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SO VIEL Recherche für EIN Buch - Hilfe?

Begonnen von Malou, 03. September 2021, 18:43:46

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Czara Niyaha

Ich kenne das "Dilemma" auch sehr gut. Recherche sollte auf keinen Fall unter den Tisch fallen, aber ich habe mich hin und wieder ertappt, dass das viele recherchieren eine gute Ausrede für mich ist, um nicht zu schreiben. Man darf die gesunde Balance zwischen Fantasie und Realität nicht verlieren. Irgendwann habe ich mir die Frage gestellt, ob ich wirklich alles bis ins letzte Detail erklären können muss wie meine Welt funktioniert. Und für mich lautet die Antwort nein. Solange der rote Faden im Erzählstrang nachvollziehbar ist und die Welt und ihre physikalischen Gegebenheiten, sowie Naturgesetze verständlich und logisch sind, muss ich nicht alles zerlegen. Weil da stoße ich, eher früher, als später, an meine eigenen Grenzen.
Außerdem finde ich gewissen Freiheiten beim Schreiben völlig in Ordnung. Durch die Worte, dem Leser einen Impuls geben, aber es seiner eigenen Fantasie überlassen, wie er meine Welt und die Charaktere wahrnimmt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn ich versuche dem Leser genau das zu vermitteln, was ich beim Schreiben sehe und fühle, dass meistens nach hinten losgeht. Ich verrenne mich total in komplizierten Beschreibungen und/oder in mit unnötigen Adjektiven überfüllten Schachtelsätzen.  ;) Meistens führt das zu Verwirrung.
Recherche ja, aber das Schreiben sollte nicht zu kurz kommen.
Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Manouche

Ich kann mich eigentlich dem meisten, was hier schon geschrieben wurde anschliessen.
Bei mir gibt es Zeiten, da verliere ich mich ebenfalls in Recherche. Oder aber, da es eine eigene Welt ist in Worldbuilding, was für mich etwa in dieselbe Richtung geht, da ich auch hier versuche, alles richtig und logisch aufeinander abzustimmen. Das ist absolut wichtig und macht macht ja manchmal auch Spass (Sowohl Recherche wie auch Worldbuilding). Aber wenn ich merke, dass ich Prokrastinieren komme, muss ich mich zwingen aufzuhören. Und schliesslich habe ich dann doch mehr Spass am Schreiben, als am Recherchieren :D
Folgendes habe ich mir angewöhnt: Wenn ich am Schreiben bin und etwas Neues auftaucht, dass ich noch nicht durchdacht oder recherchiert habe, markiere ich es farbig und notiere in Klammer Recherchieren. So verhindere ich, dass ich ewig herumrecherchiere für etwas, was dann vielleicht am Ende doch nicht in der Geschichte bleibt.

Malou

@Phlox

Danke für deine aufmunternden Worte  :knuddel: ich erwarte nicht von mir, schon "perfekt" zu sein. Allerdings wäre ich schon gerne sehr gut (in meinem eigenen Verständnis), wenn die erste Veröffentlichung ansteht. Und bis dahin scheint es noch ein weiter Weg. Aber man geht ihn ja Schritt für Schritt.

ZitatWas dir zu schaffen macht - ist das dann eher so etwas wie ein innerer Miesmacher?
Oder ist es eher die Befürchtung, "nie" fertig zu werden mit deinem Projekt, also die zeitliche Komponente?
Vielleicht fällt es dir leichter, eine Strategie zu finden, wenn du das genauer identifiziert hast?
Ein innerer Perfektionist wohl eher. Ja, es ist auch die Befürchtung, "nie" fertig zu werden. Oder nicht früh genug. Noch bin ich kinderlos, aber was passiert, wenn sich das einmal ändern sollte? Ich weiß, hier gibt es genug Mamas und Papas, die trotzdem schreiben und dass das eigentlich kein Hinderungsgrund ist. Weil ich aber das Gefühl habe, es bereits jetzt nur schwer stemmen zu können neben allem, was sonst noch ist, befürchte ich, dass ich es dann gar nicht mehr schaffe. Ich kann auch immer nur schlecht "ein bisschen" an etwas arbeiten. Bin mehr der alles oder nichts Typ. Jede Woche nur 2-3 Stunden am Projekt sitzen zu können, würde mich todunglücklich machen. Solange ich aber noch keine Verdienstmöglichkeit sehe mit dem Schreiben, will ich auch meinen Vollzeitjob nicht loslassen. Ich weiß, dass manche meinen, dass es das Risiko wert ist. Ich brauche aber Sicherheit, damit ich funktioniere. Meinen Job zu kündigen würde meinen Stresslevel so dermaßen hochschießen lassen, dass ich vermutlich "erstarren" würde und dann ist es auch futsch mit der Kreativität. Hausbau ist das Ziel im Moment und da muss man erstmal Geld verdienen... Eigentlich mag ich meinen Job ja auch ganz gern. Runterschrauben kam mir schon in den Sinn, aber das geht nicht bis Dezember 2022, weil ich noch im Praktikum bin. Das ist Vollzeit.
Ich hasse es auch einfach, Fehler aus Unwissenheit zu machen. Ich weiß, aus Fehlern lernt man und deswegen sehe ich sie nicht prinzipiell als etwas Schlechtes an, gar nicht. Aber bei meinem 7-bändigen-Romanbaby einen Fehler machen, der das Floppen provoziert? Hm. Ich erwarte nicht, sensationell viel Erfolg zu haben (ist eh unrealistisch), aber ich will eben für mich selbst wissen, dass ich alles gegeben haben.


ZitatEin bisschen hört es sich für mich auch so an, als müsstest du deinen ganz persönlichen Mut zur Lücke finden, also definieren, was für dich am wichtigsten ist. Vielleicht sind weitere Plotmethoden nicht so interessant, wenn du gerade das Gefühl hast, ganz gut voranzukommen mit dem Schreiben. Hauptcharaktere sind u.U. zunächst mal die wichtigsten (und vielleicht brauchen sie auch nicht ganz so viele Hobbies...? ;)). Der erste Band ist erst mal wichtig, nicht der sechste. Usw. usw...
Ja, da hast du Recht. Mut zur Lücke war noch nie mein Ding, ich bin ein totaler Detailmensch. So war ich schon immer und es ist ziemlich schwer, das zu ändern - es ist auch oft nicht so, dass ich einfach "Stopp!" sagen könnte und gut is. Erstens lässt meine Neugier mich nicht in Ruhe, zweitens verstehe ich viele Dinge überhaupt nicht, ohne viiiiele Details zu kennen. Oft denke ich "Das ergibt keinen Sinn", "Das ist unlogisch" oder "OK, klingt auf den ersten Blick gut, ABER wenn X, was dann? Dann klappt das alles doch gar nicht mehr?". Schrecklich  ::) Ich habe für mich selbst noch nicht herausgefunden, wo mein natürlicher Stopp-Punkt beim Schreiben liegt. Dass ich zufrieden bin mit der Menge an Wissen, die ich angesammelt habe, dass ich die Dinge auch ausreichend selber verstehe und dass meine Neugier die Klappe hält. Vielleicht, weil ich ihn noch nicht erreicht habe, da man als Neuling natürlich gleich super viel auf vielen verschiedenen Ebenen zu lernen hat.


@Niyaha
ZitatAußerdem finde ich gewissen Freiheiten beim Schreiben völlig in Ordnung. Durch die Worte, dem Leser einen Impuls geben, aber es seiner eigenen Fantasie überlassen, wie er meine Welt und die Charaktere wahrnimmt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn ich versuche dem Leser genau das zu vermitteln, was ich beim Schreiben sehe und fühle, dass meistens nach hinten losgeht. Ich verrenne mich total in komplizierten Beschreibungen und/oder in mit unnötigen Adjektiven überfüllten Schachtelsätzen.  ;) Meistens führt das zu Verwirrung.
Ja, die Balance muss gefunden werden. Die habe ich noch nicht. Manchmal beschreibe ich zu viel, manchmal zu wenig und man ist irritiert. Üben, üben, üben  :)

@Manouche
ZitatFolgendes habe ich mir angewöhnt: Wenn ich am Schreiben bin und etwas Neues auftaucht, dass ich noch nicht durchdacht oder recherchiert habe, markiere ich es farbig und notiere in Klammer Recherchieren. So verhindere ich, dass ich ewig herumrecherchiere für etwas, was dann vielleicht am Ende doch nicht in der Geschichte bleibt.
Ein guter Tipp, den ich auch schon so umsetze :) Es ist allerdings ein wenig gruslig, wie viele Dinge ich mir markiere  :rofl: Detail-Mensch eben  ::)
»Anders als die Kultur, die die Unterschiede zwischen uns betont, die Menschen und Gruppen voneinander trennt, verbindet die Natur uns miteinander. In ihr sind alle Menschen gleich.« (Der Gesang des Eises, Bakic)

Phlox

Zitat von: Malou am 06. September 2021, 18:51:44
[...]Habt ihr besondere Strategien, um mit dieser Panik, dass alles zu viel ist und man nie alles lernen kann, was man lernen will, umzugehen?
Dankeee  :prost:
Ja, und zwar einen ganz schlichten Tipp: Sich mit Konzentrations- und Entspannungstechniken zu beschäftigen. So wie du es beschreibst, klingt es für mich, als würdest du dich geistig sehr oft, vielleicht sogar gleichzeitig während du schreibst, um viele in diesem Moment rein hypothetische Dinge sorgen, und stehst dir damit möglicherweise ein Stück weit selbst  im Weg...?  :knuddel:
Nicht, dass du denkst, hier spräche mit Phlox die große Expertin oder Meisterin in dieser Kunst  ;) - aber zu lernen, mehr im gegenwärtigen Moment zu sein und sich auf genau das zu fokussieren, womit du dich gerade beschäftigst, wäre doch in jedem Fall von Nutzen, meinst du nicht? Und so was lässt sich lernen bzw. trainieren, auch wenn jede*r natürlich erst einmal selbst herausfinden muss, welche Techniken im individuellen, persönlichen Einzelfall am besten funktionieren.
Du könntest auch versuchen, es einfach umzudeuten: Ist es nicht großartig, dass es immer noch etwas zu lernen, zu entdecken, sich zu entwickeln gibt? Wir brauchen nicht perfekt zu sein, wir können nicht das perfekte Buch kreieren - wir brauchen nur dafür Sorge tragen, dass wir mit jeder Schreibeinheit ein kleines bisschen besser werden als mit der davor. Das kann auch irgendwie beruhigend sein!

Lucien

Ich halte es bei meinem Großprojekt so, wie @Avery es beschrieben hat: vieles überlasse ich der Fantasie der Leser*innen und da es sich um eine komplett ausgedachte Fantasy-Welt handelt, muss sich nicht alles auf die Realität stützen, was mich bei einigen Recherchefragen schon entlastet, selbst bei Fragen wie: Wie lange dauert der Heilungsprozess XY? Die Antwort: Der Kerl ist ein Werwolf, also pfeiff drauf! Oder: Ach, mit dieser magischen Heilsalbe ist er in ein paar Stunden wieder auf den Beinen! ;D
Aber ganz ohne Recherche geht es natürlich auch bei einer magischen Welt nicht. Ich betreibe gerne Recherche als Inspiration. Z.B. entstehen die Völker, die ich mir ausdenke, ja auch nicht im luftleeren Raum. Sie haben - zumindest in groben Zügen - reale Vorbilder. Und so ist es auch mit Ländern, Städten politischen Systemen, Religion ...
Was Recherche für mich gerne mal problematisch macht, ist die Tatsache, dass ich am liebsten alles gleichzeitig recherchieren würde, weil Thema X gerade für diesen Aspekt der Welt interessant ist, während die Themen Y und Z relevant sind für die Szenen, mit denen ich mich gerade ganz konkret beschäftige. Das führt dann dazu, dass ich ein Kapitel hier und eines dort lese und dann noch etwas im Internet recherchiere. Dadurch ist die Recherche natürlich total unorganisiert und ständig kommt ein neues Thema dazu, bevor ich die anderen auch nur ansatzweise abgeschlossen habe. Und das wiederum führt bei mir dann zu dem Eindruck, dass die Flut an Informationen für mich nicht zu bewältigen ist, obwohl es im Grunde gar nicht so viele sind. :gähn: (Dummerweise ist mein gesamtes kreatives Schaffen so. Diverse angefangene Romane und Bastelprojekte und nie wird etwas fertig. :d'oh:)

Den Rat von @Phlox finde ich gut. Wir lernen eh unser ganzes Leben lang immer wieder etwas Neues. Die Wissenschaft macht immer wieder neue Entdeckungen ... Man kann schlicht und ergreifend niemals alles lernen, was es zu einem Thema zu lernen gibt. Irgendwo taucht immer noch etwas auf. :knuddel:

Zitat von: Malou am 16. Oktober 2021, 09:41:59
Mut zur Lücke war noch nie mein Ding, ich bin ein totaler Detailmensch. So war ich schon immer und es ist ziemlich schwer, das zu ändern - es ist auch oft nicht so, dass ich einfach "Stopp!" sagen könnte und gut is. Erstens lässt meine Neugier mich nicht in Ruhe, zweitens verstehe ich viele Dinge überhaupt nicht, ohne viiiiele Details zu kennen. Oft denke ich "Das ergibt keinen Sinn", "Das ist unlogisch" oder "OK, klingt auf den ersten Blick gut, ABER wenn X, was dann? Dann klappt das alles doch gar nicht mehr?". Schrecklich  ::) Ich habe für mich selbst noch nicht herausgefunden, wo mein natürlicher Stopp-Punkt beim Schreiben liegt. Dass ich zufrieden bin mit der Menge an Wissen, die ich angesammelt habe, dass ich die Dinge auch ausreichend selber verstehe und dass meine Neugier die Klappe hält. Vielleicht, weil ich ihn noch nicht erreicht habe, da man als Neuling natürlich gleich super viel auf vielen verschiedenen Ebenen zu lernen hat.
Das kenne ich. ::) Ich schreibe an meinem Projekt seit 2007. Damals war ich noch ein absoluter Anfänger. Seitdem habe ich - auch dank der vielen lieben Menschen hier - viel dazu gelernt und kann sagen: Völlig unbegründet sind diese Fragen nicht. Aber selbst, wenn etwas tatsächlich keinen Sinn ergibt: Was ist so schlimm daran? Dann schreibst du das halt um. Mir ist vor ein paar Monaten klar geworden, dass gewisse Dinge, die ich mir damals als Teenager ausgedacht und seitdem als gegeben hingenommen habe, vollkommen unlogisch sind. (Unter anderem musste ich mir die Frage stellen: Warum sollten Geschöpfe, die empfindlich auf Kälte und Nässe reagieren, in einem Land mit europäischem Klima leben? Eine Wüste würde viel mehr Sinn machen! :wums: Die Lösung für dieses Problem hat prompt weitere Probleme auch gleich gelöst.)
Natürlich sollte man aufpassen, dass man sich nicht zu sehr darin verliert, immer wieder umzuschreiben, sonst kommt man nie weiter - und ja, ich bin so frei, meinen eigenen Rat zu ignorieren ::). Worauf ich hinaus will: Versuche, dir über diese Dinge nicht so viele Sorgen zu machen. Wenn du etwas schreibst und dann merkst: "Mist, das ergibt keinen Sinn. Ich muss den gesamten Plot ab diesem Punkt anpassen!", dann ist das nicht so schlimm. Es hält dich ja auch niemand davon ab, einfach mehrere Fassungen zu schreiben. Ich habe erstaunlich lange gebraucht, bis mir die Erkenntnis kam, dass ich ein Dokument auch einfach unter "Geschichte XY 2.0" abspeichern und erstmal darin meine neu recherchierten Erkenntnisse einbauen kann, ohne dass das ursprüngliche Manuskript angetastet wird.

So, ich hoffe, dieser Beitrag ist halbwegs hilfreich.

Liebe Grüße,

Lu