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Notwendigkeit von Schreibschulen

Begonnen von Nebeldiener, 27. Februar 2012, 22:53:27

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Zit

#15
Nun, grundsätzlich hat jeder Fantasie. Oder ist einfach kreativ. Kreativität ist für mich einfach nur die Fähigkeit, zwischen den verschiedenensten Fakten unterschiedlichster Gebiete Verbindungen herzustellen.

ZitatWenn ich mich selbst ansehe,

Hm, wie mache ich das, ohne dir auf den Schlips zu treten, weil ich eben nicht feuern will ...

Es ging mir um den Begriff Talent, bei dem es immer heißt: Entweder man hat oder man hat nicht. Es wird also angenommen, dass es etwas ist, das man sehr lange hat und eben nicht als gereifter Mensch oder später als Erwachsener sich aneignen kann.
Talent ist für mich (!) aber sehr frühe Erfahrung in einem Gebiet, die sich mittlerweile so gefestigt hat in unserem Unterbewusstsein, dass man eben schon darauf aufbauen kann, wenn man irgendwann später versucht, sich ernsthaft mit einem Thema auseinander zu setzen. Insofern hattest du einfach kein Talent, wiel keine frühen Erfahrungen. Aber das macht dich ja nicht zu einem schlechten Autor, nicht wahr? ;) Da hast du die Erfahrungen eben später nachgeholt. (Und das vll. sogar besser und schneller, weil deine Persönlichkeit schon zu einer gewissen, wie soll ich sagen, Reflexionshöhe fähig war.) Und zu einem guten Autor gehört auch Lebenserfahrung; je mehr, desto besser.

Wobei es letztlich relativ ist. Ich kann von mir selbst sagen, dass ich seit jeher mit Farben geschmiert habe, dass ich früh selbst gelesen habe (nämlich Märchen, von der Godmother of Fantasy gelernt, sozusagen) und dass ich mit der Pubertät auch angefangen habe, tiefer in die Sprache an sich zu dringen und eben angefangen habe, selbst zu schreiben. Ob mir andere Talent bescheinigen, ist mir boogie, weil es eben keinen guten Schriftsteller aus mir macht. Vielleicht habe ich gerade so das Handwerk gelernt und stehe jetzt vor der Kür. Aber ob ich nach der Kür gut sein werde? Was ist denn gut? Es gibt zwar Die Stilfibel -- aber wenn mir selbst ebenjener Stil nicht gefällt? Alles relativ. Man kann sich ein Bein ausreißen und wird nie ein Buch verkaufen. Und man kann eben mal schnell etwas hinrotzen, Copycat, und massig Erfolg haben (nur eins: H.H.). Aber "gut"? *Schultern zuckt*

Deswegen sind so Talentdiskussionen mühselig und vorallem Wertungen wie "gut". (Die Sache mit dem Talent ist ja auch, dass es gern oft als Totschlagargument genutzt wird, weil der Begriff mit so viel Metaphysik aufgeladen ist, dass man mit keiner ausgefeilten Rhetorik gegen ankommt.) Das sind immer so Grundsatzdiskussionen, wo jeder seine eigene Wahrheit finden muss.

Aber ich schweife ab. Es ging ja um Schreibschulen und da habe ich mich zu geäußert. Im Übrigen halte ich diese nicht für überflüssig. Wenn jemand gerne an die Hand genommen werden will und darüber auch einen Beleg bekommen möchte, der gesellschaftlich angesehen ist, soll er das doch nutzen. Wer es nicht braucht, nutzt es eben nicht. Am Ende stehen ja auch Arbeitsplätze dahinter.
Ein Problem bei Foren sehe ich hingegen, dass man am Ende immer dasteht und sich fragt: Was für ein Vogel ist das da, der argumentiert, meine Stakkatosätze schmecken ihm nicht? Welche Erfahrungen hat er? Auf welchem Level bewegt sich dieser? Irgendwann stagniert so eine Community auch auf einem Level, weil die wenigen, die überdurchschnittlich sind, entweder einfach zu wenig sind, um sich um alle zu kümmern, oder einfach abwandern in eine andere Community, wo sie dann vll. wieder Mittelmaß sind und eben nochwas lernen können. Man kann sich auf Communities beziehen und dort lernen, aber sie sind alles andere als das Maß der Dinge. Sie sind nur ein Weg von vielen, den man als Autor in Anspruch nehmen kann.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Nycra

Zitat von: Dani am 28. Februar 2012, 14:56:50
Huh? Das hab ich doch auch gesagt:
Deshalb seh ich da gar keinen Widerspruch, wir sind doch einer Meinung?!

Oh verda... entschuldige Dani, ich habe da das "k" bei keinen überlesen. Ich glaub ich brauche Urlaub. Dann nehme ich natürlich alles zurück. Wir sind einer Meinung. *Hand reich*

Debbie

ZitatIch finde die Duskussion um Talent mühselig. Meiner Meinung nach hängt das alles von frühkindlicher Förderung ab; und im Endeffekt ist das nur lernen im frühsten Entwicklungsstadium

Da würde ich jetzt einfach mal ganz frech widersprechen  :versteck:

Ich war meine ganze Kindheit über ein Lesemuffel - auch noch in meiner frühen Jugend. Dann hab ich angefangen (so mit 12?!) zwei "Beverly Hills 90210"-Romane zu lesen (ja, lacht ruhig  :)). Ab der 8. Klasse hat es in Deutsch dann Einser gehagelt - keine glatten, aber kein Aufsatz war mehr schlechter als 1,9. Das hat sich bis Ende Oberstufe so hingezogen - bei drei verschiedenen Lehrern, auf drei verschiedenen Schulen; egal welche Art von Text verfasst werden musste. In der Oberstufe hatte ich in Deutsch nur noch glatte Einser im Zeugnis stehen...
Im Übrigen war ich auch in den anderen Sprachfächern (Englisch, Französisch, Spanisch) meist Klassenbeste (das ist jetzt nicht geprotzt, und für meine angebliche "Streberei" hab ich auch einiges einstecken müssen  :pfanne:)

"Frühkindliche Förderung" oder intensives Befassen mit der Thematik, kann ich als Grund für die Noten wohl ausschließen. Und ich bin mir ganz sicher, dass andere in meinen Klassen weit mehr gelesen haben als ich - was jetzt wirklich kein Kunststück ist  ::)

Da ich auch immer ein "fauler" Schüler war - für Arbeiten max. 2 Std. am Vorabend gelernt, und auch das fast nur bei den "Lernfächern" - könnte ich jetzt auch nicht behaupten, dass ich viel getan hab  :snicker:

Wenn also nicht ein gewisses "Sprachtalent" vorhanden ist, woher sollten die Noten dann kommen?

Edit: Zumindest zwei meiner Lehrer haben mich leidenschaftlich "gehasst"  :engel:  Sympathie fällt also als Begründung aus...

Runaway

Zitat von: Nycra am 28. Februar 2012, 16:35:17
Oh verda... entschuldige Dani, ich habe da das "k" bei keinen überlesen. Ich glaub ich brauche Urlaub. Dann nehme ich natürlich alles zurück. Wir sind einer Meinung. *Hand reich*
Kein Problem. Passiert :)

Und schon sitzen wir hier mitten in der Anlage-Umwelt-Diskussion oder wie? ;D
Also ich weiß nicht - viele von uns haben doch einfach so mit dem Schreiben begonnen. Das hat sich uns einfach aufgedrängt. Mehr oder weniger früh, oder eben spät, und gern auch gegen den Widerstand von außen...

Ich bin da auch nie bewußt gefördert worden. Ja, meine Eltern haben mich mit Büchern gefüttert - weil ich die haben wollte! Ich konnte ja schon vor Schuleintritt lesen und schreiben, und zwar flüssig und fast fehlerfrei. Das hat mir aber keiner beigebracht. Das kam aus mir selbst. Und außer eben durch Bücher wurde das auch nicht großartig gefördert.
Deshalb denke ich schon: Man wird mit Talent geboren. Mir hat sich das Schreiben aufgedrängt. Ich hab mir das nicht ausgesucht. Ich konnte es schon und hab es schon gemacht, bevor von einer Entscheidung die Rede sein konnte.
Und ich für meinen Teil hab auch die Erfahrung gemacht: Das, was mir bei Sprachen gegeben ist, fehlt mir bei Mathe ;D Aber das wird gleich wirklich OT...

Übrigens war ich in der Schule in Deutsch auch nicht immer gut. Ich hatte eine Phase in Mittel- und Oberstufe, wo mir irgendwie kein Draht dazu gegeben war. Trotzdem war mein Notenerfolg genau wie bei Debbie auch aber völlig vom Lernen unabhängig. Für die guten Noten in den Sprachfächern hab ich nicht mehr getan als für die schlechten.

Deshalb denk ich immer noch: Ein talentierter Schreiber braucht Handwerkszeug, um ein guter Schreiber zu werden. Aber aus einem untalentierten Schreiber macht man auch mit dem tollsten Rüstzeug keinen Bestsellerautoren...

Kati

ZitatDeshalb denk ich immer noch: Ein talentierter Schreiber braucht Handwerkszeug, um ein guter Schreiber zu werden. Aber aus einem untalentierten Schreiber macht man auch mit dem tollsten Rüstzeug keinen Bestsellerautoren...

Das kann ich so unterschreiben. Es gibt Bücher, die sind vom Handwerk her wirklich richtig gut, aber der Funken springt nicht über, weil das Talent einfach fehlt. Zum Schreiben gehört ja nicht nur das sture Aufschreiben, sondern auch das Entwickeln von Charakteren und Geschichten. Dazu braucht man, auch, wenn ich es früher nicht einsehen wollte, als Autor Menschenkenntnis und Erfahrung. Aber nicht diese Art von "Was ich schon alles gemacht hab"-Erfahrung, sondern eher diese Erfahrung, die ein 20-jähriger haben kann, die einem 80-jährigen aber vielleicht trotzdem fehlt. Es geht darum, wie auch schon gesagt wurde, mal über den Tellerrand zu schauen und sich dafür zu interessieren, was außerhalb der eigenen vier Wände passiert.

Woher das Talent jetzt kommt, ist auch völlig egal. Manche haben es halt, manche nicht und man braucht es, wenn man ein gutes Buch schreiben will. Aber das Handwerk darf man auch nicht vernachlässigen.

Was also Schreibschulen angeht: Ich finde es kommt drauf an, ob sie sinnvoll sind, oder nicht. Wenn man weiß, dass man Talent hat und dieses ausbauen will, indem man sein Handwerk verbessert, sehe ich keinen Grund, warum man es nicht dort versuchen sollte. Aber viel zu oft stolpert man über Leute, die sich sonstwas auf ihre Schreibausbildung einbilden und doch keine guten Romane schreiben.

Michaela

Ich habe vor ein paar Jahren an einer namhaften Schreibschule gelernt. Zumindest sechs Monate, danach ist mir aufgefallen, wie viel mich das Ganze eigentlich kostet und wie wenig ich dafür bekomme.
Ja es werden einem allgemeine Grundtechniken gelehrt, die man aber auch wunderbar aus Schreibratgebern oder Wochenendworkshops lernen kann. Das ist günstiger und viel effektiver. In den Wochenendworkshops sind es kleine Gruppen Gleichgesinnter und es wird intensiv an einem Thema und den eigenen Fähigkeiten miteinander gearbeitet. Darüber hinaus entstehen oft Freundschaften, die unbezahlbar sind.

In den meisten Städten werden von der VHS Schreibworkshops angeboten die ebenfalls nicht schlecht sind. Wer sich also den Spaß einer Schreibschule machen will und es sich leisten kann, an die 1500 Euro auzugeben, der lernt dort die Grundtechniken. Ich habe das Ganze dann Abgebrochen, weil es mir um das Geld zu schade war.

Schreibschulen sind nicht Notwendig, haben aber trotzdem eine Daseinsberechtigung, für all jene die es sich leisten können. Bei all den Gesprächen um Talent, sollte man nicht vergessen, das es sich bei Schulen, Workshops etc. immer auch um Dienstleiter handelt. Um einen Lehrgang zu belegen ist Talent keine Vorraussetzung. Wobei wirklich viele Menschen es lernen können, gute Texte zu schreiben, aber die Wenigsten schaffen es, daraus etwas großartiges zu machen. Damit meine ich eine Geschichte, die Generationen begeistert und fesselt.


Pestillenzia

Zu Schreibschulen habe ich auch ein eher gespaltenes Verhältnis. Ich habe Ende der 90er Jahre einen Fernkurs belegt, bei dem in regelmäßigen Abständen Hefte mit Informationen, Textbeispielen und Aufgaben kamen, die man dann zu erfüllen hatten. Es ging nicht nur um Romane/Kurzgeschichten sondern auch um Drehbücher etc.

Was mich einerseits gefreut, andererseits aber auch sehr misstrauisch gemacht hat, war die Tatsache, dass ich von "meiner" Tutorin immer nur Lob bekommen habe. Sie hatte bis auf ein paar Nichtigkeiten nichts auszusetzen - und das konnte ja nun wirklich nicht sein. Ich habe deshalb bei der ersten Möglichkeit den Kurs abgebrochen, weil ich das Gefühl hatte, durch das Lob nur bei der Stange gehalten zu werden, um möglichst lang dabei zu bleiben und immer weitere Kurse zu belegen.

Grundsätzlich halte ich Schreibschulen oder -kurse für sehr sinnvoll - wenn man denn einen erwischt, in dem ein Lektor bzw. Tutor, der nicht überlastet ist, sich wirklich Zeit nehmen und mit jedem Text intensiv beschäftigen kann. Ich bin fest der Meinung, dass man wie bei jeder anderen Tätigkeit eine solide Basis braucht, um sich zu entwickeln. Egal ob Fußball (Kondition, Körperbeherrschung, Regelwerk), Bildhauerei (Umgang mit Werkzeug, Kenntnis von den Materialien etc.) oder Beruf - überall muss man die Grundlagen beherrschen, bis man seinen eigenen Stil/Weg entwickeln kann.

Ich habe auch viele Schreibratgeber zuhause, die ich immer wieder gern zur Hand nehme und die mir auch viel geholfen haben - dennoch hätte ich immer wieder gern Rückmeldungen zu meinen Texten, die mir leider kein Buch geben kann. In Workshops habe ich auch sehr viel gelernt, weil ich da auf Dinge hingewiesen wurde, die mir selbst noch nicht aufgefallen sind. Aber leider sind mir die auf Dauer einfach zu teuer.

Wenn ich eine seriöse und gleichzeitig bezahlbare Schreibschule wüsste - ich würde mich vermutlich anmelden.

Runaway

Ihr habt jetzt alle schon so oft gesagt: Das, was man in einer solchen Schreibschule lernt, kann ich mir selbst auch beibringen - durch Bücher etc.
Der Meinung bin ich auch. Total. Ich hab autodidaktisches Lernen immer als sehr sinnvoll und erfolgreich erlebt.
Ist das vielleicht das Problem? Daß es in den Köpfen so verankert ist: Ach, nur wenn dir einer das beibringt, der das kann/den du bezahlst/wo du hingehst, dann wird da auch was draus?!

Thaliope

@Dani: Was natürlich autodidaktisch nur schwer zu vermitteln ist, ist ein kritischer Blick auf das eigene Werk. Da halte ich professionelle, teilweise auch harte und unbarmherzige Korrekturen schon für sinnvoll, die einen davon abhalten, sich in den eigenen, selbstverliebten Manierismen zu verlieren.
Manche Sachen kann man bei sich selbst einfach nur schwer erkennen.

Klar, in Zeiten des Forenaustauschs regeln wir das meist übers Beta-Lesen. Aber wirklich kompetente, kritische und mutig-ehrliche Betaleser wachsen ja nun auch nicht auf Bäumen. Ich glaube also schon, dass man in einer Schreibschule theoretisch etwas lernen kann, das man sich alleine nicht beibringen kann. Aber die Frage ist halt auch immer, wie ehrlich ist die Kritk von jemandem, den ich dafür bezahle?

LG
Thali

Lomax

Zu der ursprünglichen Frage: Wirklich notwendig sind Schreibschulen natürlich nicht.
  Auch die Tatsache, dass es natürlich Tipps und Regeln zum Schreiben gibt, die man lernen kann, beweist nicht das Gegenteil, denn das meiste davon kann man auch ohne "Schreibschule" lernen, wie hier schon gesagt wurde. Nicht zuletzt durch aufmerksames und häufiges Lesen ;).
  Auch der Einwand, dass man es durch eine formal aufgebaute Unterweisung besser lernen kann, gilt in dem Falle nur bedingt. Mir zumindest ist keine Schule, kein Ratgeber, kein Lehrer bekannt, der wirklich nur Wahrheiten vermittelt - da sind nützliche Tipps immer vermischt mit persönlichen Meinungen und "Sprachpflege", sprich, mit Regeln, die tatsächlich nur das widerspiegeln, was der "Lehrer" gut findet und gerne hätte, nur dass es dem Schüler ununterscheidbar zusammen mit den Wahrheiten qua Autorität vermittelt und zunächst einmal geglaubt wird (um mal ein Beispiel aus einem populären Bereich ein wenig abseits literarischer "Schreibschulen" zu nennen: Wer ist sich eigentlich darüber im Klaren, wie viel Sprachpflege mit sprachwissenschaftlich sehr zweifelhaften Aussagen sich im vielgepriesenen Zwiebelfisch von Sick tummeln? Da wird ja auch das meiste einfach gerne und unhinterfragt geglaubt. Selbst dann, wenn man es eigentlich besser weiß und kritischer ist, verführen die Artikel gerne dazu, sich die Aussagen als Wahrheit zu merken, weil es halt einfach mühsam ist, die zahllosen zweifelhaften Setzungen darin im Detail zu recherchieren und zu evaluieren und weil erst mal alles sehr stimmig und gut recherchiert klingt).
  Man kann die zweifelhaften "Wahrheiten", die in Sprachschulen gelehrt werden, im Laufe der Zeit auch relativieren, einfach indem man seine Erfahrungen verbreitert, verschiedene Ratgeber und Schulen kennen lernt und so allmählich einen breiteren Horizont erwirbt und lernt, was Verallgemeinerbar ist und was für einen selbst nützlich. Nur, das ist dann wieder ein Lernprozess, der den Vorteil des scheinbar einfacheren, systematischeren Einstiegs über "Schreibschulen" auch sehr stark relativiert, der Zeit in Anspruch nimmt. Und ich kenne einige Leute, die sich seit Jahrzehnten in der Schreibwerkstättenszene tummeln und es immer noch schaffen, Texte zu schreiben, für die ich mich als 16-Jähriger geschämt hätte  :(. Auch Schreibschulen können also nicht garantieren, dass man systematisch ein "Handwerk" lernt; am Ende muss man eben doch selbst eine Erkenntnis gewinnen. Und wenn man die nicht von Lehrern ex cathedra erwirbt, sondern durch eigenes Lernen aus echten Büchern, steht dem Nachteil des Selbst-Erkennen-Müssens eben auch der Vorteil gegenüber, dass man keine zweifelhaften Wahrheiten serviert bekommt, sondern dass man aus erster Hand sehen kann, was in Texten funktioniert hat und was man in erfolgreichen und vielgelobten Texten vorfindet.

Also, notwendig sind Schreibschulen nicht. Aber sie können natürlich nützlich sein, weil man halt im günstigsten Fall auch schon von Erkenntnissen profitieren kann, die andere Leute bereits gemacht haben und nicht das Rad neu erfinden muss. Und je nach Persönlichkeit fällt es einem halt leichter, das Handwerk zu erlernen, wenn man es für sich selbst entdeckt und erschließt, wenn man sich an klaren Regeln aus Büchern entlanghangeln kann, die man dann natürlich durch Übung und Erfahrung erweitern, prüfen und verinnerlichen muss, oder wenn man persönlich von einem "Coach" betreut und angeleitet wird.
  Und ich denke, die meisten Leute können in irgendeiner Form von allen drei Formen der Anleitung profitieren und sollten darum auch alle drei Möglichkeiten irgendwie nutzen und kombinieren - man muss also das Lernen des Handwerks nicht auf die Frage "Schreibschule vs. kreative Freiheit" reduzieren, sondern in den allermeisten Fällen steht man sich vermutlich am besten, wenn man selbst entdeckt und probiert und sich dann und wann auch mal was sagen lässt oder nachschlägt und dabei dann vermutlich auch erhellende Antworten auf Fragen findet, die einen schon lange bewegt haben, auf Probleme, über die man selbst schon mal gestolpert ist. Man kann nämlich durchaus auch in "Schreibschulen" oder Ratgebern selbst etwas entdecken, was einen weiterhilft.
  Welche Kombination da dem Einzelnen am meisten nutzt, dürfte eine sehr individuelle Frage sein.

Rosentinte

Hallo,

Zitat von: Thaliope am 29. Februar 2012, 10:51:02
@Dani: Was natürlich autodidaktisch nur schwer zu vermitteln ist, ist ein kritischer Blick auf das eigene Werk. Da halte ich professionelle, teilweise auch harte und unbarmherzige Korrekturen schon für sinnvoll, die einen davon abhalten, sich in den eigenen, selbstverliebten Manierismen zu verlieren.
Manche Sachen kann man bei sich selbst einfach nur schwer erkennen.
Genau diese Erfahrung habe ich gemacht. Im Sommer 2010 meldete ich mich zu einem VHS-Kurs an, in dem es um das kreative Schreiben ging. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt etwa 200 NS an einem Roman geschrieben und war der Überzeugung, dass ich die nächste Bestsellerautorin war. Natürlich war ich das nicht und als mein erster Text in dem Schreibworkshop (berechtigterweise) in der Luft zerpflückt wurde, war das hart. Aber es hat mich auf den Boden der Tatsachen zurück geholt.
In diesem Schreibworkshop habe ich die Grundregeln des Schreibens wie etwa "Show, don't tell" gelernt und ich bin immer noch sehr froh, ihn belegt zu haben. Gerade das direkte Feedback und die Möglichkeit das Geübte sofort wieder kritisieren zu lassen, haben mir sehr weitergeholfen.
Mir persönlich hat dieser Workshop nicht nur eine ganz neue Sicht auf das Schreiben und eine neue Art an meinen Texten zu arbeiten, ermöglicht, sondern auch meinen Schreibstil wesentlich verbessert. Und wenn ich jenen ersten Text, den ich dort geschrieben habe, mit dem letzten vergleiche, erkenne ich schon eine große Entwicklung (was allerdings auch nicht schwer war  ::)).

Gute Schreibschulen können einem m.M.n. sehr gut weiterhelfen. Gerade das direkte Feedback kann sehr hilfreich sein. Denn wer hat schon das Glück, eine Gruppe von Leuten zu haben, die in etwa auf dem selben Stand sind wie man selbst? Kritik von solchen Leuten kann man viel besser annehmen als Kritik von sehr viel besseren Schreibern. Die Texte, die ich damals geschrieben hatte, hätte ich niemandem hier aus dem Forum zum Betalesen geben wollen, aber in dieser Gruppe war es okay. Insofern finde ich, dass gerade dieses Gruppenerlebnis einem schon helfen kann Kritik anzunehmen und umzusetzen.
Natürlich hätte ich mir die Dinge, die ich in dem Kurs gelernt habe, auch selbst beibringen können. Aber die Frage ist, wann ich 1. darauf gestoßen wäre, dass es diese Regeln gibt und ob ich sie 2. so effektiv und schnell hätte umsetzen können, denn von allein wäre ich sicherlich nicht so zielsicher auf meine Fehler gestoßen.
Gerade um die Basics zu lernen, finde ich so einen Schreibkurs sehr sinnvoll.

LG, Rosentinte
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)