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Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?

Begonnen von Luna, 19. März 2012, 10:48:12

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Kisara

#15
Also grade, was die Neuauflagen von Blanvalet angeht bezüglich "Das Lied von Feuer und Eis" stimme ich jedem zu, dem sich die Nägel zu Knäulen rollen, wenn es um "Casterly Stein" geht. Das ist nicht nur komplett sinnlos, den halben Namen zu übersetzen, es ist auch eine der schlechtesten Übersetzungen, die ich je gelesen habe.

ZitatGegen das Eindeutschen von Bezeichnungen, wie bei den Elben, habe ich aber nichts.
Gegen Tolkiens deutsche "Elben" habe ich deshalb nichts, weil er das selbst so wollte. Es ist bekannt, dass Tolkien sich mit dem Übersetzter zusammengetan hat, weil er a) sich von den "Alben" hat inspirieren lassen und b) sein Volk nicht mit den geflügelten, schimmernden Glitzerelfen in Verbindung gebracht haben wollte. Im Englischen hatte er dieses Problem nicht, im Deutschen dagegen schon. Dessen war er sich bewusst. Und wenn der Autor eine Übersetzung absegnet, dann ist das für mich eben einfach so und okay.

ZitatDas "Auenland" ist für mich so ein Beispiel. Ich bin froh, dass ich mit diesem Wort aufwachsen durfte. Ein Übersetzer hat ja immer auch die Aufgabe, Atmosphäre und Grundstimmung des Originals in die andere Sprache zu transportieren, und ich denke, dass es Fälle gibt, in denen das auch eine Eindeutschung verlangt
Hier stimme ich komplett zu. Das "Auenland" ist ein sehr schöner Begriff, aber er ist eben auch relativ alt und im allgemeinen Sprachgebrauch nicht zu finden - außer bei Leuten mit höherem Bildungsgrad oder zumindest fundierten Literaturkenntnissen, was auf die vermehrt auftretenden Kevins, Mustafas und Jessika-Aishes nicht zutrifft (und nein, das ist kein Rassismus, das ist eine Tatsachenbeschreibung). Von 200 Grundschülern weiß vllt. einer was eine "Aue" ist...
Wie auch immer, die Übersetzung ist stimmig, da alles übersetzt wurde und dabei der Ton gewahrt wurde. Wenn ich aber noch mal auf G.R.R.Martin zurückkommen darf: Ich finde es störend, erst etwas von John Schnee und dem Ritter der Blumen zu lesen, und dann über eine Vergewaltigung der deutschen Sprache und besonders des deutschen Schriftbildes zu stolpern, die mir "Casterly Stein" andrehen will. Ich meine, was soll das?! Das ist, als würde ich Goethe lesen und der mir plötzlich mit "Ey, Alter!" ankommt.
Ein weiteres - meiner Meinung nach schönes, aber auch sehr polarisierendes - Beispiel ist einer von Steven Erikons Charakteren. Die Dame ist eine Assassine mit Namen "Sorry". Im Deutschen heißt sie "Leida". Ich finde das Problem gut gelöst sofern solch einen Namen vernünftig übersetzen kann. Würde sie weiterhin "Sorry" heißen, gäbe das dem Roman einen seltsam neumodischen Anstrich, den ich für eine mittelalterliche Fantasy-Welt unpassend fände. (Im Allgemeinen ist die Übersetzung zur Malazan-Reihe gut gelungen!)

Ich möchte damit sagen, ich bin durchaus ein Freund von Eindeutschungen, sofern sie gut gemacht sind. Es gibt sinnvolle Übersetzungen, es gibt sehr schöne Begriffe die dabei auftauchen und es gibt Übersetzer, die ihren Job an den Nagel hängen sollten. Besonders fällt mir dabei ein Simpsons-Bespiel ein, in dem es um ein Baseball-Team geht...
Homer sagt im Deutschen:"Springfield Isotopen-Spielregeln!"  ???
Im Original aber sagt er: "Springfield isotopes rules!"
Diese Übersetzung allein zeigt, dass der Übersetzer a) keine Ahnung von der englischen Sprache und hat und sich b)nicht einmal 2Sekunden Zeit genommen hat, sich mit der Szene zu beschäftigen. Sonst wäre ihm aufgefallen, dass Homer mit einem Plakat in der Hand seine Mannschaft anfeuert und er hätte die Übersetzung wohl überdacht.

Das jetzt erstmal zur vorhergehenden Diskussion. Ich persönlich verstehe unter Eindeutschung auch die Rückübersetzung von Anglizismen - die neue deutsche Rechtschreibung möchte mit erklären, dass "Schangse" ein legitimes, deutsches Wort und komplett korrekt geschrieben ist. Eigentlich soll diese Ansammlung von Buchstaben "Chance" heißen.
"Und Thoriel riss das Schwert aus der Scheide, nutzte seine Schangse und trieb die Klinge bis zum Knauf in die Brust des Hexers." ->  :nöö:
Definitiv keine Schangse sowas von mir zu lesen. Aber auch keine Chance. Denn beides stört meines Empfindens nach den Lesefluss.
Deswegen, sowohl in dem was ich schreibe, als auch dem was ich lese, lege ich starken Wert darauf, dass der Ton erhalten bleibt.
Auch hier sind gute Eindeutschungen legitim und manchmal sogar eine Bereicherung, aber oft stören sie einfach nur.

Deswegen lese ich Bücher am liebsten im Original und schreibe, sofern es mir möglich ist entweder komplett auf "unangliziertem" Deutsch oder gleich auf Englisch - wobei ich auch da mittlerweile Schwierigkeiten habe einen Leibwächter als "Bodyguard" zu bezeichnen, denn für mich persönlich hat dieses Wort wieder einen sehr modernen Anstrich...

Also, sehr schwieriges Thema. :hmmm:

Feuertraum

Ich muss gestehen, dass ich eher ein Freund der deutschen Sprache bin, und wenn es sich vermeiden lässt, nutze ich kaum Anglizismen. Allerdings muss ich einräumen, dass es bei Namen schon ein wenig anders aussieht. Da wäre mir dann zumindest soviel künstlerische Freiheit sympathisch, wenn aus einem Jon Snow zum Beispiel ein Jon Weißschnee (wenn es denn unbedingt was mit Schnee zu tun haben muss) gemacht wird.
Ich sehe nur die Englischpuristen aufbegehren, die sich fragen, was sich der Übersetzer dabei gedacht hat.

Die Frage ist - und diese kann wohl eher Thaliope beantworten - in wie weit die Verlage, die die Lizenzen verkaufen, Einfluss auf die Übersetzung haben.
Jemand schrieb, das Tolkien das Wort "Elben" persönlich abgesegnet habe, und vielleicht ist es so, dass der Autor ein Vetorecht hat (irgendwann hatte ich mal aufgeschnappt, das Loona ein Herbert-Grönemeyer Song gecovert hat, doch dass sie das Video neu drehen mussten, weil Grönemeyer mit diesem Clip nicht einverstanden war).

Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Aphelion

Zitat von: Judith am 19. März 2012, 16:13:43
Naja, das gilt jetzt vor allem für Literatur, die wirklich in irdischen Ländern angesiedelt ist. Aber bei Fantasy? Dort sind Namen ja nicht deshalb Englisch, weil man in der Fantasywelt englisch spricht, sondern deshalb, weil das einfach die Sprache ist, in der das Buch geschrieben wurde.
Eben. Und ein Autor verarbeitet immer auch Einflüsse; schreiben ohne Einfluss geht nicht. Auch deutschsprachige Autoren verwenden oft englische (oder allgemein anderssprachige) Namen. Was nun? Soll man das verbieten? Namen haben eine Bedeutung, einen Klang, einen historisch gewachsenen Kontext und sind nicht einfach austauschbar.

Bei Jeanne und Johanna beispielsweise geht es noch, weil man auch in der deutschen Variante die selbe Assoziation ziehen kann (zur Jeanne d'Arc z.B.). Wenn aus einer Alice aber eine Elisabeth gemacht wird, ist das zwar in gewisser Weise korrekt, aber mit dem Namen verbundene Geschichte(n) gehen damit verloren und/oder es werden neue, falsche Assoziationen geschaffen (z.B. Alice in Wonderland vs. Sissi).

Beim Lesen muss man sich dessen nicht bewusst sein, aber es passiert sehr viel unbewusst. Ich gehöre zu denjenigen, die sich bei ihren Namen etwas denken; wenn ich jemanden "Smith" und nicht "Schmidt" nenne, hat das seinen Grund.

Deshalb tragen auch in einem Fantasyroman die Namen in ihrer speziellen Sprache zum "Flair" bei, das schon angesprochen wurde. :)

Um noch einen anderen Punkt anzusprechen: Was ist mit "Mandy", um mal ein Klischee-Beispiel zu nehmen? Auch kein urdeutscher Name, aber in Deutschland gebräuchlich. "Harry" und "Henry" sind schon seit Jahrzehnten üblich. Muss es also ein Name sein, der x-tausend Mal in Deutschland vorkommt? Muss es ein Name sein, der vor 1829 (willkürlich ;) ) in Deutschland verwendet wurde? Wo zieht man *da* die Grenze?

Thaliope

Zitat von: Feuertraum am 19. März 2012, 17:48:38

Die Frage ist - und diese kann wohl eher Thaliope beantworten - in wie weit die Verlage, die die Lizenzen verkaufen, Einfluss auf die Übersetzung haben.

Ehrlich gesagt kann ich dazu gar nicht viel sagen ... Es scheint mir Verhandlungssache zu sein. Soweit ich weiß, hat Rowling sich ein sehr starkes Mitspracherecht auch in den andere Sprachen einräumen lassen. Es ist offenbar auch nicht unüblich, dass Übersetzer und Autor sich miteinander abstimmen. Hängt vielleicht auch vom Anspruch des jeweiligen Buchs ab, welcher Aufwand darum betrieben wird. Aber das sind Vermutungen meinerseits.

LG
Thali

Luna

#19
Zitat von: Feuertraum am 19. März 2012, 17:48:38
Ich muss gestehen, dass ich eher ein Freund der deutschen Sprache bin, und wenn es sich vermeiden lässt, nutze ich kaum Anglizismen.
Ich bin auch kein Freund von Anglizismen. Aber es ist, finde ich, doch ein Unterschied, wenn jemand für deutsche Worte englische nimmt, weils cooler, ups sorry, ich meinte kühler ;D klingt oder jemand englische Namen ins Deutsche übersetzt.
Von Lateinizismen oder je nachdem auch Altgriechizismen bin ich übrigens auch kein Freund. Plusquamperfekt, Präterium, Partizip? Hä ??? Da gibts doch auch Deutsche Namen dafür. Ich gebe zu, das muss ich immer erst nachschlagen :versteck:. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 17:58:45
Bei Jeanne und Johanna beispielsweise geht es noch, weil man auch in der deutschen Variante die selbe Assoziation ziehen kann (zur Jeanne d'Arc z.B.). Wenn aus einer Alice aber eine Elisabeth gemacht wird, ist das zwar in gewisser Weise korrekt, aber mit dem Namen verbundene Geschichte(n) gehen damit verloren und/oder es werden neue, falsche Assoziationen geschaffen (z.B. Alice in Wonderland vs. Sissi).

Beim Lesen muss man sich dessen nicht bewusst sein, aber es passiert sehr viel unbewusst. Ich gehöre zu denjenigen, die sich bei ihren Namen etwas denken; wenn ich jemanden "Smith" und nicht "Schmidt" nenne, hat das seinen Grund.
Das wiederum ist auch ein gutes Argument gegen Eindeutschungen.
Ich bin nun etwas zwiegespalten. Heute Morgen war ich nur dagegen. 

Nika

Ich war schon soweit, voll und ganz gegen die Eindeutschung zu wettern, ganz besonders, aber nicht nur bei Eigennamen. Solche Eindeutschungen waren der Grund, wieso ich angefangen habe, englische Bücher nur noch auf Englisch zu lesen, nachdem ich zehn Minuten überlegt habe, wie ein Mann aussehen soll, der "Schultern wie ein Fußballspieler" haben sollte. Es hat tatsächlich lange gedauert, bis ich auf den "Footballspieler" kam.  ::)

Aber auf der anderen Seite gibt es auch gute Gründe für die Eindeutschung (zugegeben, mir fallen nicht viele ein, aber die zwei Gründe, die mich davon abhalten, eine Eindeutschung komplett zu verteufeln, möchte ich dennoch ansprechen:

1. Michel von Lönneberga: Ich weiß nicht, wie viele von euch es wissen, aber Michel heißt nur in Deutschland so. Gut, in diesem Fall lag es nicht daran, dass der schwedische Originalname/-titel so kompliziert gewesen wäre, aber er war schon sehr prominent belegt. Michel heißt im Original Emil, als das Buch in Deutschland erschien, gab es aber schon Emil und die Detektive. Man änderte also den Namen, um eine Verwechslung auszuschließen. Vielleicht ist das heute nicht mehr zeitgemäß, oder solche Verwechslungen kommen heute nicht mehr vor, aber je nachdem, in welcher Zeit ein Buch erschienen ist, kann ein ähnliches Verfahren vielleicht eine Erklärung für eine Namensänderung sein.

2. Ich hätte tatsächlich nie gedacht, dass mir das einmal passieren würde, wohl auch, weil die Verteilung Englischer Name = deutsches Wort seeeeehr gering ist, aber als ich Rachel Vincents "Soul Screamer"-Reihe angefangen habe, habe ich mich gefragt, wie mit dem Namen einer Figur im Deutschen umgegangen wird. Kurz zur Erklärung: In den Büchern geht es um eine Banshee, dadurch auch um einige Tote, "Sensenmänner", etc. Einer dieser "Sensenmänner" heißt im Englischen Tod. Ich bin mehr als einmal beim Lesen über den Namen gestolpert und fragte mich, wie das im deutschen Text aussehen würde, wenn sie vom Tod im Sinne von sterben und von Tod, der Person sprechen und zu welchen Verwechslungen das zwangsläufig führen muss. Die Reihe hat (glaube ich) im Oktober auf Deutsch angefangen. Der Name wurde zwar nicht eingedeutscht, aber (wie auch Hermione/Hermine) minimal verändert zu Todd. Auf diese Weise existiert in den deutschen Übersetzungen sogar ein gewisser Wortwitz, den die (meisten) englischsprachigen Leser gar nicht hatten.

Aber wie schon gesagt, das sind große Ausnahmen und fernab davon, die Regel zu sein.

Luna

Zitat von: Nika am 19. März 2012, 19:10:07
Der Name wurde zwar nicht eingedeutscht, aber (wie auch Hermione/Hermine) minimal verändert zu Todd. Auf diese Weise existiert in den deutschen Übersetzungen sogar ein gewisser Wortwitz, den die (meisten) englischsprachigen Leser gar nicht hatten.
Andererseits können aber durch Eindeutschungen auch Wortspiele, Wortwitze verloren gehen. Ich musste gerade spontan an Count Count - Graf Zahl denken. Da kann ich es aber auch etwas nachvollziehen. Das Zielpublikum der Sesamstraße ist noch nicht so weit, das zu verstehen ;).

Grey

Zu Nikas Beispiel mit Tod fällt mir noch ein, dass im Death Gate Cycle von Weis und Hickman das Königspaar der Zwerge die Würdentitel "Vater and Muter[sic!]" tragen, was dann einfach mit "König und Königin" übersetzt wurde, weil es zufällig auch die Eltern der zwergischen Heldin waren - wohl auch wegen der Verwechslungsgefahr.

Eine kurze Anekdote zu falschen Übersetzungen fällt mir noch ein, wo ich gerade bei der Reihe bin: Irgendwo ist da von einem "Tanis Zehnuhrdreißig" die Rede, und mich hat das immer verwirrt. Ich musste erst die Drachenlanze-Bücher derselben Autoren lesen, wo es um Tanis, den Halbelfen geht, um zu kapieren, dass das wohl ein ziemlich vermurkster Übersetzungsfehler war. ;D

Nirathina

Zitat von: Grey am 19. März 2012, 19:48:21
Eine kurze Anekdote zu falschen Übersetzungen fällt mir noch ein, wo ich gerade bei der Reihe bin: Irgendwo ist da von einem "Tanis Zehnuhrdreißig" die Rede, und mich hat das immer verwirrt. Ich musste erst die Drachenlanze-Bücher derselben Autoren lesen, wo es um Tanis, den Halbelfen geht, um zu kapieren, dass das wohl ein ziemlich vermurkster Übersetzungsfehler war. ;D

Oh mein Gott, das ist ja der totale Schwachsinn  :rofl:

Ich frage mich ja, wo wir beim ungefähren Thema sind, wie es beispielsweise für den englischen Leser sein muss, die Übersetzung eines deutschen Buches in seine Sprache zu lesen.  :hmmm:
"Mr Müller-Lüdenscheid went to the cinema with Liselotte" ... äh, ja.
Würde man da aus einem Herrn Müller einen Mister Miller machen? Ich weiß es nicht, aber ich glaube es nicht. Kann man also davon ausgehen, dass das Eindeutschen vor allem hier sehr verbreitet ist? Vielleicht. Es würde zu meinem Eindruck von Recht, Ordnung und Bürokratie passen, den mir unser schönes Deutschland von Kindesbeinen an vermittelt  ;D

Aber nicht nur in Büchern geht es so zu  :no: In Games wird auch gerne zum Eindeutschen gegriffen. Beispiel: In Dragon Age: Origins sind die englischen Namen erhalten geblieben (Cousland, Redcliffe etc.), nur einige andere Bereiche (Drachengipfel, das Wache Meer) wurden eingedeutscht. Bei Skyrim hingegen war es sehr extrem. Da wurden aus Riverwood und Whiterun ganz einfach Flusswald und Weißlauf. Kann man sich dran gewöhnen. Nur wenn die Stadt Solitude plump zur Stadt Einsamkeit wird ("Euer Weg führt Euch nach Einsamkeit..." ja, wirklich episch) ...  :pfanne: Nicht gelungen.

In diesem Fall ist das Eindeutschen dann wieder eine echte Plage unserer Zeit.  ;D

Sunflower

@Nirathina: Das mit Skyrim ärgert mich auch ein wenig. Wenn sie schon die Namen ändern müssen, warum schaffen sie das dann nicht auf den zahlreichen Schildern, die überall im Wald herumstehen? Warum müssen die Schilder immer noch die englischen Namen haben?  :hmhm?:

Manche Übersetzungsfehler ärgern mich auch wie die Verwechslung von Augen mit Ohren (eyes - ears). Oder der Humor teilweise verloren geht. Aber dann denke ich mir, dass ich nicht so faul sein sollte und mich einfach an die Originalsprache machen sollte. Schließlich kann ich Englisch. Dann brauche ich zwar ein Wörterbuch und kann nicht mehr ganz so schnell lesen, aber der Ärger wäre weg ...
"Stories are, in one way or another, mirrors. We use them to explain to ourselves how the world works or how it doesn't work. Like mirrors, stories prepare us for the day to come. They distract us from the things in darkness."
- Neil Gaiman, Smoke and Mirrors

Kati

ZitatWürde man da aus einem Herrn Müller einen Mister Miller machen? Ich weiß es nicht, aber ich glaube es nicht. Kann man also davon ausgehen, dass das Eindeutschen vor allem hier sehr verbreitet ist?

Vielleicht bin ich einfach nicht informiert, aber ich habe noch kein deutsches Buch in englischer Übersetzung gesehen, dass auch wirklich in Deutschland spielt. Die spielen dann meist im spannenderen Ausland, aber selbst da werden die Namen nicht immer übernommen. In Kerstin Giers Rubinrot heißt die Heldin Gwendolyn, doch in der englischen Übersetzung heißt sie Gwyneth. Da frage ich mich echt: Warum? Gwendolyn ist ein englischer Name und das Buch spielt in London. Wieso nennt man sie Gwyneth?

Nika

Zitat von: Nirathina am 19. März 2012, 21:01:15
Aber nicht nur in Büchern geht es so zu  :no: In Games wird auch gerne zum Eindeutschen gegriffen.

Das mit Abstand schlimmste Beispiel für Eindeutschung (und auch Übersetzungsfehler) bei Computerspielen ist eindeutig Die Sims 2. Dort gibt es eine Nachbarschaft, die Veronaville heißt und in der viele Personen nach Figuren aus Shakespearestücken benannt wurden. Dort gibt es dann zum Beispiel Theobald (Tybalt), Victorio (Mercutio), Norbert (Oberon) und Piet (Puck). Ganz zu schweigen davon, dass irgendein Übersetzer dort dachte, es gäbe beim Militär den Rang "Allgemein". Da ist das Wort/der Rang "General" schon einmal eins zu eins zu übernehmen, und dann das.  ::)
Dragon Age habe ich schon direkt auf Englisch gespielt, aber ich fand auch die englischen Sprecher unschlagbar.


Zitat von: Kati am 19. März 2012, 21:18:24
Vielleicht bin ich einfach nicht informiert, aber ich habe noch kein deutsches Buch in englischer Übersetzung gesehen, dass auch wirklich in Deutschland spielt. Die spielen dann meist im spannenderen Ausland, aber selbst da werden die Namen nicht immer übernommen. In Kerstin Giers Rubinrot heißt die Heldin Gwendolyn, doch in der englischen Übersetzung heißt sie Gwyneth. Da frage ich mich echt: Warum? Gwendolyn ist ein englischer Name und das Buch spielt in London. Wieso nennt man sie Gwyneth?

Es gibt einige Kinderbücher, die übersetzt wurden. Ich weiß, dass Bastian in der "Unendlichen Geschichte" seinen Namen behalten hat. Auch Kästners Figuren haben ihre Namen (soweit ich das überschauen konnte) behalten.
Zu deinem Beispiel mit Gwendolyn/Gwyneth würde mir spontan einfallen, dass es ja ein sehr alter Name ist. Vielleicht gilt er im englischen Sprachraum schon als altmodisch?

Maran

Ich muß gerade an Lord Peter Wimsey denken. Glücklicherweise wurde dieser Name - soweit mir persönlich bekannt - nicht verdeutscht. So wird einigen englisch Ungebildeten zwar zumindest eine humoreske "Erklärung" entgehen, aber für die Ehrlichkeit und Tiefe des Charakters ist es nur von Vorteil. Diejenigen, die dieses Bücher kennen, werden vermutlich ahnen, auf was ich mich beziehe.  ;D

Anders sieht es mit Goscinnys und Uderzos Asterix-Charakteren aus, allen voran Panoramix (Miraculix). Ich glaube, dazu habe ich in diesem Forum schon einmal etwas geschrieben. Die Namen sind im Original bezeichnend für die Figuren, allerdings nicht unbedingt auf eine Art, daß Nicht-Franzosen dies verstehen können. So wurden die Namen eben mehr oder weniger gut / treffend in andere Sprachen übersetzt. Zumindest bei der Verdeutschung finde ich dies gelungen - zumal einige der Namen ganz schöne Zungenbrecher sind.

chaosqueen

Die Asterix-Übersetzungen fand ich auch immer sehr gelungen, die sind in meinen Augen ein Beispiel für gute Eindeutschungen. Genauso wie das Auenland, Legolas Grünblatt etc.

Bei Harry Potter gibt es Eindeutschungen, die zwar die Atmosphäre erhalten, nicht aber das Wortspiel (Diagon Alley wird zur Winkelgasse, damit ist die Diagonale aus dem Wortspiel raus, die Straße bekommt aber fast mehr Flair als im Englischen Original).

Ich lese Martin auf Englisch und werde mir wohl vorsichtshalber auch die Serie auf Englisch ansehen. Da gibt es leider haufenweise gruselige Übersetzungen.

Übrigens sind die Schweden ganz gut darin, alles in ihre Sprache zu übertragen. Donald Duck heißt Kalle Anka (anka bedeutet Ente), Garfield heißt Gustav und so weiter und so fort. Das Beispiel mit Michel/Emil kannte ich - ich hab mal einen schwedischen Emil kennengelernt, der ganz stolz erzählte, dass seine kleine Schwester Ida heißt. Ich guck so: ???, er sagt: "Emil från Lönneberga och hans syster!" Ich sag: "Ach, Du meinst Michel!" - daraufhin guckte er dann so: :o

Ich glaube, dass eine gute Übertragung einem Text nicht schadet. Wenn Namen aber wahllos und teilweise noch ohne nachzudenken (Zehnuhrdreißig ist echt der Knaller!) irgendwie eingedeutscht und dabei quasi vergewaltigt werden, finde ich es gruselig. Andererseits habe ich neulich ein Buch aus Island gelesen und trotz rudimentärer Kenntnisse der Ausspracheregeln bin ich immer bei den Namen aus dem Konzept gekommen, weil ich sie einfach nicht kannte und daher nicht aussprechen konnte.

Es gibt übrigens auch Beispiele für Bücher, die in der Übersetzung gewinnen: Die Frau in Weiß von Wilkie Collins ist im Englischen ganz nett, im Deutschen jedoch brillant - der Übersetzer ist Arno Schmidt, der wohl zu seiner Zeit nicht nur ein genialer Schriftsteller, sondern auch einer der besten Übersetzer fürs Englische war (und als der einzige gehandelt wurde, der Finnegan's Wake so ins Deutsche hätte übertragen können, dass es nicht all seine Wortspiele und Wortwitze verliert).

Für mich gilt: Maßvolle Übertragungen, wo sie sinnvoll sind und zur Stimmung eines Buches beitragen, aber keine gewaltsame Übersetzung. Extrembeispiel (allerdings wiederum gut gemacht) ist 1984, welches in der deutschen Übersetzung ja komplett von London nach Berlin verlegt wurde. In der Zeit, in der es übersetzt wurde, war das sicher eine gute Idee, heute frage ich mich, warum ich nicht einfach ein Buch lesen darf, das in London spielt und meinen Kopf benutze, um zu verstehen, dass London als Synonym für jede Stadt dieser Welt stehen kann.

In Fantasy-Settings finde ich die Anpassung von Ortsnamen okay, wenn sie gut ist. Wo genau die Grenze zu ziehen ist, kann ich aber auch nicht sagen, das passiert intuitiv und vermutlich auch bei jedem individuell.

Und Spiele ... Ich spiele seit gut fünf Jahren WoW. Für mich heißen die Städte Ironforge, Undercity und Stormwind, ich musste mich wirklich heftig daran gewöhnen, plötzlich von Eisenschmiede, Unterstadt und Sturmwind zu lesen. Das Redridge-Gebirge ist nun das Rotkammgebirge, was wiederum mehr Sinn macht als diese Englisch-deutsche Bezeichnung vom Anfang. Also eigentlich ist es positiv, dass alles nach und nach angeglichen wird, hier ist eher meine Gewohnheit das, was im Weg steht.

Ratzefatz

ZitatCasterlystein ist wirklich ... schräg
Macht allerdings einen gewissen Sinn, da "Casterly Rock" früher einer Familie namens Casterly gehörte. "Lennister" dagegen ist einfach nur verwunderlich.

Ich persönlich finde auch, dass sich "Theon Graufreud" merkwürdig anhört, aber vermutlich klingt "Theon Greyjoy" für einen englischen Leser genauso eigenartig. Ebenso bei Harry Potter: "Todesser" mag für uns weniger bedrohlich klingen als "Death Eater", aber die englischen Leser müssen den Namen von Voldemorts Anhängerschaft auch eher witzig gefunden haben.

LG
Ratzefatz
,,Dein Name ist Venko", raunte Zoya in sein Ohr. ,,Venko, Venko, Venko." Sie gab ihm für jedes ,,Venko" einen Kuss und ermahnte ihren Mann: ,,Vergiss deinen Namen nicht!"
,,Wie könnte ich ihn vergessen, meine Zoya", raunte er zurück, ,,wenn ihn vergessen auch dich vergessen hieße?"