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Eine Logikfrage...

Begonnen von Feuertraum, 31. Juli 2008, 17:48:48

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Feuertraum

...die allerdings nicht meine Schreiberei betrifft.
Ich hatte einen Satz gelesen, den zuerst als Logikfehler abgetan, aber mittlerweile bin ich mir nicht sicher (irgendwie schleicht bei mir ein: es könnte doch möglich sein herum)

Der Satz lautet: "Das Brot lag auf dem leeren Teller".

Unlogisch, weil der Teller ja nicht mehr leer ist, wenn das Brot drauf liegt.
Andererseits logisch, weil der Teller ja eigentlich leer ist; es ist ja nichts weiter drauf.

Oder wie oder was ?

:hmmm:

Grübelnde Grüße

Feuertraum
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Tintenfalke

Logikfehler meiner Meinung nach. Deutlicher und richtiger wäre: Das Brot lag auf dem ansonsten leeren Teller. Hört sich aber trotzdem umständlich an.

Churke


Hr. Kürbis

Zitat von: Churke am 31. Juli 2008, 18:43:48
Das ist eine Metapher.

Und für was? Ein karges Mahl? Armut?
Ein leerer Teller, auf dem etwas liegt, macht noch keine Metapher, es sei denn, Churke, du weißt mehr als wir  ...
Ohne Kontext ist es für mich ein Logikfehler, was ich aber nicht glaube, da viel zu offensichtlich. Sicher hat er eine Bedeutung.

Churke

Nur Brot. Sonst nichts.
Ob damit jetzt ein karges Mahl oder Armut oder möglicherweise ein beendetes Menü (dann ist der Teller nämlich auch leer  :psssst: ) gemeint ist, wird sich aus dem Zusammenhang ergeben.

Jedenfalls gehe ich davon aus, dass es kein Fehler ist, sondern ein Stilmittel.

Skandra

Zitat von: Stefan am 31. Juli 2008, 18:57:29

Ein leerer Teller, auf dem etwas liegt, macht noch keine Metapher, es sei denn, Churke, du weißt mehr als wir  ...


Ein Teller, auf dem etwas liegt, ist nicht leer. Auch, wenn das Mahl beendet ist, wird es keine Metapher.

@Feuertraum: Vielleicht erläutern Sie uns den Zusammenhang? Wäre schon spannend zu wissen, ob es sich um einen Fehler oder gewolltes Stilmittel handelt.

Liebe Grüße
Skandra

Silvia

Wie wärs mit:
Außer Brot lag nichts auf dem Teller.
:)

Feuertraum

Erstmal danke für all die Antworten.

Was den Zusammenhang angeht: Einer der Protas lebt mit seiner Mutter in einer Hütte. Sein ihm verhasster Vater ist in den Krieg gezogen. Er hofft, dass der Vater ihm Krieg gefallen ist. Seine Mutter hingegen hofft jeden Tag, dass er wiederkommt und deckt jeden Tag den Tisch für ihn mit.
Bei der Szene geht es darum, dass der Prota in einen Laib Brot beißen will, aber die Mutter entreißt es ihm und legt es auf den Teller, mit der Begründung, dass ER Hunger haben wird, wenn ER wiederkommt.
Mutter und Sohn löffeln Suppe, und Sohn "starrt auf das Brot auf dem leeren Teller".
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DarkDreamer

An sich würde ich das als Logikfehler ansehen, an dieser Stelle erscheint es mit aber durchaus beabsichtigt. Er darf es ja nicht essen und somit wäre es weitestehend gleichbedeutend mit einem leeren Teller. Einen Unterschied würde es ja nicht machen.

Tenryu

Das ist ein Logikfehler. Ich kann nur vermuten, daß der Verfasser uns wohl sagen wollte, daß der Teller unbenutzt, bzw. der Platz vor demselben leer sei.
Ein sprachlich gewandterer Autor würde vielleicht von einem "verwaisten Teller" sprechen.  ;)

Churke

In diesem Zusammenhang scheint mir keine Metapher gemeint zu sein.

Lord Zahnstocher

Also entweder der Teller dient auch als Sitzplatz, oder es ist ein Logikfehler.

Coppelia

Ich würde es auch sofort für einen Logikfehler halten. Wer kennt nicht die Frage "Warum kann man keine Flasche in einem leeren Sack zerschlagen?".

Ich glaube auch, dass der Autor wahrscheinlich den leeren Platz des Vaters meinte. Wenn es jetzt Latein wäre, würde ich vielleicht denken, es wäre eine Enallage. Aber die Stilfigur ist auf deutsch nicht üblich, und das ist wahrscheinlich auch besser so. Bei dieser Stilfigur wird ein Adjektiv zu einem Substantiv gestellt, zu dem es inhaltlich nicht gehört. Normalerweise steht das inhaltliche Bezugswort dann auch noch im Satz. Aber mal ehrlich, wenn sich ein Leser am Text stößt und der Autor drauf besteht, es sei eine tolle Stilfigur, liegt die Schuld meist nicht bei dem inkompetenten Leser. ;)

Lomax

Zitat von: Tenryu am 31. Juli 2008, 21:30:39"verwaisten Teller"
Oh Gott ...
Dazu fällt mir dann nur ein gern benutztes englisches Zitat ein: "Well, given the Alternatives ..."

Ich würde die Formulierung im Wesentlichen so interpretieren, wie hier schon gesagt: Ausgedrückt werden soll die "Unbenutztheit" des Tellers, und damit ist die Formulierung krumm. Andererseits: Sie zeichnet ein Bild, das trifft. Und das emotional "knallt". Dieses Brot ist verschwendet, ins Leere geworfen ... Solange ich also nur nüchtern-beschreibende Alternativen hätte, wie der "verwaiste Teller", deren einziger Vorteil wäre, dass sie möglicherweise zwei spitzfindige Leser zufriedenstellen, die gern genauer über den Hintersinn einer Formulierung nachdenken - dann würde ich diese Unlogelei, die sich ja nur bei näherem Nachdenken erschließt, möglicherweise in Kauf nehmen.
  Manchmal muss sich beim Schreiben halt entscheiden, ob man emotionalisieren will oder einen Logik-und-Formalia-einhalten-Fleißpreis gewinnen. Und ich muss zugeben, dass mir zu dem "leeren" Teller jetzt spontan nichts Besseres einfiele. Und Wirkung hat der Satz in dem Kontext, keine Frage. Da würde ich nicht auf was "Zweitbestes" ausweichen wollen.
  Also, unlogisch ja, aber trotzdem nicht unbedingt ein No-Go. Ein guter Anlass, nach einer Alternative zu suchen - aber die muss dann auch zumindest gleichwertig sein, nicht nur "korrekter". Denn: Ein Stilmittel erkennt man nicht daran, dass es einen Namen hat. Es ist eine Abweichung von der Norm, die etwas ausdrückt; wohingegen ein Fehler eine zufällige Normabweichung ist.
Zitat von: Coppelia am 31. Juli 2008, 22:10:29..., wenn sich ein Leser am Text stößt und der Autor drauf besteht, es sei eine tolle Stilfigur, liegt die Schuld meist nicht bei dem inkompetenten Leser.
Ganz im Gegenteil - wenn sich nur ein Leser daran stört, liegt es mit ziemlicher Sicherheit beim Leser - vorausgesetzt, der Autor hat mehr als einen ;) Wenn sich viele Leser daran stören, dann beginnt der lange Weg vom Stilmittel über das missglückte Stilmittel bis hin zum hilflosen Versuch, einen Fehler nicht zugeben zu wollen :snicker:

Skandra

Hallo!

Ich würde nicht sagen, dass es sich hier um eine "Unlogelei" handelt, die sich nur bei näherem Nachdenken erschließt, weil es nämlich bereits auf den ersten Blick ganz eindeutig falsch ist. Ein Teller ist nur leer, wenn nichts draufliegt.
Hier haben wir es mit einem Oxymoron zu tun. "Dunkel war´s, der Mond schien helle... Drinnen saßen stehend Leute, schweigend ins Gespräch vertieft."

@Feuertraum: Danke für Ihre Mühen.

Liebe Grüße
Skandra