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Substanzlose Charaktere - Der Bestseller-Geheimtipp?

Begonnen von Alana, 08. Februar 2012, 22:21:23

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Alana

Hallo ihr Lieben, :)

schon länger trage ich mich mit dem Gedanken, so einen Thread aufzumachen, jetzt tu ich es. ;D

In "20 Masterplots and how to build them" äußert der Autor die Theorie, dass der Protagonist eines Bestsellers oft ein Charakter ohne Ecken und Kanten, ohne interessante Hobbys und ohne besondere Merkmale ist, weil sich so jeder Leser gut hinein versetzen kann. Differenziert angelegte Charaktere (wohl gemerkt Haupt-Charaktere!) wären demnach nichts für die breite Masse.
Erschreckend daran ist, wie viele Beispiele diese Theorie tatsächlich belegen. Harry Potter (ich liebe die Bücher, aber ein besonders vielschichtiger Charakter ist Harry wirklich nicht), Isabella Swan (Keine Motivation, keine Interessen, eigentlich gar nichts, was einen Charakter ausmacht), Frodo (bitte nicht schlagen). Die Liste lässt sich fortführen. Natürlich gibt es auch viele Gegenbeispiele, aber wenn ich so darüber nachdenke, was mir da einfällt, sind das meistens Bücher aus anderen Genres als Fantasy. Wohl gemerkt, es geht hier um Bestseller. Gute Charaktere haben zweifelsohne ihre Freunde. Aber besonders in der Fantasy zeichnen sich viele Protagonisten einfach durch ihre Beherztheit, ihren Mut und ihren Kampfgeist aus. Nichts weiter. (Sonea passt da als Beispiel, denke ich)

Ich glaube übrigens auch, dass eine gewisse Linie, eine gewisse Einfachheit, einem Charakter gut tut, aber das bedeutet doch nicht, dass der Hauptdarsteller eine leere Hülle sein muss. Ich mag vielschichtige Charaktere.

Ich stelle das jetzt einfach mal zur Diskussion. Ich bin gespannt auf eure Meinung.

P.S.: Ich hoffe, das Thema ist hier richtig, ich konnte mich nicht ganz entscheiden, ob es hierhin oder in den Workshop gehört.
Aber es geht ja nicht darum, einen möglichst hohlen Charakter zu erschaffen, also poste ich es mal hier. ;D
Alhambrana

Robin

Ich habe eindeutig was gegen hohle Charaktere. Und wenn ich auf solche treffe, dann würde ich ihnen am liebsten an die Kehle gehen. Aber gut, ich bin ja auch nicht unschuldig, was das benutzen solcher Charaktere angeht.

Cherosh, der ja mittlerweile mein absoluter Lieblingscharakter in allen Lebenslagen ist, hat sich auch erst von der uninteressanten Nebenfigur zu einem ziemlich bissigen, provokativen Rüpel mausern müssen. Es gab zwischen zwei gefestigten Versionen eine solche "charakterlose Hülle", aber die konnte ich nicht lange leiden. Einfach weil nichts dahinter steckte, nur Luft.

Deshalb bin ich eher auf der Seite zu sagen, dass ich einen festen Charakter will. Mir ist es egal ob jemand ihn mag oder nicht, er soll einfach Biss haben. Oder sie, ich darf ja nicht meine Ladies vergessen. ;D

Das Beste an der Geschichte ist ja, dass Cheroshs leere Phase eine... eher gemiedene Phase war. Diejenigen, die ihn in Rollenspielen kennen gelernt haben, wollten nicht so recht auf ihn eingehen, und ich habe auch erkannt warum. Also habe ich die Ecken und Kanten wieder herausgehobelt, und tada - schon war er wieder äußerst beliebt.

Und er taucht auch schon in einer längeren Geschichte auf, die ich auf dem Rollenspiel basierend schreibe, mit dem er die meiste Entwicklung durchgemacht hat. Was soll ich sagen? Auch da mögen ihn die meisten lieber als oft ziemlich unangenehmen Zeitgenossen, mit all seinen Fehlern, Verrücktheiten und kleinen Sünden.

Ich bin ganz klar gegen die Meinung, dass substanzlose Charaktere gut für eine Geschichte wären - voraussgesetzt, sie sind Hauptprotagonisten. Es... passt einfach nicht, finde ich.
~Work in Progress~

Alana

Ich finde auch, dass es nicht passt. Andererseits gehören einige Bücher, in denen das so ist, zu meinen erklärten Lieblingsbüchern.
Alhambrana

Robin

Das ist eben das Problem bei dieser Sache. Auch bei mir gehören Bücher mit solchen Charas zu meinen Lieblingen. Gleichzeitig würde ich so etwas aber nicht schreiben wollen.
~Work in Progress~

Runaway

#4
Ich finde Bücher mit substanzlosen Protagonisten fürchterlich. Grad lese ich zum ersten Mal was von Adler Olsen - der Kommissar ist der Knaller. Kauzig, knurrig, für seine Umwelt wahnsinnig anstrengend und eigentlich ein Unsympath, aber irgendwie geht das in die Richtung von Dr. House: Das Publikum mag ihn trotzdem. Und zwar, weil man irgendwie versteht, warum er so ist. Man wäre wahrscheinlich selbst nicht anders. Ich jedenfalls mag den Kerl total, weil ich sein Verhalten komplett nachvollziehen kann.
Natürlich ist das riskant. Es gibt bestimmt Leser, die nicht nachvollziehen können, daß ein über den Haufen geschossener Kommissar, der posttraumatische Belastungsstörungen für Murks hält, irgendwie als Protagonist taugt. Für den Autor ist so eine Angelegenheit eine echte Gratwanderung.

Aber diese Charaktere sind es, die mir im Gedächtnis bleiben. Dan Browns Protagonisten? Vergiß es. Riesengroße Bestseller, aber aalglatte Protas, von deren Namen mir nur einer im Gedächtnis geblieben ist - Robert Langdon. Von den Frauenfiguren fang ich am besten erst gar nicht an.
Und was hab ich kürzlich noch alles gelesen... jetzt fällt mir natürlich kein gutes Beispiel mehr ein, aber ihr habt ja schon viele genannt.

Was ich mich frage: Machen Autoren das extra? Überlegen die sich: Och, ich mach jetzt mal eine Figur ohne Ecken und Kanten, damit viele Leser was damit anfangen können? Denn Adler Olsen ist ja nun auch eine Hausnummer. Oder wenn ich jetzt mal an Panem denke - die gute Katniss war ja selbst mir manchmal zu anstrengend. Sind auch Bestseller! Geht also offensichtlich schon.

Ist mir auch definitiv lieber, sowohl als Leser, als auch als Autor. In meinem aktuellen Schätzchen ist das ganz extrem - meine Protagonistin war für mich am Anfang selbst nicht faßbar. Ich wollte eine irgendwie schüchterne, verletzliche Person, die aber bei Bedarf aus sich rauskommt und über sich hinauswächst und wahnsinnig zäh und stur ist. Irgendwie wollte ich eine Mischung von Dingen, die ich mir da selbst noch nicht vorstellen konnte, und es war nicht leicht, anfangs über sie zu schreiben. Ich wußte genaugenommen nicht mal, wie sie nun wirklich aussieht - ich zeichne meine Charaktere ja auch immer und bei ihr hab ich, glaube ich, 5 Anläufe gebraucht, um ein Porträt hinzukriegen, das meiner Vorstellung am nächsten kam.
Sie hat auch Ecken und Kanten. Allerdings fand sie bisher jeder meiner Leser total nett und konnte viel mit ihr anfangen. Da müßte ich jetzt mal empirische Untersuchungen anstellen, warum genau ;)
Denn ich lasse sie durchaus auch manchmal anstrengend sein. Sie trägt schwer an ihrer Vergangenheit, boxt die unmöglichsten Dinge auch gegen Widerstand durch und hat Glück, daß sie so einen geduldigen Mann hat, denn andernfalls hätte er sie wohl schon längst erwürgt.
Der Leser aber seltsamerweise nicht.

Und deshalb denke ich, daß ein Autor "nur" seine Hausaufgaben machen muß. Es gilt, glaubhafte, schlüssige und tiefe Charaktere zu erfinden, finde ich... keine platten Abziehbilder. Wen reizen die? Ich denke durchaus, daß man auch vielschichtige Charaktere erschaffen kann, die den Lesern gefallen! Wichtig ist wohl immer, nachvollziehbar zu machen, warum ein Charakter wie handelt.
Weiß nicht, irgendwie war das immer die Disziplin, mit der ich am wenigsten Probleme habe. Manche Leute haben arge Schwierigkeiten, glaubhafte Charaktere zu erfinden - die hatte ich nie.
Warum das so ist? Ich hab keine Ahnung. Aber vielleicht geht's Stephenie Meyer und Co. ja auch so. Vielleicht machen die das gar nicht extra, vielleicht können sie es nur nicht besser ;D

(edit: Danke Alana ;D )

Angela

Vielleicht kann man da unterscheiden. Zum einen das Buch, in dem der Leser sich mit dem Prota identifizieren möchte, praktisch sein Leben erlebt, da muss die Figur eher eine positiv besetzte Schablone sein, die für fast jeden passt.
Oder den Charakterkopf, dessen Kämpfe und Erlebnisse man vom gemütlichen Sofa aus erlebt, der einem eher fremd ist und gerade deshalb fasziniert. Da braucht es einen mehr abgeklärten Leser für und das wird dann sicher eher selten der Superverkaufsschlager.

Alessa

Ich schließe mich Angelas Meinung an. Zum Beispiel bei Dan Brown. Robert Langdon ist in seinen Büchern sozusagen der Ruhepol, der auf den sich die Leser verlassen können, der Faden an dem sie sich praktisch entlanghangeln können. Seine Handlungen sind vorhersebar. Ich glaube fast, hätte er noch Ecken und Kanten, würde das dem Leser irgendwann auf den Geist gehen.
Ganz anders solche Geschichten wie Dr. House. Er bestimmt durch seinen eckigen Charakter die Handlung, er ist derjenige der die Zuschauer (in dem Fall) überrascht und immer wieder aufs neue Fesselt.

Rigalad

Ich glaube, es gibt aber auch im Fantasy Hauptcharaktere, die stark gezeichnet sind. Gwen aus der Smaragdgrün Reihe fällt mir da ein, oder Clary aus "Die Chroniken der Unterwelt". Nicht zu vergessen, Katniss aus den Hunger Games im dystopischen Bereich. Ich glaube, es lassen sich genauso viele Gegenbeispiele finden wie Positivbeispiele. Die Frage ist nur, ob da dieselben Zielgruppen angesprochen werden.

Ary

Mir sind die Ecken und Kanten auch lieber als die Schablonen. Bella fand ich fürchterlich, auch, weil sie irgendwie so naiv-dümmlich daherkam. Der eigentliche Held in den Hobbitszenen vom Herrn der Ringe ist Sam, auch wenn er nur eine Nebenfigur ist. In den Harry Potter-Büchern fand ich Ron und Hermine immer deutlich plastischer als Harry selbst. Bei Dan Brown (ich habe nur Sakrileg udn Illuminati gelesen) fand ich das Rätselraten selbst deutlich spannender als die rätselratenden Protagonisten.

Starke Fantasyfiguren, die ich wirklich gut finde, weil sie Ecken, Kanten und Schwächen und Fehler haben, sind zum Beispiel die Figuren in Lynn Flewellings Tamir-Trilogie. Bei Nightrunner ist es nicht so ausgeprägt, aber auch da finde ich noch Charaktere, die diese Bezeichnung verdienen.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Nirathina

Oh, ich hasse hohle Protagonisten  ::)

Wobei man auch wieder zwischen hohlen und gradlinigen Protagonisten unterscheiden muss, denke ich. In meinen Augen ist Bella hohl, weil sie mit sich spielen lässt wie ein Püppchen und eigentlich nur Edward hinterhertingelt, und Harry ist gradlinig, weil man seine Hitzköpfigkeit kennt und er sich darin nicht verändert.

Das dazu. Aber es ist tatsächlich war: komplexe Protagonisten laufen einem selten über den Weg. Meist sind es die Freunde der Protagonisten ("die rechte Hand des Helden"), die für einen entsprechenden Kick sorgen und so stark herausgearbeitet werden, dass man die Dummheiten des Hauptdarstellers meist nicht mehr bemerkt. Was das im Bezug auf Dan Brown bedeutet: Ich finde Robert Langdon als Handlungsträger vom Intellektuellenschlag interessant, aber viel besser finde ich seine Gegenspieler und ihre Perspektiven  :snicker:

Wobei ich zugeben muss, dass Valery, die Prota meiner Barden, mir anfangs auch ziemlich hohl vorkam  ??? Ich dachte nur: Mein Gott, was hast du denn da für eine? Aber je länger ich sie gequält und damit vom verwöhnten Stadtgör zur Kämpfernatur habe werden lassen, desto besser gefiel sie mir. Aber ich denke, als Autor fällt einem diese Hohlheitskultur selbst nicht so leicht ins Auge, weil man seine Charaktere eben gern hat.

Ein großes Problem sehe ich speziell darin, einen erwachsenen Charakter zu beschreiben, der seine Lebensmitte erreicht hat und sich *theoretisch* nicht weiterentwickelt. Natürlich entwickelt er sich weiter, aber die Frage ist: In welche Richtung? Und: Wie stark? Denn pubertierende Jugendliche stehen nicht so fest im Leben wie ein Erwachsener es *theoretisch* tun sollte. Deshalb finde ich erwachsene Protas manchmal gradlinig, aber nicht hohl.

Ach herrje, das ist so eines dieser "unendliche Geschichte"-Themen. Danke für den Anstoß, Alana  :jau:

Kisara


Zu Bella werde ich nichts sagen, denn ich glaube es gibt den ein oder anderen Twilight-Fan hier im Forum und wenn ich anfange, höre ich a)nicht mehr auf und b)wird der Thread dann wohl zum Schlachtfeld. Meine Meinung zu Stephanie Meyer ist... sagen wir deutlich.

Aber zum Thema zurück:
Dass wir uns im O-Ton alle irgendwo einig sind, ist ja schon klar geworden. Wir alle hassen platte Charas, die eigentlich nur Namen auf dem Papier sind und das ein oder andere machen, von denen wir die meisten aber auch ohne Probleme wieder vergessen könnten.

Ich denke, es geht dabei sowohl um den Typ Autor, der dahinter steht. Ein Prota, der keine Ecken und Kanten hat, ist viel handzahmer. Du musst nicht darüber nachdenken, ob es zu ihm passt in dieses Drachenmaul zu springen oder ob er sagt: "Ich? Den einen Ring nach Mordor bringen? Ihr seid lustig!"
Mit solchen platt-Protas kannst du alles machen und du kannst sie einfach runter schreiben.

Viel Schuld liegt aber meiner Meinung nach auch bei den Verlagen.
Dazu hole ich ein wenig weiter aus, wenn legitim:
Eine kanadische Bekannter von meiner Kommilitonin hat einen Roman (selbst-)veröffentlich. Wieso hat sie das getan? Weil jeder Verlag ihr gesagt hat:
"Oh mein Gott! Sowas verlegen wir nicht! Wie stehen wir denn dann beim Leser da?!"
Dieses entsetzliche sowas ist die Tatsache, dass ihr Prota schwul ist. Punkt. Er hat keine Liebschaft in dem Roman, es spielt kaum eine Rolle. Er sagt es nur irgendwo mal einem Mädel, das ihn anflirtet.
Der Knackpunkt ist: Sie hätte den Roman bei verschiedenen Verlagen unterbringen können, wenn sie den homosexuellen Prota in entweder eine Frau oder einen heterosexuellen Mann umgebaut hätte.

Dieses Beispiel unterstreicht für mich, wie sehr sich Verlage davor fürchten, mal aus ihrem Sandkasten von bewehrten Normen und Geschichten auszubrechen und etwas "Neues" zu versuchen. Ich möchte nicht sagen, dass ein auf den Kopf gekrempeltes Liebesleben jetzt so neu ist, aber wie viele Bestseller-Protas fallen euch ein, die nicht nach demselben 08/15-Muster gestrickt sind und auch nach diesem lieben? Mir persönlich keiner.  :no:

Dass man jetzt auch noch beim Autor unterscheiden kann in die Sorte: "Ich will um jeden Preis veröffentlichen!" und in die Sorte: "Ich schreibe, weil es mir Spaß macht und hey, vielleicht veröffentliche ich irgendwann auch mal was." muss ich hier wohl nicht durchkauen. Ich mache die Erfahrung, dass viele Autoren sich regelrecht prostituieren, um eine Auflage von 100 oder 200 Büchern  zu bekommen - ganz egal, ob die Änderungen und Einschränkungen des Verlags ihre Werke komplett zerstückeln oder nicht.

Ich werde es daher einfach weiter so halten wie ich es immer tue: Ich schreibe, wozu ich Lust habe. Ich provoziere gerne. Ich werde weiterhin schwule Pärchen haben, gewisterlichen Inzest und misshandelte Charaktere. Ich werde weiterhin über Blut, Mord und Totschlag schreiben, über unmenschliche Prüfungen und ein sehr kaputtes Leben.
Und wenn ich niemals veröffentliche, ja, dann ist das halt so. Lieber das, als das man mir später nachsagt: "Sie war eine ganz Große. Und ihre Protas waren auch immer aalglatt und... öhm... wie hießen die noch und worum ging´s überhaupt?"

@Nirathina:
Ich finde, dass ein Prota sich nur dann nicht weiter entwickelt, wenn man ihm keine Herausforderungen stellt. Bei einem Erwachsenen muss ich vermutlich tiefer in die Trickkiste greifen, als bei einem Jungspund, aber das macht doch grade den Reiz aus.  :vibes:

Ich glaube, viele trauen sich einfach nicht, ihren Protas wirklich Gewalt an zu tun. Sie haben Mitleid mit den Figuren und denken: Das kann ich nicht machen!
:psssst: Doch!
Ein nicht gequälter Prota ist langweilig und ein nicht gequälter Prota bleibt stehen in seiner Welt!

*großes Päckchen auf die Datenautobahn zerr* SO, einmal Peitschen, Büchsen der Pandora und Wundsalbe, aber auch Zuckerbrot für alle Autoren, die ihre Protas mal härter anfassen wollen/müssen! Bedient euch!

Erdbeere

Uiui, tolles Thema!

Ich schliesse mich Nira an, denn auch ich finde, man sollte zwischen hohlen und geradlinigen Charakteren unterscheiden. Eragon z.B. ist hohl und völlig flach, Sonea geradlinig, weil sie stur eine Linie verfolgt und kaum unerwartete Dinge tut. Der eine Charakter langweilt schnell, der andere zieht die Handlung mit (wenn das Buch denn gut geschrieben ist).
Als Beispiel für eine völlig verschrobene Hauptfigur in einem Bestseller nenne ich mal Monza Murcatto aus Best Served Cold von Joe Abercrombie (ich glaub, Racheklingen auf Deutsch) - von Anfang an ist sie so rachedurstig und kaputt, dass man sie entweder nur lieben oder hassen kann.

Die Frage ist jedoch, warum haben so viele Bestseller platte Charaktere? Wenn man es so interpretiert, dass ein platter Hauptcharakter Erfolgsgarant ist, dann gute Nacht, ich höre auf mit Schreiben. Die Leser können doch nicht auf solche hohlen Figuren reinfallen, oder? Oder ist es eher so, dass sich der Leser dann mehr mit einer Figur identifizieren kann, gerade weil sie flach ist und dementsprechend mehr Projektionsfläche bietet?
Trotzdem gibt es genügend Gegenbeispiele, die mir dann wieder versichern, dass es eben auch anders geht. Die Serie "Dexter" z.B., oder "Das Lied von Eis und Feuer", alles von Steven King,...

Für einen Autor ist es schwierig, richtig schön komplexe Charaktere mit ihren Ecken und Kanten zu schaffen. Das merke ich jedes Mal selber - da meldet sich eine Figur, stellt sich vor und ich stelle fest, die ist völlig lahm. Also muss ich zuerst ziemlich viel Zeit investieren, um die Figur zu "pimpen". Ich gebe ihr eine Vergangenheit, vielleicht sogar ein dramatisches Ereignis, Vorlieben, Abneigungen, Motive, Flausen, Dummheiten, eine Sucht (und sei es nach Schokolade) etc. pp.
Aufpassen sollte man natürlich, dass man keine Mary Sues oder Gary Stus erschafft.


@Kisara:
Typisch, würde ich sagen. Klar, Kanada ist nicht die USA, aber trotzdem davon beeinflusst. Wenn es nicht gerade von einem Briten geschrieben wurde, suchst du vergeblich nach einem Buch mit einem schwulen Protagonisten. Lafayette in den Sookie Stackhouse Büchern (und der TV-Serie) z.B. finde ich derart überzeichnet und klischeehaft, dass es mich jedes Mal schaudert. Da schaue ich lieber nach Japan, die haben da weniger Probleme mit dem Thema.

Michaela

@Kisara, das hört sich ein bisschen so an, als wärst Du der Meinung, Autoren die Charas für das breite Publikum entwerfen, wären nur darauf aus veröffentlicht zu werden?

Könnt Ihr Euch wirklich einen Sam als Hauptchara in der Herr der Ringe vorstellen? Hauptcharas zeichnet zu aller erst ihr Potenzial zum durchhalten aus. Sie werden komme was wolle ihr Ziel verfolgen und es nie aus den Augen verlieren. Sie werden alle Konsequenzen ziehen um ans Ziel zu gelangen. Viele der von Euch erwähnten Charas sind alles andere als stereotyp, sonst wären sie nicht so erfolgreich geworden. Immerhin sind sie auch Euch im Gedächtnis geblieben, ob positiv oder negativ spielt keine Rolle. Was ich sagen will, ein wirklich starker Charakter zeichnet sich dadurch aus, das ihm kein Opfer zu groß sein wird. Harry Potter wird alles tun um seine Freunde zu schützen und den Tod seiner Eltern zu rächen. Er stellt sich am Ende sogar seinem größten Feind, obwohl er weiß, das er sterben wird. Ein hohler Charakter würde das wohl kaum tun.
Frodo zeichnet sich vor allem dadurch aus, das er egal was er durchlebt, immer das Ziel verfolgt den Ring zu zerstören. Sam hält nur Frodos willen bis zum Ende durch. Sam zeichnet vor allen Dingen seine tiefe Freundschaft zu Frodo aus, das macht ihn so sympatisch. Aber damit gewinnt man diesen Krieg nicht.  ;)

Einer meiner liebsten Charas ist Sherlock Holmes er ist ebenfalls ein sehr extremer Chara.

LG Michaela


Erdbeere

@Michaela: Deswegen unterscheiden Nira und ich zwischen hohl und geradlinig. Frodo und Harry sind geradlinig, weil sie, wie schon gesagt, ein Ziel stur und geradlinig verfolgen. Hohl ist eine Figur, wenn sie mit sich machen lässt und kaum etwas treibendes zur Handlung beisteuert. Bella Swan ist da ein gutes Beispiel. Die "ist" einfach.

Thaliope

Auch wenn ich jetzt Gefahr laufe, mich hier verprügeln zu lassen ...  ;D
Ich glaube, dass komplexe Charaktere manchmal echt überschätzt werden. Ich hab mal - weiß nur gerade leider nicht mehr wo - die Faustregel gelesen, dass entweder ein gewöhnlicher Charakter in eine ungewöhnliche Situation kommt, oder eben ein ungewöhnlicher Charakter mit einer gewöhnlichen Sitation klarkommen muss.

Da die meisten Geschichten, die wir so lesen und schreiben, ja möglichst ungewöhnlich sein sollen, finde ich persönlich es gar nicht so schlimm, wenn die Hauptfigur einigermaßen schlicht gezeichnet ist. Dann dient sie dazu, uns die Geschichte aus seiner Sicht erleben zu lassen, wir sehen sozusagen durch seine Augen, und können uns eben leichter mit ihm identifzieren und so tun, als würden wir die Geschichte selbst erleben, wenn sein Charakter nicht allzu komplex auserzählt wird.

Nur ein Gedanke von der anderen Seite :)
Wahrscheinlich geht es wieder mal darum, den richtigen Mittelweg zu finden. :)

LG
Thali