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Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Luna am 19. März 2012, 10:48:12

Titel: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Luna am 19. März 2012, 10:48:12
Ich mache mir in letzter Zeit verstärkt Gedanken über Eindeutschungen. Ich habe mich so über die Übersetzung bei George R. R. Martin geärgert. Und nicht nur dort wurde fleißig eingedeutscht. Hier gab es bereits eine kleine Diskussion dazu: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,2309.msg360378.html#msg360378 (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,2309.msg360378.html#msg360378)
Ich finde nach wie vor, dass man Namen und Eigennamen nicht eindeutscht. Gerade bei den erwähnten Beispielen Harry Potter, Shakespeare oder Herr der Ringe. Rowling z. B. legte viel Wert auf England, bzw. die englische Sprache, so sollte der Harry-Darsteller auch ein Engländer sein usw. Tolkien war Professor für englische Sprache und Das Lied von Eis und Feuer ist ans englische Mittelalter angelehnt. Warum denn dann eindeutschen? Das verfälscht erstens, finde ich, und zweitens geht da auch viel von dem Flair verloren.
Tut es wirklich Not, aus Hermione eine Hermine zu machen? Aus Jon Snow einen Jon Schnee? Casterly Rock - Casterlystein ist echt noch das schrägste. Und wenn ich Theon Greyjoy - Theon Graufreud :wums: lese, da schüttelts mich und ich weiß echt nicht, ob ich da lachen oder weinen soll, übertrieben gesagt. Ok, manche Namen sind weniger auffällig, z. B. dass Hermine in Wahrheit Hermione heißt, habe ich erst seit besagter kleiner Diskussion erfahren (mMn trotzdem eine Verfälschung). Bei dem Lied von Eis und Feuer aber, wären mir da einige Namen doch seltsam vorkommen, auch wenn ich noch nie von den Übersetzungsdiskussionen gehört hätte oder aber die Originalnamen nicht kennen würde. Und wenn man sich einige Amazon-Rezensionen zu Martins Werken oder auch zu dieser einen Herr der Ringe Übersetzung ansieht, ärgere nicht nur ich mich über diese Eindeutschungen.
Ich möchte jetzt wirklich niemanden angreifen, nichts liegt mir ferner, ist nur eine Meinung, aber ich frage mich nur schon die ganze Zeit, plump ausgedrückt, auf welchem "Mist" das gewachsen ist? Ich vermute mal stark, die armen Übersetzer können am wenigsten dafür. Verlagsdiktat?

Wie steht ihr denn überhaupt so zu Eindeutschungen? Vielleicht kann ich mich ja doch noch von ihrer Sinnhaftigkeit überzeugen lassen. Ich glaube, ich habe da momentan so ein Brett vor dem Kopf, dass mir keine sinnvollen Beispiele einfallen wollen.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Malinche am 19. März 2012, 11:07:28
Hm, generell stimme ich dir zu, aber ich denke auch, dass man da schwer ein pauschales Urteil fällen kann. Gerade beim Vergleich von George R. R. Martin und Tolkien.

Die Zeit, in der Tolkien ins Deutsche übersetzt wurde, war eben noch eine Zeit, in der Eindeutschungen von übersetzten Namen sehr üblich waren, und er hat sich bei seiner Arbeit meines Wissens sehr stark mit der Übersetzerin Margaret Carroux abgesprochen - das Wort "Elbe" ist, glaube ich, von Tolkien höchstpersönlich abgesegnet. Es bleibt natürlich die Ausnahme, wenn die Einbindung eines Autors in den Übersetzungsvorgang auf diese Weise möglich ist und auch gemacht wird.
[EDIT: Die neuere Tolkien-Übersetzung von Wolfgang Krege ist natürlich eine ganz andere Geschichte, krankt aber nicht an den Eindeutschungen, sondern generell an den unsäglichen Übersetzungs-Faux-Pas - wenn in einem mittelalterlichen Setting gesiezt wird, die Worte "Chef", "Firma", "dreckiges weißes Logo" fallen, dann ist das grauslich, Punkt. Gehört aber nicht hierher, weil das Problem ein anderes ist. ;D Ich lasse nur keine Gelegenheit aus, darüber zu fluchen.)

Bei George R.R. Martin, den ich auf Englisch lese, rollen sich mir bei den Beispielen auch die Zehnägel hoch, außerdem habe ich zusätzlich gehört, dass diese Eindeutschungen quasi erst in der laufenden Reihe eingefügt werden ... wenn das stimmt, skandalös, dann ist nicht einmal da Konsequenz drin. Ich finde die Beispiele auch nicht besonders gelungen - Casterlystein ist wirklich ... schräg. (Oder, soweit ich weiß, dass Lannister in den Übersetzungen jetzt Lennister geschrieben wird).

Ich denke, dass die Eindeutschungen in vielen Fällen schlichtweg nicht nötig sind. Gerade wenn es um das Englische geht, denn das ist ja nun wirklich recht präsent und verständlich. Auf der anderen Seite kann es dann doch nötig und auch sinnvoll sein, deutsche Entsprechungen zu finden, gerade dann, wenn das englische Wort nicht als so geläufig und verständlich vorausgesetzt werden kann. Das "Auenland" ist für mich so ein Beispiel. Ich bin froh, dass ich mit diesem Wort aufwachsen durfte. Ein Übersetzer hat ja immer auch die Aufgabe, Atmosphäre und Grundstimmung des Originals in die andere Sprache zu transportieren, und ich denke, dass es Fälle gibt, in denen das auch eine Eindeutschung verlangt - ich denke aber auch, dass Eindeutschungen wie alles, was mit Übersetzen zu tun hat, sehr viel an Fingerspitzengefühl erfordern. Sie können gut und treffend sein. Sie können aber auch völlig in die Hose gehen.

Und ein weiterer Gedanke: Der Threadtitel heißt Eindeutschungen, aber ich sehe es an deinen Beispielen (auch an meinen) und ahne es für zukünftige Posts, dass die Diskussion sich sehr stark um englische Werke drehen wird. Meiner Meinung nach muss man das differenziert sehen. Sicher gibt es gerade im Fantasy-Bereich sehr viel mehr englische Sachen, die ins Deutsche übersetzt werden, und gerade die Klassiker wie Tolkien bieten da eine gute Diskussionsgrundlage.

Aber: Was ist mit Übersetzungen aus dem Spanischen oder Französischen? Wie sieht es da mit Eindeutschungen aus? Ist das anders als beim Englischen, wo, wie gesagt, ein recht hoher Kenntnisgrad bei deutschen Lesern vorausgesetzt werden kann? (Dazu fällt mir noch ein, dass bei Übersetzungen in andere Sprachen teilweise gnadenlos alles übertragen wird. Im Spanischen heißt es auch Jon Nieve und bis ich mal gerafft habe, dass "Invernalia" Winterfell ist ... Ich lache darüber, aber wir dürfen nicht vergessen, dass z.B. in spanischsprachigen Ländern das Englische nicht auf die gleiche Weise präsent und selbstverständlich ist wie in deutschsprachigen. Das ist auch noch mal ein Punkt, was das Übertragen von Originalnamen in andere Sprachen betrifft. In Deutschland war das Eindeutschen früher gang und gäbe, nun kann man sich natürlich streiten, ob "Onkel Dagobert" denn wirklich eine gelungene Entsprechung zu "Scrooge" ist ... aber Zeiten ändern sich und auch die Geschmäcker.)

Mein Fazit: Generell halte ich Eindeutschungen gerade bei Eigennamen für nicht unbedingt notwendig, aber ganz verteufeln möchte ich sie nicht. Es ist schwer, sie gut zu machen, aber nicht unmöglich. Wie sehr sie eingesetzt werden, hängt meiner Meinung nach von vielen Faktoren ab - um welche Ausgangssprache geht es, wer ist die lesende Zielgruppe, was wird angestrebt?
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Thaliope am 19. März 2012, 11:09:45
Ich mag Eindeutschungen. Wenn sie gut gemacht sind, jedenfalls. Was leider nur selten der Fall ist. Aber das ist beim Übersetzen natürlich immer eine Gratwanderung: Inwieweit soll das ursprüngliche Flair beibehalten werden? (Und was ist das ursprüngliche Flair überhaupt? Der für uns leicht fremde Charakter englischer Namen wirkt auf den Leser des Originals ja gar nicht fremd ...) Wie viel Bedeutung geht verloren, wenn viele Leser die in den englischen Namen verborgenden Bedeutungen nicht verstehen?
Übersetzungen richten sich ja nicht in erster Linie an Leser, die die englische und die deutsche Version miteinander vergleichen, sondern an die, die nicht auf Englisch lesen können oder wollen. Da finde ich es legitim und wünschenswert, wenn auch der Übersetzer mal kreativ wird, um Wortspiele oder eben auch Namen nachzuempfinden, damit dem Leser der Übersetzung ein ähnliches Gefühl vermittelt wird wie dem Leser um Ursprungsland beim Lesen des Originals. Aber das ist wie gesagt eine Gratwanderung, die oft auch noch unter Zeitdruck gemeistert werden muss. Einfacher ist es da sicher, alles auf Englisch zu lassen - aber ich persönlich finde das manchmal schade.

Ich fand es auch gut, dass Hermione im Deutschen zu Hermine wurde, weil damals, als das erste Buch rauskam, keiner so recht wusste, wie man den Namen aussprechen sollte. :)

Das fiel mir gerade spontan dazu ein. Und jetzt muss ich zurück an meine Übersetzung :)
LG
Thali
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Aphelion am 19. März 2012, 11:16:36
Vor allem bei Namen kann ich Eindeutschen überhaupt nicht leiden. Oder überhaupt das Verändern von Namen. Es gibt ein SF-Buch namens "Hex" von einer ziemlich unbekannten Autorin, das ich damals einfach nur genial fand. Ich habe es auf Englisch gelesen. Irgendwann habe ich mir in der Bibliothek auch die deutsche Version ausgeliehen und war maßlos enttäuscht. Das ganze Buch war durch die Übersetzung irgendwie kaputt.
Am Schlimmst war für mich: Einer der Protagonisten hat einen Namen, der "Weiß" bedeutet. Ich komme leider momentan nicht darauf, welchen genau. Im Deutschen wurde er "White" genannt, was einfach nur billig wirkte. Billig und dumm. Auch so etwas geht einfach nicht, wie ich finde.

Bei anderen Wörtern als Namen kommt es darauf an, ob diese Wörter den Charakter von Eigennamen haben. Wenn ja, sollte dieser erhalten bleiben und das Wort übernommen werden. Warum muss sich jedes Buch so lesen können, als wäre es auf Deutsch geschrieben worden? Man darf ruhig merken, dass das Original auf Englisch, Russisch, Japanisch oder einer anderen Sprache geschrieben wurde. Ich will auch keinen Einheitsbrei lesen, wenn ich internationale Literatur lese. Und vor allem Namen tragen einen großen Teil des Flairs bei. Es macht eben doch einen Unterschied, ob man merkt, dass man sich mit dem Buch mental in einem anderen Land befindet. Erst dann kann man manche Dinge überhaupt richtig einordnen.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Nirathina am 19. März 2012, 12:06:49
Bei Eindeutschungen geht es mir wie bei Anglizismen: Wenn es schön klingt und den Sinn beibehält, kann man das durchaus machen. Bei Tolkien fand ich die Eindeutschungen vor allem auf den Karten gar nicht mal so schlecht. "Auenland" und "Michelbinge" passt vom Klang her dazu, wie ich mir die Hobbits vorstelle, eben ländlicher und so weiter.
Bei Harry Potter herrscht, wie mir auffällt, ein ziemlicher Mischmasch. Die meisten Eigennamen sind geblieben (Black, Longbottom [man überlege sich das eingedeutscht  ::)] und so weiter), aber aus Rita Skeeter wurde Rita Kimmkorn, was ich nicht ganz verstehe, wo doch Fenrir Greyback auch Greyback blieb und nicht zum Graurücken wurde.  ???
Eindeutschungen an sich sind vielleicht heutzutage nicht mehr notwendig, weil viele Leute schulbedingt Englisch lernen und andere, die den Unterricht in der Schule nicht hatten, sich über Enkel etc. vermutlich einige Kenntnisse angeeignet haben. Aber was mich wirklich interessieren würde, wäre das, was Malinche erwähnt hat: Wie sieht's in anderen Sprachen aus?
Aber wie gesagt: Eindeutschen schön und gut, aber in vernünftigen und möglichst nicht lächerlichen Maßen.


EDIT: Übrigens denke ich, dass wir hier nicht über Eindeutschungen, sonder Verdeutschungen (blödes Wort) reden: Please follow me (http://de.wikipedia.org/wiki/Eindeutschung)
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Grey am 19. März 2012, 12:22:17
Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 11:16:36
Am Schlimmst war für mich: Einer der Protagonisten hat einen Namen, der "Weiß" bedeutet. Ich komme leider momentan nicht darauf, welchen genau. Im Deutschen wurde er "White" genannt, was einfach nur billig wirkte. Billig und dumm. Auch so etwas geht einfach nicht, wie ich finde.

Habe ich das richtig verstanden, sie haben zur Erläuterung eines Namens in einer deutschen Übersetzung ein englisches Wort verwendet? Das verstehe ich jetzt aber mal wirklich gar nicht. ???

Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 11:16:36
Warum muss sich jedes Buch so lesen können, als wäre es auf Deutsch geschrieben worden? Man darf ruhig merken, dass das Original auf Englisch, Russisch, Japanisch oder einer anderen Sprache geschrieben wurde.

Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 11:16:36
Ich will auch keinen Einheitsbrei lesen, wenn ich internationale Literatur lese. Und vor allem Namen tragen einen großen Teil des Flairs bei. Es macht eben doch einen Unterschied, ob man merkt, dass man sich mit dem Buch mental in einem anderen Land befindet. Erst dann kann man manche Dinge überhaupt richtig einordnen.

Das sind aber zwei Paar Schuhe, finde ich. Zum einen finde ich es schon wichtig, dass eine Übersetzung sich wie ein gut geschriebener deutscher Originaltext lesen lässt. Ich persönlich finde es nämlich recht unangenehm, wenn ich beim Lesen merke, dass da einfach die Satzstruktur der ursprünglichen Sprache beibehalten oder viel zu wörtlich übersetzt wurde, obwohl kein deutscher Muttersprachler je einen Satz so formulieren würde - erst recht nicht im Schriftsprachgebrauch. Das klingt dann in meinen Ohren krumm und sehr oft irgendwie unglücklich. Wenn ich etwas auf Englisch, Spanisch etc. sagen möchte, benutze ich doch auch die entsprechende Grammatik und Satzmelodie - warum dann also sollte es umgekehrt anders sein?

Zum zweiten Punkt stimme ich dir natürlich zu, dass das Flair des fremden Landes natürlich trotzdem erhalten bleiben sollte, und dass Namen dazu viel beitragen. Daher finde ich auch, dass Namen aus anderen Kulturen beibehalten werden sollten - sehr oft lassen die sich ja auch einfach nicht übersetzen, oder sie haben kein entsprechendes Pendant im Deutschen.
Aber was zum Beispiel ist mit Namen aus High-Fantasyromanen, die einfach einen beschreibenden Charakter haben? Muss zum Beispiel ein Legolas Grünblatt dann auch im deutschen Roman Legolas Greenleaf heißen, weil es ein Eigenname ist? Oder übersetzt man es dann? Wo ist die Grenze?

Ich finde die Frage wirklich schwer zu beantworten, aber alles in allem scheint es mir doch am wichtigsten, dass der Text in sich stimmig bleibt. Ich fürchte eben, oft ist dieser Widerwille gegen die übersetzten Namen vor allem ein Fall von "Das ist anders als ich es kenne und immer geliebt habe! Ich will keine Veränderung, die sollen das so lassen wie es war!" :brüll: Zumindest kenne ich das von mir so, aber mit etwas Abstand betrachtet finde ich es dann doch ganz gut.
Auch wenn gerade beim Lied von Eis und Feuer die Veränderungen doch eher Verschlimmbesserungen waren, das gebe ich zu. :)
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Luna am 19. März 2012, 12:28:29
Ich sehe schon, wirklich schwierig zu beantworten.

Zitat von: Malinche am 19. März 2012, 11:07:28
Auf der anderen Seite kann es dann doch nötig und auch sinnvoll sein, deutsche Entsprechungen zu finden, gerade dann, wenn das englische Wort nicht als so geläufig und verständlich vorausgesetzt werden kann. Das "Auenland" ist für mich so ein Beispiel. Ich bin froh, dass ich mit diesem Wort aufwachsen durfte. Ein Übersetzer hat ja immer auch die Aufgabe, Atmosphäre und Grundstimmung des Originals in die andere Sprache zu transportieren, und ich denke, dass es Fälle gibt, in denen das auch eine Eindeutschung verlangt - ich denke aber auch, dass Eindeutschungen wie alles, was mit Übersetzen zu tun hat, sehr viel an Fingerspitzengefühl erfordern. Sie können gut und treffend sein. Sie können aber auch völlig in die Hose gehen.

Na das hat mich nun schon überzeugt, dass es auch sinnvolle Übersetzungen geben kann. Habe gerade mal nachgeguckt, was das im Original heißt: The Shire. Da gefällt mir Auenland natürlich weitaus besser :).

Zitat von: Malinche am 19. März 2012, 11:07:28
Und ein weiterer Gedanke: Der Threadtitel heißt Eindeutschungen, aber ich sehe es an deinen Beispielen (auch an meinen) und ahne es für zukünftige Posts, dass die Diskussion sich sehr stark um englische Werke drehen wird. Meiner Meinung nach muss man das differenziert sehen. Sicher gibt es gerade im Fantasy-Bereich sehr viel mehr englische Sachen, die ins Deutsche übersetzt werden, und gerade die Klassiker wie Tolkien bieten da eine gute Diskussionsgrundlage.
Ich habe in erster Linie ans Englische gedacht. Aber ich denke, in anderen Sprachen kommt z. B. das französiche, spanische etc. Feeling auch eher rüber, wenn man die Namen belässt, bzw. bei der Übersetzung dann, wie in obigem Beispiel das nötige Fingerspitzengefühl zeigt.

Zitat von: Malinche am 19. März 2012, 11:07:28
Aber: Was ist mit Übersetzungen aus dem Spanischen oder Französischen? Wie sieht es da mit Eindeutschungen aus? Ist das anders als beim Englischen, wo, wie gesagt, ein recht hoher Kenntnisgrad bei deutschen Lesern vorausgesetzt werden kann? (Dazu fällt mir noch ein, dass bei Übersetzungen in andere Sprachen teilweise gnadenlos alles übertragen wird. Im Spanischen heißt es auch Jon Nieve und bis ich mal gerafft habe, dass "Invernalia" Winterfell ist ... Ich lache darüber, aber wir dürfen nicht vergessen, dass z.B. in spanischsprachigen Ländern das Englische nicht auf die gleiche Weise präsent und selbstverständlich ist wie in deutschsprachigen. Das ist auch noch mal ein Punkt, was das Übertragen von Originalnamen in andere Sprachen betrifft.
Jon Nieve :rofl:. Das ist auch wieder eine Sache des Flairs. Ich denke, auch in den Ländern, in denen das Englische nicht so präsent ist, sollten die Ursprungsnamen beibehalten werden. Wenn sich die Leute sehr dafür interessieren, werden sie die Namen bestimmt dann auch irgendwo nachschlagen. Habe ich bei den Nachnamen von einigen Schauspielern, Sängern oder auch Bands spaßeshalber gemacht (Andrew Eldritch - Andreas Gespentisch, von den Schwestern der Bermherzigkeit aka Sisters Of Mercy oder Karl Mc Neckisch von den Feldern der riesenhaften Mischwesen aka Carl McCoy von den Fields Of The Nephilim ;D).

Zitat von: Thaliope am 19. März 2012, 11:09:45
Ich mag Eindeutschungen. Wenn sie gut gemacht sind, jedenfalls. Was leider nur selten der Fall ist. Aber das ist beim Übersetzen natürlich immer eine Gratwanderung: Inwieweit soll das ursprüngliche Flair beibehalten werden? (Und was ist das ursprüngliche Flair überhaupt? Der für uns leicht fremde Charakter englischer Namen wirkt auf den Leser des Originals ja gar nicht fremd ...) Wie viel Bedeutung geht verloren, wenn viele Leser die in den englischen Namen verborgenden Bedeutungen nicht verstehen?
Wie gesagt, wenn sie gut gemacht sind. Mit Flair meinte ich das "exotische" an anderen Ländern und Namen, das mich beim Lesen befallen soll. Und es ist zudem oftmals ersichtlicht, aus welchem Land der Autor/die Autorin stammt, wenn sie nicht gerade, wie es bei uns oft Sitte ist, alles nach Amerika oder England verpflanzt und auch dementsprechende Namen nimmt. 

Zitat von: Thaliope am 19. März 2012, 11:09:45
Ich fand es auch gut, dass Hermione im Deutschen zu Hermine wurde, weil damals, als das erste Buch rauskam, keiner so recht wusste, wie man den Namen aussprechen sollte.
Das widerum finde ich eine Verfälschung. Das man nicht weiß, wie der Name auszusprechen ist, trifft ja auf viele Bücher, gerade im Fantasybereich zu und beim Englischen oder auch anderen realen Sprachen hat man immer noch die Möglichkeit, das herauszufinden ;).

Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 11:16:36
Warum muss sich jedes Buch so lesen können, als wäre es auf Deutsch geschrieben worden? Man darf ruhig merken, dass das Original auf Englisch, Russisch, Japanisch oder einer anderen Sprache geschrieben wurde. Ich will auch keinen Einheitsbrei lesen, wenn ich internationale Literatur lese. Und vor allem Namen tragen einen großen Teil des Flairs bei. Es macht eben doch einen Unterschied, ob man merkt, dass man sich mit dem Buch mental in einem anderen Land befindet. Erst dann kann man manche Dinge überhaupt richtig einordnen.
Da stimme ich Dir zu. Das meinte ich auch noch mit dem Begriff Flair.

Zitat von: Nirathina am 19. März 2012, 12:06:49
Bei Harry Potter herrscht, wie mir auffällt, ein ziemlicher Mischmasch. Die meisten Eigennamen sind geblieben (Black, Longbottom [man überlege sich das eingedeutscht  ::)] und so weiter), aber aus Rita Skeeter wurde Rita Kimmkorn, was ich nicht ganz verstehe, wo doch Fenrir Greyback auch Greyback blieb und nicht zum Graurücken wurde.  ???
Diese Inkonsequenz verstehe ich auch nie :seufz:. Wie in dem anderen Thread bereits gesagt, warum dann nicht gleich Johannes Schnee?

Zitat von: Grey am 19. März 2012, 12:22:17
Aber was zum Beispiel ist mit Namen aus High-Fantasyromanen, die einfach einen beschreibenden Charakter haben? Muss zum Beispiel ein Legolas Grünblatt dann auch im deutschen Roman Legolas Greenleaf heißen, weil es ein Eigenname ist? Oder übersetzt man es dann? Wo ist die Grenze?
Das wiederum überzeugt mich auch, das Übersetzungen manchmal wirklich sinnvoll sind. :hmmm: Das ist echt eine gute Frage, wo da die Grenze ist und warum mich das bei Martin so abschreckt. Muss da mal drüber nachdenken, wobei Greenleaf ist eigentlich auch schön. Wahrscheinlich alles eine Gewohnheitssache.
Also sind Eindeutschungen wirklich eine schwierige Gratwanderung, die nicht viele beherrschen und wenn gut gemacht, sind sie wahrlich eine Verbesserung.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Kati am 19. März 2012, 12:31:45
Ich habe etwas gegen das Eindeutschen von Eigennamen. Die von Luna genannten Beispiele sind da schon ziemlich abschreckend. Mir fällt dazu ja immer nur Hanni und Nanni ein, die eigentlich Patricia und Isabel heißen. Aber da die Übersetzungen aus den 60ern sind, muss man das wohl aus der Zeit heraussehen.  :) Also, Eigennamen sollten meiner Meinung nach Eigennamen bleiben. Gegen das Eindeutschen von Bezeichnungen, wie bei den Elben, habe ich aber nichts.

Was andere Sprachen angeht: Ich denke da immer nur daran, dass aus "Spiderman" im Schwedischen "Spindelmannen" wurde, was für mich total bekloppt klingt, für die Schweden aber Sinn ergibt. Das ist, als würden wir zu Spiderman immer "Der Spinnenmann" sagen. Das schwedische Harry Potter ist allerdings relativ den Originalnamen treu geblieben. Mir fällt jetzt nur ein, dass die "Muggles" zu "Mugglare" wurden, aber das ist bloß die schwedische Mehrzahl. Selbst Hermione ist Hermione geblieben. Die Bücher von G.R.R. Martin habe ich kurz mal recherchiert, wie es aussieht wurden da nur ein paar Namen eingeschwedischt. Jon Snow bleibt Jon Snow und die Namen der Charaktere sind an sich nicht eingeschwedischt, aber aus Westeros wurde Västeros. Hm.  :hmmm: Also, bis auf Spindelmannen, der aber auch nicht immer so genannt wird, scheinen die Schweden es mit den Namensänderungen nicht so arg zu übertreiben.

Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Grey am 19. März 2012, 12:38:43
Ich finde es ja vor allem interessant, dass sie z.B. beim Lied von Eis und Feuer gerade jetzt die Namen übersetzen, wo doch der Trend in den letzten Jahren vor allem beim Englischen immer stärker in die andere Richtung geht: Nämlich das Englische einfach zu übernehmen, immer öfter sogar einfach den ganzen Titel. Das funktioniert ja auch nur, weil Englisch als "Gemeinsprache" immer verbreiteter wird. Zumindest hier in Deutschland, und auch in Skandinavien, soweit ich weiß. Aber Malinche hatte es ja schon angesprochen, das ist längst nicht überall so. In Südeuropa oder in Asien kommt man mit Englisch, egal wie gut es ist, oft längst nicht so weit wie man meinen könnte.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Nuya am 19. März 2012, 15:10:17
Ich denke, das Abschreckende an der Eindeutschung bei George R. R. Martin ist einfach, dass man die Übersetzungen mit den englischen Eigennamen kennt und diese gewöhnt ist. Und ich persönlich will nicht in einem Band von Jon Snow und im nächsten von Jon Schnee lesen. Mir erschließt sich einfach nicht, wie man diese Änderung mitten in einer Reihe einführen kann. Oder hab ich es falsch verstanden, ist es eine Neuauflage?  :hmmm:

Generell mag ich es aber z. B. wie bei Tolkien, wenn es gut gemacht ist und von vornherein mit geänderten Eigennamen eingeführt wurde.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Luna am 19. März 2012, 15:18:18
Ich habe das Buch von Blanvalet in der 4. Auflage. Ich bin noch beim ersten Band Die Herren von Winterfell und da stehen die fürchterbaren Namen wie Jon Schnee alle von Anfang an schon drin. Allerdings weiß ich nicht, wie das bei den vorherigen Auflagen ausgesehen hat :hmmm:.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Nuya am 19. März 2012, 15:24:16
Ich hab die ersten beiden Bände der 10. Auflage von Blanvalet. Bei mir ist alles englisch/original benannt.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Luna am 19. März 2012, 15:27:13
:o Das ist ja sehr seltsam. Von wann ist denn Dein Buch? Das müsste ja dann neuer sein? Aber das macht keinen Sinn :hmmm:. Bei mir steht 4. Auflage Taschenbuchausgabe Januar 2010

Edit: es sei denn, die haben sich die Kritiken alle zu Herzen genommen und das dann wieder geändert. Wenn das so ist, werde ich mir auch eine neuere Ausgabe zulegen.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Judith am 19. März 2012, 16:13:43
Nein, die haben das nicht wieder geändert. Die Bände 1-8 von 1997-2006 sind in der alten Übersetzung, wo ein Teil der Namen eingedeutscht wurde und ein Teil nicht (alles englisch/original gabs nie; da hatte man halt dann Littlefinger und Jon Snow vs. Zwiebelritter und Quorin Halbhand).
Werden mit der Neuausgabe vielleicht auch die Auflagen wieder von vorn gezählt? Zumal ja die Bände jetzt auch beim Imprint Penhaligon erscheinen.

Ich seh das ganze ja recht zwiegespalten. Wie gesagt, dieses teilweise Übersetzen von Namen und teilweise nicht finde ich auch nicht wirklich glücklich. Da fand ich die Übersetzung beim HdR, wo eben wirklich alles mit Gefühl eingedeutscht wurde, viel stimmiger. Man merkt eben doch, dass Tolkien intensiv daran mitgearbeitet hat.
Das Problem ist eben einfach: Was macht man mit sprechenden Namen? Was, wenn es wichtig ist, dass man die Bedeutung versteht? Nicht jeder kann (gut) Englisch, und sobald es eben um andere Sprachen geht (Spanisch, Russisch, Schwedisch, ...), wird die Zahl derer, die die Namen dann noch verstehen, immer geringer.

Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 11:16:36
Man darf ruhig merken, dass das Original auf Englisch, Russisch, Japanisch oder einer anderen Sprache geschrieben wurde. Ich will auch keinen Einheitsbrei lesen, wenn ich internationale Literatur lese. Und vor allem Namen tragen einen großen Teil des Flairs bei. Es macht eben doch einen Unterschied, ob man merkt, dass man sich mit dem Buch mental in einem anderen Land befindet. Erst dann kann man manche Dinge überhaupt richtig einordnen.
Naja, das gilt jetzt vor allem für Literatur, die wirklich in irdischen Ländern angesiedelt ist. Aber bei Fantasy? Dort sind Namen ja nicht deshalb Englisch, weil man in der Fantasywelt englisch spricht, sondern deshalb, weil das einfach die Sprache ist, in der das Buch geschrieben wurde. Wäre das Lied von Eis und Feuer von einem Franzosen geschrieben worden, wären die Namen wohl alle französisch - während die Namen in einem Roman, der von einem Franzosen geschrieben wurde, aber in England angesiedelt ist, englisch wären. Das ist halt der Unterschied zwischen Namen in Fantasywelten und in unserer Welt. Insofern verstehe ich durchaus das Argument, warum bei Fantasy gern mal eingedeutscht wird.
Für mich ist das Problem beim Lied von Eis und Feuer daher auch nicht, dass eingedeutscht wird, sondern 1. dass es mitten in der Reihe gemacht wird, was meiner Meinung nach eine unglaubliche Frechheit ist, 2. dass es wieder nicht konsequent gemacht wird (lauter deutsche Namen, aber Stark und Winterfell bleibt unübersetzt, weil es deutsch klingt, oder was? Das ist völlig dämlich, da man diese Namen ja dann inmitten der Eindeutschungen wohl ja tatsächlich deutsch liest) und 3., dass es teilweise absolut katastrophal gemacht wurde (Königsmund? Casterlystein? Rosengarten? Und was soll der Schwachsinn wie Lennister?).

Sirius Black heißt in der 1. Auflage des ersten deutschen Bandes übrigens tatsächlich Sirius Schwarz.  :hmhm?: Das haben sie dann später geändert.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Ryadne am 19. März 2012, 16:19:39
Die Sache mit den Eindeutschungen ist für mich eine dieser Thematiken, wo ich mich schlichtweg nicht entscheiden kann.

Das Argument, wenn ein englischsprachiger Roman in England spielt (oder in Frankreich, Spanien, whatever), solle man nichts eindeutschen, finde ich ziemlich stichhaltig. Ansonsten aber habe ich nichts dagegen, wenn Namen übersetzt werden. Beispiel Drachenlanze: Ich finde es völlig in Ordnung, dass aus "Riverwind" "Flusswind" wurde, mir gefällt es eigentlich auch besser so. Aber, um beim Beispiel Drachenlanze zu bleiben, es gibt da zwei große Punkte, die mich stören. Nämlich:

1. Inkonsequenz
"Goldmoon" heißt auf Deutsch "Goldmond", ihre Mutter Tearsong bleibt aber Tearsong. Sowas finde ich echt bescheuert - wenn schon denn schon! Allerdings, was ist z.B. mit der Stadt "Solace", die ja einer der zentralen Handlungsorte ist. Hätte man die in "Trost" umbenennen sollen? Da bin ich mir eher unschlüssig, aber es wäre denke ich sinnvoll gewesen, weil diese Bedeutung im Namen wohl schon beabsichtigt ist, "Solace" aber einfach kein sehr gebräuchliches Wort ist, das jeder kennt; bei mir hat es Jahre gedauert, bis mir diese Bedeutung aufgefallen ist.

2. Umbenennenungen
Wenn aus "Hermione" "Hermine" wird, okay. "Hermione" klingt zwar schöner, ist aber voll der Zungenbrecher und für Grundschüler, die Harry Potter ja auch schon lesen, nicht sehr geeignet.
Aber warum bitte wird aus "Tasslehoff" "Tolpan"? Warum einen bescheuerten Namen durch einen anderen bescheuerten ersetzen? Da sehe ich keinen Sinn drin - oder sollen die Namen lautmalerisch etwas aussagen, so vonwegen Tollpatsch oder so? Dann wär's okay, aber so finde ich das ähnlich suspekt wie die Umbenennung von Filmtiteln in teilweise andere englischsprachige Titel!

Generell können durch Übersetzungen wohl Bedeutungen klarer gemacht, sie aber gleichzeitig auch zunichte gemacht werden. Beispielsweise hatte es wohl seinen Sinn, dass der Drachenlanze-Charakter "Sturm" im Englischen nicht "Storm" hieß, sondern eben tatsächlich "Sturm". Aber da fast alle anderen Namen eingedeutscht wurden, fällt das dem Leser natürlich nicht oder erst spät auf.

Ein Problem sehe ich auch bei so Namen wie "River" oder "Hope", die im Englischen ja recht gängig sind als Vornamen, aber als "Fluss" oder "Hoffnungen" doch eher seltsam klingen würden.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Kisara am 19. März 2012, 16:23:45
Also grade, was die Neuauflagen von Blanvalet angeht bezüglich "Das Lied von Feuer und Eis" stimme ich jedem zu, dem sich die Nägel zu Knäulen rollen, wenn es um "Casterly Stein" geht. Das ist nicht nur komplett sinnlos, den halben Namen zu übersetzen, es ist auch eine der schlechtesten Übersetzungen, die ich je gelesen habe.

ZitatGegen das Eindeutschen von Bezeichnungen, wie bei den Elben, habe ich aber nichts.
Gegen Tolkiens deutsche "Elben" habe ich deshalb nichts, weil er das selbst so wollte. Es ist bekannt, dass Tolkien sich mit dem Übersetzter zusammengetan hat, weil er a) sich von den "Alben" hat inspirieren lassen und b) sein Volk nicht mit den geflügelten, schimmernden Glitzerelfen in Verbindung gebracht haben wollte. Im Englischen hatte er dieses Problem nicht, im Deutschen dagegen schon. Dessen war er sich bewusst. Und wenn der Autor eine Übersetzung absegnet, dann ist das für mich eben einfach so und okay.

ZitatDas "Auenland" ist für mich so ein Beispiel. Ich bin froh, dass ich mit diesem Wort aufwachsen durfte. Ein Übersetzer hat ja immer auch die Aufgabe, Atmosphäre und Grundstimmung des Originals in die andere Sprache zu transportieren, und ich denke, dass es Fälle gibt, in denen das auch eine Eindeutschung verlangt
Hier stimme ich komplett zu. Das "Auenland" ist ein sehr schöner Begriff, aber er ist eben auch relativ alt und im allgemeinen Sprachgebrauch nicht zu finden - außer bei Leuten mit höherem Bildungsgrad oder zumindest fundierten Literaturkenntnissen, was auf die vermehrt auftretenden Kevins, Mustafas und Jessika-Aishes nicht zutrifft (und nein, das ist kein Rassismus, das ist eine Tatsachenbeschreibung). Von 200 Grundschülern weiß vllt. einer was eine "Aue" ist...
Wie auch immer, die Übersetzung ist stimmig, da alles übersetzt wurde und dabei der Ton gewahrt wurde. Wenn ich aber noch mal auf G.R.R.Martin zurückkommen darf: Ich finde es störend, erst etwas von John Schnee und dem Ritter der Blumen zu lesen, und dann über eine Vergewaltigung der deutschen Sprache und besonders des deutschen Schriftbildes zu stolpern, die mir "Casterly Stein" andrehen will. Ich meine, was soll das?! Das ist, als würde ich Goethe lesen und der mir plötzlich mit "Ey, Alter!" ankommt.
Ein weiteres - meiner Meinung nach schönes, aber auch sehr polarisierendes - Beispiel ist einer von Steven Erikons Charakteren. Die Dame ist eine Assassine mit Namen "Sorry". Im Deutschen heißt sie "Leida". Ich finde das Problem gut gelöst sofern solch einen Namen vernünftig übersetzen kann. Würde sie weiterhin "Sorry" heißen, gäbe das dem Roman einen seltsam neumodischen Anstrich, den ich für eine mittelalterliche Fantasy-Welt unpassend fände. (Im Allgemeinen ist die Übersetzung zur Malazan-Reihe gut gelungen!)

Ich möchte damit sagen, ich bin durchaus ein Freund von Eindeutschungen, sofern sie gut gemacht sind. Es gibt sinnvolle Übersetzungen, es gibt sehr schöne Begriffe die dabei auftauchen und es gibt Übersetzer, die ihren Job an den Nagel hängen sollten. Besonders fällt mir dabei ein Simpsons-Bespiel ein, in dem es um ein Baseball-Team geht...
Homer sagt im Deutschen:"Springfield Isotopen-Spielregeln!"  ???
Im Original aber sagt er: "Springfield isotopes rules!"
Diese Übersetzung allein zeigt, dass der Übersetzer a) keine Ahnung von der englischen Sprache und hat und sich b)nicht einmal 2Sekunden Zeit genommen hat, sich mit der Szene zu beschäftigen. Sonst wäre ihm aufgefallen, dass Homer mit einem Plakat in der Hand seine Mannschaft anfeuert und er hätte die Übersetzung wohl überdacht.

Das jetzt erstmal zur vorhergehenden Diskussion. Ich persönlich verstehe unter Eindeutschung auch die Rückübersetzung von Anglizismen - die neue deutsche Rechtschreibung möchte mit erklären, dass "Schangse" ein legitimes, deutsches Wort und komplett korrekt geschrieben ist. Eigentlich soll diese Ansammlung von Buchstaben "Chance" heißen.
"Und Thoriel riss das Schwert aus der Scheide, nutzte seine Schangse und trieb die Klinge bis zum Knauf in die Brust des Hexers." ->  :nöö:
Definitiv keine Schangse sowas von mir zu lesen. Aber auch keine Chance. Denn beides stört meines Empfindens nach den Lesefluss.
Deswegen, sowohl in dem was ich schreibe, als auch dem was ich lese, lege ich starken Wert darauf, dass der Ton erhalten bleibt.
Auch hier sind gute Eindeutschungen legitim und manchmal sogar eine Bereicherung, aber oft stören sie einfach nur.

Deswegen lese ich Bücher am liebsten im Original und schreibe, sofern es mir möglich ist entweder komplett auf "unangliziertem" Deutsch oder gleich auf Englisch - wobei ich auch da mittlerweile Schwierigkeiten habe einen Leibwächter als "Bodyguard" zu bezeichnen, denn für mich persönlich hat dieses Wort wieder einen sehr modernen Anstrich...

Also, sehr schwieriges Thema. :hmmm:
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Feuertraum am 19. März 2012, 17:48:38
Ich muss gestehen, dass ich eher ein Freund der deutschen Sprache bin, und wenn es sich vermeiden lässt, nutze ich kaum Anglizismen. Allerdings muss ich einräumen, dass es bei Namen schon ein wenig anders aussieht. Da wäre mir dann zumindest soviel künstlerische Freiheit sympathisch, wenn aus einem Jon Snow zum Beispiel ein Jon Weißschnee (wenn es denn unbedingt was mit Schnee zu tun haben muss) gemacht wird.
Ich sehe nur die Englischpuristen aufbegehren, die sich fragen, was sich der Übersetzer dabei gedacht hat.

Die Frage ist - und diese kann wohl eher Thaliope beantworten - in wie weit die Verlage, die die Lizenzen verkaufen, Einfluss auf die Übersetzung haben.
Jemand schrieb, das Tolkien das Wort "Elben" persönlich abgesegnet habe, und vielleicht ist es so, dass der Autor ein Vetorecht hat (irgendwann hatte ich mal aufgeschnappt, das Loona ein Herbert-Grönemeyer Song gecovert hat, doch dass sie das Video neu drehen mussten, weil Grönemeyer mit diesem Clip nicht einverstanden war).

Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Aphelion am 19. März 2012, 17:58:45
Zitat von: Judith am 19. März 2012, 16:13:43
Naja, das gilt jetzt vor allem für Literatur, die wirklich in irdischen Ländern angesiedelt ist. Aber bei Fantasy? Dort sind Namen ja nicht deshalb Englisch, weil man in der Fantasywelt englisch spricht, sondern deshalb, weil das einfach die Sprache ist, in der das Buch geschrieben wurde.
Eben. Und ein Autor verarbeitet immer auch Einflüsse; schreiben ohne Einfluss geht nicht. Auch deutschsprachige Autoren verwenden oft englische (oder allgemein anderssprachige) Namen. Was nun? Soll man das verbieten? Namen haben eine Bedeutung, einen Klang, einen historisch gewachsenen Kontext und sind nicht einfach austauschbar.

Bei Jeanne und Johanna beispielsweise geht es noch, weil man auch in der deutschen Variante die selbe Assoziation ziehen kann (zur Jeanne d'Arc z.B.). Wenn aus einer Alice aber eine Elisabeth gemacht wird, ist das zwar in gewisser Weise korrekt, aber mit dem Namen verbundene Geschichte(n) gehen damit verloren und/oder es werden neue, falsche Assoziationen geschaffen (z.B. Alice in Wonderland vs. Sissi).

Beim Lesen muss man sich dessen nicht bewusst sein, aber es passiert sehr viel unbewusst. Ich gehöre zu denjenigen, die sich bei ihren Namen etwas denken; wenn ich jemanden "Smith" und nicht "Schmidt" nenne, hat das seinen Grund.

Deshalb tragen auch in einem Fantasyroman die Namen in ihrer speziellen Sprache zum "Flair" bei, das schon angesprochen wurde. :)

Um noch einen anderen Punkt anzusprechen: Was ist mit "Mandy", um mal ein Klischee-Beispiel zu nehmen? Auch kein urdeutscher Name, aber in Deutschland gebräuchlich. "Harry" und "Henry" sind schon seit Jahrzehnten üblich. Muss es also ein Name sein, der x-tausend Mal in Deutschland vorkommt? Muss es ein Name sein, der vor 1829 (willkürlich ;) ) in Deutschland verwendet wurde? Wo zieht man *da* die Grenze?
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Thaliope am 19. März 2012, 18:35:59
Zitat von: Feuertraum am 19. März 2012, 17:48:38

Die Frage ist - und diese kann wohl eher Thaliope beantworten - in wie weit die Verlage, die die Lizenzen verkaufen, Einfluss auf die Übersetzung haben.

Ehrlich gesagt kann ich dazu gar nicht viel sagen ... Es scheint mir Verhandlungssache zu sein. Soweit ich weiß, hat Rowling sich ein sehr starkes Mitspracherecht auch in den andere Sprachen einräumen lassen. Es ist offenbar auch nicht unüblich, dass Übersetzer und Autor sich miteinander abstimmen. Hängt vielleicht auch vom Anspruch des jeweiligen Buchs ab, welcher Aufwand darum betrieben wird. Aber das sind Vermutungen meinerseits.

LG
Thali
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Luna am 19. März 2012, 19:07:23
Zitat von: Feuertraum am 19. März 2012, 17:48:38
Ich muss gestehen, dass ich eher ein Freund der deutschen Sprache bin, und wenn es sich vermeiden lässt, nutze ich kaum Anglizismen.
Ich bin auch kein Freund von Anglizismen. Aber es ist, finde ich, doch ein Unterschied, wenn jemand für deutsche Worte englische nimmt, weils cooler, ups sorry, ich meinte kühler ;D klingt oder jemand englische Namen ins Deutsche übersetzt.
Von Lateinizismen oder je nachdem auch Altgriechizismen bin ich übrigens auch kein Freund. Plusquamperfekt, Präterium, Partizip? Hä ??? Da gibts doch auch Deutsche Namen dafür. Ich gebe zu, das muss ich immer erst nachschlagen :versteck:. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Zitat von: Aphelion am 19. März 2012, 17:58:45
Bei Jeanne und Johanna beispielsweise geht es noch, weil man auch in der deutschen Variante die selbe Assoziation ziehen kann (zur Jeanne d'Arc z.B.). Wenn aus einer Alice aber eine Elisabeth gemacht wird, ist das zwar in gewisser Weise korrekt, aber mit dem Namen verbundene Geschichte(n) gehen damit verloren und/oder es werden neue, falsche Assoziationen geschaffen (z.B. Alice in Wonderland vs. Sissi).

Beim Lesen muss man sich dessen nicht bewusst sein, aber es passiert sehr viel unbewusst. Ich gehöre zu denjenigen, die sich bei ihren Namen etwas denken; wenn ich jemanden "Smith" und nicht "Schmidt" nenne, hat das seinen Grund.
Das wiederum ist auch ein gutes Argument gegen Eindeutschungen.
Ich bin nun etwas zwiegespalten. Heute Morgen war ich nur dagegen. 
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Nika am 19. März 2012, 19:10:07
Ich war schon soweit, voll und ganz gegen die Eindeutschung zu wettern, ganz besonders, aber nicht nur bei Eigennamen. Solche Eindeutschungen waren der Grund, wieso ich angefangen habe, englische Bücher nur noch auf Englisch zu lesen, nachdem ich zehn Minuten überlegt habe, wie ein Mann aussehen soll, der "Schultern wie ein Fußballspieler" haben sollte. Es hat tatsächlich lange gedauert, bis ich auf den "Footballspieler" kam.  ::)

Aber auf der anderen Seite gibt es auch gute Gründe für die Eindeutschung (zugegeben, mir fallen nicht viele ein, aber die zwei Gründe, die mich davon abhalten, eine Eindeutschung komplett zu verteufeln, möchte ich dennoch ansprechen:

1. Michel von Lönneberga: Ich weiß nicht, wie viele von euch es wissen, aber Michel heißt nur in Deutschland so. Gut, in diesem Fall lag es nicht daran, dass der schwedische Originalname/-titel so kompliziert gewesen wäre, aber er war schon sehr prominent belegt. Michel heißt im Original Emil, als das Buch in Deutschland erschien, gab es aber schon Emil und die Detektive. Man änderte also den Namen, um eine Verwechslung auszuschließen. Vielleicht ist das heute nicht mehr zeitgemäß, oder solche Verwechslungen kommen heute nicht mehr vor, aber je nachdem, in welcher Zeit ein Buch erschienen ist, kann ein ähnliches Verfahren vielleicht eine Erklärung für eine Namensänderung sein.

2. Ich hätte tatsächlich nie gedacht, dass mir das einmal passieren würde, wohl auch, weil die Verteilung Englischer Name = deutsches Wort seeeeehr gering ist, aber als ich Rachel Vincents "Soul Screamer"-Reihe angefangen habe, habe ich mich gefragt, wie mit dem Namen einer Figur im Deutschen umgegangen wird. Kurz zur Erklärung: In den Büchern geht es um eine Banshee, dadurch auch um einige Tote, "Sensenmänner", etc. Einer dieser "Sensenmänner" heißt im Englischen Tod. Ich bin mehr als einmal beim Lesen über den Namen gestolpert und fragte mich, wie das im deutschen Text aussehen würde, wenn sie vom Tod im Sinne von sterben und von Tod, der Person sprechen und zu welchen Verwechslungen das zwangsläufig führen muss. Die Reihe hat (glaube ich) im Oktober auf Deutsch angefangen. Der Name wurde zwar nicht eingedeutscht, aber (wie auch Hermione/Hermine) minimal verändert zu Todd. Auf diese Weise existiert in den deutschen Übersetzungen sogar ein gewisser Wortwitz, den die (meisten) englischsprachigen Leser gar nicht hatten.

Aber wie schon gesagt, das sind große Ausnahmen und fernab davon, die Regel zu sein.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Luna am 19. März 2012, 19:18:14
Zitat von: Nika am 19. März 2012, 19:10:07
Der Name wurde zwar nicht eingedeutscht, aber (wie auch Hermione/Hermine) minimal verändert zu Todd. Auf diese Weise existiert in den deutschen Übersetzungen sogar ein gewisser Wortwitz, den die (meisten) englischsprachigen Leser gar nicht hatten.
Andererseits können aber durch Eindeutschungen auch Wortspiele, Wortwitze verloren gehen. Ich musste gerade spontan an Count Count - Graf Zahl denken. Da kann ich es aber auch etwas nachvollziehen. Das Zielpublikum der Sesamstraße ist noch nicht so weit, das zu verstehen ;).
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Grey am 19. März 2012, 19:48:21
Zu Nikas Beispiel mit Tod fällt mir noch ein, dass im Death Gate Cycle von Weis und Hickman das Königspaar der Zwerge die Würdentitel "Vater and Muter[sic!]" tragen, was dann einfach mit "König und Königin" übersetzt wurde, weil es zufällig auch die Eltern der zwergischen Heldin waren - wohl auch wegen der Verwechslungsgefahr.

Eine kurze Anekdote zu falschen Übersetzungen fällt mir noch ein, wo ich gerade bei der Reihe bin: Irgendwo ist da von einem "Tanis Zehnuhrdreißig" die Rede, und mich hat das immer verwirrt. Ich musste erst die Drachenlanze-Bücher derselben Autoren lesen, wo es um Tanis, den Halbelfen geht, um zu kapieren, dass das wohl ein ziemlich vermurkster Übersetzungsfehler war. ;D
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Nirathina am 19. März 2012, 21:01:15
Zitat von: Grey am 19. März 2012, 19:48:21
Eine kurze Anekdote zu falschen Übersetzungen fällt mir noch ein, wo ich gerade bei der Reihe bin: Irgendwo ist da von einem "Tanis Zehnuhrdreißig" die Rede, und mich hat das immer verwirrt. Ich musste erst die Drachenlanze-Bücher derselben Autoren lesen, wo es um Tanis, den Halbelfen geht, um zu kapieren, dass das wohl ein ziemlich vermurkster Übersetzungsfehler war. ;D

Oh mein Gott, das ist ja der totale Schwachsinn  :rofl:

Ich frage mich ja, wo wir beim ungefähren Thema sind, wie es beispielsweise für den englischen Leser sein muss, die Übersetzung eines deutschen Buches in seine Sprache zu lesen.  :hmmm:
"Mr Müller-Lüdenscheid went to the cinema with Liselotte" ... äh, ja.
Würde man da aus einem Herrn Müller einen Mister Miller machen? Ich weiß es nicht, aber ich glaube es nicht. Kann man also davon ausgehen, dass das Eindeutschen vor allem hier sehr verbreitet ist? Vielleicht. Es würde zu meinem Eindruck von Recht, Ordnung und Bürokratie passen, den mir unser schönes Deutschland von Kindesbeinen an vermittelt  ;D

Aber nicht nur in Büchern geht es so zu  :no: In Games wird auch gerne zum Eindeutschen gegriffen. Beispiel: In Dragon Age: Origins sind die englischen Namen erhalten geblieben (Cousland, Redcliffe etc.), nur einige andere Bereiche (Drachengipfel, das Wache Meer) wurden eingedeutscht. Bei Skyrim hingegen war es sehr extrem. Da wurden aus Riverwood und Whiterun ganz einfach Flusswald und Weißlauf. Kann man sich dran gewöhnen. Nur wenn die Stadt Solitude plump zur Stadt Einsamkeit wird ("Euer Weg führt Euch nach Einsamkeit..." ja, wirklich episch) ...  :pfanne: Nicht gelungen.

In diesem Fall ist das Eindeutschen dann wieder eine echte Plage unserer Zeit.  ;D
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Sunflower am 19. März 2012, 21:07:24
@Nirathina: Das mit Skyrim ärgert mich auch ein wenig. Wenn sie schon die Namen ändern müssen, warum schaffen sie das dann nicht auf den zahlreichen Schildern, die überall im Wald herumstehen? Warum müssen die Schilder immer noch die englischen Namen haben?  :hmhm?:

Manche Übersetzungsfehler ärgern mich auch wie die Verwechslung von Augen mit Ohren (eyes - ears). Oder der Humor teilweise verloren geht. Aber dann denke ich mir, dass ich nicht so faul sein sollte und mich einfach an die Originalsprache machen sollte. Schließlich kann ich Englisch. Dann brauche ich zwar ein Wörterbuch und kann nicht mehr ganz so schnell lesen, aber der Ärger wäre weg ...
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Kati am 19. März 2012, 21:18:24
ZitatWürde man da aus einem Herrn Müller einen Mister Miller machen? Ich weiß es nicht, aber ich glaube es nicht. Kann man also davon ausgehen, dass das Eindeutschen vor allem hier sehr verbreitet ist?

Vielleicht bin ich einfach nicht informiert, aber ich habe noch kein deutsches Buch in englischer Übersetzung gesehen, dass auch wirklich in Deutschland spielt. Die spielen dann meist im spannenderen Ausland, aber selbst da werden die Namen nicht immer übernommen. In Kerstin Giers Rubinrot heißt die Heldin Gwendolyn, doch in der englischen Übersetzung heißt sie Gwyneth. Da frage ich mich echt: Warum? Gwendolyn ist ein englischer Name und das Buch spielt in London. Wieso nennt man sie Gwyneth?
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Nika am 19. März 2012, 21:24:14
Zitat von: Nirathina am 19. März 2012, 21:01:15
Aber nicht nur in Büchern geht es so zu  :no: In Games wird auch gerne zum Eindeutschen gegriffen.

Das mit Abstand schlimmste Beispiel für Eindeutschung (und auch Übersetzungsfehler) bei Computerspielen ist eindeutig Die Sims 2. Dort gibt es eine Nachbarschaft, die Veronaville heißt und in der viele Personen nach Figuren aus Shakespearestücken benannt wurden. Dort gibt es dann zum Beispiel Theobald (Tybalt), Victorio (Mercutio), Norbert (Oberon) und Piet (Puck). Ganz zu schweigen davon, dass irgendein Übersetzer dort dachte, es gäbe beim Militär den Rang "Allgemein". Da ist das Wort/der Rang "General" schon einmal eins zu eins zu übernehmen, und dann das.  ::)
Dragon Age habe ich schon direkt auf Englisch gespielt, aber ich fand auch die englischen Sprecher unschlagbar.


Zitat von: Kati am 19. März 2012, 21:18:24
Vielleicht bin ich einfach nicht informiert, aber ich habe noch kein deutsches Buch in englischer Übersetzung gesehen, dass auch wirklich in Deutschland spielt. Die spielen dann meist im spannenderen Ausland, aber selbst da werden die Namen nicht immer übernommen. In Kerstin Giers Rubinrot heißt die Heldin Gwendolyn, doch in der englischen Übersetzung heißt sie Gwyneth. Da frage ich mich echt: Warum? Gwendolyn ist ein englischer Name und das Buch spielt in London. Wieso nennt man sie Gwyneth?

Es gibt einige Kinderbücher, die übersetzt wurden. Ich weiß, dass Bastian in der "Unendlichen Geschichte" seinen Namen behalten hat. Auch Kästners Figuren haben ihre Namen (soweit ich das überschauen konnte) behalten.
Zu deinem Beispiel mit Gwendolyn/Gwyneth würde mir spontan einfallen, dass es ja ein sehr alter Name ist. Vielleicht gilt er im englischen Sprachraum schon als altmodisch?
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Maran am 19. März 2012, 21:25:34
Ich muß gerade an Lord Peter Wimsey denken. Glücklicherweise wurde dieser Name - soweit mir persönlich bekannt - nicht verdeutscht. So wird einigen englisch Ungebildeten zwar zumindest eine humoreske "Erklärung" entgehen, aber für die Ehrlichkeit und Tiefe des Charakters ist es nur von Vorteil. Diejenigen, die dieses Bücher kennen, werden vermutlich ahnen, auf was ich mich beziehe.  ;D

Anders sieht es mit Goscinnys und Uderzos Asterix-Charakteren aus, allen voran Panoramix (Miraculix). Ich glaube, dazu habe ich in diesem Forum schon einmal etwas geschrieben. Die Namen sind im Original bezeichnend für die Figuren, allerdings nicht unbedingt auf eine Art, daß Nicht-Franzosen dies verstehen können. So wurden die Namen eben mehr oder weniger gut / treffend in andere Sprachen übersetzt. Zumindest bei der Verdeutschung finde ich dies gelungen - zumal einige der Namen ganz schöne Zungenbrecher sind.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: chaosqueen am 20. März 2012, 11:03:53
Die Asterix-Übersetzungen fand ich auch immer sehr gelungen, die sind in meinen Augen ein Beispiel für gute Eindeutschungen. Genauso wie das Auenland, Legolas Grünblatt etc.

Bei Harry Potter gibt es Eindeutschungen, die zwar die Atmosphäre erhalten, nicht aber das Wortspiel (Diagon Alley wird zur Winkelgasse, damit ist die Diagonale aus dem Wortspiel raus, die Straße bekommt aber fast mehr Flair als im Englischen Original).

Ich lese Martin auf Englisch und werde mir wohl vorsichtshalber auch die Serie auf Englisch ansehen. Da gibt es leider haufenweise gruselige Übersetzungen.

Übrigens sind die Schweden ganz gut darin, alles in ihre Sprache zu übertragen. Donald Duck heißt Kalle Anka (anka bedeutet Ente), Garfield heißt Gustav und so weiter und so fort. Das Beispiel mit Michel/Emil kannte ich - ich hab mal einen schwedischen Emil kennengelernt, der ganz stolz erzählte, dass seine kleine Schwester Ida heißt. Ich guck so: ???, er sagt: "Emil från Lönneberga och hans syster!" Ich sag: "Ach, Du meinst Michel!" - daraufhin guckte er dann so: :o

Ich glaube, dass eine gute Übertragung einem Text nicht schadet. Wenn Namen aber wahllos und teilweise noch ohne nachzudenken (Zehnuhrdreißig ist echt der Knaller!) irgendwie eingedeutscht und dabei quasi vergewaltigt werden, finde ich es gruselig. Andererseits habe ich neulich ein Buch aus Island gelesen und trotz rudimentärer Kenntnisse der Ausspracheregeln bin ich immer bei den Namen aus dem Konzept gekommen, weil ich sie einfach nicht kannte und daher nicht aussprechen konnte.

Es gibt übrigens auch Beispiele für Bücher, die in der Übersetzung gewinnen: Die Frau in Weiß von Wilkie Collins ist im Englischen ganz nett, im Deutschen jedoch brillant - der Übersetzer ist Arno Schmidt, der wohl zu seiner Zeit nicht nur ein genialer Schriftsteller, sondern auch einer der besten Übersetzer fürs Englische war (und als der einzige gehandelt wurde, der Finnegan's Wake so ins Deutsche hätte übertragen können, dass es nicht all seine Wortspiele und Wortwitze verliert).

Für mich gilt: Maßvolle Übertragungen, wo sie sinnvoll sind und zur Stimmung eines Buches beitragen, aber keine gewaltsame Übersetzung. Extrembeispiel (allerdings wiederum gut gemacht) ist 1984, welches in der deutschen Übersetzung ja komplett von London nach Berlin verlegt wurde. In der Zeit, in der es übersetzt wurde, war das sicher eine gute Idee, heute frage ich mich, warum ich nicht einfach ein Buch lesen darf, das in London spielt und meinen Kopf benutze, um zu verstehen, dass London als Synonym für jede Stadt dieser Welt stehen kann.

In Fantasy-Settings finde ich die Anpassung von Ortsnamen okay, wenn sie gut ist. Wo genau die Grenze zu ziehen ist, kann ich aber auch nicht sagen, das passiert intuitiv und vermutlich auch bei jedem individuell.

Und Spiele ... Ich spiele seit gut fünf Jahren WoW. Für mich heißen die Städte Ironforge, Undercity und Stormwind, ich musste mich wirklich heftig daran gewöhnen, plötzlich von Eisenschmiede, Unterstadt und Sturmwind zu lesen. Das Redridge-Gebirge ist nun das Rotkammgebirge, was wiederum mehr Sinn macht als diese Englisch-deutsche Bezeichnung vom Anfang. Also eigentlich ist es positiv, dass alles nach und nach angeglichen wird, hier ist eher meine Gewohnheit das, was im Weg steht.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Ratzefatz am 08. November 2012, 21:42:38
ZitatCasterlystein ist wirklich ... schräg
Macht allerdings einen gewissen Sinn, da "Casterly Rock" früher einer Familie namens Casterly gehörte. "Lennister" dagegen ist einfach nur verwunderlich.

Ich persönlich finde auch, dass sich "Theon Graufreud" merkwürdig anhört, aber vermutlich klingt "Theon Greyjoy" für einen englischen Leser genauso eigenartig. Ebenso bei Harry Potter: "Todesser" mag für uns weniger bedrohlich klingen als "Death Eater", aber die englischen Leser müssen den Namen von Voldemorts Anhängerschaft auch eher witzig gefunden haben.

LG
Ratzefatz
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Pestillenzia am 09. November 2012, 05:16:44
Zitat von: Maran am 19. März 2012, 21:25:34
Ich muß gerade an Lord Peter Wimsey denken. Glücklicherweise wurde dieser Name - soweit mir persönlich bekannt - nicht verdeutscht. So wird einigen englisch Ungebildeten zwar zumindest eine humoreske "Erklärung" entgehen, aber für die Ehrlichkeit und Tiefe des Charakters ist es nur von Vorteil.

Ich muss zugeben, dass der von mir kursiv markierte Satzteil mich gerade ein wenig verärgert, weil er in meinen Augen - um es direkt zu sagen - ziemlich hochnäsig daherkommt. Ich habe mein Englisch-Abi mit 13 Punkten, also einer 1,3 gemacht und darf wohl davon ausgehen, dass ich - zumindest vor über 20 Jahren - die englische Sprache einigermaßen leidlich beherrscht habe. Trotzdem sagt mir das Wort "wimsey" nichts. Bin ich nun englisch ungebildet? Bin ich ungebildet, weil ich einige (oder auch viele) Wortwitze oder Anspielungen im englischen Original nicht verstehe?

Manchmal habe ich den Eindruck, dass vergessen wird, dass das Bildungsniveau hier im TiZi sehr hoch ist, dass dieses Niveau aber keineswegs dem Durchschnitt der Bevölkerung entspricht. Ich will hier gar nicht die Extreme beschwören und hier die Kluft zwischen Akademikern und den viel zitierten Kevins anführen. Englisch ist für uns alle zwar selbstverständlich, aber dennoch beherrscht sie der größte Teil doch nur in eher rudimentärem Umfang, egal ob Fremdsprachen nun schon im Kindergarten oder spätestens der Grundschule eingeführt werden oder nicht. Bei vielen reicht es weder, um (einfache) Liedtexte zu übersetzen noch um sich halbwegs zu verständigen.

Übersetzungen werden nicht für Gebildete gemacht, die kein Problem damit haben, englische/französische/koreanische Originale zu lesen sondern hautpsächlich für Ungebildete, die eben nicht in der Lage sind, Originaltexte zu verstehen (oder denen es zu mühsam ist und denen das Lesen dann einfach kein Vergnügen bereitet).

Dass manche Übersetzungen sich seltsam anhören oder manchmal aufgrund mangelnder Kenntnis des Übersetzers auch in die Hose gehen, daran besteht kein Zweifel. Eindeutschungen deshalb generell zu verteufeln liegt mir aber fern.

Zitat von: Ratzefatz am 08. November 2012, 21:42:38
Ich persönlich finde auch, dass sich "Theon Graufreud" merkwürdig anhört, aber vermutlich klingt "Theon Greyjoy" für einen englischen Leser genauso eigenartig.

Genau das habe ich mir auch oft gedacht. Wer kann wirklich berurteilen, wie sich manche Originalnamen in den Ohren eines Muttersprachlers anhören?
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Snöblumma am 09. November 2012, 10:51:19
Zitat von: Pestillenzia am 09. November 2012, 05:16:44
Genau das habe ich mir auch oft gedacht. Wer kann wirklich berurteilen, wie sich manche Originalnamen in den Ohren eines Muttersprachlers anhören?

Ich glaube, das ist bei Eindeutschungen ein wichtiger Punkt. Wenn im englischen Original Wortspiele entstehen, dann ist es Sinn und Zweck dieser Wortspiele in Namen, dass der Leser sie auch mitbekommt. Greyjoy mag für uns ungewöhnlich und gut klingen, für den englischen Muttersprachler ist es dagegen lediglich die Verbindung aus grey und joy - mit einer entsprechenden Bedeutung. Wieso nicht im Deutschen diesen Effekt ebenfalls nachahmen? Wenn die Übersetzung gut gemacht ist, habe ich dagegen nichts einzuwenden. Genauso mit all den anderen Beispielen, die hier gegeben wurden. Ironforge ist einfach Eisenschmiede, punkt aus. Nur weil wir es gewohnt sind, dass englische Namen englisch bleiben, muss das ja nicht unbedingt so sein.

Und Pestis Punkt, den Leser und seinen Verständnishorizont zu betonen, finde ich auch ganz wichtig. Ich spreche fließend englisch, habe kein Problem, mich auch in Fachkreisen zu bewegen - aber alle Wortspiele und Feinheiten werde ich im Leben nicht beherrschen. Ich bin einfach kein Muttersprachler, und jeder, der etwas anderes behauptet, überschätzt seine Fähigkeiten meiner Meinung nach gewaltig. Übersetzer und allgemein Anglisten verstehen mehr - aber wer eine Sprache nicht von Kindesbeinen an gelernt hat (und zwar in einer natürlichen Umgebung), wird niemals alle Feinheiten verstehen. Es hängt ja so viel mehr dran als nur die Bedeutung der Wörter alleine. Wenn eine Übersetzung also gut gemacht ist durch jemanden, der sich intensivst mit der Fremdsprache beschäftigt hat und nahezu alle Wortwitze, Andeutungen, kulturellen Feinheiten etc. in meine Sprache übertragen kann, finde ich das a) bewundernswert und b) einen Gewinn für mich. Weil ich dann eben diese Feinheiten auch mitbekommen werde. Dazu gehören dann eben auch Abwandlungen, wenn mir Redewendungen nichts sagen, wenn ich mit bestimmten Städten nichts anfangen kann, wenn manche Sitten mir unbekannt sind - der hier schon zitierte Arno Schmidt hat es meisterlich vorgemacht. Dass so etwas Geld kostet, ist klar, dass es daneben gehen kann, auch.

Klar ist es eine Umstellung, wenn nun in den neuen Übersetzungen von Song of Ice and Fire plötzlich Graufreud steht statt Greyjoy - aber auch nur, weil ich mit der alten Übersetzung angefangen habe. Wenn es von Anfang an Graufreud geheißen hätte, hätte ich das irgendwie sogar gut gefunden, glaube ich :D.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Ary am 09. November 2012, 12:23:44
Äh... GrauFREUD, nicht GrauFREUND! :)

Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Snöblumma am 09. November 2012, 12:38:05
Uuuups.  :-[ Ich gehe mal ausbessern. Umso besser für die Übersetzung :D.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Churke am 09. November 2012, 13:16:16
Zitat von: Pestillenzia am 09. November 2012, 05:16:44
Übersetzungen werden nicht für Gebildete gemacht, die kein Problem damit haben, englische/französische/koreanische Originale zu lesen sondern hautpsächlich für Ungebildete, die eben nicht in der Lage sind, Originaltexte zu verstehen (oder denen es zu mühsam ist und denen das Lesen dann einfach kein Vergnügen bereitet).

Aber muss man alles verstehen?
Wie viele Anspielungen sind in einem Text versteckt, die den meisten Lesern entgehen? Das ist wie die "Lenina Huxley" in "Demolition Man". Wer "Brave New World" gelesen hat, weiß Bescheid. Wer nicht, der hat eben Pech gehabt.  Ich finde es auch nicht schlimmt, wenn es eine zweite Ebene gibt. Das kann man auch als "Tiefgang" und "Anspruch" verkaufen.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Pestillenzia am 09. November 2012, 14:57:35
Zitat von: Churke am 09. November 2012, 13:16:16
Aber muss man alles verstehen?
Wie viele Anspielungen sind in einem Text versteckt, die den meisten Lesern entgehen?

Mit "verstehen" meinte ich nicht die Anspielungen, die in einem Text enthalten sein können, sondern das grundsätzliche Verstehen bzw. Beherrschen einer Fremdsprache. Wie gesagt: der Großteil der Bevölkerung ist nicht in der Lage, Bücher im Original zu lesen, weil es einfach an den entsprechenden Kenntnissen mangelt. Und genau für diese Leute sind in meinen Augen in erster Linie Übersetzungen gedacht. Und auch für Leute wie mich, denen es zu mühsam ist, Bücher im Original zu lesen, weil ihre Sprachkenntnisse eingerostet sind.
Manchmal kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass ich in den Augen mancher zu Lesern zweiter Klasse gehöre, weil ich nur die Übersetzungen lese.

(Wobei das Beherrschen einer Fremdsprache keine Frage der Intelligenz an sich ist. Eine Mitschülerin im Gymnasium war ein absolutes As in Mathe und Physik. 15 Punkte waren bei ihr die Regel, eine klassische Einser-Schülerin, die sich überhaupt nicht dafür anstrengen musste. Aber mit Englisch stand sie vollkommen auf dem Kriegsfuß. Ein Buch im Original zu lesen, wäre für sie der Horror.)
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Churke am 09. November 2012, 16:45:46
Johnny Gutaussehend ritt mit Billy das Kind nach Grabstein, um mit Doc Urlaub abzurechnen.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Pestillenzia am 09. November 2012, 18:39:27
Zitat von: Churke am 09. November 2012, 16:45:46
Johnny Gutaussehend ritt mit Billy das Kind nach Grabstein, um mit Doc Urlaub abzurechnen.

???
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Kati am 09. November 2012, 18:53:33
Churke: Das sind ja nun aber historisch belegte Eigennamen. Tombstone, Doc Holliday, Billy the Kid... das sind alles Namen, die Leute, die sich mit dem alten Westen auskennen, kennen. Würde man die eindeutschen, würde das selbst bei mir erstmal ein großes Fragezeichen hervorrufen, obwohl ich mich mit der Zeit mal sehr stark auseinandergesetzt habe. Es HAT auch ein großes Fragezeichen bei mir ausgelöst, als ich deinen Satz gelesen habe.

Da nun aber die Figuren aus Martins Büchern keine historisch belegten Persönlichkeiten sind, die niemand wiedererkennen soll oder muss, kann ich da schon leichter damit umgehen, dass sie eingedeutscht wurden. Gut finde ich das auch nicht, weil es ja irgendwo noch Eigennamen sind, die zur Atmosphäre oft stark beitragen, aber ich finde es mittlerweile in Ordnung. Können sie ruhig machen, müssten sie aber meiner Meinung nach nicht.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Luna am 09. November 2012, 19:19:35
Zitat von: Pestillenzia am 09. November 2012, 05:16:44
Manchmal habe ich den Eindruck, dass vergessen wird, dass das Bildungsniveau hier im TiZi sehr hoch ist, dass dieses Niveau aber keineswegs dem Durchschnitt der Bevölkerung entspricht. Ich will hier gar nicht die Extreme beschwören und hier die Kluft zwischen Akademikern und den viel zitierten Kevins anführen. Englisch ist für uns alle zwar selbstverständlich, aber dennoch beherrscht sie der größte Teil doch nur in eher rudimentärem Umfang, egal ob Fremdsprachen nun schon im Kindergarten oder spätestens der Grundschule eingeführt werden oder nicht. Bei vielen reicht es weder, um (einfache) Liedtexte zu übersetzen noch um sich halbwegs zu verständigen.

Übersetzungen werden nicht für Gebildete gemacht, die kein Problem damit haben, englische/französische/koreanische Originale zu lesen sondern hautpsächlich für Ungebildete, die eben nicht in der Lage sind, Originaltexte zu verstehen (oder denen es zu mühsam ist und denen das Lesen dann einfach kein Vergnügen bereitet).
Danke Pesti :knuddel:. Du hast mir da gerade aus der Seele gesprochen. Ich habe auch Englisch als Leistungsfach gehabt, war da zwar eher schlecht als recht. What shells ;D. Hat mir immer Spaß gemacht zu sprechen und nach über 20 Jahren ohne großartige Praxis ist mein Englisch auch leider sehr eingerostet. Wie gesagt, zum Bierbestellen und Überleben reichts meist noch, aber nicht, um hochphilosophische Konservationen zu führen. Verstehe die meisten Wortspiele auch nicht, bis auf Count Count, auf deutsch Graf Zahl ;D aus der Sesamstraße. Finde es nur leider immer schade, wenn Leute alles dann nochmal auf englisch übersetzen müssen, weil sie meinen, die meisten im Netz verstehen sie dann nicht. Und wer übersetzt für mich das ins Deutsche :brüll:? Ich meine, wenn mich mal irgendwas brennend interessiert, dass ich mir das übersetzen muss, dann krame ich meine eingerosteten Kenntnisse aus irgendwelchen Hirnwindungen hervor oder frage Leo oder ein urbanes Wörterlexikon im Netz oder ich frage herum.

Edit: Hat mich auf jeden Fall jede Menge Nerven und Mühe gekostet, endlich herauszufinden, was cold robbies aus dem Originaltext, der den Begriff Mary Sue  (http://www.fanhistory.com/wiki/Historical:A_Trekkie%27s_Tale_%28the_story%29)prägte, herauszufinden :brüll:. Ein Wortspiel. Cold Robbies sind wohl Kohlrabies, nach allem, was meine mühseligen Recherchen ergeben haben, aber noch nicht mal da bin ich mir so 100 % sicher. Hört sich auf jeden Fall gut an.
Kann man denn dann von anderen verlangen, bei brennendem Interesse, sich da auch um Recherche und Übersetzungen zu bemühen?
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Churke am 09. November 2012, 20:21:48
Zitat von: Kati am 09. November 2012, 18:53:33
Churke: Das sind ja nun aber historisch belegte Eigennamen.
Historisch belegt oder nicht ist nicht der Punkt. Es sind Namen. Sogar Spitznamen, bei denen man um so mehr argumentieren könnte, dass eine Übersetzung dem Leseverständnis zuträglich wäre.  :engel: Aber selbst wenn man diese Namen vorher noch gehört hat, ist Johnny Handsome ritt mit Billy The Kid nach Tombstone, um mit Doc Holiday abzurechnen auch atmosphärisch eine ganz andere Hausnummer als die Eindeutschung. Mein Beispiel ist ins Groteske überzogen, aber die Frage, ob etwas atmosphärisch past, stellt sich immer.

Bei vielen Übersetzungen kommt es auch zu Bedeutungsverschiebungen.
Zum Beispiel hat man bei BattleTech aus dem "Draconis Combine" das "Draconis Kombinat" gemacht. Kombinat klingt zugebenermaßen gut, ist aber was anderes als "Combine" und außerdem nach Duden falsch.
Oder in Catherine Asaros "Skolia"-Space Opera: Das "Eubian Concord" wird zur "Eubischen Harmonie". Das klingt lächerlich und ist höchstwahrscheinlich auch nicht gemeint.

Man kann schon eindeutschen (die gelungenen Beispiele spare ich jetzt mal), aber man muss sich das vorher genau überlegen.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Feuertraum am 10. November 2012, 09:47:42
Ich kann Pestilenzias Einwand zum Thema Bildung und Fremdsprachen sehr gut verstehen. Ich selber bin jemand, dessen Englisch gerade so eben ausreicht, um ein Verkaufsgespräch zu stammeln (und selbst da bitte ich den Kunden, dass er bewusst langsam spricht).
Als ich die Trilogie (damals noch wirklich Trilogie) "Per Anhalter durch die Galaxis" ausgelesen hatte (auf Deutsch), rümpfte ein ehemaliger Arbeitskollege die Nase und empfahl mir, die Reihe auf jeden Fall auf Englisch zu lesen, weil viele der Witze und Anspielungen nicht übersetzt werden können.
Ich erklärte, dass mein Englisch dafür nicht gut genug sei und bekam als lapidare Antwort "Dann müssen Sie es halt lernen!"

Der meiner Ansicht nach intelligenteste Weg ist jener, den "The Big Bang Theory" geht. Diese Serie ist so konzipiert, dass Menschen, die nicht so die Ahnung von Physik haben, über viele der Sprüche und Situationen lachen können und jene Zuschauer, die ein As in der Physik sind, noch ein kleines bisschen mehr, weil sie die Hintergründe verstehen. Dabei ist das ganze so geschickt miteinander verwoben, dass man als Physikwenigwissender keine Wut verspürt, weil man es nicht versteht - man bekommt es halt nur nicht mit.

Sehr mit dem Thema Eindeutschung setzt sich übrigend die band "Welle:Erdball" auseinander. Sie sehen sich als deutschsprachige Künstler (auch wenn sie auf der neuen Scheibe zwei englischsprachige Lieder gepackt haben, was mich sehr wundert) und sprechen deshalb auch Deutsch.
Darum heißt es bei ihnen nicht "Internet", sondern "Internetz"
Und ganz ehrlich: auch wenn es in unserer Zeit sehr gewöhnungsbedürftig klingt: irgendwo gefällt es mir.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Ratzefatz am 10. November 2012, 10:44:25
Da ich "Song of Ice and Fire" nur auf Englisch gelesen habe: Wie wurde denn zB gelöst (in "Storm of Swords", denke ich - das müsste dann der fünfte oder sechste deutsche Band sein), dass ein Mitglied der "Brotherhood Without Banners" einen gelben Mantel trägt und daher "Lemoncloak", kurz "Lem", heißt? Heißt der dann "Gelbmantel", kurz "Gelbi"? "Zitronenmantel", kurz "Zit"? Würde mich einfach interessieren.

LG
Ratzefatz
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Judith am 13. November 2012, 00:52:20
Der heißt in der Tat Zit Zitronenmantel (und zwar schon seit der alten Übersetzung).
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Ryadne am 13. November 2012, 19:41:37
So wurde das auch beim "Mitternachtszirkus" gemacht; da wurde dann aus Desther Tiny (also für "Destiny) Salvatore Schick. Fand diese Lösung an für sich gut, wobei ich es in diesem Fall glaube ich eher so gelassen hätte, da
1. die Bücher im englischen Sprachraum spielen und sowohl der Nachname "Schick", als auch, dass der Protagonist auf den versteckten Namenshinweis kommt, dann ein wenig seltsam erscheinen
und
2. das Wort "Destiny" ja schon relativ geläufig ist und da die Figur meist eh nur "Des" genannt wird; wenn da dann ein Kerl rumläuft, der mit Vornamen "Des" heißt und mit Nachnamen "Tiny" - naja, das ist schon ein deutlicher Hinweis.

Aber da nie explizit gesagt wird, dass die Reihe in Amerika oder Großbritannien spielt, ich es nur aufgrund der Namen und Stadtbeschreibungen stark vermute und die Reihe darüber hinaus ja eher für Jugendliche konzipiert ist, ist die Lösung in meinen Augen im Grunde schon in Ordnung.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Szazira am 15. November 2012, 19:59:18
Gerade bei Harry Potter fand ich die Übersetzungen schauderhaft. Es wurde kein Gedanke an die Lautmalerei und die Bedeutung verschwendet, sondern stumpf übersetzt. :brüll:

Während ich mit den Übersetzungen der Scheibenwelt tatsächlich leben kann und gut finde.

Wirklich schlimm finde ich es, wenn englische Titel mit englischen Titeln 'übersetzt' werden. Mir fällt im Moment nur die amerikanische Serie "No ordinary family" ein, die im deutschen "My superhero family" genannt wurde. Viel schlimmer geht es meines Erachtens nicht mehr  :wums:.

Ich finde nur sehr selten Übersetzungen, die sich gut anhören und von der Bedeutung her passen. Das Problem mit deutschen Übersetzungen, ist für mich, dass sie sich sehr schnell albern anhören. Ich habe gerade "Old Possum's Book of Practical Cats" (Übersetzung 1978) neben mir liegen und frage mich jedes mal, wenn ich das Buch aufschlage, wie zur Hölle ich von Macavity auf Bibistibos komme, oder was es bringt Rum Tum Tugger mit Rem Tem Trecker zu übersetzen, oder Bustopher Jones mit Schleckerjan.

Mir ziehts bei diesen Übersetzungen regelmäßig die Fußnägel hoch und ich frage mich WARUM?!

Vielleicht stehen die Übersetzer zu sehr unter Druck um wirklich gute Übersetzungen machen zu können, aber dann brauchen sich die Verlage :dollars: nicht wundern, warum die, die dessen mächtig und nicht auf Übersetzungen angewiesen sind, die Originale kaufen. :pfanne:
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Pestillenzia am 16. November 2012, 08:32:40
Zitat von: Szazira am 15. November 2012, 19:59:18
Vielleicht stehen die Übersetzer zu sehr unter Druck um wirklich gute Übersetzungen machen zu können

Vielleicht stehen sie aber auch vor dem großen Problem, einen Weg zu finden, einerseits dem Original gerecht zu werden, andererseits aber auch die lautmalerischen Anspielungen, die viele Deutsche eben nicht verstehen, weil sie die englischen Wörter, auf die sie sich beziehen, nicht kennen, auf deutsche Lautmalereien/Anspielungen zu übertragen.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Ary am 16. November 2012, 08:41:03
Manche Übersetzungen müssen aber wohl wirklich unter großen Zeitdruck erstellt werden, ich habe da mal was gelesen, ich weiß nur nicht mehr wo. Und demendtsprechend lieblos runtergeholzt liest sich das dann leider auch. Aber das ist wieder mal ein Auswuchs unserer überschnellen Welt.  :seufz:
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Pestillenzia am 16. November 2012, 12:39:02
Zitat von: Aryana am 16. November 2012, 08:41:03
Aber das ist wieder mal ein Auswuchs unserer überschnellen Welt.  :seufz:

Ja, leider. Zeit ist Geld...  >:(  Da bekommt eben der den Zuschlag, der am schnellsten liefert und gleichzeitig noch am wenigsten kostet. Ergebnis:  :nöö:
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Sonnenblumenfee am 17. November 2012, 01:20:56
Obwohl mein Englisch wirklich sehr gut ist (Auslandsjahr als ich zwölf war, Englisch-Leistungskurs) und ich ohne Probleme und auch sehr gerne englische Bücher in der Originalsprache lese, bilde ich mir nicht ein, alle Wortwitze und Anspielungen zu verstehen - im Englischen nicht, aber auch nicht im Deutschen. Und Wortwitze sind ja auch gerade deshalb so toll, weil sie versteckt sind und man vielleicht erst beim zweiten oder dritten Mal lesen (oder auch gar nicht von selbst sondern erst nach Hinweis) drauf kommt. Natürlich ist es schade, wenn diese Möglichkeit beim Lesen einer Übersetzung verloren geht, aber manchmal gibt es vielleicht keine adequate Übersetzung, bei der der Witz erhalten bleibt. Auch Lautmalerei ist nur begrenzt etwas, das bei allen Lesern gleich ankommt bzw. gleich stark ausgeprägt ist. Und wenn dann beides noch verbunden werden soll - da möchte ich kein Übersetzer sein. Letztlich steht für mich der Lesefluss des Ganzen und das verständnis im Vordergrund. Und da kann es sinnvoll sein einzudeutschen oder auch nicht, je nach Wichtigkeit der versteckten Bedeutungen oder Assoziationen und nach Atmospäre des ganzen Buchs.

Und natürlich ist das auch alles immer ein sehr persönlicher Eindruck. Ich fand zum Beispiel die Übersetzungen in Harry Potter sehr gelungen, mitunter sogar besser als das Original (was daran liegen mag, dass ich auf deutsch angefangen habe zu lesen, das weiß ich nicht) während andere die Übersetzungen anscheinend gar nicht gut finden. Die hier vielfach genannte Hermine finde ich zum Beispiel sehr gut: der Name ist noch so nah am Original, dass er ohne Probleme zu erkennen ist. Dabei bleibt der altmodische, etwas sperrige Klang für mich absolut erhalten. Und wenn ich als Kind Hermione gelesen hätte, wäre ich absolut überfordert gewesen (wobei viele Muttersprachler das auch sind), wohingegen Ron und Harry überhaupt kein Problem waren. Andererseits glaube ich auch nicht, dass ich als Kind Dumbledore richtig ausgesprochen hätte, meine mich zu erinnern, es tatsächlich einfach Buchstabe für Buchstabe gelesen zu haben, ohne dass ich das je als störend empfunden hätte. Vielleicht wäre es mit Hermione genauso gewesen, wer weiß.
Titel: Re: Eindeutschungen: Gräuslich oder sinnvoll?
Beitrag von: Maja am 17. November 2012, 04:22:46
Hermine ist eine Oma-Name, Hermione ein Amazonen-Name. Und ich mute den Lesern auch zu, Dumbledore auszusprechen, was für ein deutsches Kind ohne Englischkenntnisse ein arger Zungenbrecher ist. Und in der deutschen Fassung des ersten Harry Potters habe ich kein einziges Wortspiel wiederfinden können.

Natürlich sind Puns schwer zu übersetzen, aber es ist besser, der Übersetzer lässt einen unübersetzbaren Pun links liegen und baut dafür an anderer Stelle einen ein, der nur im Deutschen funktioniert, als dass der Leser anfangen muss, Stellen im Geiste ins Englische zurückzuübersetzen, damit sie einen Sinn ergeben. Das ist mir passiert mit der deutschen Fassung von "Charlie und die Schokoladenfabrik", da gab es "eckige Bonbons, die rund aussehen", was völliger Nonsense war. Die Bonbons hatten kleine Augen, mit denen sie sich umschauten - they looked round.

Aber ich bin ja auch ein gebranntes Kind. Nachdem ich für meine Diplomarbeit 32 deutsche Übersetzungen von "Alice im Wunderland" durchgearbeitet habe, glaube ich nicht mehr, dass Sprache übersetzbar ist, und lese nur noch Originale. Außer, wenn mich ein Buch wirklich interessiert und ich die Ursprungssprache gar nicht spreche.