technisiert, dass ich für alles eine physikalische Erklärung brauche.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Elle am 20. Februar 2011, 17:15:12
Zitat von: Calysta am 20. Februar 2011, 16:25:15
Ai ai ai...warum denken Leute bei dem Wort "ohne Elektrizität" immer an das raue Mittelalter? Bis vor 174 Jahren wusste auch noch niemand, was Elektrizität ist. Und wie hat man sich derweil technisch beholfen? Mit Dampfmaschinen. Es gibt auch heute noch Züge, die mit Dampf angetrieben werden - also eigentlich der Kohle, die den Wasserkessel anheizt, bis daraus der Dampf strömt.
Wenn man mal "Michel aus Löneberga" schaut, kommt auch ganz schnell raus, dass die da keinen Strom hatten und trotzdem nicht wie im Mittelalter lebten.


Genau darüber habe ich auch nachgedacht. Natürlich würde auch der weniger entwickelte Teil des Landes nicht komplett der typischen, am mittelalterlichen Europa orientierten Fantasywelt entsprechen. Ich versuche jetzt gerade, mir zu erarbeiten, welche Erfindungen oder Entwicklungen es zum Beispiel bereits vor dieser "Trennung" gab, und wie sie dann zurückentwickelt werden müssen/können, um trotzdem zu funktionieren.

ZitatWieso unterdrückt die Regierung den Fortschritt? Wäre es nicht für sie von Vorteil wenn es dem ganzen Land besser ginge?

Jein :D Ich habe "magische Unterdrückung" in Klammern gesetzt, weil - was offen gesprochen aus meinem ersten Post nicht wirklich ersichtlich werden konnte - diese Folge nicht wirklich beabsichtigt war. Kontrolle über Land und Bewohner war der Plan, totaler Stromausfall der nicht berücksichtigte Nebeneffekt, der nicht rückgängig zu machen ist und deshalb eben hingenommen wurde. Aufstände, Rebellen und Völkerwanderung waren auch meine ersten Gedanken und finden so auch statt.

Das Verhältnis und der Austausch zwischen den beiden Landesteilen ist schwierig. Einerseits, weil sie durch eine fast nicht zu überquerende Schlucht voneinander getrennt sind, andererseits, weil der modernere Teil im "alten" Teil vor allem als Rebellen- und Verbrecherhochburg verschrien ist. Da dort die magischen Kontrollinstanzen wegfallen, liegt es in der Hand der Polizei, für Ordnung zu sorgen, und die scheitert daran ziemlich.

Mein Problem ist eben hauptsächlich, ein sinnvolles "Entwicklungslevel" zu finden. Dampfmaschinen machen Sinn, bei Benzin gibt es ein Ressourcenproblem, würde es importiert werden, wäre es für die Bevölkerung absolut unbezahlbar, fällt also weg - aber im Grunde würden Verbrennungsmotoren funktionieren, ja. Genauso wie sonstige Technik.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Atischara am 13. März 2011, 20:16:30
Auf die Gefahr hin, daß das jetzt schon überholt ist, weil ich gerade nicht alle Antworten genau lesen kann:

Wolltest du praktische Ratschläge zu den Details, oder wolltest du wissen, wie sich die Menschen in den "zurückgebliebenen" Gebieten fühlen und verhalten, ob es vielleicht demnächst zu einem Aufstand kommt, ob sie versuchen, das Problem zu umgehen, ob sie anfangen, sich eigene Lösungen auszudenken, die trotzdem funktionieren? Im zweiten Fall kannst du dir nämlich einige Anregungen in Ländern unserer Welt holen, wo die Leute zwecks Kontrolle nicht über alle technischen Möglichkeiten verfügen (dürfen), die mittlerweile existieren.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Elle am 13. März 2011, 21:37:02
Mir ging es eher um Ideen zu praktischen Details im Alltag. Zur allgemeinen Stimmung in der Bevölkerung, Aufständen und Problemlösungsstrategien mache ich mir auch Gedanken, das fällt mir aber irgendwie leichter, weil mir in technischer Hinsicht da einfach das Wissen fehlt.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Adiga am 12. April 2011, 20:50:32
in meiner "Welt" hab ich auch so eine ähnliche Idee angewendet und ein ziemlich großes Gebiet (3 Länder) von der technologischen Entwicklung ausgeschlossen - durch jene die darauf Kotrolle ausüben.

Zuerst wurde das ganze Gebiet zwangsweise rückentwickelt - dazu haben die neuen Machthaber so über dem Daumen gebeilt gesagt - jenes Land soll sich von nun an im Entwicklungsstand von ca 1890 befinden.

Die Sache mit der Elektrizität hab ich so gelöst... Strom kann auch nur dort vorkommen - wo Strom in einem Kraftwerk erzeugt wird.. Gibt es keine Kraftwerke gibt es auch keinen Strom egal ob noch Leitungen vorhanden sind und elelktrische Geräte jeder Art verlieren ohne Strom ganz allein ihre Bedeutung - also ist es nicht notwendig alle elektrischen Einrichtungen zu demontieren.

Es reicht wenn das Erzeugen von Strom unmöglich oder nur sehr eingeschränkt möglich ist und allein dadurch wird bereits fast jede technologische Entwicklung unmöglich gemacht...

jedenfalls braucht es bei meinem Konstrukt keine Magie - die Weiter-Entwikclung in großen Teil der "Welt" unmöglich zu machen...

Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Fizz am 13. April 2011, 10:36:02
Zu dem Thema (das wirklich interessant ist) fallen mir ein paar Dinge ein:

- Wenn die Regierung den Fortschritt unterdrücken, so würde ich das fast schon als Diktatur sehen, um die Bewohner dort an der kurzen Leine zu halten. So ähnlich hast du es ja auch formuliert.

- Die Leute könnten auch total zufrieden sein, weil sie im Glauben leben, dass Magie -räusper- "Teufelswerk" ist, bzw es wird ihnen so lange eingetrichtert, bis sie selbst davon überzeugt sind.

- Wenn die Bewohner nur indirekt Magie kennen könnte es gut sein, dass sie positiv wie auch negativ sehr beeindruckt davon sind.

- Der Mensch ist nicht dumm und wird in seiner verzwickten Lage sicher auch neue Maschinen entwickeln. In der BWL heißt es gar, dass die Menschen dann am kreativsten sind, wenn die Not am größten ist. (In Krisenzeiten sind bisher die bekanntesten Innovationen entstanden.) Das wäre dann solch ein Fall.

- Am Beispiel Afrika (und auch anderer Entwicklungsländer) kann man sehen wie sich eine benachteiligte Kultur neben dem Fortschritt anderer Kulturen (und im vollen Wissen dessen) entwickeln kann. Vielleicht findest du darin auch ein wenig Inspiration.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Schattenspielerin am 13. April 2011, 14:57:59
Also ich schließe mich Calysta an. Nur weil es keine Elektrizität gibt würde es noch lange nicht wie im Mittelalter ablaufen. Ich denke die Menschen würden sich auf die mechanischen Dinge spezialisieren und wären dann in dieser Hinsicht wohl auch weiter mit der Entwicklung was das angeht als jene die Elektrizität haben.
Immerhin sind sie davon abhängig. Natürlich würde es umständlicher sein aber der Mensch gewöhnt sich an vieles.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Farean am 13. April 2011, 15:08:46
Was ich hier noch gar nicht gelesen habe (vielleicht habe ich's auch nur übersehen), war der Hinweis auf das antike Rom. Damals war die Elektrizität auch noch unbekannt, doch die Ingenieursleistungen der Römer (Baukräne, Aquädukte etc.) übertrafen viele Leistungen des Mittelalters bei weitem. Und viele Menschen in Rom hatten einen Lebensstandard, der teilweise an unseren heutigen heranreicht. Die Archäologen haben Stadtvillas mit Fußbodenheizung gefunden (bestehend aus einem ausgeklügelten System von Röhren, durch die heißes Wasser unter die Bodenfliesen geleitet werden konnte), und wenn ich mich nicht falsch erinnere, gab es sogar in vielen Insulae (Mietskasernen) fließendes Wasser, zumindest so was wie ein Brunnenrohr pro Stockwerk oder so.

@Elle, wenn du darüber recherchierst, sollte das eine Menge Anregungen bieten können.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: FeeamPC am 13. April 2011, 15:28:39
Es gibt eine Menge Technik, die ohne Elektrizität funktioniert.
Optik funktioniert ohne
Buchdruck funktioniert ohne (Papiermacherei auch)
Textilverarbeitung funktioniert ohne (mechanische Webstühle, Nähmaschinen)
Wasserkraft läßt sich auch für andere Dinge als Elektrizität nutzen (Mühlen, Hammermühlen, Walzwerke, Hebewerke (z.B. um Wasser anzuheben, was dann einen Wasserturm versorgt, der wiederum über den Wasserdruck Wasser in die Leitungen der Häuser gibt)
Kanalisation funktinoniert ohne
Schifffahrt funktioniert ohne, große Zugmaschinen an Land könnten komplett über Dampf laufen.
Fahrräder funktionieren ohne.
Medizin funktioniert ohne (von wenigen Ausnahmen wie der Herz-Lungen-Maschine mal abgesehen)
Pflanzen- und Tierzucht funktioniert ohne
Gartenbau und Landwirtschaft funktioniert ohne
Sport funktioniert ohne (na gut, nicht gerade Autorennen, da unsere Autos mit elektrischer Energie arbeiten, aber fast alles andere)
Heizen funktioniert ohne
Kochen funktioniert ohne (und wenn man geschickt Öfen baut, gehen die sogar sehr sparsam mit Energie um)
Kommunikation funktioniert ohne (Briefe, Telegrafen, die mit Sicht-Signalen arbeiten, reitende Boten)

Haupteinschränkungen wären:
Weniger Licht in den Häusern und auf den Straßen, entsprechend weniger Tätigkeiten abends und nachts.
Die Kommunikation und das Transportwesen sind langsamer, als wir es gewohnt sind (kein Telefon, kein Radio, kein Fernseher, kein Computer)
Tätigkeiten sind allgemein langsamer und arbeitsintensiver als heute bei uns (mehr Handwerk, weniger Fabrik/Manufaktur), und insbesondere die Landwirtschaft könnte pro Bauernhof und Landarbeiter weniger Menschen ernähren als unsere moderne Landwirtschaft (außer, deine Leute betreiben intensiven Bio-Anbau mit genetisch hochgezüchteten Sorten und im Winter Treibhauseinsatz, kalt, nicht beheizt, aber auch das verlängert die Vegetationsperiode und die Wachstumsgeschwindigkeit beträchtlich, aber auch dann wäre die Landwirtschaft arbeitsintensiver als mit modernen Maschinen)
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Fizz am 13. April 2011, 15:54:11
Zitat von: FeeamPC am 13. April 2011, 15:28:39
Haupteinschränkungen wären:
Weniger Licht in den Häusern und auf den Straßen, entsprechend weniger Tätigkeiten abends und nachts.

Vielleicht könnte man mittels Chemie phosphorisierende Gegenstände herstellen, also Stoffe die noch lange nachleuchten.
Die meisten phosphorisierenden Gegenstände sind jedoch ziemlich giftig bzw. werden aus Giftstoffen hergestellt.
Die Frage ist auch, ob man die chemischen Zutaten einfach so, ohne Elektrizität herstellen, könnte. Da bin ich jedoch überfragt. Aber vll. könnte sich in diese Richtung etwas entwickeln.

Zitat von: FeeamPC am 13. April 2011, 15:28:39
Tätigkeiten sind allgemein langsamer und arbeitsintensiver als heute bei uns (mehr Handwerk, weniger Fabrik/Manufaktur), und insbesondere die Landwirtschaft könnte pro Bauernhof und Landarbeiter weniger Menschen ernähren als unsere moderne Landwirtschaft (außer, deine Leute betreiben intensiven Bio-Anbau mit genetisch hochgezüchteten Sorten und im Winter Treibhauseinsatz, kalt, nicht beheizt, aber auch das verlängert die Vegetationsperiode und die Wachstumsgeschwindigkeit beträchtlich, aber auch dann wäre die Landwirtschaft arbeitsintensiver als mit modernen Maschinen)

Zu den Genetisch hochgezüchten Pflanzensorten: Wahrscheinlich würde die Hochzüchtung nicht mittels Genetik passieren, aber Veredeln (vor allem bei Obstbäumen) gibt es zum Beispiel schon ziemlich lange.

Naja und zur Not gibt es noch - wie schon gesagt -  die Kondratieff-Zyklen (Innovationszyklen). ;D

Beim Rest gebe ich FeeamPC uneingeschränkt Recht. :)
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Volker am 13. April 2011, 20:38:36
Um es noch etwas weiter zu treiben: sogar Computer sind möglich mit Pneumatik oder Hydraulik (http://events.ccc.de/congress/2010/Fahrplan/events/4073.en.html (http://events.ccc.de/congress/2010/Fahrplan/events/4073.en.html)), auch in Mechanik (bis hin zu Babbage-Maschinen). Programmierbare "Roboter" waren in reiner Mechanik schon in Form von Jacquard-Webstühlen weit verbreitet.
Fabriken wie heute sind weitgehend auch ohne Elektr(on)ik denkbar.

Mechanische Audio-Aufzeichnungen kennt man als Schallplatten und Grammophon. Statt MP3-Spielern gibt's dann halt Spieluhren oder Mini-Orchestrums.

Video ist nicht, aber Film, wenn auch mit etwas kniffliger Beleuchtung - vielleicht von über Spiegel gelenktes Sonnenlicht in ein dunkles Zimmer projiziert. Oder über Gas- oder Benzinlampen. Der Ton müsste dann wie in Stummfilmzeiten über (Mini-)Orchester oder synchronisierter Schallplatte kommen.

Telefon und Funk gibt's nicht. Aber Telegramme über Heliographen oder Telegraphen (optisch). Im näheren Bereich kann es Sprachrohre (wie in alten Schiffen) geben, für weitere Entfernungen Kuriere und Post (auch per Luftschiff, Flugzeug, Brieftaube). Kommunikation wäre langsamer, weniger einfach an Massen verbreitbar als z.B. Fernsehen, Radio oder Internet. Bestenfalls per Lautsprecher oder als Zeitung.

Mit heutigem Wissen sind leistungsfähige Motoren auch ohne Elektr(on)ik möglich - Diesel, (Flugzeug-)Turbinen, Stirling- und Heißluftmotoren, Raketentriebwerke. Überschall ist auch ohne Strom möglich. Langsam ist das nicht wirklich.

Licht - bei uns ist die Straßenbeleuchtung Gaslicht. Anders, aber keine wesentliche Änderung. Damit auch keine wesentliche Arbeitszeiteinschränkung.

In einigen Amish-Gemeinden ist Elektrizität verpönt. Man ist immer wieder erstaunt, was die mit Pressluft und Mechanik alles machen - nicht nur in der Werkstatt, sondern auch in der Küche. Ach ja: Kühlschränke und Eistruhen laufen entweder mechanisch (bei uns mit Elektromotor, aber jeder Motortyp geht) oder auch Wärmequelle (z.B. Campingkühlschränke).

Ganz wichtig: denkt nicht, was es "damals" gab, sondern was heute möglich wäre. und das ist eine ganze Menge.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Lomax am 14. April 2011, 14:19:48
Zitat von: FeeamPC am 13. April 2011, 15:28:39
Weniger Licht in den Häusern und auf den Straßen, entsprechend weniger Tätigkeiten abends und nachts.
Helles Licht ohne Strom ist gar kein Problem. Flamme und ein entsprechender Glühstrumpf, funktioniert mit Gas oder mit Petroleum unter Druck - und schon kann man es richtig hell haben. Steht der elektrischen Beleuchtung in nichts nach. Nur ist der Brennstoff aufwendiger zu transportieren, und das wirkt möglicherweise als indirekte Beschränkung der Verfügbarkeit.
  Aber, wie Volker schon festgestellt hat: Eine Menge Dinge, die heute mit Elektrizität betrieben werden, funktionieren auch ohne. Manches sogar genauso gut bzw. mit Einschränkungen, die eher indirekt wirken.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Adiga am 16. April 2011, 01:43:22
Zwischen kann auch ohne Ellektrizität funktionieren und ist kinderleicht per sanftem Tastendruck einschaltbar - ist ein großer unterschied...

Mechanische Maschinen bedürfen ständig der Wartung und damit es genug Rohstoffe für die Erzeugung industrielle Güter gibt und die Menschen in "großen" Städten gleichzeitig gut versorgt sind, bedarf es eine Menge alternativer Energiequellen.

und zu den Römern ... ein paar superreiche in ihren Villen hattens recht angenehm ... dafür war auch das Alte Rom voll von Sklaven und Kriegsgefangenen - die geschunden wurden - damit es die wenigen hohen Römer gut hatten. Die einfachen Leute hattens aber bestimmt nicht einfacher als wie im grausamen, abergläubischen von viellerlei Krankheiten heimgesuchten Mittelalter...

Und Menschen die schon mal das Stromzeitalter gewöhnt waren und denen ihr lieber Wohlstand genommen wurde - so eine desillusionierte Zivilisation hat viele der alten Handwerksfähigkeiten für immer verloren - die sich irgendwann über Jahrhunderte in nicht technisierter Epochen entwickelt hatte (gehabt hatte). - Da würden sich viele hilflos wie Babies anstellen, obwohl man ihnen sagt - das meiste ginge / geht ja auch ohne Strom - liebe Leute. Und woher kommen denn plötzlich wieder die ganzen Gerätschaften - die so gut ohne Strom funktioniert haben - soviele technische Museen mit kompletten Maschinenarealen aus dem späten Neunzehnten Jahrhundert gibt's  neben dem Laden um die Ecke..

Stellt euch eine Stadt wie München, Hongkong oder Rom (heutzutage)  plus Umland - 3 Monate ohne Strom vor... In Millionen von Haushalten wüssten die Mesnchen nicht mal wie sie was warmes zu essen kochen könnten - ja machen wir eine kleines Feuerchen im sechsten Stock im Wohnzimmer und braten unsere letzten Würstchen ... denn ob's morgen noch weiter ginge - das wissen die Leute dann nicht.

so rosig seh ich stromlose Zeiten nicht ... das würde uns so ziemlich am den Rand der Exsistenz bringen ...

Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Lomax am 19. April 2011, 16:00:24
Zitat von: Adiga am 16. April 2011, 01:43:22Zwischen kann auch ohne Ellektrizität funktionieren und ist kinderleicht per sanftem Tastendruck einschaltbar - ist ein großer unterschied...

Mechanische Maschinen bedürfen ständig der Wartung und damit es genug Rohstoffe für die Erzeugung industrielle Güter gibt und die Menschen in "großen" Städten gleichzeitig gut versorgt sind, bedarf es eine Menge alternativer Energiequellen.
Nun ja, teils-teils. Diese Hochleistungs-Grubenlampen sind schon eine Wissenschaft für sich, wo man jeden Augenblick einen Feuerball erwartet, wenn so drei Mann drumrumstehen und versuchen, die ans Laufen zu kriegen ;D
  Aber stromfrei lassen sich im Prinzip auch Verbrennungmotoren konstruieren, und die laufen bekanntlich recht zuverlässig und können eine Menge antreiben. Gerade für Industrie und Versorgung ist Elektrizität entbehrlicher als im Haushalt. Wenn im großen Maßstab gearbeitet wird, kann direkt genutzte Energie auch Vorteile ausspielen und mag den Wartungsaufwand durchaus ausgleichen - und Strom ist immer indirekt erzeugte Energie und hat sich nicht unbedingt durchgesetzt, weil er so toll und konkurrenzlos ist und sich nicht ersetzen ließe, sondern schlicht weil man ihn recht leicht und bequem zu vielen kleinen Endverbrauchern leiten kann.
  Woraus man schließen kann, die größten Probleme, wenn er wegfällt, bekommen die vielen kleinen Endverbraucher; gar nicht mal so sehr die Industrie.
Zitat von: Adiga am 16. April 2011, 01:43:22Und Menschen die schon mal das Stromzeitalter gewöhnt waren und denen ihr lieber Wohlstand genommen wurde - so eine desillusionierte Zivilisation hat viele der alten Handwerksfähigkeiten für immer verloren
Es gibt natürlich einen Unterschied, zwischen einer entwickelten Zivilistation, die einfach keinen Strom hat, und einer Zivilisation, die ihren Strom verliert und eine neue Infrastruktur aufbauen muss. Aber das kann man nicht per se mit der Frage verknüpfen, ob es ohne Strom geht oder nicht - es ist eine Infrastrukturfrage, und Infrastruktur aufzubauen ist teuer. Das gilt für den Aufbau des Infrastrukturnetzes für Strom genau wie für den umgekehrten Weg. Die Umstellung auf eine Welt ohne Strom wäre genauso schwierig wie die Umstellung auf eine Welt mit Strom gewesen wäre, wenn vor hunderfünfzig Jahren plötzlich von einem Tag auf den anderen kein Feuer mehr funktioniert hätte, aber Strom aus irgendeinem Grunde da gewesen wäre :snicker:
  Da hätten die Leute trotz Strom genauso dumm dagestanden wie wir, wenn uns plötzlich der Strom wegbleibt - und Millionen Menschen hätten sich nichts warmes mehr zu essen kochen können, weil der Ersatz von befeuerten Küchenherden durch Stromherde von einem Tag auf den anderen um keinen Deut leichter ist als die Umstellung in umgekehrte Richtung. Und woher wären dann plötzlich die Gerätschaften gekommen, die mit Strom funktionieren?
  Man muss also schon unterscheiden zwischen den systemimmanenten Problemen einer Welt ohne Strom und zwischen Umstellungsproblemen.

Und wirklich "für immer verloren" sind weniger Handwerksfähigkeiten, als man denkt. Sie sind halt nur von der praktischen in die eher theoretische Ecke gewandert. Es würde womöglich mehrere Jahrzehnte dauern, eine entsprechende Handwerks-Infrastruktur auszubilden, und was in der Zeit mit der Gesellschaft passiert, mag man sich nicht ausmalen. Aber es wäre trotzdem das alte Wissen, das nur wieder vermittelt und erprobt werden muss, und das ginge immer noch besser, als alles neu zu entdecken. Und auch das wäre eher ein Übergangsproblem, nicht das Problem einer stromlosen Gesellschaft an sich.
  Handwerksfähigkeiten verschwinden nicht wirklich, wenn sie in einer funktionierenden Gesellschaft nicht mehr gebraucht werden. Sie verschwinden in Nischen, aus denen man sie in einer funktionierenden Gesellschaft sogar recht schnell wieder hervorholen könnte. Diese Fähigkeiten verschwinden viel eher dann, wenn die Gesellschaft nicht mehr funktioniert. Ich fürchte also, die Handwerksfähigkeiten, die man in einer stromlosen Gesellschaft braucht, würden nach dem Wegfall des Stroms viel schneller verschwinden, als sie jetzt verschwunden sind. Einfach aus dem Grund, dass die kleinen Nischen, in denen sie jetzt überleben, womöglich viel schneller im Chaos eines Zusammenbruchs verschwinden, als die dort gehüteten Kenntnisse ihren Nutzen entfalten und sich wieder verbreiten können.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Nakýo am 02. Juni 2011, 16:58:10
Ich habe jetzt die anderen Beiträge zum Teil nur überflogen, ich hoffe, dass ist kein Problem.
Ich denke, dass bei einer solchen Welt vllt. eher ein großer Teil der Industrie der Dampf ausmacht. Man könnte also versuchen, es ein wenig in die Richtung Steampunk zu lenken, da hier keine Elektrizität eine Rolle spielt...
Bzw. ich frage mich aber gerade ernsthaft, wieso die Magie nicht zu ihrem Vorteil genutzt werden kann. Ist Elektrizität wirklich noch von Nöten, wenn es Magie gibt? Wie sieht denn deine Form der Magie bei dir aus, vllt. kann man daraus ja etwas basteln.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Elle am 20. Oktober 2011, 16:45:38
ZitatBzw. ich frage mich aber gerade ernsthaft, wieso die Magie nicht zu ihrem Vorteil genutzt werden kann.

Magie ist nur für eine zahlenmäßig kleine Oberschicht verfügbar, und die ist nicht wirklich daran interessiert, ihre Fähigkeiten in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen oder Nutzung von Magie durch "gewöhnliche" Menschen zu tolerieren. Sie wird im Geheimen praktiziert, aber für Alltagsaufgaben ist sie nicht gerade tauglich.

Danke für eure vielen Anregungen, die helfen mir auf jeden Fall weiter. Das Ganze läuft jetzt auf ein Steam- bzw. Dieselpunk-Setting hinaus. Und entschuldigt, dass ich so lange nicht geantwortet habe, ich hatte eine ganze Weile kein Internet :(
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: AlpakaAlex am 29. August 2021, 14:23:56
Ich bin jetzt mal so frei, diesen Thread aus den Tiefen des Archivs hochzuholen. Nicht, weil ich unbedingt was zu der ursprünglichen Frage schreiben will, sondern weil ich das Thema vom Prinzip her interessant finde und mir jetzt nicht sicher war, ob ich ein neues Thema eröffnen sollte, wenn es doch prinzipiell eins gibt, was passt. Sollte die Moderation anderer Meinung sein, kann das Thema natürlich auch gerne abgetrennt werden.

Prinzipiell finde ich es nämlich immer sehr suspekt, wenn Magie gegen den technischen Fortschritt ausgespielt wird. Das ist etwas, das in unglaublich vielen Fantasy-Büchern vorkommt, aber gleichzeitig auch etwas, das selten ordentlich begründet wird. Es ist einfach so, dass Magie und Technik sich nicht vertragen und Autor*innen ignorieren die Tatsache, dass Menschen erfinderisch sind und eigentlich sich etwas einfallen lassen würden, um Technik auch im Zusammenhang mit Magie funktionieren zu lassen.

Ein gutes Beispiel für etwas, wo es nicht durchdacht ist, ist Harry Potter. Word of God sagt, dass Technik nicht da funktioniert, wo viel Magie ist, weshalb eben auch Technologie in Hogwarts nicht funktioniert. Gleichzeitig hören verschiedene Figuren im Verlauf aber sehr wohl Radio. Also warum funktioniert Radio, aber bspw. kein Fernseher? Logisch weitergedacht kommt eben auch die Frage auf: Würden Muggelkinder in der modernen Zeit überhaupt freiwillig nach Hogwarts gehen, wenn sie dafür Internet und Spielekonsolen aufgeben müssten?

Gerade in der Urban Fantasy habe ich leider auch oft den Eindruck, dass diese "Technik und Magie" Sache genutzt wird, um Konflikte künstlich in die Länge zu ziehen, die sich mithilfe von Internet leicht lösen ließen. Dann gibt es da zentrale Fragestellungen, die langsam aufgeklärt werden, aber IRL würde man einfach Google benutzen und hätte die Antwort innerhalb von 5 Minuten.

Und die Sache ist auch: Ich würde auch gerne mehr Fantasy sehen, das zwar in anderen Welten spielt, aber wo diese Welten weiter technologiesiert sind. Wie bspw. in der Craft Sequence, die ja in einer anderen Welt spielt, welche allerdings mehr oder weniger einen modernen Technologiestand hat. Ich sehe halt nicht ein, dass Fantasy ständig in Welten spielen muss, die technisch sich irgendwo zwischen Mittelalter und Victorianisch befinden.

Ich denke eigentlich, da könnte man einiges mehr mit dem Genre machen.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Sparks am 21. Juni 2022, 22:34:51
Zitat von: Elle am 19. Februar 2011, 21:12:06Was mich jetzt beschäftigt, ist die Frage: Wie sieht eine solche, praktisch ab einem gewissen Punkt zum Stillstand(?) gezwungene Kultur aus? Vor allem, wenn sie sich des Fortschritts anderer, nicht wirklich weit entfernter Gebiete bewusst ist? Die "magische Unterdrückung" dauert zum Zeitpunkt der Handlung bereits ungefähr zwei bis drei Jahrhunderte an, es gibt aber einzelne "Inseln" innerhalb dieser Zone, die von der kontrollierenden Magie abgeschirmt sind.

Habt ihr Ideen zum Alltag in einer solchen Welt? Ich würde mich über ein paar Anregungen freuen :)


Spontan fallen mir jetzt Nordkorea, die Amish in den USA und viele Entwickungsländer ein......

Persönlich, ich bin Jahrgang 1962, und bin in Duisburg aufgewachsen, kann ich mich an vieles erinnern, das aus der Zeit vor 1900 stammte. Insbesonders die Werkstatteinrichtung der Schlosserei meines Vaters (der war selber Jahrgang 1908) mit Schmiedeesse, Acetylenentwickler und Transmissionen, sowie die Bauernhöfe der Verwandschaft, die zwar elektrisches Licht hatten, und einen Telephonanschluss, wo aber auch die Nachbarn telephonierten.
Und Küchengeräte und viele Landwirtschaftliche Maschinen waren handbetrieben, bzw. über eine Zapfwelle vom Treckermotor. Und dieser Trecker war aber auch etwas, was nur vage etwas mit den heutigen Traktoren zu tun hat.

Ich habe in der Stahlindustrie gearbeitet, an großen Ilgnersätzen (Spezialform eines Leonardumformers) Baujahr vor dem ersten Weltkrieg. In uralten Schaltanlagen, Schaltfeld neben Schaltfeld, total verstaubt und schlecht beleuchtet, so dass man von einem ende der Anlage das andere nicht sehen konnte......das war alles elektrisch, aber trozdem ganz anders, als man es heute kennt. Es wurden Geräte verwendet, deren Namen heute oft Fachleute nicht mehr kennen. Verstärkermaschinen (Amplidyne) oder Transduktoren z.B. Aus einer Zeit, als Halbleiter gnaz fern am Horizont waren, und auch die Röhren gerade erst erfunden waren. Und alles meist ohne den ästhetischen Anspruch der Belle Epoque (Steampunk).

Speziell für Anregungen: Verdeutliche Dir einmal, was der Umgang mit solchen Geräten und Verhältnissen konkret für jemanden bedeutet. Keine Zentralheizung, die automatisch anspringt wenn es zu kalt ist und die sich wieder abschaltet, wenn es warm genug ist, sondern einen Kohleofen. Zum Anmachen brauchst Du ausser Kohlen, Papier, sehr klein gehacktes Holz, und Geschick. Es ist körperlich anstrengend. Kohleneimer aus dem Keller holen, Holz kleinhacken ec. Nach dem Anzünden (immerhin gibt es schon Streichhölzer und Benzinfeuerzeuge), musst Du das Feuer hätcheln und vorsichtig oder auch kräftig hineinblasen. Das kostet Zeit, und anschliessend hast Du schwarze Finger (und möglicherweise auch eine schwarze Nase). so richtig brennen tut der Ofen aber auch erst eine halbe Stunde später.....
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Ilva am 22. Juni 2022, 07:59:00
Volle Zustimmung @AlpakaAlex , dass fehlende Technologie als Plot-Hilfsmittel für Konflikte genutzt wird (Warnungen kommen zu spät, Infos sind nicht sofort aufrufbar etc.).
 Ich bilde mir ein, dass das sogar z.T. in nicht-phantastischen Büchern vorkommt und die Leute einfach weder anrufen, noch eine Suchmaschine benutzen, habe aber dafür gerade kein Beispiel.

Zitat von: AlpakaAlex am 29. August 2021, 14:23:56Und die Sache ist auch: Ich würde auch gerne mehr Fantasy sehen, das zwar in anderen Welten spielt, aber wo diese Welten weiter technologiesiert sind. Wie bspw. in der Craft Sequence, die ja in einer anderen Welt spielt, welche allerdings mehr oder weniger einen modernen Technologiestand hat.
Spontan fallen mir hier Beispiele ein:

Die Mistborn-Reihe von Brandon Sanderson. Da laufen die reichen Männer immer im schicken Dreiteiler rum. In der Folgetrilogie Wax & Wayne gibt es sogar Eisenbahnen, Autos und elektrisches Licht. Die technischen Elemente interagieren hier z.T. auch mit der Magie. Bonus: nicht nur die Technologie, sondern auch das Wissen über die Magie entwickeln sich weiter.

Die Reihe um Giddeon the ninth. Nekromant:innen und Raumschiffe.

Die Magie der tausend Welten von Trudy Canavan. Ich habe nur den ersten Band gelesen, da der Rest damals noch nicht draussen war, aber ich meine, mich an Fluggeräte und Druckerpressen (?) Zu erinnern, die magisch betrieben werden.

Vermutlich fällt mir noch mehr ein, wenn ich erst mal meinen Kaffee getrunken habe.

Aber gerade der letzte Punkt bringt mich auf ein Thema: Kann es nicht auch sein (je nach Setting), dass Magie technischen Fortschritt unnötig macht, weil das Problem schon auf magische Art gelöst wurde? Z.B. brauche ich kein Handy, wenn ich bereits über magische Spiegel oder so kommunizieren kann. Oder ich brauche keine Dampfmaschine, wenn ich den Webstuhl magisch antreiben kann. Natürlich stimmt das nur, wenn Magie eine gewisse Verbreitung in der Gesellschaft hat und entsprechend funktional ist.

OT: Ich liebe die neue Forumssoftware! Mobiles Posten ist so viel besser geworden.  :) 
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Sparks am 22. Juni 2022, 20:36:06
Zitat von: Ilva am 22. Juni 2022, 07:59:00Aber gerade der letzte Punkt bringt mich auf ein Thema: Kann es nicht auch sein (je nach Setting), dass Magie technischen Fortschritt unnötig macht, weil das Problem schon auf magische Art gelöst wurde? Z.B. brauche ich kein Handy, wenn ich bereits über magische Spiegel oder so kommunizieren kann. Oder ich brauche keine Dampfmaschine, wenn ich den Webstuhl magisch antreiben kann. Natürlich stimmt das nur, wenn Magie eine gewisse Verbreitung in der Gesellschaft hat und entsprechend funktional ist. 

Da möchte ich mal das dritte Clarkesche Gesetz zitieren:
,,Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden."

Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Clarkesche_Gesetze

Umgekehrt gilt aber auch: Magie ist von hinreichend fortschrittlicher Technologie nicht zu unterscheiden.
Wenn also irgendwo eine Magie existiert, die eine Technologie verdrängt oder an der Weiterentwicklung hindert, dann ist halt diese Magie die neue Technologie. Und nur Philosophen machen sich darüber einen Kopf. ;O)

Den Fall das eine fortschrittlichere*) Technologie eine andere Technologie verdrängt, kennen wir aus unserem eigenen Leben doch oft genug, auch wenn die Wahrscheinlichkeit dieser Erfahrung(en) mit dem Alter steigt.

*)
Die Überzeugung, was "fortschrittlich" bedeutet, kann sich aber im Context der Zeit und der Lebensumstände ändern. Beispiel: Kernkraftwerke, Kohlekraftwerke, erneuerbare Energien. Und es gibt Contexte als Inseln, wo sich das nicht oder nur sehr langsam und verspätet ändert. Beispiel Dampfmaschinen, die  als Walzenantriebe bis in die 80er Jahre überdauert haben (Maxhütte in Bayern), obwohl es schon mindestens 60 Jahre lang elektrische Walzenantriebe gab.


Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Sandschlange am 22. September 2022, 18:20:12
Zitat von: Sparks am 22. Juni 2022, 20:36:06Da möchte ich mal das dritte Clarkesche Gesetz zitieren:
,,Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden."

Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Clarkesche_Gesetze

Umgekehrt gilt aber auch: Magie ist von hinreichend fortschrittlicher Technologie nicht zu unterscheiden.
Wenn also irgendwo eine Magie existiert, die eine Technologie verdrängt oder an der Weiterentwicklung hindert, dann ist halt diese Magie die neue Technologie. Und nur Philosophen machen sich darüber einen Kopf. ;O)



Hallo Sparks, du hat auf jeden Fall Recht, als Mensch, der von Philosophie begeistert ist, mache ich mir da wirklich einen Kopf drüber. :D Ich glaube zwar, dass dein Gedanke, dass Magie und Technik sich in vielen Fällen sehr ähnlich sind, richtig ist, aber ich glaube auch, dass das nicht in allen Fällen zutrifft. Ich glaube, dass das was wir als Magie bezeichnen - zumindest in unserer Welt - das ist, was eigentlich nicht mit den Naturgesetzen vereinbar ist (= damit meine ich in dem Kontext auch: technisch unmöglich). Das ist natürlich nur eine Definition von Magie. Ich beziehe mich hier auf "Wunder", also auf Brüche in den Naturgesetzen oder anders: auf etwas, dass in unserer Welt "technisch" nicht möglich ist, weil die Naturgesetze es nicht hergeben. Beispielsweise, dass ein Mensch ohne Hilfsmittel fliegen kann oder auch Telekinese. Dazu kommt noch ein Punkt: Magie wird meistens durch eine Person aus ihr heraus bewirkt und hat nur indirekt etwas mit der Umwelt zu tun, während das, was wir unter Technik verstehen, meist Module oder Werkzeuge sind, die uns gewisse Dinge erlauben (ein Flugzeug zum Fliegen). Ich glaube, dass daher auch diese Gegenüberstellung von Magie und Technik kommt.

Allerdings ist es ja in der Fantasy-Welt so, dass bestimmte Dinge, die unmöglich sind, möglich sind. Bei Welten wie Harry Potter entsteht dadurch natürlich irgendwo ein Konflikt, wenn man tiefer hinein schaut: Wieso können die das? Was ist eigentlich diese Magie, die sie nutzen? Ist es etwas Physisches - dann müsste es ja auch irgendwie naturgesetzlich verankert sein - oder doch etwas Geistiges? Kommt die Magie nur aus der Person und ist es dann für Muggel möglich, magische Gegenstände zu nutzen bzw. könnte die Magie der Zauberwelt für den Fortschritt genutzt werden? Wieso können es nicht alle? Ich denke, dass es gerade im Low-Fantasy Bereich (ich hoffe, so heißt das Genre, das in unserer Welt spielt) schwierig ist, diese Fragen zu beantorten und darum viele Autoren eher zu einem weichen Magiesystem neigen. Außerdem denke ich, dass man, wenn man sich zusehr mit der "technischen Möglichkeit" der Magie in unserer Welt befasst, man sehr schnell in den Science-Fiction Bereich eintaucht.

Wenn man jetzt eine eigene Fantasywelt kreirt, könnte man argumentieren, dass die Magie in den Gesetzen der erfundenen Welt (-quasi wie Naturgesetze) verankert ist. Die Erklärungen für die Existenz von Magie, kommen natürlich auf das Magiesystem an. Bei einem harten Magiesystem wirkt die Magie oft technisch, weil man sie verstehen kann und dadurch ist sie oft auch für den Fortschritt nutzbar. Bei einem weichen Magiesystem bleibt meiner Meinung nach diese "Wundervorstellung" erhalten und dadurch ist man vielleicht mehr versucht, die Magie der Technik gegenüberzustellen. Die Magie wird zu einem Bruch der eigentlichen Regeln, sie macht dann Dinge möglich, die eigentlich nicht möglich sein sollen - darum wirkt Harry Potter auch so magisch. Magie wird etwas, was nicht nur unmöglich erscheint - sondern, weil es eben nicht erklärt werden kann - physikalisch sogar unmöglich ist und trotzdem geschieht es. Insofern erschafft man als Autor eine Differenz zwischen Magie und Technik, weil die Magie - insofern sie nicht erklärbar ist, nicht für den Fortschritt genutzt werden kann. Sie hat keine greifbaren Gesetze.

Bei einer Fantasywelt könnte man auch ein hartes Magiesystem erschaffen und die Magiegesetze auch mit den Naturgesetzen der Welt verbinden. Dadurch kann die Magie auch technisch nutzbar werden und zwar auch für die, die selbst (aus sich heraus) keine Magie erzeugen können. Ein Beispiel, das mir da einfällt wäre "Der Prinz der Drachen" - in der Welt werden Menschen ohne die Fähigkeit, Magie zu erzeugen geboren, aber sie können die Magie nutzen, wenn sie sie aus anderen (magischen) Wesen ziehen. In der Serie "Arcane" wird Magie erforscht, so wie wir an Atomen forschen. Weil die Magie halt teil der Welt ist und mit den (physischen) Gesetzen harmoniert. Die "Magiesteine" können dann auch in bsp. Hammer eingebaut werden, und so die Arbeit im Alltag erleichtern, das ist dann schon als ein technischer Fortschritt zu sehen und keine "unerklärbare Magie". Ich glaube aber, dass diese technische Magieform nur bei einem harten Magiesystem funktioniert und weil viele - vor allem auch viele bekannte - Fantasybücher ein weiches Magiesystem benutzen, kommt es dann oft zu dieser Differenz: Magie vs. Technik.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Sparks am 01. Oktober 2022, 17:20:14
Hallo Sandschlange.

Zitat von: Sandschlange am 22. September 2022, 18:20:12Wenn man jetzt eine eigene Fantasywelt kreirt, könnte man argumentieren, dass die Magie in den Gesetzen der erfundenen Welt (-quasi wie Naturgesetze) verankert ist. Die Erklärungen für die Existenz von Magie, kommen natürlich auf das Magiesystem an. Bei einem harten Magiesystem wirkt die Magie oft technisch, weil man sie verstehen kann und dadurch ist sie oft auch für den Fortschritt nutzbar. Bei einem weichen Magiesystem bleibt meiner Meinung nach diese "Wundervorstellung" erhalten und dadurch ist man vielleicht mehr versucht, die Magie der Technik gegenüberzustellen. Die Magie wird zu einem Bruch der eigentlichen Regeln, sie macht dann Dinge möglich, die eigentlich nicht möglich sein sollen - darum wirkt Harry Potter auch so magisch. Magie wird etwas, was nicht nur unmöglich erscheint - sondern, weil es eben nicht erklärt werden kann - physikalisch sogar unmöglich ist und trotzdem geschieht es. Insofern erschafft man als Autor eine Differenz zwischen Magie und Technik, weil die Magie - insofern sie nicht erklärbar ist, nicht für den Fortschritt genutzt werden kann. Sie hat keine greifbaren Gesetze.


Dieser Gegensatz "harte Magie" und "weiche Magie" mit "Wundercharakter" entsteht aber auch lediglich in den Köpfen der Leute. Möglicherweise hängt das von deren Grundeinstellungen ab. Ich kann mir "Wunder" eben schlecht vorstellen, und vermute dahinter unbekannte, noch nicht erkannte physikalische Gesetzte. Wobei, zugegeben, die Physik in den Extremen der Teilchenphysik auch oft deutlich esoterisch und "Wunderartig" wirkt.

Ein Roman, der damit etwas spielt, ist "Picknick am Wegesrand" von den Gebrüdern Strugatzki. Die Artefakte verletzten allesamt die Vorstellungen, die über Gravitation/Zeit oder Energierhaltung existieren, aber es ist so erzählt, dass man dahinter eben unerkannte Naturgesetzte vermutet, und einige Artefakte können auch technologisch mit bekannter Technik ausgenutzt/verwertet werden, z.B. als unerschöpfliche Energiequelle.

Aber mit dem "Wunder" ist es auch in der Theologie so eine Sache. Da war doch schon in der Antike die Fragestellung: Kann ein allmächtiger Gott einen Stein erschaffen, den er selber nicht heben kann?, was eben zu einem Absurdum führt, wenn man so eine "gesetzlose Allmacht" zulässt.

Daher ist für viele Leute (inklusive mir) ein Universum ohne Gesetzmäßigkeiten schlecht vorstellbar. Man erwartet oder denkt sich halt hinter Magie eine noch unbekannte physikalische oder andere Gesetzmäßigkeit.

Auch der Gödelche Unvollständigkeitssatz führt nicht geradewegs in das Wunder, weil auch die Widerspruchsfreiheit von stark widerspruchsfreien Systemen auf einer anderen Ebene durchaus bewiesen werden kann. Für jemanden, der diese Ebenen nicht wechseln kann, mag die Widerspruchsfreiheit daher als unbewiesen dahstehen, und alle Gesetzmäßigkeiten, die darauf beruhen, als "Wunder" erscheinen.
Titel: Re: Magie vs. technischer Fortschritt
Beitrag von: Sandschlange am 14. Oktober 2022, 22:49:44
Hallo @Sparks :)

Zitat von: Sparks am 01. Oktober 2022, 17:20:14Dieser Gegensatz "harte Magie" und "weiche Magie" mit "Wundercharakter" entsteht aber auch lediglich in den Köpfen der Leute. Möglicherweise hängt das von deren Grundeinstellungen ab. Ich kann mir "Wunder" eben schlecht vorstellen, und vermute dahinter unbekannte, noch nicht erkannte physikalische Gesetzte. Wobei, zugegeben, die Physik in den Extremen der Teilchenphysik auch oft deutlich esoterisch und "Wunderartig" wirkt.

Ich verstehe was du meinst, wenn du sagst, dass der Gegensatz "harte Magie" und "weiche Magie" nur in den Köpfen der Leuten entsteht und ich stimme dir zu, solange wir uns im Bereich der richtigen Wissenschaft bzw. der richtigen Welt befinden - also solange wir nicht von "Büchern sprechen", denn da existiert der Unterschied. Und ja, selbst bei einem weichen Magiesystem muss es zumindest ein paar Regeln geben, andernfalls wird es sehr schnell unlogisch. Aber bestimmte Dinge, wie der Ursprung der Magie, klare Normen, die universell gelten; darauf verzichtet man bei "weichen Magiesystemen" gerne. Dinge passieren, obwohl "sie unmöglich sind" und das sagt uns der Autor oft auch selbst, indem seine Charaktere sagen: Es ist unmöglich und wenn es gut gemacht ist, weiß auch der Leser, dass es eigentlich unmöglich ist. Das heißt, Gesetze wurden schon zuvor etabliert und dann werden sie (häufig im CLimax) bewusst gebrochen. Das widerspricht eigentlich allem, was wir kennen, denn selbst die Quantenphysik - so wunderartig sie erscheinen mag - folgt Regeln. Diese Regeln sind klar und werden nicht gebrochen. Hawking selbst sagt, dass ein Naturgesetz nur dann ein Naturgesetz ist, wenn es nicht gebrochen wird. Natürlich passieren Dinge, die wir nicht zur Gänze verstehen, aber wir können sie einordnen, Theorien entwickeln, weil wir uns darauf verlassen, dass das Erklärungssystem, das wir bereits haben, noch immer gültig ist und zumindest teilweise angewand werden kann (darum spricht man in der Quantenphysik auch noch immer von einem Determinismus - wenn auch nur zu 50%).
Bei weichen Magiesystemen - und die existieren natürlich nur in unseren Köpfen, das ist ganz klar, da bin ich bei dir - werden diese Gesetze oft (teilweise) gebrochen und dieser Bruch in den etablierten Regeln wird dann häfuig erklärt mit großen Begriffen wie: Liebe, Kraftzugewinn aufgrund von Freundschaft, Schicksal, Wut, etc. Das sind aber keine richtigen Erklärungen, wir geben uns nur damit zufrieden, weil wir glauben können, dass aus Dingen wie Liebe, Freundschaft, Wut, etc. Stärke erwächst. Und das funktioniert auch, es erscheint uns nicht unlogisch, weil wir 1) gelernt haben, daran zu glauben und 2) weil wir wissen und zwar sobald diese Themen aufgegriffen werden, dass es gar nicht um das Magiesystem oder eine logische Erklärung geht, sondern um die Charaktere und wie sie über das mögliche Hinauswachsen aufgrund ihrer Liebe, ihrer Freundschaft, ihrer Bestimmung, ihres Zorns, etc. Das ist so nur möglich innerhalb eines weichen Magiesystems - innerhalb eines Systems, das Wunder zulässt.


Zitat von: Sparks am 01. Oktober 2022, 17:20:14Aber mit dem "Wunder" ist es auch in der Theologie so eine Sache. Da war doch schon in der Antike die Fragestellung: Kann ein allmächtiger Gott einen Stein erschaffen, den er selber nicht heben kann?, was eben zu einem Absurdum führt, wenn man so eine "gesetzlose Allmacht" zulässt.

Haha, ja dieses Beispiel. Ich musste wirklich lächeln, als ich das gelesen habe, weil ich vor ein paar Jahren mal - frag mich nicht worüber wir diskutiert haben - mit einem Freund in ein philosophisches Gespräch verwickelt war und irgendwann nannte er das Beispiel. Daraufhin sagte ich - voller Tatendrang und im Glauben die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben - "Ist doch ganz logisch, geht doch nur um den Zeitpunkt. Ein allmächtiger Gott kann einen Stein erschaffen, den er nicht heben kann - zumindest für eine Zeit lang." - Ich glaube damals war ich recht tief drinnen in den Shonen-Animes mit den Kraftsprüngen. Son Goku kann Freezer nicht besiegen - oh, Power up, jetzt kann er es. Und so weiter. Letztendlich hat meine Antwort nur gezeigt, dass ich die Frage nicht verstanden hatte.

Zitat von: Sparks am 01. Oktober 2022, 17:20:14Daher ist für viele Leute (inklusive mir) ein Universum ohne Gesetzmäßigkeiten schlecht vorstellbar. Man erwartet oder denkt sich halt hinter Magie eine noch unbekannte physikalische oder andere Gesetzmäßigkeit.

Ja, das ist für mich auch schwer vorstellbar und ich bin ehrlich gesagt auch ein Fan von klaren Regeln - bzw. ein Fan von harten Magiesystemen. Ich lese und sehe lieber gut abgestimmte Kämpfe, bei denen ich das Gefühl habe, die Figuren haben sich ihren Sieg erkämpft und bei denen ich auch mitdenken kann - selbst nachdenken kann, was die Charaktere jetzt mit ihren Kräften am besten tun könnten, um den Feind zu besiegen.
Das geht bei einem weichen Magiesystem eher schlecht, weil halt oft aus dem Nichts auf einmal Kräfte oder Sachen auftauchen und neue Möglichkeiten geschaffen werden mit denen Ich als Leser nicht rechnen kann. Wobei weiche Magiesysteme noch ein viel größeres Problem haben.
Für uns, die wir in einer aufgeklärten Welt leben - oder zumindest in einer Welt, die den Anspruch erhebt, aufgeklärt zu sein bzw. aufgeklärt zu werden - kann das ein Ärgernis sein. Es sind weniger die offenen Fragen, die mich stören, sondern mehr diese (scheinbar) unlogische und ursachenlose Magie, die nur dann genutzt wird, wenn sie grade plottrelevant ist und dann von den Charakteren vergessen wird, als hätte sie nie existiert. Ich gehöre auch zu den Menschen, die Gesetzmäßigkeiten lieben, ich mag es, wenn Dinge erklärbar sind und weiche Magiesysstemme haben oft nicht nur mit der Unerklärbarkeit ihrer Magie zu kämpfen, sondern zusätzlich noch mit Plotfragen: Wieso haben die das denn nicht schon vorher gemacht? Wieso haben sie die Kraft nicht dazu gebraucht und die für das, etc.
Je weicher das Magiesystem ist, desto schwerer wird es natürlich, auf diese Fragen eine zufriedenstellende Antwort zu geben. Ein deutliches Beispiel ist Harry Potter: Wieso haben sie an Sirius Black nie einen Wahrheitstrank verwendet? Wieso haben sie seine Erinnerungen nicht angesehen? Wieso haben sie an Harry Potter nie den Wahrheitstrank verwendet und seine Erinnerungen angesehen, um festzustellen, dass Voldemort wieder da ist?
Trotzdem denke ich, dass es gerade in der Kinderbuchliteratur besser ist, weiche Magiesysteme zu verwenden, als harte.  Ganz spontan und ohne eine Feldstudie betrieben zu haben - rein aus persönlichen Erfahrungen sprechend - behaupte ich nämlich, dass man sich als Kind gar nicht so große Gedanken über die genannten Fragen beim Lesen der Harry Potter Bücher gemacht hat.

So, ich entschuldige mich ersteinmal für die späte Antwort. Ich war ... faul. Ich hoffe auch, dass ich nicht zu sehr vom Thema abgekommen bin und dass ich meinem ersten Eintrag hier nicht allzusehr widersprochen habe - ich habe ihn nicht noch einmal durchgelesen, bevor ich den hier gepostet habe - was an der Uhrzeit liegt. Ich glaube ich werde langsam alt. Das Brettchen ruft. :D

LG Sandschlange