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(Unnötige?) Ausführlichkeit bei Beschreibungen

Begonnen von AZI, 25. Mai 2006, 18:12:41

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Schelmin

Hallo!
Gerade schreibe ich viele Kurzgeschichten und muß mich einer max. Anschlags/Seitenzahl beugen. Da muß ich oft entscheiden, welches Detail ich noch rausschmeiße, bzw, wo was fehlt, und was man stattdessen rausschmeißen kann, um auf das Maximum zu kommen. Das ist keine schlechte Übung, weil man sich sehr auf das Wesentliche konzentrieren muß, das die Geschichte ausmacht. Trotzdem bin ich bei Romanen froh, ein bißchen mehr Freiraum zu haben.
Schelmin

Rei

Zuviel der Kürzerei ist aber auch nichts. Das klingt dann meist so abgehakt und kurz angebunden. Als ob die Geschichte noch nicht fertig wäre...

lapaloma

Das Leben ist zu kurz um langweilige Bücher zu lesen.
Wenn mich ein Roman seitenlang mit Details und Erklärungen langweilt, so lege ich ihn zur Seite.
Ich gebe dem Autor keine drei Seiten um zur Sache zu kommen. Ein guter Roman muss den Leser bereits auf der ersten Seite packen. Darum: Details so wenig wie möglich!
Grüsse, Sid

Moni

Ich handhabe es mit Details so, daß ich mir überlege, was ich an Stelle des Lesers eventuell wissen will. Das schreibe ich dann zunächst auf und einige Zeit (Tage oder auch Wochen) später, packe ich den Text nochmal an und merke schnell, ob ich zu detailiert bin oder zu fahrig.

Dabei muß ich mich immer wieder bremsen, da ich ziemlich detailverliebt bin und gerne Dinge haarklein auseinandernehme. Das ist in manchen Szenen passend, in anderen wiederum nicht. Wenn sich diese Szenen die Waage halten, ist es gut.

Lg
Moni
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Antigone

Hallo!

Mit was für komischen Überlegungen ich mich immer herumplage.... Wie haltet ihr das so mit den Beschreibungen eurer Protas - was das Aussehen betrifft.

So Dinge wie Augen- und Haarfarbe, Körpergröße und ungefähre Gestalt dürften ja zum Standard gehören. Bei Frauen kommen dann auch gerne noch die Länge der Wimpern, Form von Mund und Nase und die Körbchengröße dazu.

Männer werden da schon viel stiefmütterlicher (oder -väterlicher?) behandelt. Oder habt ihr euch schon jemals über die Form der Lippen eures Helden ausgelassen? Außer natürlich, es handelt sich um einen Lustknaben.... Oder - ganz konkret - würdet ihr zb. beschreiben, ob der Held Haare auf der Brust hat? (nicht lachen jetzt!)

Aber warum ist das so? Hat man Angst, den Leser mit zu ausführlichen Beschreibungen zu langweilen? (dabei sollte man natürlich nicht ins Diana Gabaldon-Extrem verfallen, die sich eine halbe Seite über die Farbe von Achselhaaren auslassen kann...). Oder klingen "Körper"beschreibungen über Männer einfach nur komisch? Weil man es nicht gewohnt ist, Männer allzu sehr über das Aussehen zu definieren? Vor allem dann nicht, wenn es sich um "richtige" Männer handelt, und eben nicht den schon erwähnten Lustknaben.

Ihr seht schon, mein Problem geht eher in die Richtung der BEschreibung von Männern.... Wie macht ihr das?

Lg, A.

Ary

Hi,
sowas wie Köperbehaarung wüde ich nur dann erwähnen, wenn sie wichtig wird oder auffällig zu sehen ist. Wenn zum Beispiel der Held in den Bach springt, um sich zu baden, und die zusehende, errötende Heldin den Wald zu sehen bekommt, der auf seinem Oberkörper sprießt.

Was ich gern erwähne udn beschreibe, sind auch bei Männern Details. Kräftige, aber doch schmale Hände zum beispiel, Hände, denen anzusehen ist, dass ihr Besitzer ein Kämpfer oder Handwerker ist. Sinnlich Lippen gibt es bei mir hin und wieder auch zusehen (bei Protagonisten beiderlei Geschlechts).

Ich beschreibe lieber Details, die ich hier und da einstreue, so dass sich beim Leser langsam das Bild des Protagonisten ausbildet. Manchmal wirds aber auch schon mal ein bisschen ausführlicher.

Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Lavendel

Ich beschreibe sicher nicht die Lippenform meiner Protagonistinnen und ich rede auch nicht über ihre Körbchengröße - es sei denn, der entsprechende Charakter interessiert sich aus irgendeinem Grund besonders für entsprechende Körperpartien. Ich mit kann ausfürlichen Personenbeschreibungen sowieso nicht viel Anfangen. Die wichtigsten Details werden eingestreut, den Rest dürfen sich die LeserInnen schön selbst denken.

Antigone

Zitat von: Lavendel am 15. November 2007, 21:12:25
Die wichtigsten Details werden eingestreut, den Rest dürfen sich die LeserInnen schön selbst denken.

Naja, aber wenn DU ein ganz bestimmtes Bild vom Prota hast, möchtest du dann nicht, dass die Leser ihn oder sie ganz genau so sehe wie du?

Lg, A.

Linda

Mh - mir ist es immer sehr wichtig, dass die Leser meine Helden "von innen" kennenlernen. Äußerlichkeiten sind irgendwie beliebig und oft genug stellen sich die Leute die Figuren sowieso nach Geschmack vor ("oh, das war ein Elf?".
Für mich ist Schreiben nicht: "ich zwinge allen meinen Film auf" (dann wäre ich nicht Autor geworden, sondern Filmemacher) sondern ich erzähle eine Geschichte, die es dem Leser erlaubt, seinen eigenen Film ablaufen zu lassen. Und daher gehe ich selten über die unabdingbaren Attribute (Haare, Augen, Körpergröße, Geschlecht - wenn erkennbar - Statur, Kleidung - aber nie alles auf einmal) hinaus, flippe selbst auch über Beschreibungsabsätze und -Seiten hinweg. Und da mache ich bei Männlein oder Weiblein keine Unterschiede (bilde ich mir ein).

Gruß,

Linda

Maja

Da ich für gewöhnlich aus der Perspektive meiner Helden schreibe und meine Helden wissen, wie sie selbst aussehen, spare ich mir viel an Beschreibungen, es sei denn, es fällt ihnen gerade etwas besonderes auf, oder sie stehen vor dem Spiegel und ergötzen sich an ihrem eigenen Anblick.
Von meinem gegenwärtigen Helden Nomi wissen wir also bislang, daß er silberweißes Haar hat und ihm sein Aussehen ansonsten egal ist.
Figuren beschreibe ich immer nur dann etwas ausführlicher, wenn sie selbst für den Helden neu sind. Dann erwähne ich meistens die Farbe und Form der Augen, die Form des Gesichts, die Statur, den Teint und, wenn vorhanden, Tatoos und Verstümmelungen. Den Rest können sich meine Leser selbst denken. Die Länge der Wimpern habe ich noch nie erwähnt - aber wenn ein Charakter gar keine Wimpern hat, würde ich das natürlich erwähnen.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Coppelia

#25
Ich glaube nicht, dass es etwas beim Aussehen gibt, das man wegen des "guten Tons" vermeiden sollte zu schreiben. Körperbehaarung jedenfalls kann man ruhig beschreiben, meiner Meinung nach, jedenfalls, wenn diese Beschreibung ihren Sinn hat.

Den Perspektiventräger sein Aussehen beschreiben zu lassen, ist immer ein Kunststück, erst recht beim Ich-Erzähler. Damit habe ich auch meine Probleme. Ich lasse meine Figuren dann aber extra nicht in den Spiegel sehen. Bzw. wenn sie in den Spiegel sehen, dann höchstens, um etwas Bestimmtes an ihrem Aussehen zu überprüfen, und nicht, um festzustellen, dass sie schwarze Locken haben - o Wunder! ;)

Ich habe ein ganz deutliches Bild meiner Figuren vor Augen. Daher kann ich mir auch immer genau vorstellen, was an der Figur gerade auffällt. Wenn man einen Menschen zum ersten Mal sieht, müsste die Augenform oder Wimpernlänge schon besonders interessant sein, um erwähnt zu werden. Dagegen haben manche Menschen wirklich interessant geformte Lippen ... und bei einer Figur gehören tatsächlich die behaarten Arme zu den ersten Dingen, die mir an ihr auffallen. ;D Aber ich beschreibe wirklich nicht jede Einzelheit. Das ist bei mir wieder eine Perspektivensache: Es muss schon eine besondere Szene sein, in der jemand sein Gegenüber mit so intensivem Blick "scannt", dass jede Kleinigkeit auffällt.
Die Augenfarbe finde ich gar nicht so wichtig - wie oft trifft man fremde Leute und nimmt ihre Augenfarbe gar nicht wahr? Ziemlich oft.
Da ich fast nie perfekt aussehende Figuren habe, sondern all meine Leute recht normal und teilweise hässlich aussehen, erübrigen sich solche Beschreibungen wie mit den Händen oder der Oberweite meist ...

Dorte

Da ich festgestellt habe, dass ich äußerliche Beschreibungen in Büchern meistens rigoros überlese (von sehr markanten Details sehen wir mal ab), beschreibe ich bei mir gar nicht erst viel. Eigentlich nur das, was wichtig ist. Meine Protagonistin in den Harzbüchern wird überhaupt nicht beschrieben - ist völlig egal, wie sie aussieht. Sie ist zehn Jahre und weiblich, mag sich der Leser dabei denken, was er will...
Bei anderen Geschichten ist das Aussehen oft wichtiger, wenn sie in meiner Welt spielen, denn dort geht es oft um Konflikte zwischen ethnischen Gruppen, Volksstämmen oder "Rassen", die sich natürlich typisch menschlich durch Äußerlichkeiten abgrenzen. Dann benutze ich das Aussehen gleich, um Zugehörigkeit, Andersartigkeit oder Vorurteile zu beschreiben oder auch individuelle Besonderheiten wie etwa eine extrem seltsame Augenfarbe, die die Person in der Gemeinschaft immer wieder auffallen lässt.
Ansonsten kann ich nach wie vor mit Beschreibungen wie "markantes Kinn" meist wenig anfangen und lese so drüber hinweg...

Nitewolf

Die Frage ist, doch letztlich, was du dem Leser vermitteln willst, deine Vorstellung der Charaktere und deine Schönheitsideale, oder eine Charakterisierung des Charakters.

Ich zwinge dem Leser ja gerne meinen Kopf-Flim auf, was aber vermutlich nicht sehr intelligent ist.

Du musst dir im klaren darüber sein, dass du dir deinen Char so vorstellst, weil du mit dem Aussehen was verbindest, das andere Leser vielleicht ganz anders assoziieren.
Für dich ist vielleicht ne behaarte Brust das Epitom der Männlichkeit sein, für ne andere Leserin ist es einfach nur eklig.

Ich würde das Aussehen in dem Masse beschreiben, in dem es dir - warum auch immer - wirklich wichtig ist.

Ich beschreibe im übrigen Männer und Frauen gleich ausführlich, was allerdings weder Lippenform noch Körperbehaarung umfasst. Interessiert mich einfach nicht.

Grey

Zitat von: Lavendel am 15. November 2007, 21:12:25
Die wichtigsten Details werden eingestreut, den Rest dürfen sich die LeserInnen schön selbst denken.

Mmh-hmm... AUSSER bei Khamui ... ::)

Wobei zu bedenken ist, er hat ein außergewöhnliches Erscheinungsbild, daher ist eine genauere Beschreibung meiner Ansicht nach schon einigermaßen sinnvoll. Zumindest rede ich mir das ein. ;D

Womit ich sagen will: Ich denke, man muss hier auch unterscheiden zwischen "normalen" menschlichen Charakteren, wo die Lesenden sicher keine Probleme haben, sich aus wenigen markanten Details ein komplettes Bild zu basteln (jeder sein eigenes, und das finde ich auch gut so)
und anderen, wo man dann schon mal ein detaillierteres Bild zeichnen darf.

Warlock

Ich finde einen gewissen Teil sollte man auch der Fantasie des Lesers überlassen!  :jau: