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Die "böse" Seite

Begonnen von Feuertraum, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Feuertraum

Schachbretts

Hallo liebe Tintenzirkler!

Wenn das Thema an der falschen Stelle gepostet ist, bitte ich Sie, es in die richtige Rubrik zu verschieben.

Wenn Sie sich jetzt über den Begriff "Schachbrett" wundern: ich hätte ihm auch einen anderen Namen geben können: Boxring, Stadion, Spielfläche und was es alles noch an eingegrenzten Spielräumen zur Verfügung steht.
Ich habe den Begriff nur deswegen gewählt, weil sich auf den 64 Feldern ein spannender, fesselnder Zweikampf abspielt.
Darum geht es ja auch bei einer Geschichte: Der "Kampf" zwischen dem Prota- und Antogonisten, dem Ziel und den Widrigkeiten, die sich in den Weg stellen, Gut gegen Böse.

Ein Schachbrett ist auf seine 8 x 8 Felder begrenzt, nach den Spielregeln darf man keine Figur über die Spielfeldränder hinaus ziehen.
Diese Regel müssen jedoch nicht nur Schachfiguren erfüllen, nein, auch die Prots und Antos sind ihnen unterworfen; man muß also eine Motivation in den Plot einbauen, die den Helden dazu   bringt, nicht das Schachbrett zu verlassen, nicht dem Autoren zu sagen: "Och, weißte, ich hab Null Bock das zu machen".
Der Held braucht also eine Motivation. Aber er braucht auch einen Charakterzug, der diese Motivation und den Weg, den der Held dank dieser Motivation beschreitet, erklärt.
Rache wäre ein Motiv, gepaart mit Ehrgühl, diese durchzuziehen.
Eine ganz große Schwierigkeit jedoch sehe ich beim Part des Bösen. Welche Motivation hat er, das Brett nicht zu verlassen?
Gehen wir mal dem Racheszenario aus:

Famis kommt von der Jagd zurück und sieht sein kleines Dorf abgefackelt, die Einwohner abgeschlachtet, darunter auch seine Eltern und seine jüngere Schwester. Einer der Einwohner, der in seinen letzten Zügen liegt, flüstert Famis ins Ohr, das Graf Zarad hinter dieser Aktion steckt und seine Recken alle Frauen zwischen einem bestimmten Alter verschleppen ließ. Famis stößt ein Schwert gen Himmel und schwört Rache (zugegeben, gähnend langweiliger Anfangsplot, ist halt etwas, was mir eben aus dem Stegreif eingefallen ist; bin halt ziemlich fantasielos)

Jedenfalls bekommt das Böse (auf welchem Weg auch immer) Kenntnis über seinen Gegner. Zuerst will er ihn einfach so töten lassen, als würde er ein lästiges Insekt verscheuchen, das Famis aber aus jeglichen Schwierigkeiten als Sieger hervorgeht, fängt die Sache an, ihn als Spiel zu interessieren. Und dieses Spiel will er gewinnen.
Das wäre eine Möglichkeit, das Böse zu motivieren.

Kennen Sie noch weitere?

LG

Feuertraum
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Moni

Zitat.
Das wäre eine Möglichkeit, das Böse zu motivieren.

Kennen Sie noch weitere?

-  der Bösewicht lebt seine sadistische Ader aus, das ist Motivation genug....
-  der, die das Böse ist halt das Böse an und für sich und kann nicht anders... o.k. überstrapaziert, aber immer wieder gern genommen
-  der Bösewicht wird von Rachegedanken beflügelt, ähnlich wie der Gute, aber Rache um der Rache willen ist die "dunkle Seite der Macht"...

Mehr fällt mir spontan nicht ein...

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Stefan Quoos, WDR2-Moderator

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Elena

Der Böse ist gar nicht Böse, sondern hat nur andere Ziele.
Was "Böse" ist, wird ja immer nur durch die Sichtweise definiert. Oder gehen wir hier von einem "Dark Overlord"-Bösen aus?

Ich würde gern mal einen Bösen haben, der einfach nur ungeschickt ist. Jemand, der irgendwie durch einen Unfall sehr mächtig geworden ist, aus Versehen die ein oder andere Stadt in die Luft gejagt hat und die Gerüchte machen dann den Rest draus (ähm... kennt jemand hier Trigun?). Und er sagt sich: Ja, wenn schon alle Angst haben, kann ich das auch ausnutzen...

Unsere Helden sind dann seine Mutter, die das gar nicht lustig findet, wie sich ihr Sohn aufspielt, sein zukünftige Verlobte (findet die Mutter), die gleich mitkommen sollte (und ein Faible für Dark Overlords hat) und ein Racheheld.

Äh, ich komme vom Thema ab.

- vielleicht ist er nur verzweifelt und benutzt das Böse, um etwas zu schaffen (siehe Darth Vader am Anfang, der Dingsdabumsda ja auch nur retten will, aber dann so etwas durchgängig)
- Weltherrschaft mag jeder
- ein finstere Religion (oder Wissenschaft/oder Magie...) hat ihn verdorben

Öh... Jetzt fällt mir auch nichts mehr ein.

Liebe Grüße,

Elena

Ary

Moin zusammen!

ZitatDer Böse ist gar nicht Böse, sondern hat nur andere Ziele.
Was "Böse" ist, wird ja immer nur durch die Sichtweise definiert.  

Ganz genau.
Ich versuche schon seit Ewigkeiten, mal einen richtig bösen Bösewicht zu erschaffen, der dann aber dummerweise immer einen tragischen Hintergrund bekommt und auf einmal eher tragisch als böse ist.
Die Motivation dieser Charaktere ist oft Rache, aber zum Teil glauben sie (wie mein lieber böser und eigentlich so mißverstandener Venaro) tatsächlich, das Richtige zu tun, weil sie nichts anderes gelernt haben als daß ihre Wege oder eben die ihrer Vorfahren richtig sind.
Die Frage wäre: Was ist denn eigentlich "böse"?
Plattbeispiel: Herr der Ringe, entscheidente Schlacht. Die Elben denken: Die bösen Orks.
Aber denken die Orks nicht auch: Die bösen Elben?

Aber... ohje, das geht OT. SORRY!
Aryana
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Manja_Bindig

ZitatFamis kommt von der Jagd zurück und sieht sein kleines Dorf abgefackelt, die Einwohner abgeschlachtet, darunter auch seine Eltern und seine jüngere Schwester.
*sich an ihrem Mocca verschluckt* Sagen sie mal, Feuertraum... sie haben nciht zufällig "Elfenblut" von mir gelesen? Arinyls Ausgangssituation ähnlet der hier erschreckend.

Bei mir stelle ich fest - das Böse gibt es nciht.
Warum?
Eigentlich gibt es ja diesen Gott, der der Welt nciht wohlgesonnen ist. Der arme Gott ist allerdings... leicht wahnsinnig, besessen - schizophren trifft es vielleicht auch.
Ihn trifft also nciht wirklich schuld, da gibt es ja diese ekelhafte Institution namens "schicksal"(wie ich dieses Wort hasse...).
Nun... man muss also das "schicksal"(*würg*) bekämpfen. Und wie macht man das am besten? Indem man nciht an das Schicksal glaubt. Tschüss, Schicksal. Tschüss, Böses.

Im Grunde konnte mein armer Gott nichts für sein Tun. Gut, er konnte schon was für... aber er war nciht böse. Er war einfach... naja, menschlich.
Und ich hoffe, ich kann das auch beibehalten.

Elena

Zitat*sich an ihrem Mocca verschluckt* Sagen Sie mal, Feuertraum... Sie haben nicht zufällig "Elfenblut" von mir gelesen? Arinyls Ausgangssituation ähnelt der hier erschreckend.

Öh... Fangen nicht ungefähr... na ja, so die Hälfte aller Fantasybücher so an? Mein erstes Manuskript begann genauso, danach hab ich's bleiben lassen. Wobei das letzte auch wieder ähnlich anfängt... Bzw. die Story. Aber da wird kaum einer getötet. Und es geht auch nicht um Rache. Meine Hauptperson wäre gar nicht zu Rachegefühlen imstande, glaube ich.

Genau, noch eine Motivation: Geld! Geld ist immer eine gute Motivation, und womit jemand seinen Unterhalt bestreitet, kann so oder so auszulegen sein.  Schließlich müssen wir alle irgendwovon leben, und nicht alle können dabei immer legal bleiben.

Ansonsten... *überleg* Motivationen der Bösen bei mir:
Der erste wollte seine Geliebte wieder lebendig machen, beim zweiten gab es eigentlich keinen Bösen (da gab es nur unterschiedliche Vorstellung zweier Völker, aber da aus beiden Perspektiven erzählt wird... eigentlich keinen Bösen), dann... wollten alle bloß überleben (da waren meine Helden eigentlich "die Bösen", aber die wollten eben ihr Welt retten, wobei dafür die andere Welt würde untergehen - Interessenkonflikte halt), dann war Rache das Motiv, und zuletzt waren die Räuber irgendwie die Bösen (aus Geldgier) und der König (aus Unfähigkeit).

Bei Monstern kann es auch immer schlichtweg Hunger sein, oder man hat sie dadurch aufgebracht, ihr Frühstück wegzunehmen (Astrid, der wütende, feuerspuckende Drache).

Eigentlich ist die Motivation des Bösen immer wieder eine der interessantesten Sache um zu sehen, was der Autor daraus macht.
"Macht" ist eine sehr beliebte Bösen-Motivation, aber irgendwie finde ich das immer Schade, weil es halt recht oft existiert.  ::)

Liebe Grüße,

Elena

Astrid

#6
Hm, wie ist es denn bei mir...

Ältester Sohn der Königin, eigentlicher Thronfolger, wird verbannt, weil er sich an einem Mordkomplott gegen die Königin beteiligt haben soll. Seine Schuld kann jedoch nicht nachgewiesen werden.

Sechs Jahre später: Jüngerer Sohn der Königin wird König. Weitere fünf Jahre später: er wird ermordet.

Älterer Bruder prescht in die Hauptstadt und meldet Rechte an. Sohn des jüngeren Bruders kann die Verbannung nicht aufheben, weil er als bloßer Kronprinz dazu kein Recht hat. Er muß also König werden, um den Onkel wieder in seine Rechte einzusetzen. Leider kann er danach nicht zugunsten des Onkels abdanken, weil er bei der Krönung den shajin tragen muß, einen Halsreif, den man nur durch Enthauptung wieder abnehmen kann. Blöderweise ist aber der shajin das ultimative Zeichen der Königsherrschaft, also kann der Onkel auch nicht ohne ihn herrschen. Und der Onkel weigert sich, an zweiter Stelle hinter so einem neunzehnjährigen Grünschnabel zu stehen.

Sprich: zwei Leute, die einander eigentlich recht neutral gegenüberstehen und wahrscheinlich prächtig miteinander klarkämen, werden durch saudämliche Umstände zu Todfeinden.

Manja_Bindig

Das is wirklich ne SAUdämliche Situation... die is so unglücklich, dass sie als parodie herhalten könnte, wenn mans richtig dreht und wendet.

Astrid

*G* Stimmt. Und das wissen meine beiden Helden auch ganz genau. *GG*

Termoniaelfe

#9
ZitatJedenfalls bekommt das Böse (auf welchem Weg auch immer) Kenntnis über seinen Gegner. Zuerst will er ihn einfach so töten lassen, als würde er ein lästiges Insekt verscheuchen, das Famis aber aus jeglichen Schwierigkeiten als Sieger hervorgeht, fängt die Sache an, ihn als Spiel zu interessieren. Und dieses Spiel will er gewinnen.
Das wäre eine Möglichkeit, das Böse zu motivieren.
 
Kennen Sie noch weitere?


Vielleicht ist der Böse einfach nur genervt vom ewig Guten. Immer diese Ritterlichkeit und ständig das Geschwafel von Ehre und Ruhm.


LG
Renate

Ary

Hi!

*lol* Das kann natürlich auch sein.
Ich mag diese klischeehafte Trennung von dem eklig dunkel Bösen und dem strahlens hellen Licht gar nicht mehr hören... dummerweise hat sich bei mir bereits ein anderes Klischee breitgemahct, das vielgepriesene Gleichgewicht. Von einem Klischee ins Andere. Bäh.

Aryana
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Manja_Bindig

Vielleicht hat der angeblich Gute ja was angestellt, was das Böse so böse gemacht hat - Liebste getötet, etc.
Damit wär der Gute nicht meh gut - und der böse hätte ein Motiv, nicht nur die welt plastt zu machen(das brauchen wir noch),sondern auch gegen den Helden: Rache, Wut, Trauer, alles mögliche.

Lomax

Was ich liebe, ist ein Bösewicht, der eigentlich sehr sympathisch ist. Wenn man mitbekommt, was er tut, findet man das im Prinzip sehr richtig; er wirkt immer vernünftig, und der Leser bekommt das Gefühl, dass er womöglich genau so denken würde ...
  Zu dieser Ebene des Verstehens treten die Taten des Bösen und ihre Auswirkungen allerdings als krasser Kontrast. Sie stoßen einfach nur ab und wirken, trotz aller Begründungen, einfach nur böse.
  Das hat natürlich den Vorteil, dass der Bösewicht keine weitere Motivation braucht: Er tut ja ohnehin das scheinbar nahe liegende, er verhält sich so, wie es für den Leser plausibel scheint ... zunächst. Und das Böse wirkt durch die Spannung zwischen dem vernünftigen Verstehen und dem emotionalen Widerwillen umso schlimmer. Denn der Leser wird immer wieder auf die Frage zurückgeworfen: "Bin ich auch so?"

Am besten ist es dann, wenn auch die Taten des Bösen anfangs gar nicht böse wirken, sondern man das Gefühl bekommt, es ist alles nur ein Missverständnis oder ein Unglück. Der "Gute" scheint dann den falschen zu verfolgen, und der Leser bekommt Gelegenheit, sich mit dem Bösen zu identifizieren. Und dann, ganz allmählich, kippt die Stimmung. Das Problem ist dann nicht, die Motivation des Bösen auszuarbeiten - eigentlich geht es darum, dass der Leser seine eigenen Motivationen in Frage stellt und selbst den Punkt finden muss, wo er sich von dem Bösen abgrenzt.
  Der Konflikt wird dann zu einem Konflikt im Leser selbst. Der Leser muss herausfinden, was beim Bösen eigentlich schief gelaufen ist. Und als Motivation für den Bösen wähle ich deshalb besonders gerne Verhaltensmuster, die allgemein als üblich, anerkannt, vielleicht sogar erstrebenswert gelten und baue dann unmerkliche Brüche ein. Mein Bösewicht hat also gute Gründe für das, was er tut - nämlich die Gründe, bei denen ich davon ausgehe, dass ein Leser dazu nicken würde.

Manchmal jedenfalls. In anderen Fällen sind meine Bösewichte auch einfach nur böse, verrückt, leicht neben der Spur, verrannt oder sonst irgendwie anders. Oder ich komme ganz ohne Bösewicht aus ;D Aber den Bösewicht ins Herz des Lesers zu tragen, das tue ich am liebsten ...

Astrid

#13
Das klingt doch gut. :)

Nett ist es auch, wenn ein Guter etwas Böses tut. Dann sitzt der Leser da und ist hin- und hergerissen - einerseits mag er den Guten wegen der üblichen Identifikation mit dem Helden usw,. andererseits ist das, was der Kerl da gerade getan hat, absolut unverzeihlich, und man möchte ihm am liebsten rechts und links eine kleben, damit er damit wieder aufhört...

Manja_Bindig

Hin und wieder gibt es ja diese verdrehte art von Zuneigung, das eignet sich aber nur in einzelnen Szenen und auch nur, wenn sich die beiden mal nahe gestanden haben.
Sprich: Folter, Sadismus - und dieser herrliche Satz: "Was ich liebe, will ich quälen und langsam zugrunde richten."
Wenn dann noch ein guter Stil oder bei einem Manga gute Zeichnungen dazukommen, sollte sich meine Umgebung die Ohren zustopfen, ich quietsche da sehr schnell.

Verdrehte Zuneigung... das eignet sich besonders, wenn euer "Böser" ohnehin schon nen leichten psychischen Traller hat. Da lassen sich so herrlcihe Motive finden...