Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Carolina am 04. Oktober 2017, 09:31:41

Titel: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Carolina am 04. Oktober 2017, 09:31:41
Ich befinde mich gerade bei der Endkorrektur meines neuen Romans. Und bei jedem Buch entwickele ich Marotten, die den Schreibfluss stören oder einfach nicht schön klingen.

Unter diesem Post würde ich solche Dinge gern sammeln, mit dem Ziel, dass man sich vielleicht wiedererkennt oder auch Lösungen findet, wie man Stilschwächen vermeiden kann.

Ein paar Beispiele:

- In meinem letzten Buch fingen viel zu viele Sätze mit ABER an. Ich ersetze es jetzt teils durch DOCH, manchmal passt auch ALLERDINGS. Oder ich formuliere den Satz oder den gesamten Absatz komplett um.

- Am Anfang meiner Autorenkarriere begann ich Relativsätze oft mit WO, obwohl das nur selten passt, z.B. bei Ortsangaben. Ein Tribut an die Region, in der ich lebe. Im Sprachgebrauch machen das die Menschen hier andauernd.

- Inquit-Formel: Gerade benutze ich ziemlich oft "gestehen". "Ich weiß nicht, was ich will", gestand Marita. Es passt zwar an den Stellen, wo ich es verwende, kommt aber beunruhigend häufig vor.

- Sich: Ich weiß nie, wo es am besten hingehört. Schließlich machte Mark es sich auf der Couch bequem / Schließlich machte sich Mark es auf der Couch bequem. Meist korrigiere ich es hinterher noch mal, wahrscheinlich auch zweimal hin und her in zwei Durchgängen.

Und dann gibt es in jedem Buch Formulierungen, die immer wieder vorkommen. Ich hatte schon Bienen, die mehrfach auftauchten (warum, weiß ich nicht mehr), in meinem zweiten Buch zitterten übermäßig häufig die Knie (ein Virus?  :hmmm:), in diesem Buch schütteln alle ständig den Kopf. Es gab auch schon hochgezogene Augenbrauen, die gar nicht mehr den Weg in ihre normale Position fanden. Ach ja, und gelacht und gegrinst wird irgendwie auch häufig.
Vielleicht ist es auch gar nicht so wild und mir fällt es jetzt auf, weil ich den Text X Mal gelesen habe. Trotzdem ist es bei jedem Buch eine andere Marotte. Natürlich hat jeder Charakter andere Angewohnheiten, und wenn Andreas nun mal immer die Stirn in Falten legt, dann ist das bei ihm halt so. Allerdings steckt er die anderen Protagonisten mit seinem Verhalten an, und dann wird es irgendwann zu viel.

Wie ist das bei euch?

Ertappt ihr euch auch bei solchen Dingen? Und wenn ja, vielleicht schlage ich gleich die Hände über dem Kopf zusammen und denke: Oh, Mist, das mache ich auch ständig ...


Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Churke am 04. Oktober 2017, 11:34:25
Das halte ich alles für mehr oder weniger normal. So etwas sortiert man bei Überarbeitungen aus.

Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 09:31:41
- Sich: Ich weiß nie, wo es am besten hingehört. Schließlich machte Mark es sich auf der Couch bequem / Schließlich machte sich Mark es auf der Couch bequem.

Im Deutschen ist man in der Wortstellung ziemlich frei. Das ist mehr eine Stilfrage. Ich würde mir darüber keine Gedanken machen.

Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 09:31:41
Und dann gibt es in jedem Buch Formulierungen, die immer wieder vorkommen. Ich hatte schon Bienen, die mehrfach auftauchten (warum, weiß ich nicht mehr), in meinem zweiten Buch zitterten übermäßig häufig die Knie (ein Virus?  :hmmm:), in diesem Buch schütteln alle ständig den Kopf. Es gab auch schon hochgezogene Augenbrauen, die gar nicht mehr den Weg in ihre normale Position fanden. Ach ja, und gelacht und gegrinst wird irgendwie auch häufig.

Lektoren (und wahrscheinlich auch Leser) erwarten heute solche Formulierungen, um dem Geschehen "Tiefe" zu verleihen und die Reaktionen/Emotionen der Figuren zu charakterisieren.
Ich persönlich bin anderer Meinung. Ich halte das für nichtssagende Leerformeln, die man aus einem begrenzen Vorrat herausgreift und sich damit mehr oder weniger zwangsweise wiederholt. Ich versuche, solche Formulierungen grundsätzlich zu vermeiden.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: gbwolf am 04. Oktober 2017, 11:50:12
Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 09:31:41
- Am Anfang meiner Autorenkarriere begann ich Relativsätze oft mit WO, obwohl das nur selten passt, z.B. bei Ortsangaben. Ein Tribut an die Region, in der ich lebe. Im Sprachgebrauch machen das die Menschen hier andauernd.
Klingt wirklich nach Heimatfilm. "Da wo die Berge sind". ;)

Vor einer Ewigkeit hatten wir einen ähnlichen Sammelthread: Beginner's Mistakes For Runaways - Anfängerfehler für Fortgeschrittene (http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=5958.0)
Die Fragestellung ist ähnlich und die Diskussionen sehr interessant, die sich daraus ergeben haben. Also, inwieweit man es übertreiben kann, mit der Fehlerkorrektur und wie weit man korrekt bleiben kann, ohne die Lesbarkeit aus den Augen zu verlieren.

Edit: Link-Tag korrigiert.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Carolina am 04. Oktober 2017, 11:52:36
@Churke

Für mich haben die Formulierungen mehrere Bedeutungen. Sie stellen Emotionen dar, sie bringen Abwechslung in ewig gleiche Inquit-Formeln und sie können dem Leser Eigenheiten der Figuren näherbringen.

Ist halt nur eine Frage der Dosis. Und wenn ich in zwei Tagen über meinen ganzen Roman lese, dann habe ich hinterher das Gefühl, dass 1000 Augenbrauen gehoben wurden.

@Nadine

Wenn man jede Schreibregel beachtet, alle Adjektive streicht, etc. pp., dann bleibt am Ende oft ein nackter Text übrig. Wie immer kommt es auf die Balance an.

Wenn ich mich jetzt noch erinnern könnte, wie man zitiert ... herrje.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Feuertraum am 04. Oktober 2017, 12:06:56
Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 11:52:36
Wenn ich mich jetzt noch erinnern könnte, wie man zitiert ... herrje.

Entweder beim Post eines anderen rechts oben die Gänsefüßchen anklicken (dann wird alles zitiert)
Oder eine Textstelle kopieren und dann die viereckige Sprechblase anklicken  (über den Smileys, mittlere Reihe, vierte von rechts) und zwischen den beiden quote den Text einfügen

Oder vor dem zu Zitierenden in eckigen Klammern das Wort quote und am Ende des zu Zitierenden wieder in eckigen Klammern ein / und das Wort quote.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Carolina am 04. Oktober 2017, 12:13:53
Zitat von: Feuertraum am 04. Oktober 2017, 12:06:56
Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 11:52:36
Wenn ich mich jetzt noch erinnern könnte, wie man zitiert ... herrje.

Entweder beim Post eines anderen rechts oben die Gänsefüßchen anklicken (dann wird alles zitiert)
Oder eine Textstelle kopieren und dann die viereckige Sprechblase anklicken  (über den Smileys, mittlere Reihe, vierte von rechts) und zwischen den beiden quote den Text einfügen

Oder vor dem zu Zitierenden in eckigen Klammern das Wort quote und am Ende des zu Zitierenden wieder in eckigen Klammern ein / und das Wort quote.

Danke! Das mit den Gänsefüßchen ist am einfachsten.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Churke am 04. Oktober 2017, 13:15:36
Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 11:52:36
Für mich haben die Formulierungen mehrere Bedeutungen. Sie stellen Emotionen dar, sie bringen Abwechslung in ewig gleiche Inquit-Formeln und sie können dem Leser Eigenheiten der Figuren näherbringen.

Ja, aber es bleiben Textbausteine, die dem Autor kreatives Nachdenken ersparen. Es gibt meistens individuellere Ausdrucksmöglichkeiten, mit denen man sich weniger wiederholt.  Die muss man aber erst suchen.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Denamio am 04. Oktober 2017, 13:30:18
Im Wahnsinn habe ich eine Weile Geschichten in der Ich-Perspektive geschrieben. Grundsätzlich spannend und kein Problem, aber an nahezu jeder Stelle bin ich darüber gestolpert wie man das umsetzen könnte. Dabei entsteht oft das Problem wie man Handlungen und Meinungen umschreibt ohne ständig "Ich" und "mein" zu benutzen. Daraus entstanden laufend perverse Satzkonstrukte.

Idee: Heldin schaut einen Kerl nach einer ausgeteilten Ohrfeige mitleidig an.
Erste Version: "Ich sah ihn mitleidig an"
> Meh, da ist ein Ich drin. Weg damit.
Zweite Version: "Mein mitleidiger Blick traf ihn"
> Schauder. Außerdem ist da ein mein drin.
Dritte Version: "Der Kerl fing sich einen mitleidigen Blick"
> Okay, ich und mein sind raus, aber von wem kommt der Blick jetzt?
Vierte Version: "Der Kerl fing sich einen mitleidigen Blick von mir"
> Ja! Gut! Nein! Mir! Verdammt! Argh.

Im Vorteil, mit der Zeit kamen echt kreative Ansätze heraus wie man sowas umschreiben kann. Der Nachteil: Der Lesefluss geht weinen. Meine Lösung war es Beschreibungen an der Stelle einzufügen, wenn zuviele Handlungen und Kommentare der Heldin aufeinander folgten. Ich und mein sind manchmal einfach notwendig, will man nicht Satzmonster erschaffen. Also dann:

> Ich knallte ihm eine. Was Ohrfeigen anging war das oberste Qualität. Der Sound war satt, die Reaktion reines Gold wert. Mit feuchten Augen stammelte er vor sich hin und schob die Unterlippe vor, "A-a-aua!"
Das zweite was er sich fing war mein mitleidiger Blick. usw.

Auf lange Sicht hat dieses ständige Umschreiben wegen Wiederholungen mir geholfen meinen Stil zu finden, selbst jetzt wo ich nicht mehr in der Ich-Perspektive schreibe. Dennoch passieren auch weiterhin ähnliche Stilkatastrophen in den Texten. Spaßeshalber habe ich Worthäufigkeiten analysiert und festgestellt, dass ich überdurchschnittlich oft von Augen spreche. In einem vollen Manuskript etwa 100 Erwähnungen mehr als das zweithäufigste, was selbst schon zu oft benutzt wurde. Seitdem versuche ich das zu vermeiden wo es geht und falle prompt in andere Wörter die zu oft auftauchen.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Sascha am 04. Oktober 2017, 15:44:19
ZitatAch ja, und gelacht und gegrinst wird irgendwie auch häufig.
Eine überarbeitete Version meines Erstlings hieß: Kurt_entgrinst.odt
Soviel zum Grinsen. ;D
(Inzwischen suche ich grundsätzlich in einem halbwegs fertigen Manuskript erst mal nach "grins".)

Außerdem ist mir in Teil 2 beim letzten Korrekturlesen vor der VÖ (doch schon ...) aufgefallen, daß gleich zwei meiner Leute fliegen können.
Also, eigentlich rennen sie, aber ich hab beide Male geschrieben "Sie/Er flog förmlich über das Pflaster". Zum Glück liegen dazwischen über 200 Seiten ...
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Ary am 04. Oktober 2017, 15:50:37
Solche Lieblingswörter, nach denen ich immer meine Entwürfe durchforste, sind für mich nicken, seufzen und lächeln. Himmelnochmal, man kann doch auch anders Zustimmung bekunden als durch ein Nicken, das in den meisten Fällen gar nicht nötig ist. Ich habe mal darüber meditiert, wie oft ich eigentlich selbst nicke, um Zustimmung auszudrücken. Ergebnis: fast nie. Ich sage "ja" oder "okay", brumme ein zustimmendes"mhm" oder sage irgendwas anderes, aber ich nicke höchst selten.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Yasrena am 04. Oktober 2017, 22:42:57
"Würde, wäre, hätte ..." ich verwende phasenweise schrecklich oft den Konjunktiv 2 - was regelmäßig dazu führt, dass ich später ganze Abschnitte, die mir während des Schreibens unverzichtbar erschienen, komplett wieder rausschmeisse.
Außerdem seufzen meine Protagonisten zu viel - mal laut, mal leise, mal frustriert, mal müde, mal nachdenklich, mal traurig - irgendetwas zu seufzen gibt es seltsamerweise dauernd.

Und unsinnige Bindestriche sind ebenfalls eine viel geliebte Marotte ;)

Ein durchgängiges Rezept dagegen habe ich leider noch nicht gefunden. Umschreibungen sind leider oft haarsträubend umständlich, so dass ich letztendlich oft entweder damit leben oder löschen muss.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Jen am 04. Oktober 2017, 22:57:50
Was mir bei meinen Geschichten leider immer wieder auffällt: Zu gerne beginne ich Sätze mit einem Namen oder Er/Sie. Das ist doch völlig öde!  :-[ Das ist schon fast repetitiv, aber irgendwie nie so krass, dass es die Leser/Betaleser/Kritiker bemängeln. Irgendwie komisch.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Zit am 05. Oktober 2017, 00:21:55
@Jen Vielleicht sind die Leser das durch die vielen Übersetzungen gewöhnt? Fällt mir zumindest immer mal wieder auf, dass zeitgenössische, englische Literatur häufig mit He/She anfängt. Gerne auch mehrere Sätze hintereinander.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Jen am 05. Oktober 2017, 01:09:26
Fragt sich dann nur, woher ich das habe, weil ich fast gar nicht lese.  ::) Andererseits finde ich viele andere Formulierungen recht hochgestochen.
"Zackig marschierte sie durch den Schnee", oder so etwas in der Art, möchte ich nicht allzu oft haben. Aber vermutlich übertreibe ich auch gerade und mir kommt es nur so vor, weil ich darauf achte.  :omn:
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Zit am 05. Oktober 2017, 02:40:35
Oh je. Dabei ist das doch eine meiner Marotten, Sätze mit Adjektiv-Verb-Kombis zu beginnen. ;D

Ich kann mir auch vorstellen, dass du beim Schreiben im Kopf mit dem Geschehen als solches zu sehr beschäftigt bist und deswegen die Formulierungen dann hintenüber fallen. :hmmm:
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Aphelion am 05. Oktober 2017, 09:49:04
@Jen
Wenn du einen Satz mit einem Adjektiv oder Averb beginnst, betonst du es. Es muss inhaltlich passen, kann dann aber sehr wirkungsvoll sein und ist überhaupt nicht fehl am Platze. :)

Das da oben ist übrigens eine meiner Marotten: Das uncoole -e. Platze, Türe, Kinde, Baume, Laufe, ... Meistens fällt es mir aber schon beim Tippen auf.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Klecks am 05. Oktober 2017, 09:58:15
Ich habe auch das Problem, dass bei mir zu viele Sätze mit "Aber" oder "Doch" oder "Jedoch" oder "Allerdings" beginnen.  ;D  Ich halte diese Wiederholungen, die sicher fast jeder in seinem fertigen (noch unüberarbeiteten) Manuskript hat, für normal - gerade, wenn man richtig im Schreibrausch ist, denkt man über sowas vermutlich weniger nach. Das lässt sich dann in der Überarbeitung verbessern. Beim Beschreiben von körperlichen Reaktionen (Kopfschütteln, Grinsen, Augenbrauen hochziehen) sehe ich das allerdings nicht so eng. Wenn mein Prota grinst, dann grinst er eben, und wenn eine Nebenfigur die Schultern zuckt, dann tut sie das eben. Daran würde ich in der Überarbeitung nur dann arbeiten, wenn es extreme Ausmaße annimmt.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Czara Niyaha am 05. Oktober 2017, 11:12:55
Ich ertappe mich immer wieder, dass ich oft Füllwörter benutze, die eigentlich gar nicht sein müssen, die sich aber beim Schreiben einfach so dazu "mogeln".  Außerdem muss ich noch die gesunde Balance finden mit meinen Adjektiven. Die Gefahr bei überflüssigen Adjektiven sehe ich darin, dass ein Satz  überfüllt wirkt bzw. beim Lesen auch schnell in Richtung "übertriebener Kitsch" abrutschen kann.  Manchmal ist weniger einfach mehr.  :jau:
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Sascha am 05. Oktober 2017, 11:37:50
Zitat von: Aphelion am 05. Oktober 2017, 09:49:04
Das uncoole -e. Platze, Türe, Kinde, Baume, Laufe, ...
Das ist das wohlklingende e. Und ich finde es tatsächlich oft gut.
"Wie sage ich es meinem Kinde?"
Dein "...fehl am Platze"
usw.
Manchmal klingt es einfach etwas gehobener und dann – natürlich abhängig vom Kontext – eben auch besser.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Ary am 05. Oktober 2017, 11:43:10
Ich mag das -e auch, wenn es passt. Wie im genannten Beispiel "Wie sag ich's meinem Kinde".

Ich muss aufpassen, dass ich nicht immer und immer wieder denselben Satzbau verwende. Ganz oft benutze ich mit "und" verknüpfte Hauptsätze. Irgendwann wird das einfach nur öde.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: canis lupus niger am 09. Oktober 2017, 19:15:44
Dem möchte ich mich anschließen: Solche "schlechten" Formulierungen können auch eine positive (und bei mir inzwischen gezielt eingesetzte) Wirkung erzielen, so wie das "wohlklingende" -e.

Sprache entwickelt sich weiter, was ja auch nicht nur schlecht ist. Aktuell scheint nach dem Genitiv nun auch der Akkusativ auszusterben. Durch Verwendung eines Sprachstils, der nicht (mehr) wirklich gebräuchlich ist, kann man die Atmosphäre unauffällig beeinflussen. Und wenn man es nicht übertreibt. Häufungen solcher Worte wie "wahrlich" erzeugen bei mir gesträubte Haare und Brechreiz.

Was mache ich unwillkürlich, was beim Überarbeiten wieder entfernt werden muss? Hm.

Meine Leute grinsen natürlich auch immer mal wieder. Geht gar nicht anders, weil mein Hauptprota ziemlich spöttisch ist. Was mich inzwischen richtig stört, ist diese ewige Nickerei, grüßend, zustimmend, nachdenklich ... Ich kann mich nicht daran erinnern, dass schon ein Betaleser dieses Verb kritisiert hätte, aber ich zuckebeim Lesen regelrecht zusammen und versuche sehr, es zu meiden. Meine Leute starren auch allzu oft nachdenklich aus dem Fenster, in die Ferne oder sonstwohin, finde ich. Hat auch noch keiner bemängelt, deshalb fällt es anderen vielleicht weniger auf als mir. Vermutlich ist es auch eine Frage der Häufigkeit. Etwas anderes ist sehr wohl negativ angemerkt worden: dass die Luft von einem Geruch geschwängert war. Kam nur zweimal im ganzen 500-Seiten-Roman vor, aber innerhalb von weniger als 100 Seiten.

Ansonsten habe ich das, glaube ich ziemlich im Griff. Aber noch besser geht ja immer.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Aphelion am 10. Oktober 2017, 12:22:04
Zum -e muss ich nochmal was sagen: Ich nenne es bewusst das uncoole -e.

Ich mag Sprache und lege in Geschichten viel Wert darauf. Das -e landet bei mir meistens in einem Satz, wenn der Sprachrhythmus so besser passt. Aber sogar hier im Forum habe ich schon oft gelesen, dass "solche" Romane ja unmöglich "Spaß machen" können.  ::)

Insofern: Ja, ich schreibe uncool und ich stehe dazu. ;)

Aber gerade das -e verwende ich schlicht zu häufig und streiche es deshalb oft (mit Umformulierung, damit der Rhythmus wieder passt). Aus dem Zusammenhang gerissen und einzeln betrachtet ist fast alles Genannte nicht "schlecht", da stimme ich canis lupus niger zu. Aber hier geht es ja auch nicht um 100%ige Fehler, sondern um schlechte Formulierungen – und Formulierungen sind nun einmal an den Kontext gebunden.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Churke am 10. Oktober 2017, 13:42:35
Das ist das von Mark Twain erklärte Dativ-e.
Im 19. Jahrhundert und speziell zu Beginn des 20 Jahrhunderts sehr sorgfältig verwendet.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: canis lupus niger am 10. Oktober 2017, 18:09:00
Zitat von: Aphelion am 10. Oktober 2017, 12:22:04
Aber sogar hier im Forum habe ich schon oft gelesen, dass "solche" Romane ja unmöglich "Spaß machen" können.  ::)

Insofern: Ja, ich schreibe uncool und ich stehe dazu. ;)

Dann schreibe ich auch uncool und stehe dazu. Und bei mir hat sich noch niemand über einen unangenehm zu lesenden Sprachstil beschwert. Im Gegenteil.  ;)
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Rakso am 10. Oktober 2017, 20:08:34
Zitat von: canis lupus niger am 09. Oktober 2017, 19:15:44
Aktuell scheint nach dem Genitiv nun auch der Akkusativ auszusterben.
@canis lupus niger: Kannst Du ein Beispiel nennen?

Was das Dativ-e angeht: Ich verwende es eigentlich kaum, außer in festen Ausdrücken wie "Not am Manne", "Das Kind mit dem Bade ausschütten" usw.
Genaugenommen gehört es wohl kaum zu einer "schlechten Formulierung". Es ist einfach ein Überbleibsel aus einer älteren Sprachform.
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Fledermaus am 13. Oktober 2017, 22:50:43
Zitat von: Rakso am 10. Oktober 2017, 20:08:34
Zitat von: canis lupus niger am 09. Oktober 2017, 19:15:44
Aktuell scheint nach dem Genitiv nun auch der Akkusativ auszusterben.
@canis lupus niger: Kannst Du ein Beispiel nennen?

Ich bin zwar nicht @canis lupus niger, aber mir ist das auch schon aufgefallen. Zwar eher im Internet (Facebook etc), trotzdem habe ich das Gefühl, dass das im Moment verstärkt passiert. Mir fallen ständig Formulierungen wie z.B. "Ich habe mein Mann gefragt" o.Ä. auf :o Ich weiß aber nicht, ob @canis lupus niger das so gemeint hat oder etwas anderes. Für mich klingt es echt übel, aber naja, gegen Spachentwicklungen kann man eh nichts machen.

Aber zum Thema: Ich denke, jeder Autor und jede Autorin hat so "beliebte Formulierungen", die dann ständig auftauchen. Bei mir ist es immer "Es schien, als ...". Und die hochgezogenen Augenbrauen, aber auch gezuckte Schultern sind ebenfalls sehr beliebt bei mir :rofl:
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: fruehstuecksflocke am 14. Oktober 2017, 08:33:16
ZitatZwar eher im Internet (Facebook etc), trotzdem habe ich das Gefühl, dass das im Moment verstärkt passiert. Mir fallen ständig Formulierungen wie z.B. "Ich habe mein Mann gefragt" o.Ä. auf :o Ich weiß aber nicht, ob @canis lupus niger das so gemeint hat oder etwas anderes. Für mich klingt es echt übel, aber naja, gegen Spachentwicklungen kann man eh nichts machen.

Dann stirbt der Akkusativ aber nicht, sondern es wird nur die Flektionsendung abgeschliffen. "Ich habe mein Mann gefragt" - Wen hab ich gefragt? Mein Mann. Das ist immer noch ein Objekt im 4. Fall, nur dass die Endung halt untergeht bzw. eine Angleichung der Form an den Nominativ geschieht.
Nebenbei bemerkt, in meinem Dialekt sind Nominativ und Akkusativ da eh gleich. "Minna Ma goht spaziera" vs. "I frog minna Ma" (Mein Mann geht spazieren" / "Ich frag meinen Mann.") Ich stamm aus einer nicht unbedingt weltoffenen, sehr dialektgeprägten Talschaft Österreichs, bei uns ist das keine aktuelle Entwicklung, sondern sicher schon mehrere Jahrzehnte so. Möglicherweise gibt es die Entwicklung in anderen Dialekten auch längst und durch das Mehr an Schriftlichkeit, das Social Media ausgelöst hat, schlägt sich das jetzt in der Schriftsprache auch durch.
Sprachgebrauch auf Facebook geschieht zwar in einem schriftlichen Medium, ist aber vom Konzept her mündlich. Da sind solche umgangssprachlichen Niederschläge nur eine Frage der Zeit. Spannend bleibt, ob sich das schlussendlich in die echte Schriftlichkeit (Romane, Sachbücher, offizielle Dokumente etc.) durchschlagen wird.

Zum Thread-Thema:
Ich bin eine Füllwortkanone.
"Er ist nun aber eben doch noch schnell einkaufen gegangen" ist jetzt zwar ein fiktives Beispiel, aber für meine Rohfassungen leider doch sehr repräsentativ ...
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Yamuri am 14. Oktober 2017, 08:51:36
Was ich mich frage, wer bestimmt eigentlich was schlecht und was gut ist?
Sind Geschmäcker auch was den Stil, was die Verwendung bestimmter Phrasen, Wörter, Adjektive, Adverbien usw. anbelangt nicht letztlich verschieden?
Kann man überhaupt ein Patentrezept bieten oder entscheidet am Ende eben doch der Leser ob er die Menge an Füllwörtern sogar gut findet, das Fehlen von Adverbien als schlecht einstuft?
Wenn ich lese achte ich eigentlich gar nicht darauf ob da Wortwiederholungen drin sind, Adjektive, Adverbien, Konjunktive.
Vielmehr achte ich beim Lesen auf den Inhalt und ob der Textfluß passt.
Mir ist sogar aufgefallen, dass ich bei Stephen King gerade die Passagen mag in denen er viel beschreibt, sprich das Telling über das Showing stellt.
Vielleicht gelingt es ihm einfach die richtige Balance zu halten, auf die kommt es denke ich an.
Denn ich denke, wenn man verkrampft danach sucht alles sogenannt schlechte zu entfernen, bleibt am Ende nur noch ein verkrüppelter, unlesbarer Text übrig, der mehr nach einem Bericht, denn einer Erzählung klingt.
Trotzdem ertappe ich mich selbst oft dabei, zu verkrampft an die Sache ran zu gehen und mir immer zu viele Sorgen zu machen.
Was mich allerdings stört an manchen meiner Texte ist mein häufiger Gebrauch von doch, jedoch, aber. Diese drei Wörter sind ein wenig meine Nemesis.
Konjunktive, Adjektive, Adverbien, sein, mein usw. das stört mich hingegen weniger, auch wenn Leute in Situationen lächeln, in denen es passt.
Kommt das häufiger vor, ist das eben so.
Meine Geschichten sind ernst genug, da tut ein Lächeln zwischendurch ganz gut. :)
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Carolina am 26. Oktober 2017, 10:18:07
Zitat von: Yamuri am 14. Oktober 2017, 08:51:36
Was ich mich frage, wer bestimmt eigentlich was schlecht und was gut ist?

Ich denke, es kommt auf die Dosis an. In der wörtlichen Rede lasse ich manchmal auch einen Dativ statt des Genitivs zu.

Was mich in diesem Thread interessiert, sind Marotten, wie eben den zu häufigen Gebrauch eines Wortes, eines bestimmten Satzaufbaus, eben Dinge, die vier von fünf Lektoren sauer aufstoßen würden. Das bedeutet nicht, dass diese Dinge falsch sein müssen.

Für jede Regel gibt es Situationen, in denen es sinnvoll ist, sie zu brechen. Ich bin auch kein Freund davon, alle Adjektiven und Adverbien zu killen, weil dann ein steriler Text zurück bleibt. Allerdings habe ich jetzt einen Text von 1912 übersetzt, den ich meinen Newsletter-Abonnenten zu Weihnachten schenken will (die englische Version ist gemeinfrei), und die Autorin verwendet in einem Satz fünf Adjektive, um eine Sache zu beschreiben. Da war ich echt an der Grenze.

So in diesem Sinne: "Er ist störrisch und unbeugsam und stur und verständnislos und bockig."
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Slenderella am 27. Oktober 2017, 20:19:06
Ich hasse ja das Wort Tür. Denn in meinem Erstling habe ich grundsätzlich Türe geschrieben ... was wohl dialektbedingt ist aber falsch. Nur leider drehte es sich da oft um Türen  :wums:
"Aber" kann ich auch sehr gut. Und alles "scheint" so und so zu sein. Es ist nicht einfach, nene ... Das habe ich mir allerdings sehr erfolgreich abgewöhnt. Jetzt scheint nix mehr!
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: shalom am 28. Oktober 2017, 12:16:50
Ich bin es von der Schule gewöhnt,  Sätze so sachlich wie nur irgendwie möglich zu schreiben.  ::)

In einem Roman klingt das Ganze dann natürlich viel zu emotionslos und hochgestochen;
vor dem Weiterschreiben an meinem Roman muss ich mir dann erstmal wieder bewusst werden, was ich gerade schreiben möchte.

Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Christopher am 28. Oktober 2017, 12:21:22
Eine Angewohnheit von mir auf die mich @Snöblumma gestoßen hat: Ich benutze zuoft "als", "danach", "anschließend", "bevor", usw. Diese ganzen Wörter die eine Ablaufreihenfolge beschreiben. Sehr viele davon kann man durch Satzbau, bessere Formulierung etc. umgehen oder gar einfach streichen. Allerdings fällt es mir nach wie vor schwer darauf zu verzichten. Die merze ich dann in der Überarbeitung Stück für Stück aus ;)
Titel: Re: Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben
Beitrag von: Yamuri am 28. Oktober 2017, 12:25:09
@Anja: Das hast du schön ausgedrückt. ;) Da gehe ich mit dir konform, dass es sicherlich die Dosis ausmacht, ob eine Eigenart störend wirkt oder nicht. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass es individuelle Unterschiede gibt was die Toleranzgrenze anbelangt. 5 Adjektive in einem Satz, das wäre mir auch zu viel. Manchmal, so könnte ich mir vorstellen, stört einen aber vielleicht auch eine Marotte, die Lesende wiederum nicht als störend empfinden oder umgekehrt. In meinem kurzen Text taucht zu oft der Begriff 'stören' auf. ;) Auf die Schnelle fielen mir keine passenden Synonyme ein. In einem literarischen Text würde ich mich darum bemühen diese auszumerzen.