Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: Sarina am 28. November 2008, 18:43:42

Titel: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Sarina am 28. November 2008, 18:43:42
Da das Thema "Fantasy = Realitätsflucht" auch hier steht, hoffe ich, dass mein Thema hier auch rein passt. Wenn nicht, bitte ich einen Mod es an die richtige Stelle zu verschieben...

Ich habe gerade mit dem Buch von Isabel Allende "Mein erfundenes Land" begonnen. (Ich weiß, es ist nicht Fantasy) Gleich am Anfang, wo sie die Motivation für das Buch beschreibt, bin ich über einige Aussagen gestolpert und hatte Gänsehaut bekommen.

So schrieb sie, dass eine Lateinamerikanische Autorin mal sagte, dass sie sich schon als kleines Kind in ihrer Familie und Umgebung fremd gefühlt hätte und dass alle Schriftsteller wohl diese Erfahrung machten, weil diese dadurch verursachte Unruhe für diesen Beruf notwendig wäre. Am Ende des Absatzes schrieb Allende, dass sie kein Monstrum wäre, weil es andere wie sie gäbe. (Alles frei nacherzählt)

An dieser Stelle hörte ich mit Lesen auf und begann über diese Worte nachzudenken. Wie war das bei mir?
Gut, in der Familie habe ich mich als Kind geborgen gefühlt, doch ist es schon lange so, dass ich so einige Familienmitglieder nicht mehr verstehen kann. Mit Kindern/Jugendlichen meines Alters konnte ich nur mit wenigen etwas anfangen und hatte meist nur wenige Freunde. Als Teenager habe ich mich komplett anders gefühlt als die Gleichaltrigen. Partys, Alkohol, Zigaretten und Markenklamotten waren für mich nicht der Nabel der Welt. Ohne arrogant oder überheblich sein zu wollen, fühlte ich mich in vielen Dingen einfach Reifer (damit meine ich nicht überlegen, aber ich hatte das Gefühl einige Sachen einfach übersprungen zu haben -> bin auch stets für Älter gehalten worden).  Ich habe mich unter Volljährigen mit 14 Jahren schon wohler gefühlt, als unter Klassenkameraden. Auch schien es so, als wäre ich die Einzige in meiner Umgebung, die wirklich so viel gelesen hat, wie sie konnte und begann früh eigene Sachen zu schreiben. Insgesamt war also eine gewisse Distanz zu der Umwelt da. Daher bekam ich beim Lesen eine Gänsehaut.

Nun frage ich mich, wie geht es Euch? 
Findet ihr Euch auch wieder?
Oder denkt ihr, da hat sie schwachsinn geschrieben?
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Aithoriell am 28. November 2008, 19:31:44
Also, meine Ma hat so gar kein Verständnis für mein Fantasy-Faible. Sie hält die Geschichten für Kindermärchen und war vollkommen geschockt, als sie die Vorschau auf den "Herrn der Ringe" im Fernsehen sah. Das so "grauenvolle Gestalten" (sie meinte die Orks) gezeigt werden. Das sei doch ein Horrorfilm. Sie urteilt über Sachen die sie nicht kennt. Vorsichtig habe ich versucht, ihr klar zu machen, dass Fantasy auch nicht grundsätzlich was für Kinder ist. Das hatte alles keinen Wert, sie will mich einfach nicht verstehen - muss sie ja auch eigentlich gar nicht aber sie soll nicht immer selbst mit dem Thema anfangen und mir dann vorwerfen, ich lasse sie damit nicht in Ruhe. Als ich kleiner war, war sie aber gerade diejenige, die das Lesen bei mir gefördert hat. Auch Filme wie "Das letzte Einhorn" hat sie für mich aus der Videothek angeschleppt. Ich sage nur "die Geister, die sie rief"!.
Ich denke, bei Autoren kommt es auch darauf an, welches Genre sie bevorzugen. Das man Markenklamotten nicht wichtig findet oder Jungs auch als Kumpel sieht (so war das bei mir der Fall), sich nichts aus Kneipen und Discos macht, hat einfach damit zu tun, dass man einen sehr eigenständigen und unabhängigen Charakter hat. Damit wird man nicht unbedingt zum guten oder überhaupt zum Autor.
Ich jedenfalls fühle mich in meiner Welt nicht fremd. Im Gegenteil: Ich gehe mit strahlenden Augen durch die Welt und freue mich, immer wieder etwas neues zu lernen.
Isabel Allende ist ja nun durch ihre Geschichte auch ein besonderer Fall. In ihrer Welt hätte ich mich auch nicht wohl gefühlt.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Schreiberling am 28. November 2008, 20:32:09
Zitat von: Sarina am 28. November 2008, 18:43:42
Mit Kindern/Jugendlichen meines Alters konnte ich nur mit wenigen etwas anfangen und hatte meist nur wenige Freunde. Als Teenager habe ich mich komplett anders gefühlt als die Gleichaltrigen. Partys, Alkohol, Zigaretten und Markenklamotten waren für mich nicht der Nabel der Welt. Ohne arrogant oder überheblich sein zu wollen, fühlte ich mich in vielen Dingen einfach Reifer (damit meine ich nicht überlegen, aber ich hatte das Gefühl einige Sachen einfach übersprungen zu haben -> bin auch stets für Älter gehalten worden).  Ich habe mich unter Volljährigen mit 14 Jahren schon wohler gefühlt, als unter Klassenkameraden. Auch schien es so, als wäre ich die Einzige in meiner Umgebung, die wirklich so viel gelesen hat, wie sie konnte und begann früh eigene Sachen zu schreiben.

Mir geht es da ähnlich wie dir, doch wenn ich in der Schule oder mit Freunden unterwegs bin, dann bemühe ich mich einfach, denn Teil von mir auszuschalten, der über andere Themen reden oder andere Dinge machen will. Bei meinen Freunden versuche ich einfach, an ihrer Welt teilzuhaben und sie zu verstehen.
Natürlich machen wir auch viele Dinge, die mir Spaß machen und ich erzähle auch viel von mir, aber Gesprächsthemen wie das Schreiben und Diskussionen über Themen die nichts mit Schule oder 'normalen' Hobbys zu tun haben, führen wir nicht. Manchmal denke ich, dass viele in meinem Jahrgang nicht über ernstere Sachen nachdenken wollen/können oder daran schlichtweg kein Interesse haben. Das ist für mich in Ordnung. Jeder soll leben, wie er glücklich sein kann und auch ich habe einen Weg gefunden, damit glücklich zu werden.

Klar gibt es auch einige Ausnahmen, die ähnlich denken. Eine sehr gute Freundin von mir ist mir da teilweise nicht sehr unähnlich und mit ihr rede/diskutiere ich auch über Themen, über die ich sonst nur mit Älteren rede. Es gibt also auch andere, die genauso denken und nicht schreiben.
Ich fühle mich nicht weltfremd, denn ich habe mein Umfeld gefunden, indem ich mich wohlfühle.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Fynja am 29. November 2008, 00:01:59
Zitat von: Schreiberling am 28. November 2008, 20:32:09
Ich fühle mich nicht weltfremd, denn ich habe mein Umfeld gefunden, indem ich mich wohlfühle.

Dem kann ich nur zustimmen.

Bin ich allerdings in einem Umfeld, in dem ich mich nicht wohl fühle, geht es mir ähnlich wie dir, Sarina. Als Beispiel nehme ich mal meine werten Klassenkameraden- die meisten sind ganz okay, ich verstehe mich recht gut mit ihnen. Allerdings habe ich komplett andere Interessen als sie. Während sie über typische Jugendthemen reden wie die neuesten Trends, die besten Popgruppen oder die am längsten haltende Wimperntusche, habe ich für Themen wie diese nichts übrig und empfinde ihre Gespräche als oberflächlich. Ueberhaupt hatte ich schon immer eine Abneigung gegen den Mainstream- ich wollte anders sein als diese öde graue Masse. Mit einem Leben, dass sich nur darum dreht, zu den Coolsten der Coolen zu gehören und den Ruf als die Partyqueen schlechthin zu ergattern, kann ich nicht viel anfangen.
Von meiner Familie habe ich mich noch nie verstanden gefühlt, aber das liegt wohl nicht unbedingt an meinem "Autorendasein" oder dem Willen, anders zu sein...
Allerdings habe ich das Glück, die richtigen Leute kennengelernt zu haben. Sie schreiben zwar nicht selber, lesen aber viel im Fantasygenre und, was wohl nicht so selbstverständlich ist, ich kann ihnen von meinen Texten und Ideen erzählen und mit ihnen darüber diskutieren. Sie denken ähnlich wie ich und unter ihnen fühle ich mich richtig, richtig wohl, weil diese Leute alles andere als 0815-Teenager sind.
"Diese Leute" sind übrigens erst mal mein Leichtathletikverein, von denen erstaunlich viele meine Interessen teilen, und meine "Clique" (was wieder so ein typisch jugendlicher Begriff ist, den ich eigentlich nicht mag.), die sich im Laufe der Schuljahre "gefunden" hat. Bevor ich sie kennen gelernt habe, hatte ich zwar genügend Freunde, unter denen ich mich zwar immer irgendwie... anders gefühlt habe, irgendwie fremd. Damals war ich mit meinen Gefühlen und Gedanken lieber allein, als sie mit jemandem zu teilen. Das ist bei meinen anderen Freunden nicht so, ich fühle mich verstanden und habe das Gefühl, endlich Gleichgesinnte gefunden zu haben.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich denke, vielen Schreibenden geht es so wie von Sarina beschrieben, aber die, denen es so geht, sind nicht unbedingt Schreibende. ;)
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Aarous am 29. November 2008, 00:23:33
Zitat von: Kiara am 29. November 2008, 00:01:59
Dem kann ich nur zustimmen.
Dito, ich komme mit den meisten gut aus, ohne z.B. mich mit ihnen über meine Plotideen zu unterhalten, aber ich habe zum Glück auch einige gute Freunde, zu denen ich damit gehen kann und mit denen ich mich auch sonst super verstehe. Man könnte auch sagen, ich habe nichts mit den typischen Interesse von Jugendlichen in meinem Alter am Hut und geselle mich stattdessen lieber mit den wenigen, mit denen ich mich wirklich gut verstehe. Klasse statt Masse ;D
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Sarina am 29. November 2008, 01:31:01
Ich meinte auch nicht, dass man nicht mit den anderen Auskommt.  ;)
Auch habe ich ein paar wenige Freunde, mit denen man ernste Gespräche führen kann. Aber nichts desto trotz fühl ich mich anders, als die anderen. Ich komme mit ihnen klar, ich kann mich mit ihnen unterhalten, aber ich merke, dass ich nicht eine von ihnen bin. Ich bin nicht so oberflächig, wie die meisten denen ich begegne (vielleicht liegt es auch eher an der Großstadt)
Das hat nichts mit Plotten oder so zu tun. Das ich schreibe weiß kaum einer, weil ich es niemanden auf die Nase binde.
Weltfremd ist mir da auch zu übergreifend gesagt. Damit verbinde ich Menschen, die fernab der Realität sind. Das bin ich nicht. Eher das man nicht völlig in seine Umwelt passt.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Aithoriell am 16. Januar 2009, 12:12:00
Kann es denn nicht sein, dass du glaubst, dich durch das subjektiv empfundene "anders sein als andere" durchaus bewusst von anderen abgrenzen willst, dir also einen eigenen, selbständigen und individuellen Charakter geben willst? Das ist ja grundsätzlich gut aber wenn du damit noch "hausieren" gehst, also jedem auf die Nase bindest, dass du anders bist, dann hast du dich eigentlich noch nicht richtig gefunden, was wiederum ein Zeichen für ein nicht ganz ausgeprägtes Selbstbewusstsein ist.
So ein Verhalten erlebe ich immer wieder bei sehr jungen Menschen. Ich kann das im übrigen auch deswegen sehr sicher sagen, weil ich früher selber sehr - hm - sagen wir mal "rebellisch" war und mein "anders sein" sehr gepflegt habe, nur damit es auch jeder mitbekommt. Inzwischen bin ich mir sicher, dass erstmal grundsätzlich jeder anders ist als der, der neben einem steht. Das hat eigentlich gar nichts mit Schreiben/Nichtschreiben oder Fantasy/Nichtfantasy zu tun, sondern vielmehr damit, dass wir alle (frei nach Monthy Python  ;D) Individuen sind. Es hat also auch keinen Sinn, eine Andersartigkeit zu pflegen. Man sollte sich einfach selbst sicher sein (selbst sicher = selbstsicher), dass man gar nicht anders sein kann als man ist. Womit wir auch schon dabei wären, dass man unauffälliger und bescheidener wird, sich selbst nicht mehr so wichtig nimmt und das auch anderen nicht ständig auf die Nase bindet, denn das macht eher einen schlechten Eindruck auf Andersdenkende, als das offensichtlich anders sein. Wenn man ständig allen erklären will, dass man anders ist und dann eine gähnend lange Erklärung folgen lässt, warum das so ist, dann ist es schlicht und ergreifend nervig. Man fühlt sich dann nicht fremd, sondern andere lassen einen schlicht und ergreifend links liegen, weil sie einen anstrengend finden.
Die äußere Wahrnehmung, dass man also die Umgebung anders wahrnimmt als andere, einen Wald im Winter beispielsweise in der Phantasie zu einem glitzernden, verwunschenen Elbenwald wird, das kann einem ja keiner nehmen.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Karnos am 17. Januar 2009, 16:27:41
Ich muss sagen, da ist ja eine wirkliche interessante Diskussion entstanden, zu der ich nun auch meinen Senf beitragen möchte.

Mit nun 21 Jahren gehöre ich irgendwie noch halb zu den Jungendlichen und halb zu den Erwachsenen. In gewisser Hinsicht erwartet man von mir "du bist keine 16 mehr, als benimm dich anständig" und anders wiederum "Junge, du bist keine 40, also bleib mal locker."

Ich bin jetzt seit gut 2 Jahren aus der Schule raus und muss sagen, dass ich mit den meisten gut bis sehr gut zu Recht gekommen bin. Das liegt daran, das ich ein Typ bin, der recht schnell neue "Freunde" finden kann, nur muss man sagen, dass die meisten dieser Freundschaften, wie oben schon mehrfach erwähnt wurde eher oberflächlich waren.

Dieses Getue um cie Coolen und nicht ganz so Coolen und totale Loser etc. hat mich immer schon genervt. Wenn ich jemanden nett finde und er mich auch, dann unterhalte ich mich mit ihm, auch wenn er im allgemeinen nicht als cool betrachtet wird.

Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, das einige Leute von den coolen Cliquen sehr nett und gar nicht so oberflächlich waren, wie man sie zunächst einschätzen würde. Das liegt wohl immer daran, wie intensiv man sich mit denen beschäftigt

Ich bin und war eigentlich immer schon ein verfechter des Individualismus. Der Mensch als Individum ist wirklich ein tolles Wesen, jedoch kann es passieren, dass er in Gruppen verkommt, sich fremdes Gedankengut aneignet und durch "stärke" Charaktere ins Abseits gedrängt wird. Das der Mensch trotz allem, das Bedürfnis nach Gesellschaft hat macht dieses Thema wohl zu einer philosophischen Fragestellung, die ich hier nicht weiter erörtern möchte.

Ob ich wirklich weltfremd bin kann ich selbst nur schwer sagen. In gewisser Hinsicht würde ich das sofort unterzeichnen: Denn ich finde - wie schon erwähnt, diese Oberflöchlichkeiten und Belanglosigketen, die die Menschheit ständig zu beschäftigen scheint lächerlich. Vergesst die dutzende Kriege, die parallel am laufen sind und passt lieber auf, das ihr Eure Lieblingsserie auf Pro7 nicht verpasst. Hinterher erfahrt ihr was über die nicht ganz so heile Welt, da sollte man doch lieber gucken ob Kelly es diese Woche nicht mit Pete treibt, der wiederum aber eine Affähre mit Rachel hat, die sich allerdings als seine Halbsschwester herausstellt... (Namen sind frei erfunden ;))
Trotdem muss man sich nicht ständig abgrenzen um den anderen zu zeigen, das man eben anders ist. Ich für meinen Teil gehe immer noch gerne in Kneipen und Discos, trinke mir den ein anderen anderen Humpem Bier (auch wenn ich keine Ziggaretten mag) und spiele hin und wieder Mal ein Computerspiel, wie es die "normalen Menschen" tun. So lange man es in Maßen tut, find ich das absolut in Ordnung.

Gruß,

Karnos

Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Junipera am 30. Januar 2009, 23:35:13
Hallo Sarina!

Das sich Fremd oder fehl am Platz fühlen kommt mir bekannt vor.   :hmmm:

In meiner Jugendzeit (so ca. ab 13) hatte ich total andere Interessen als die anderen Mädchen aus meiner Klasse.
Während sich die Mädels ihre Zimmer mit NKOTB-Postern Tapezierten und die neusten Nike Schuhe oder Diesel- Jeans haben mussten, hatte ich ganz andere Interessen.
Ich war (und bin) schon immer ein sehr Interessierter Mensch gewesen und hatte darum immer das Gefühl die Welt anders zu sehen.
Ich machte mir Gedanken über Umweltschutz und sogar Politische Konflikte in der Welt und Bilder über Hungernde Kinder ließen mich oft nicht schlafen.
Traurigerweise sind diese Themen auch Heutzutage immer noch aktuell und immer noch nicht gelöst.   :seufz:
Ich fühlte mich auch unter etwas älteren Leuten wohler und verstandener als unter Gleichaltrigen.


Heute bin ich 30 und bin mir manchmal immer noch nicht sicher am richtigen Platz zu sein.
Verstehe das nicht falsch, ich meine damit das mir immernoch Gleichaltrige Menschen begegnen denen die Farbe ihrer Schuhe mehr am Herzen liegt als andere (Wichtigere) Probleme.
Ich glaube das es etwas mit der inneren Einstellung und Reife zu tun hat.  :engel:

Du und auch andere brauchen sich deshalb nicht Fremd zu fühlen.
Wir sehen die Welt halt mit anderen Augen, Herzen, Gefühlen und Gedanken und das ist auch gut so!  :omn:


P.S. Ich habe bis Heute keinen Schuh- oder Taschentick und bin immer noch kein Poster-Fan einer Boy Band
Zum Glück nicht!  ;D

Liebe Grüße Juni
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Sarina am 31. Januar 2009, 12:12:41
Huch, habe gar nicht mitbekommen, dass es hier neue Beiträge gibt *ups*

Also der Reihe nach:

@Aithoriell :
Ich bin sehr sicher, dass ich es nicht nach außen gezeigt habe. Im Gegenteil, teilweise habe ich sogar darunter gelitten. Alles, was ich wollte, war es, dazu zugehören. Ich hatte immer von einem großen Freundeskreis geträumt. Doch dies sollte sich nicht erfüllen. In Kindertagen war das noch nicht das Thema. Es begann erst ab 12/13. Die Mädchen standen auf TT oder CITA oder später BB, ich stand nicht auf Boybands. Als die Partys begannen, haben die Alkohol ohne Ende getrunken. Ich machte mir nichts draus (mal ein Cocktail schon, aber ich stand nicht auf die Mengen die getrunken wurden). Alle rauchten und fühlten sich cool. Ich blieb Nichtraucher und wollte es nicht einmal probieren. Ich habe sie aber auch nicht verurteilt. Jedem das seine...
Dazu kam, dass es Extrem mit Markenklamotten losging. Die, die sie nicht trugen, wurden gemobbt oder sogar angegriffen. Mein Gerechtigkeitssinn hat dazu geführt, dass ich versuchte, die Schwächeren zu schützen. Um Anerkannt zu sein, hätte ich gegen meine Überzeugungen mitmachen müssen. Das konnte ich nicht.
Gesprächsthemen waren folgende: Boygroups, Mode, Alkohol, Partys, Zigaretten, One-Night-Stands. Da konnte ich einfach nicht mitreden.
Ich habe aber NIE gesagt: Oh ich bin sooo anders. Ich fühlte mich einfach so. Ich habe mich dann einfach rausgehalten (sofern sie nicht jemand mobbten und schlugen). Rebell war ich garantiert nicht. Ich wollte auch gar nicht anders sein.
Es war aber auch nicht schwer für die anderen, es mitzubekommen. Dazu war der Unterschied zu deutlich. Im Gegenteil, ich habe versucht, mich soweit es mir möglich war, einzugliedern. Hat nur nicht funktioniert.


@Karnos:
Ich bin auch in die Discos gegangen - aber eben immer mit älteren. Die haben mich verstanden und zu denen habe ich gehört - im Gegensatz zu den Gleichaltrigen. Ich liebe es auch ins Kino zu gehen - egal ab Action, Love, Fantasy oder Drama. So etwas meine ich nicht, wenn ich sage ich bin anders.

@Junipera:
Ich glaube wir ticken ähnlich  ;)
Geht mir genauso. wobei es inzwischen leichter ist, Leute auch in diesem Alter zu finden, mit denen man über ernsthafte Dinge sprechen kann.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Federkiel am 05. Februar 2009, 00:25:56
Aber muss man sich in seiner Umgebung nun fremdfühlen, um Autor zu sein? Ist eine innere Unruhe von Nöten, um Schreiben zu können?
Ich würde sagen, dass eine gewisse Art von Unruhe schon nötig ist. Unruhe im Sinne von einen Drang verspüren, etwas zu Papier zu bringen. Es muss ja irgendein Wunsch hinter der Tätigkeit stehen, die einen dazu bringt, anzufangen. Aber ich glaube nicht, dass diese Unruhe aus fremdfühlen resultieren muss. Es kann sicher ein Grund sein, aber eher einer aus vielen. Unruhe kann auch aus positiven Begebenheiten entstehen. Zum Beispiel während man sich für sein erstes Date hübsch macht oder während der Hochzeitsvorbereitungen (Letzteres nehme ich nur an. Da können Verheiratete vielleicht eher was zu sagen  ;) ) Auf jeden Fall können diese Arten von Unruhe sicher auch Antrieb dafür sein, Autor zu werden.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Grey am 05. Februar 2009, 09:13:07
@Federkiel
Das mit der Unruhe ist eine interessante Perspektive. Vor allem, weil ich gerade vor ein paar Tagen in der Zeitung ein Interview mit Peter Grünberg gelesen habe, der etwas Ähnliches gesagt hat. Ich kann das Zitat nicht mehr genau wiedergeben, aber er sagte sinngemäß, dass er ohne eine gewisse innere Unruhe keine Forschung betreiben könnte. Mit dieser Unruhe kommt eine unangenehme Unzufriedenheit, die man lösen möchte, und dann wird man produktiv.
Ich hab das da schon mit dem Schreiben verglichen und ihm vollkommen Recht geben müssen - bei mir ist es genau so. Seitdem wollte ich das Thema hier im Zirkel zur Sprache bringen. Dann hab ich es immer vergessen, und jetzt warst du schneller. Naja. Passiert. ;D
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Federkiel am 06. Februar 2009, 13:07:36
Ach, das habe ich ja gar nicht selber ausgebuddelt. Im Eröffnungspost von Sarina hat sie doch Isabelle Allende zitiert, die sagte, dass man zum Schreiben diese innere Unruhe braucht und dass diese vom Fremdfühlen käme.
Es ist auf jeden Fall ein interessantes Thema. Ich habe an mir selber auch beobachtet, dass eine Unruhe den Auslöser für viele Aktivitäten ausmacht, besonders beim Schreiben. Ich denke aber nicht, dass diese Unuhe nur vom Fremdfühlen entsteht.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Sarina am 13. Februar 2009, 12:21:46
Ich finde Eure Beiträge auch sehr interessant.

Vielleicht ist Fremdfühlen auch nicht die richtige Bezeichnung.

Vielleicht "Andersfühlen"?
Meine Geschichten fühle ich. Sie bestehen darauf, dass ich sie niederschreibe.

Oder kann jemand es besser erfassen?
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Amber am 20. März 2009, 19:09:04
Mir ist schon oft der Gedanke gekommen, dass ich wohl kein Genie sein kann, weil ich mitten meinem Leben zu sehr zufrieden bin   ;) Wenn ich mir da so Leute wie Franz Kafka oder William Faulkner anschaue.... es scheint schon eine Tendenz zu sein, dass viele grandiose Autoren unausgeglichene, deprimierte Zeitgenossen waren, die mit ihrer Umwelt in ständigem Konflikt standen. Oder ist das nur ein Künstlermythos und diese Leute haben sich nur so stilisiert bzw. wurden später so stilisiert? Ich weiß es nicht.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Jara am 20. März 2009, 20:03:46
ZitatWenn ich mir da so Leute wie Franz Kafka oder William Faulkner anschaue.... es scheint schon eine Tendenz zu sein, dass viele grandiose Autoren unausgeglichene, deprimierte Zeitgenossen waren, die mit ihrer Umwelt in ständigem Konflikt standen.

Dem würde ich so nur bedingt zustimmen.
Sicher kann ein gewisses Andersfühlen bzw. bestimmte Probleme und seien sie nun psychischer Natur
dazu führen eine besondere Sensibilität aufzubauen, die vielen Künstlern zu eigen ist.
Es kann quasi als Inspirationsquelle dienen.

Ich würde aber nicht sagen, dass alle Leute, die es in der Literatur zu etwas gebracht haben,
große Probleme mit ihrem Umfeld hatten.
Oder dass alle Schreiner und Metzger dieser Welt das Gefühl sich anders zu fühlen als der Rest nicht kennen. ;)

Ich möchte auch mal die Theorie in den Raum werfen, dass zu jedem bekannten Autor eine Biographie gehört.
Die hört sich mit ein paar Problemen mehr eben besser an :hmmm:.

Und zu Kafka: War sein Problem nicht vor allem sein dominanter Vater, der ihn den Rest seines Lebens beeinflusst
                       hat? Man könnte also sagen, dass sein Fremdfühlen fremdverschuldet war.
                       Ob er nun auch ohne ihn zum psychischen Wrack und (somit?) zum Autor geworden wäre,
                       steht in den Sternen.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Grey am 21. März 2009, 09:48:59
Also bei mir liegt der Konflikt viel weniger zwischen mir und meiner Umwelt, sondern zwischen mir und mir selbst. Ich bin mit mir selbst immer unzufrieden und verzweifle an meiner eigenen Unfähigkeit, während ich gleichzeitig weiß, dass ich dabei immer noch besser bin als viele andere. Mein Ego ist viel zu groß und viel zu klein gleichzeitig. Manchmal ruft das Probleme mit meiner Umwelt hervor - zum Beispiel, dass ich ein sehr schwieriger Typ bin, wenn es um Beziehungen geht. ::)

Allgemein sehe ich das aber so: Jeder Mensch ist anders. Nur manche sind halt etwas ausgeprägter anders. Ich mag viele dieser ausgeprägteren Andersartigen besonders gern, aber ich finde es eigentlich auch immer zwischendurch ganz angenehm, mich mit weniger Andersartigen zu umgeben. Und man ist ja nicht gezwungen, mit irgendwem engeren Kontakt zu haben. Das kann man sich ja zum Glück immer noch selbst aussuchen.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Willow am 21. März 2009, 10:51:30
Zitat von: Grey am 21. März 2009, 09:48:59
Allgemein sehe ich das aber so: Jeder Mensch ist anders. Nur manche sind halt etwas ausgeprägter anders. Ich mag viele dieser ausgeprägteren Andersartigen besonders gern, aber ich finde es eigentlich auch immer zwischendurch ganz angenehm, mich mit weniger Andersartigen zu umgeben. Und man ist ja nicht gezwungen, mit irgendwem engeren Kontakt zu haben. Das kann man sich ja zum Glück immer noch selbst aussuchen.

Ich denke auch, daß es da auf den jeweiligen Menschen ankommt und es keine Regel gibt, die man wirklich auf jemanden anwenden könnte, um seine Schreiberfolge von vornherein auszuschließen oder zu beschreien. Ich glaube, das wäre eine Katastrophe. Da würden bestimmt viele wunderbare Ideen unentdeckt verlorengehen, wenn jemand sagt: "Hm, ich bin aber nicht "verschroben", also wird das mit mir und dem Erfolg wohl nichts."

Jeder so wie es in seiner Macht steht und wie er sich wohlfühl. Phantasie ist ja glücklicherweise unerschöpflich, und so sind sicher auch die Wege, mit ihr im Leben umzugehen.

Liebe Grüße,
Willow
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Waffelkuchen am 21. März 2009, 10:58:32
Ich kenne dieses Gefühl, wenn man nicht so wirklich in seine Umgebung passt.
In meiner Klasse sind Parties das einzig wahre Thema und es gibt genug Jungen und genauso viele Mädchen, die jedes Wochenende unterwegs sind und sich die Birne zudröhnen. Das ist nicht übertrieben, es ist Fakt. Wenn man nur hört, wer schon wieder in die Ecke gekotzt hat...  ::)
Um dazuzugehören, sollte man auf diesen Parties sein. Bin ich nicht. Ich war noch nie wirklich dicht, nur angeschwipst. Ich hab noch nie geraucht. Ich habe kein Interesse daran, jedes Wochenende einem anderen die Zunge in den Hals zu stecken.
Bin ich also ein klassisches Außenseiter? Eigentlich nicht. Ich versteh mich mit den meisten von ihnen relativ gut und werd auch nicht gemobbt oder sonst was, aber ich habe kaum näheren Kontakt zu ihnen. Ich habe das Glück, zwei sehr gute Freunde zu haben, von denen eine auch schreibt, die mir sehr wichtig sind und von denen ich genau weiß, dass sie mich niemals hintergehen würden. Dazu noch ein paar Bekannte, mit denen man auch mal was unternehmen kann. Ins Kino gehen zum Beispiel, oder mal einen Kaffee trinken. Eigentlich bin ich zufrieden damit.  ;)

Nur eins weiß ich genau: Ich werde mich niemals anpassen, nur, um dazuzugehören. Ich hab es einmal gemacht, und das war der größte Fehler meines Lebens. Ich habe eine enge Freundschaft zu jemandem aufgebaut, mit ihr zusammen andere Menschen, die mir wichtig waren, verletzt; kurz, ich war so, wie ich nie sein wollte. Ich war kreuzunglücklich damit, aber ich hab es nicht komplett kapiert. Ich war nicht stark genug, mich von ihr zu lösen, weil es da auch eine Seite an ihr gab, die ich toll fand. Sie war mir wichtig und als es ihr schlecht ging, war ich immer für sie da.
Und dann hat sie mich fallen gelassen. Einfach so. Sie hat mir Dinge an den Kopf geworfen, mit denen sie mich mehr verletzt hat, als irgendein anderer Mensch das jemals geschafft hat. Wäre ich dann sauer gewoden und hätte sie gehasst, wäre vieles für mich einfacher gewesen. Aber so bin ich halt nicht. Ich war traurig und verletzt und zu allem Überfluss hab ich den Fehler auch noch bei mir gesucht. Gott sei Dank gab es aber keine Chance mehr, das Ganze zu kitten.
Hinterher stand ich dann da, verletzt und verzweifelt, und hatte alle Menschen, die mir wichtig waren, durch meine Anpassungssucht vergrault. Das war eine furchtbare Zeit, und es hat ewig gedauert, bis sich alles wieder normalisiert hatte.
Das war eine Lektion fürs Leben für mich. Ich habe mir geschworen, mich nie, nie, nie wieder zu verbiegen, um dazuzugehören.
Es gibt Menschen, die schätzen mich so, wie ich bin. Menschen, denen gegenüber ich einfach nur ich selbst sein kann, mit allen meinen Überzeugungen, Eigenarten und Fehlern. Das sind Freunde.
Mit allen anderen komme ich klar, aber mehr auch nicht.  ;)

Ob das nun direkt was mit dem Schreiben zu tun hat, weiß ich nicht. Es gibt sicher Leute, die so sind, ohne zu schreiben. Ob das jetzt bei Schreibern überproportional oft vorkommt, kann ich auch nicht beurteilen.

LG, Waffelkuchen
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Willow am 21. März 2009, 11:23:10
Zitat von: Waffelkuchen am 21. März 2009, 10:58:32
Um dazuzugehören, sollte man auf diesen Parties sein. Bin ich nicht. Ich war noch nie wirklich dicht, nur angeschwipst. Ich hab noch nie geraucht. Ich habe kein Interesse daran, jedes Wochenende einem anderen die Zunge in den Hals zu stecken. (...)

Nur eins weiß ich genau: Ich werde mich niemals anpassen, nur, um dazuzugehören. Ich hab es einmal gemacht, und das war der größte Fehler meines Lebens. (...)

Hallo Waffelkuchen,

das ist eine Erfahrung, die ich auch gemacht habe, sowohl das mit den Partys während der Schulzeit als auch einen Riesenfehler, nur um dazuzugehören. Letzteres war furchtbar, und verziehen habe ich es mir auch noch nicht wirklich, vor allem, weil ich heute nicht mehr nachvollziehen kann, wie um alles in der Welt ich das damals nur hab tun können (Es ist nicht so, als hätte ich jemandem geschadet, aber mir selbst). Aber ich glaube, genau das ist es eben, man muß gewisse Erfahrungen sammeln, um hoffentlich an ihnen zu wachsen und dieselben Fehler nicht noch mal zu tun. Aber diese Erkenntnis bzw. das Loslassen alter Schuldgefühle, kann sehr lange dauern, genau so wie sich so zu akzeptieren, wie man eben ist. Ich glaube, das ist während der Schulzeit/Jugend besonders schwierig, weil man da vermehrt oder sogar ununterbrochen mit Gleichaltrigen zusammen ist und praktisch jeden Tag mit der Nase auf all das gestoßen wird, was an einem selbst anders ist oder anders empfunden wird. Später ist es vielleicht leichter, wenn man mehr Zeit mit sich selbst verbringt als mit anderen, jedenfalls ging es mir so. Ich habe Jahre gebraucht, ehe ich nicht nur "heimlich" geschrieben habe und niemandem gesagt, wie wichtig mir das ist und daß die meisten meiner Gedanken jeden Tag um und in Geschichten kreisen und zu mir gehören wie ... keine Ahnung, die Augenfarbe oder sowas, denn in meinem Umkreis gab es niemandem, dem es ähnlich ging, und das war oft doch ziemlich einsam. 

LG
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Lila am 23. März 2009, 15:04:01
Zitat von: Sarina am 28. November 2008, 18:43:42Nun frage ich mich, wie geht es Euch? 
Findet ihr Euch auch wieder?
Oder denkt ihr, da hat sie schwachsinn geschrieben?

Nein, Sarina, ich denke überhaupt nicht, dass du hier Schwachsinn geschrieben hast! Ganz im Gegenteil kann ich mich in deinen Zeilen sogar beinahe zu 100% wiederfinden. In der Schule war ich immer der Sonderling. Ich war still, verschlossen, schüchtern, ängstlich und habe mich prinzipiell immer lieber mit mir selbst beschäftigt als mit den anderen Kindern. Ich habe damals sehr viel gemalt und gezeichnet und mir immer schon gerne Geschichten ausgedacht oder mit meiner Schwester spontane Theaterstücke improvisiert. Sobald ich schreiben konnte fing ich an Gedichte zu verfassen. Meinen Lehrern schien das wohl zu missfallen, denn meine Mutter musste sich nicht selten von ihnen anhören, dass sie es nicht gerne sähen, dass ich mich ständig allein zurückziehe und immer nur alleine vor mich hin träume.
Aber warum hätte ich mich mit Schulkameraden einlassen sollen, von denen ich ausgelacht und gehänselt wurde? Da waren mir meine Buntstifte und Zeichenblöcke doch lieber. Und im Verlauf meiner "Schulkarriere" habe ich mich nicht nur mit meinem Status abgefunden, ich habe mich sogar damit angefreundet und ihn in gewisser Weise auch kultiviert. Das meine ich jetzt nicht in dem Sinne, dass ich mich absichtlich von den anderen abgegrenzt habe. Ich war einfach so, wie ich bin. Warum sollte ich mich für andere verbiegen? Warum sollte ich rauchen oder Alkohol trinken, bloß weil alle anderen es tun, wenn ich Zigarettenqualm nicht ab kann und mir Bier und dergleichen einfach nicht schmeckt? Ich bin kein Mitläufer und ich gebe ehrlich zu, dass ich in dieser Beziehung ziemlich stolz auf mich bin, denn wenn man sich das in den Medien mal so ansieht gehört scheinbar eine ganze Menge Mumm und eine ordentliche Portion Selbstvertrauen dazu, sich dem Gruppenzwang zu widersetzen. :vibes:

Um mich auf deine Überschrift zu beziehen: "Fremdfühlen = Autor?"
Ich würde sagen, dass man das nicht so schlicht verallgemeinern kann. Im Ansatz ist da gewiss etwas sehr Wahres dran, darin besteht für mich kein Zweifel. Passender wäre vielleicht als Titel "Fremdfühlen = Künstler" gewesen, wobei ich auch diese Aussage nicht unbedingt unterschreiben würde. Denn nicht jeder, der sich irgendwie fremd fühlt ist gleich ein Autor oder Künstler. Andersherum kann man aber, denke ich, schon sagen, dass sehr viele Menschen sensibler Natur (und mit "sensibel" meine ich hier nicht etwa verweichlicht und überempfindlich, sondern vielmehr offen, empfindsam, einfühlsam und empfänglich für subtile Eindrücke und Schwingungen) einen besonderen Hang zu künstlerischen Tätigkeiten/Berufen haben. Und mit "künstlerischen Tätigkeiten/Berufen" kann ebenso das Schreiben, wie auch das Musizieren, Zeichnen, Bildhauern und so weiter gemeint sein.
Es ist unbestreitbar, dass eine gewisse Sensibilität dazugehört, sich mit Dingen künstlerisch auseinanderzusetzen, sei es in welcher Form auch immer. Ich denke jeder Künstler hat diese, wie ich es immer gern nenne, "Antennen". Schon scheinbare Kleinigkeiten, die andere überhaupt nicht wahrnehmen oder einfach ignorieren würden, weil sie ihnen völlig unwichtig oder gewöhnlich erscheinen, können bei sensiblen Menschen diese "Antennen" zum schwingen bringen. Und ich wage es jetzt einfach mal zu behaupten, dass in unserer heutigen schnelllebigen, schrillen, hektischen und lauten Gesellschaft gerade diese "Antennen" dazu führen, dass wir uns alle in gewisser Weise fremd fühlen. Wir weichen ab und gehen, im Gegensatz zu den meisten Leuten um uns herum, nicht konform mit "der Norm". Darin sehe ich absolut nichts Schlechtes oder Verwerfliches. Im Gegenteil. Ich fühle mich pudelwohl bei dem Gedanken, nicht so mitläuferisch, blind und abgestumpft zu sein wie die meisten um mich herum. :psssst:
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Rhiannon am 28. März 2009, 23:52:59
Ich würde das auch nicht so pauschal sagen. Aber ich würde sagen, dass viele Autoren ihre Enttäuschungen über das Unverstanden sein, in ihre Bücher einfließen lassen.
Daher kommt es oft wohl auch so rüber, als würden sie sich überall unverstanden und fremd fühlen.

Ich meine, ich habe zwar keinen riesigen Freundekreis, dazu bin ich viel zu sehr Quertreiberin, aber ich habe meine Freunde, die es akzeptieren, dass ich schreibe und denen ich blind vertrauen kann.

Bei mir liegt das Problem eher in der Familie. Ich kann machen, was ich will, ich kann es meiner Mutter nicht Recht machen. Denn ich bestehe darauf, dass ich mein eigenes Leben leben will. Meine Mutter dagegen, versucht mir vorzuschreiben, wie ich zu leben habe. Und das sind Vorstellungen, die sich mit meinen beißen. Sie versteht unter einem erfüllten Leben eine glänzende Karriere und viel Geld. Ich habe da ganz andere Prioritäten. Sie macht alles schlecht, was ich tue, hofft so, mich dazu zwingen zu können, nach ihren Vorstellungen zu leben.

Das fließt natürlich auch in meinen Geschichten ein. Je mehr ich mich mit ihr wegen sowas streite, desto tyrannischer werden meine Antas, desto mehr depri wird die ganze Geschichte. Aber so depri meine GEschichten auch sein mögen, so sehr es vielleicht aussehen mag, als hätte ich die ganze Welt satt, so ist dem nicht so, weil ich immer noch Menschen habe, die mich verstehen. Meinen Vater und meine Freunde. Aber deshalb enttäuscht es mich trotzdem, wenn meine Mutter mich die ganze Zeit runtermacht und ich nichts richtig machen kann und das muss auch irgendwo raus. Ich schätze einmal, dass die wenigsten Autoren wirklich ausgestoßene, depressive Persönlichkeiten sind, aber sehr viele haben Phasen in denen irgend etwas raus muss. Vielleich nehmen es sich, um es mit TasTäs Worten zu sagen, offene, empfindsame Menschen auch mehr zu Herzen, wenn sie so behandelt werden, weil sie es eher bemerken.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Coppelia am 29. März 2009, 07:09:14
10 Jahre später sehe ich meine Erfahrungen in der Schulzeit (die mich an einige von euren erinnern) etwas anders. Sie gehören zwar immer noch zu den schlimmsten meines Lebens, aber ich halte mich nicht mehr für schlau und überlegen, weil ich ein Außenseiter war und mich nicht "zum Mitläufer habe machen lassen". Es wäre so einfach gewesen, nicht gemobbt zu werden und keinen Schaden fürs Leben davonzutragen, zumindest einen Zustand zu erreichen, damit ich in Ruhe gelassen werde. Ich hätte zwar auch dann nie richtig "dazu" gehört, aber es war rückblickend ziemlich blöd von mir, dass ich mich extra nicht angepasst habe und dadurch die Konfrontation mit den anderen Mädchen in der Klasse verschärft hab.
Vor dieser schrecklichen Zeit war ich zwar auch immer kreativ, aber es wurde mehr als Bereicherung empfunden. Das ist inzwischen auch wieder so. Ich weiß, dass ich anders bin als der Rest der Welt, aber ich halte den Gedanken, man müsse so sein, um Autor zu sein, für gefährlich. Ohne diesen Gedanken und sein Kultivieren ginge es mir heute wahrscheinlich besser und ich hätte die schlimmste Zeit meines Lebens so nie durchgemacht.
Titel: Re: Fremdfühlen = Autor?
Beitrag von: Lomax am 29. März 2009, 16:32:48
Zitat von: Coppelia am 29. März 2009, 07:09:14Es wäre so einfach gewesen, nicht gemobbt zu werden und keinen Schaden fürs Leben davonzutragen, zumindest einen Zustand zu erreichen, damit ich in Ruhe gelassen werde. Ich hätte zwar auch dann nie richtig "dazu" gehört, aber es war rückblickend ziemlich blöd von mir, dass ich mich extra nicht angepasst habe und dadurch die Konfrontation mit den anderen Mädchen in der Klasse verschärft hab.
Ich denke mal, solche Gedanken führen in die Irre. Man ist, wie man ist, und kann nicht einfach umschalten. Vielleicht hättest du dir manche Konflikte ersparen können, hättest du nicht "aggressiv" deine Rolle angenommen und auf Konfrontation geschaltet - andererseits halte ich es für wahrscheinlich, dass man, wenn man in so einer Rolle steckt, auch gescheitert wäre, wenn man versucht hätte, etwas anderes zu sein - was dann wieder eigenes Frustpotenzial geschaffen hätte.
  Und selbst wenn es dann objektiv besser gewesen wäre, als es war - subjektiv hätte es für dich wohl keinen Unterschied gemacht, weil du den Vergleich ja nicht hättest. Ich gehe mal davon aus, ein betontes "Anderssein" ist dann auch nur eine Schutzreaktion auf vorangegangene Verletzungen - und ich kenne genug Beispiele von Leuten, die darauf verzichtet hatten und dann erst recht geschlachtet worden sind bei dem Versuch, sich zu fügen.
  Im Rückblick sieht manches leichter aus, als es war. Und wenn es darum geht, ob ein Autor sich "fremd fühlen" muss, hätte der Versuch, sich besser anzupassen, daran auch nichts geändert: Denn fremd gefühlt und damit das Klischee bestätigt hättest du dich ja trotzdem ;)