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Komma vor "und" zwischen Hauptsätzen altmodisch?

Begonnen von Pestillenzia, 09. September 2013, 08:27:47

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Pestillenzia

Danke für eure vielen Meinungen und Erfahrungen. Für mich sind diese Kommata in erster Linie auch Rhythmus- und Verständnishilfen, und ich bin erleichtert, dass ich damit nicht alleine dastehe. Ich bin nämlich gerade wieder massiv verunsichert. Die Ü-50-Begründung fand ich schon sehr seltsam.

Wie seht ihr das denn in Sachen Einheitlichkeit? Wenn ich einmal ein solches Komma setze, sollte/muss ich es dann immer setzen oder könnte ich darauf verzichten, wenn die beiden Hauptsätze auch ohne Komma keine Irritationen auslösen? Bisher habe die Kommata immer gesetzt, weil ich befürchte, der Leser könnte sonst den Eindruck gewinnen, dass die Kommasetzung bei mir nach dem Würfelprinzip abläuft.

Edit: Malinche, du hast meine Gedanken gelesen. :)





Malinche

Zitat von: Pestilenzia am 09. September 2013, 10:47:43
Edit: Malinche, du hast meine Gedanken gelesen. :)

*lacht diabolisch und packt die polierte Kristallkugel wieder weg* Es macht immer wieder Freude ...
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Nycra

Also ich würde sie aus Einheitlichkeitsgründen dann immer setzen, aber ich handhabe es auch nicht wie Malinche oder Grey, dass ich hier mit den Betonungen spiele.

Zitat von: Malinche am 09. September 2013, 10:41:58Ich dachte immer, das sei so eine Alte/Neue Rechtschreibung-Sache, und (seht ihr, Komma gesetzt!) dass es nach der neuen Rechtschreibung jetzt freisteht, ob man diese Kommata setzen darf? Ich bin mir aber gerade nicht absolut sicher.
Ist es doch auch. Ich sagte ja, es ist ein Kann-Komma, dass ich verwende, weil es m.E. keinen Sinn macht, es wegzulassen. Früher war es aber tatsächlich Pflicht.

@Sprotte: Das Satzbeispiel war vermutlich zu kurz, ich habe es auch nicht falsch gelesen.  ;)
Trotzdem finde ich das Komma wichtig, denn wie gesagt, gerade beim Vorlesen von längeren Texten stolpert man hier gerne mal im Lesefluss.

Christopher

Einheitlichkeit würde den Kommata den Sinn nehmen. Der Sinn ist es, den Lesefluss an einer Stelle in bestimmter Art und Weise zu beeinflussen. Gerade die Nichteinhaltung/Inkonsequenz macht die Kommata zu etwas besonderem auf das man als Leser achten sollte.

Natürlich gibt es immer solche und solche. Die einen sagen, du bist zu doof die Regeln konsequent zu beachten, die anderen sagen es ist ganz große Kunst wie du deine Kommata setzt und den Lesefluss beeinflusst.

Bei einem Gedicht würde niemand über so etwas meckern/nachdenken. Da wird automatisch der künstlerische Wert einer solchen Freizügigkeit angenommen/untersucht. Warum sollte das bei Fließtexten anders sein? Ich empfinde das als beleidigend und nutze daher meine Kommata (im Rahmen der Regeln) wie ich es für sinnvoll halte und wie es den Text verbessert.
Be brave, dont tryhard.

Sprotte

Wenn ich mich für einen Weg entscheide, halte ich den beim Schreiben auch konsequent ein. Kommata vor und zwischen zwei Hauptsätzen, Kommata vor dem erweiterten Infinitiv mit zu.
Das "mal so mal so" kann, denke ich, sehr leicht nicht als Kunst, sondern als Unvermögen gewertet werden - egal was die Absicht dahinter ist.

Thaliope

In der Praxis wird durchaus mit Vereinheitlichung gearbeitet, wahrscheinlich um Diskussionen etc. zu vermeiden.

Dass es als Unvermögen gilt, wenn man es nicht einheitlich handhabt, halte ich allerdings für unwahrscheinlich, schließlich heißt es in den Regeln, dass das Komma gesetzt werden kann, um die Satzstruktur zu verdeutlichen. Das deutet in meinen Augen doch stark darauf hin, dass die Absicht des Verwenders über den Einsatz entscheidet.

Aber wie gesagt, in der Praxis ist mir bisher auch immer eher die Vereinheitlichung begegnet.


Sven

Zitat von: Thaliope am 09. September 2013, 13:19:17
Aber wie gesagt, in der Praxis ist mir bisher auch immer eher die Vereinheitlichung begegnet.

Und in der Schule vor allem!
Beste Grüße,
Sven

Zit

Wie letztens schon anderswo erwähnt, erschließt sich mir der Sinn eines Kommas vor einem Und nicht. Für mich ist das Und das verbindende Glied zwischen zwei Hauptsätzen, warum sollte ich sie also wieder optisch trennen? Blödsinn. Wenn ich zwei Hauptsätze zusammenfügen möchte, sie aber des Verständnisses wegen voneinander abgrenzen will, setze ich kein Und.
Was ich allerdings verstehe, ist ein Gedankenstrich vor einem Und. "Tom schlug Marlies -- und Frank fand das nicht gut." Hat allerdings eine andere Bedeutung und Schwere als sein aufrechter Bruder.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Thaliope

#23
@Zit: Wenn zum beispiel der erste Satz mit einem Substandtiv endet und der zweite mit einem dazu kongruenten Substantiv anfängt, kann man mithilfe des Kommas leichter auf Anhieb erkennen, ob es sich um eine Aufzählung oder um einen neuen Satz handelt. Insofern sehe ich schon einen Sinn darin. Und insofern macht es auch Sinn, dass man das Komma nach der NR weglassen kann, wenn eine solche Verwechslungsgefahr nicht besteht. Wahrscheinlich wird da die Vereinheitlichung benutzt, damit nicht jeder Fall einzeln geprüft (und ausduskutiert) werden muss, und man lernt in der Schule die Variante, mit der man "garantiert nix falsch" macht.
Darüber hinaus ist es, wie so vieles, eine Frage der Gewohnheit. Wer sich daran gewöhnt hat, vor einem neuen Hauptsatz mit "und" ein Komma zu sehen, der wird bei dessen Fehlen leichter in die Intonationsfalle tappen als jemand, der sich an die andere Variante gewöhnt hat.
Gedankenstriche zur Strukturierung eines solchen Satzes zu benutzen, der ja nicht unbedingt ungewöhnlich ist, halte ich nicht unbedingt für eine allgemein praktikable Lösung. Schließlich dienen Gedankenstriche eher zur besonderen Hervorhebung, nicht so sehr als grammatisches Standardwerkzeug.

LG
Thali

[EDIT] Eine fiese kleine Falle, die mir schon öfter aufgefallen ist: Wenn vor dem "und" gerade ein Nebensatz zu Ende geht, dann muss vor dem "und" das Komma stehen, weil es nicht das Komma-vor-und, sondern das Komma-nach-Nebensatz ist, und das ist obligatorisch. Das nur für alle, die sich eingeprägt haben, dass "vor und nie ein Komma" stehen muss ;)


Judith

Interessanterweise bin ich schon früher immer über dieses Komma gestolpert. Ich hab es zwar stets korrekt gesetzt, aber eigentlich hatte ich immer das Gefühl, dass es nicht hingehört (auch beim Lesen). Seit es mit der Neuen Rechtschreibung nicht mehr verbindlich ist, habe ich es sofort erleichtert weggelassen.  ;)
Beim Lesen stolpere ich immer darüber, wenn es noch verwendet wird. Ich kann aber leider nicht begründen, weshalb das so ist. Aber es wirkt auf mich tatsächlich altmodisch - wie ein stures Festhalten an "früher, als in der Rechtschreibung alles noch besser war".  ;)

Thaliope

#25
Zitat von: Judith am 10. September 2013, 09:04:50
Interessanterweise bin ich schon früher immer über dieses Komma gestolpert. Ich hab es zwar stets korrekt gesetzt, aber eigentlich hatte ich immer das Gefühl, dass es nicht hingehört (auch beim Lesen). Seit es mit der Neuen Rechtschreibung nicht mehr verbindlich ist, habe ich es sofort erleichtert weggelassen.  ;)

Echt? Das finde ich wirklich interessant. Ich bin bei sowas ja so ... druckerzeugnisgläubig.  ;D Also, wenn etwas als Regel feststeht, käme ich nie auf die Idee, sie infrage zu stellen. Ich Schaf, ich  ;D Wenn dann eine Änderung kommt, find ich die natürlich erstmal blöde, aber inzwischen hab ich mich an die NR gewöhnt und kann mit beiden Versionen leben - und sehe auch in beiden Versionen einen Sinn. (Und war auch schon oft genug gezwungen, zwischen verschiedenen Styleguides mit unterschiedlichen Regelungen zu wechseln. Man wird da flexibel ;))

Pestillenzia

Wirklich sehr interessant, die verschiedenen Meinungen und Ansichten. Ich war ja auch ein erbitterter Gegner der NR, habe mich aber inzwischen mit ihr abgefunden und teilweise sogar angefreundet (auch wenn sich mir bei "Gämse" immer noch die Haare sträuben  ;) ). Das Komma fand ich anfangs auch gewöhnungsbedürftig, mag es inzwischen aber sehr gern, und zwar genau aus dem Grund, den Thali genannt hat:
ZitatWenn zum beispiel der erste Satz mit einem Substandtiv endet und der zweite mit einem dazu kongruenten Substantiv anfängt, kann man mithilfe des Kommas leichter auf Anhieb erkennen, ob es sich um eine Aufzählung oder um einen neuen Satz handelt.

Ich setze es also nicht, weil ich krampfhaft an den guten, alten Rechtschreibzeiten festhalten will, sondern weil es in meinen Augen (bei bestimmten Konstellationen) einen Sinn macht.

Judith

Zitat von: Thaliope am 10. September 2013, 09:14:21
Echt? Das finde ich wirklich interessant. Ich bin bei sowas ja so ... druckerzeugnisgläubig.  ;D Also, wenn etwas als Regel feststeht, käme ich nie auf die Idee, sie infrage zu stellen. Ich Schaf, ich  ;D
Dinge, die man als Germanistin wohl nicht sagen sollte: Ich habe erschreckend wenig Ahnung von grammatikalischen Regeln, weil ich das immer alles nach Gefühl mache.  :-[ Und in 95% der Fällen stimmt mein Gefühl, aber beim Komma zwischen zwei Hauptsätzen haben sich Regel und Schreibgefühl bei mir immer widersprochen.

@Pestilenzia: Meine Aussage war natürlich nur halb ernst gemeint.

Thaliope

Zitat von: Judith am 10. September 2013, 09:53:31
Dinge, die man als Germanistin wohl nicht sagen sollte: Ich habe erschreckend wenig Ahnung von grammatikalischen Regeln, weil ich das immer alles nach Gefühl mache.  :-[ Und in 95% der Fällen stimmt mein Gefühl, aber beim Komma zwischen zwei Hauptsätzen haben sich Regel und Schreibgefühl bei mir immer widersprochen.


Och, ich habe inzwischen auch die Erfahrung gemacht, dass das Gefühl oft der beste Ratgeber ist. Schließlich ist das durch Jahrzehntelanges Viellesen geschult :) Die Regeln zu kennen und sie richtig anzuwenden, sind ja auch oft zwei Paar Schuhe. ;)

Pestillenzia

Zitat von: Judith am 10. September 2013, 09:53:31
@Pestilenzia: Meine Aussage war natürlich nur halb ernst gemeint.

Meine bezüglich der "guten alten Rechtschreibzeiten" auch.  ;) So gut waren die auch nicht immer.