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Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben

Begonnen von Carolina, 04. Oktober 2017, 09:31:41

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Aphelion

@Jen
Wenn du einen Satz mit einem Adjektiv oder Averb beginnst, betonst du es. Es muss inhaltlich passen, kann dann aber sehr wirkungsvoll sein und ist überhaupt nicht fehl am Platze. :)

Das da oben ist übrigens eine meiner Marotten: Das uncoole -e. Platze, Türe, Kinde, Baume, Laufe, ... Meistens fällt es mir aber schon beim Tippen auf.

Klecks

Ich habe auch das Problem, dass bei mir zu viele Sätze mit "Aber" oder "Doch" oder "Jedoch" oder "Allerdings" beginnen.  ;D  Ich halte diese Wiederholungen, die sicher fast jeder in seinem fertigen (noch unüberarbeiteten) Manuskript hat, für normal - gerade, wenn man richtig im Schreibrausch ist, denkt man über sowas vermutlich weniger nach. Das lässt sich dann in der Überarbeitung verbessern. Beim Beschreiben von körperlichen Reaktionen (Kopfschütteln, Grinsen, Augenbrauen hochziehen) sehe ich das allerdings nicht so eng. Wenn mein Prota grinst, dann grinst er eben, und wenn eine Nebenfigur die Schultern zuckt, dann tut sie das eben. Daran würde ich in der Überarbeitung nur dann arbeiten, wenn es extreme Ausmaße annimmt.

Czara Niyaha

Ich ertappe mich immer wieder, dass ich oft Füllwörter benutze, die eigentlich gar nicht sein müssen, die sich aber beim Schreiben einfach so dazu "mogeln".  Außerdem muss ich noch die gesunde Balance finden mit meinen Adjektiven. Die Gefahr bei überflüssigen Adjektiven sehe ich darin, dass ein Satz  überfüllt wirkt bzw. beim Lesen auch schnell in Richtung "übertriebener Kitsch" abrutschen kann.  Manchmal ist weniger einfach mehr.  :jau:
Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Sascha

Zitat von: Aphelion am 05. Oktober 2017, 09:49:04
Das uncoole -e. Platze, Türe, Kinde, Baume, Laufe, ...
Das ist das wohlklingende e. Und ich finde es tatsächlich oft gut.
"Wie sage ich es meinem Kinde?"
Dein "...fehl am Platze"
usw.
Manchmal klingt es einfach etwas gehobener und dann – natürlich abhängig vom Kontext – eben auch besser.

Ary

Ich mag das -e auch, wenn es passt. Wie im genannten Beispiel "Wie sag ich's meinem Kinde".

Ich muss aufpassen, dass ich nicht immer und immer wieder denselben Satzbau verwende. Ganz oft benutze ich mit "und" verknüpfte Hauptsätze. Irgendwann wird das einfach nur öde.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

canis lupus niger

Dem möchte ich mich anschließen: Solche "schlechten" Formulierungen können auch eine positive (und bei mir inzwischen gezielt eingesetzte) Wirkung erzielen, so wie das "wohlklingende" -e.

Sprache entwickelt sich weiter, was ja auch nicht nur schlecht ist. Aktuell scheint nach dem Genitiv nun auch der Akkusativ auszusterben. Durch Verwendung eines Sprachstils, der nicht (mehr) wirklich gebräuchlich ist, kann man die Atmosphäre unauffällig beeinflussen. Und wenn man es nicht übertreibt. Häufungen solcher Worte wie "wahrlich" erzeugen bei mir gesträubte Haare und Brechreiz.

Was mache ich unwillkürlich, was beim Überarbeiten wieder entfernt werden muss? Hm.

Meine Leute grinsen natürlich auch immer mal wieder. Geht gar nicht anders, weil mein Hauptprota ziemlich spöttisch ist. Was mich inzwischen richtig stört, ist diese ewige Nickerei, grüßend, zustimmend, nachdenklich ... Ich kann mich nicht daran erinnern, dass schon ein Betaleser dieses Verb kritisiert hätte, aber ich zuckebeim Lesen regelrecht zusammen und versuche sehr, es zu meiden. Meine Leute starren auch allzu oft nachdenklich aus dem Fenster, in die Ferne oder sonstwohin, finde ich. Hat auch noch keiner bemängelt, deshalb fällt es anderen vielleicht weniger auf als mir. Vermutlich ist es auch eine Frage der Häufigkeit. Etwas anderes ist sehr wohl negativ angemerkt worden: dass die Luft von einem Geruch geschwängert war. Kam nur zweimal im ganzen 500-Seiten-Roman vor, aber innerhalb von weniger als 100 Seiten.

Ansonsten habe ich das, glaube ich ziemlich im Griff. Aber noch besser geht ja immer.

Aphelion

Zum -e muss ich nochmal was sagen: Ich nenne es bewusst das uncoole -e.

Ich mag Sprache und lege in Geschichten viel Wert darauf. Das -e landet bei mir meistens in einem Satz, wenn der Sprachrhythmus so besser passt. Aber sogar hier im Forum habe ich schon oft gelesen, dass "solche" Romane ja unmöglich "Spaß machen" können.  ::)

Insofern: Ja, ich schreibe uncool und ich stehe dazu. ;)

Aber gerade das -e verwende ich schlicht zu häufig und streiche es deshalb oft (mit Umformulierung, damit der Rhythmus wieder passt). Aus dem Zusammenhang gerissen und einzeln betrachtet ist fast alles Genannte nicht "schlecht", da stimme ich canis lupus niger zu. Aber hier geht es ja auch nicht um 100%ige Fehler, sondern um schlechte Formulierungen – und Formulierungen sind nun einmal an den Kontext gebunden.

Churke

Das ist das von Mark Twain erklärte Dativ-e.
Im 19. Jahrhundert und speziell zu Beginn des 20 Jahrhunderts sehr sorgfältig verwendet.

canis lupus niger

Zitat von: Aphelion am 10. Oktober 2017, 12:22:04
Aber sogar hier im Forum habe ich schon oft gelesen, dass "solche" Romane ja unmöglich "Spaß machen" können.  ::)

Insofern: Ja, ich schreibe uncool und ich stehe dazu. ;)

Dann schreibe ich auch uncool und stehe dazu. Und bei mir hat sich noch niemand über einen unangenehm zu lesenden Sprachstil beschwert. Im Gegenteil.  ;)

Rakso

Zitat von: canis lupus niger am 09. Oktober 2017, 19:15:44
Aktuell scheint nach dem Genitiv nun auch der Akkusativ auszusterben.
@canis lupus niger: Kannst Du ein Beispiel nennen?

Was das Dativ-e angeht: Ich verwende es eigentlich kaum, außer in festen Ausdrücken wie "Not am Manne", "Das Kind mit dem Bade ausschütten" usw.
Genaugenommen gehört es wohl kaum zu einer "schlechten Formulierung". Es ist einfach ein Überbleibsel aus einer älteren Sprachform.

Fledermaus

Zitat von: Rakso am 10. Oktober 2017, 20:08:34
Zitat von: canis lupus niger am 09. Oktober 2017, 19:15:44
Aktuell scheint nach dem Genitiv nun auch der Akkusativ auszusterben.
@canis lupus niger: Kannst Du ein Beispiel nennen?

Ich bin zwar nicht @canis lupus niger, aber mir ist das auch schon aufgefallen. Zwar eher im Internet (Facebook etc), trotzdem habe ich das Gefühl, dass das im Moment verstärkt passiert. Mir fallen ständig Formulierungen wie z.B. "Ich habe mein Mann gefragt" o.Ä. auf :o Ich weiß aber nicht, ob @canis lupus niger das so gemeint hat oder etwas anderes. Für mich klingt es echt übel, aber naja, gegen Spachentwicklungen kann man eh nichts machen.

Aber zum Thema: Ich denke, jeder Autor und jede Autorin hat so "beliebte Formulierungen", die dann ständig auftauchen. Bei mir ist es immer "Es schien, als ...". Und die hochgezogenen Augenbrauen, aber auch gezuckte Schultern sind ebenfalls sehr beliebt bei mir :rofl:

fruehstuecksflocke

ZitatZwar eher im Internet (Facebook etc), trotzdem habe ich das Gefühl, dass das im Moment verstärkt passiert. Mir fallen ständig Formulierungen wie z.B. "Ich habe mein Mann gefragt" o.Ä. auf :o Ich weiß aber nicht, ob @canis lupus niger das so gemeint hat oder etwas anderes. Für mich klingt es echt übel, aber naja, gegen Spachentwicklungen kann man eh nichts machen.

Dann stirbt der Akkusativ aber nicht, sondern es wird nur die Flektionsendung abgeschliffen. "Ich habe mein Mann gefragt" - Wen hab ich gefragt? Mein Mann. Das ist immer noch ein Objekt im 4. Fall, nur dass die Endung halt untergeht bzw. eine Angleichung der Form an den Nominativ geschieht.
Nebenbei bemerkt, in meinem Dialekt sind Nominativ und Akkusativ da eh gleich. "Minna Ma goht spaziera" vs. "I frog minna Ma" (Mein Mann geht spazieren" / "Ich frag meinen Mann.") Ich stamm aus einer nicht unbedingt weltoffenen, sehr dialektgeprägten Talschaft Österreichs, bei uns ist das keine aktuelle Entwicklung, sondern sicher schon mehrere Jahrzehnte so. Möglicherweise gibt es die Entwicklung in anderen Dialekten auch längst und durch das Mehr an Schriftlichkeit, das Social Media ausgelöst hat, schlägt sich das jetzt in der Schriftsprache auch durch.
Sprachgebrauch auf Facebook geschieht zwar in einem schriftlichen Medium, ist aber vom Konzept her mündlich. Da sind solche umgangssprachlichen Niederschläge nur eine Frage der Zeit. Spannend bleibt, ob sich das schlussendlich in die echte Schriftlichkeit (Romane, Sachbücher, offizielle Dokumente etc.) durchschlagen wird.

Zum Thread-Thema:
Ich bin eine Füllwortkanone.
"Er ist nun aber eben doch noch schnell einkaufen gegangen" ist jetzt zwar ein fiktives Beispiel, aber für meine Rohfassungen leider doch sehr repräsentativ ...

Yamuri

Was ich mich frage, wer bestimmt eigentlich was schlecht und was gut ist?
Sind Geschmäcker auch was den Stil, was die Verwendung bestimmter Phrasen, Wörter, Adjektive, Adverbien usw. anbelangt nicht letztlich verschieden?
Kann man überhaupt ein Patentrezept bieten oder entscheidet am Ende eben doch der Leser ob er die Menge an Füllwörtern sogar gut findet, das Fehlen von Adverbien als schlecht einstuft?
Wenn ich lese achte ich eigentlich gar nicht darauf ob da Wortwiederholungen drin sind, Adjektive, Adverbien, Konjunktive.
Vielmehr achte ich beim Lesen auf den Inhalt und ob der Textfluß passt.
Mir ist sogar aufgefallen, dass ich bei Stephen King gerade die Passagen mag in denen er viel beschreibt, sprich das Telling über das Showing stellt.
Vielleicht gelingt es ihm einfach die richtige Balance zu halten, auf die kommt es denke ich an.
Denn ich denke, wenn man verkrampft danach sucht alles sogenannt schlechte zu entfernen, bleibt am Ende nur noch ein verkrüppelter, unlesbarer Text übrig, der mehr nach einem Bericht, denn einer Erzählung klingt.
Trotzdem ertappe ich mich selbst oft dabei, zu verkrampft an die Sache ran zu gehen und mir immer zu viele Sorgen zu machen.
Was mich allerdings stört an manchen meiner Texte ist mein häufiger Gebrauch von doch, jedoch, aber. Diese drei Wörter sind ein wenig meine Nemesis.
Konjunktive, Adjektive, Adverbien, sein, mein usw. das stört mich hingegen weniger, auch wenn Leute in Situationen lächeln, in denen es passt.
Kommt das häufiger vor, ist das eben so.
Meine Geschichten sind ernst genug, da tut ein Lächeln zwischendurch ganz gut. :)
"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

Carolina

Zitat von: Yamuri am 14. Oktober 2017, 08:51:36
Was ich mich frage, wer bestimmt eigentlich was schlecht und was gut ist?

Ich denke, es kommt auf die Dosis an. In der wörtlichen Rede lasse ich manchmal auch einen Dativ statt des Genitivs zu.

Was mich in diesem Thread interessiert, sind Marotten, wie eben den zu häufigen Gebrauch eines Wortes, eines bestimmten Satzaufbaus, eben Dinge, die vier von fünf Lektoren sauer aufstoßen würden. Das bedeutet nicht, dass diese Dinge falsch sein müssen.

Für jede Regel gibt es Situationen, in denen es sinnvoll ist, sie zu brechen. Ich bin auch kein Freund davon, alle Adjektiven und Adverbien zu killen, weil dann ein steriler Text zurück bleibt. Allerdings habe ich jetzt einen Text von 1912 übersetzt, den ich meinen Newsletter-Abonnenten zu Weihnachten schenken will (die englische Version ist gemeinfrei), und die Autorin verwendet in einem Satz fünf Adjektive, um eine Sache zu beschreiben. Da war ich echt an der Grenze.

So in diesem Sinne: "Er ist störrisch und unbeugsam und stur und verständnislos und bockig."

Slenderella

Ich hasse ja das Wort Tür. Denn in meinem Erstling habe ich grundsätzlich Türe geschrieben ... was wohl dialektbedingt ist aber falsch. Nur leider drehte es sich da oft um Türen  :wums:
"Aber" kann ich auch sehr gut. Und alles "scheint" so und so zu sein. Es ist nicht einfach, nene ... Das habe ich mir allerdings sehr erfolgreich abgewöhnt. Jetzt scheint nix mehr!
Ich brauch noch eine Katze
Und ein Beil wär nicht verkehrt
Denn ich gehe heute abend
Auf ein Splatter-Pop-Konzert