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Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?

Begonnen von Farean, 10. April 2011, 10:47:19

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Farean

Hallo zusammen,

beim Überarbeiten meines letzten Exposés ging mir immer mehr die Frage durch den Kopf: Ist das, was ich hier mache, für meine persönlichen Ziele überhaupt zielführend?

Die Überlegung dahinter: was suchen eigentlich die Verlage, und was kann/will ich bieten (und umgekehrt)?

Auch hier bitte ich wieder alle, die sich mit dem geschäftlichen Teil des Literaturbetriebes besser auskennen als ich, eventuelle Irrtümer meinerseits zu korrigieren.

Was die Verlage suchen:

  • zuverlässige Lieferanten für Lektüre, die dem aktuellen Lesergeschmack entspricht.
  • solide Handwerker, die kompromißbereit und flexibel genug sind, auf die Marktentwicklung einzugehen.

Was die Verlage bieten:

  • Die Möglichkeit, mit meinen Geschichten eine große Anzahl Leser zu erreichen.
  • Ein Verdienst als Autor, das zumindest über ein "Taschengeld" hinausgeht.
  • Die (wenn auch geringe) Chance, "reich und berühmt"TM zu werden.
  • Juristischen Schutz meines geistigen Eigentums gegen Plagiate und illegale Verbreitung.
  • Bekanntheit meiner Person als Autor.

Meine Beobachtung: aus der zweiten Liste wäre ich mit Punkt 1 und 4 voll und ganz zufrieden. Punkt 2 wäre nett, Punkt 3 natürlich der Jackpot, aber Punkt 5 ist mir im Grunde relativ egal; für die Verlage, die einen Autor als "Marke" aufzubauen versuchen, hingegen einer der Kernpunkte.

Meine Situation würde ich folgendermaßen zusammenfassen: "Ich habe ein paar Bücher geschrieben und möchte damit Leser erreichen. Dabei möchte ich sichergehen, daß nicht einfach jemand von mir abschreibt, mein ursprüngliches Werk verfälscht und mit seiner Version meine verdrängt." Voilà tout.

Meine Kompromißbereitschaft, auch das habe ich in letzter Zeit in zunehmendem Maße bemerkt, hat seit den ersten Tagen mit den ganz dicken Rosinen im Kopf stark nachgelassen. Ich behaupte: ja, ich schreibe handwerklich solide genug, um den Anforderungen der Verlage gerecht zu werden. Aber wenn ich ohnehin nicht davon leben kann, sondern das Schreiben eigentlich nur aus Leidenschaft betreibe, warum soll ich mir dann dabei "reinreden" lassen? Sicher, ich wäre bereit, wenn ich gerade Leerlauf hätte, mir Anregungen für ein "Könnten Sie nicht mal über Thema XY schreiben" zumindest durch den Kopf gehen zu lassen. Bei einem bereits fertigen Werk ließe ich auch mit mir über Sprache und Stil reden. Aber die Vorstellung, eines meiner fertigen Bücher inhaltlich noch mal zu verändern und meine Charaktere etwas anderes erleben zu lassen als das, was sich in meinem Kopfkino abgespielt hat - und sei es nur in Details -, verursacht mir Magenkrämpfe. Wenn ich die Chance habe, mit meinen unverfälschten Werken 100 Leser zu erreichen oder mit einer an den Publikumsgeschmack angepaßten Version 10000 Leser, dann ziehe ich ersteres vor.

Wenn ich also aus dem Angebot der Verlage nur die Punkte 1 und 4 überhaupt brauche, stellt sich mir die Frage: ist es für mich den Aufwand wert, Exposés zu schreiben, hinauszusenden, Ablehnungen zu schlucken, mit Agenten und Lektoren zu diskutieren? Oder gibt es eine Alternative, mit der ich diese beiden Punkte einfacher und schmerzfreier erreichen kann, z.B. über das Internet?

Ich möchte mein Posting nicht als Rant gegen "die Verlage" mißverstanden wissen. Der Literaturbetrieb funktioniert auf eine bestimmte Weise, und wer daran erfolgreich teilnimmt und damit glücklich und zufrieden ist, hat meinen größten Respekt. Ich möchte lediglich wissen, und zwar aus der Warte derer, die mit dem Literaturbetrieb andere Erfahrungen gesammelt haben als ich: sehe ich die Lage zu schwarz? Beurteile ich die Verlage falsch, und meine Chancen sind in Wahrheit größer, die Kompromisse kleiner, als es mir erscheint? Oder wäre es in meinem Fall tatsächlich sinnvoller, dem etablierten Literaturbetrieb den Rücken zu kehren, mir eine bescheidene Präsenz zur Online-Veröffentlichung aufzubauen, und gut ist?

Viele Grüße,

  Farean

Sven

Hallo Farean!

Ich glaube Du vergisst dabei, dass sich die einzelnen Punkte untereinander bedingen. Wenn Du bekannt bist, erreichst Du viele Leser. Hast Du viele Leser, verdienst Du mehr Geld. Verdienst Du mehr Geld, wird der Verlag durch Werbung versuchen, das Geld wieder reinzubekommen, wodurch Dich noch mehr Leser kennenlernen.
Seinen Bekanntheitsgrad wird man in der Regel langsam aufbauen müssen. Ich denke nicht, dass man die einzelnen Punkte einfach voneinander trennen kann.
Beste Grüße,
Sven

Grey

Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19
Aber wenn ich ohnehin nicht davon leben kann, sondern das Schreiben eigentlich nur aus Leidenschaft betreibe, warum soll ich mir dann dabei "reinreden" lassen? [...] Aber die Vorstellung, eines meiner fertigen Bücher inhaltlich noch mal zu verändern und meine Charaktere etwas anderes erleben zu lassen als das, was sich in meinem Kopfkino abgespielt hat - und sei es nur in Details -, verursacht mir Magenkrämpfe. Wenn ich die Chance habe, mit meinen unverfälschten Werken 100 Leser zu erreichen oder mit einer an den Publikumsgeschmack angepaßten Version 10000 Leser, dann ziehe ich ersteres vor.

Ich wage mal zu behaupten, dass du es mit dieser Einstellung im professionellen Literaturbetrieb auf jeden Fall sehr schwer haben wirst - allein bei der Suche nach einer Agentur. Klar hat man als Autor seine Kopfkinder und es erfordert einiges an Überwindung, sich "reinreden" zu lassen, wie du es nennst. Aber ich persönlich sehe es so: Ich halte mich selbst nicht für so genial, dass meine Geschichten perfekt sind - auch nicht inhaltlich. Agenten und Lektoren kennen den Markt sehr viel besser und länger als ich und kennen sich zudem gut damit aus, wie Geschichtenerzählen funktioniert. Sich ihre Ratschläge anzunehmen, wie ein Roman besser werden könnte, ist eine Chance, und es bedeutet für mich einfach nicht, sich zu verbiegen, sondern etwas zu lernen. Vielleicht hatte ich mit meinen Lektoren und meiner Agentin auch einfach zu großes Glück, wer weiß. Ich jedenfalls bin froh, mit professioneller Unterstützung an meinen Geschichten arbeiten zu dürfen. Ich bin aber auch selbstbewusst genug, zu wissen, ab welchem Punkt ich die Bremse ziehen muss, damit es immer, *immer* auch meine Geschichten bleiben.

Letztendlich ist es bei der Zusammenarbeit mit Verlagen ja irgendwann auch so, dass man eben nicht mehr im stillen Kämmerlein ein Manuskript schreibt und es in fertigem Zustand anbietet, sondern man entwirft ein Konzept, stellt es vor und schreibt es nur dann, wenn der Verlag es auch kauft.

Und ja, da der Verlag Geld dafür bezahlt, hat er natürlich auch ein gewisses Mitspracherecht. Da muss man eben schon einen Weg finden, künstlerische Selbstverwirklichung und Verlagsbedürfnisse unter einen Hut zu bekommen.

Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19
Ich möchte mein Posting nicht als Rant gegen "die Verlage" mißverstanden wissen. Der Literaturbetrieb funktioniert auf eine bestimmte Weise, und wer daran erfolgreich teilnimmt und damit glücklich und zufrieden ist, hat meinen größten Respekt. Ich möchte lediglich wissen, und zwar aus der Warte derer, die mit dem Literaturbetrieb andere Erfahrungen gesammelt haben als ich: sehe ich die Lage zu schwarz? Beurteile ich die Verlage falsch, und meine Chancen sind in Wahrheit größer, die Kompromisse kleiner, als es mir erscheint? Oder wäre es in meinem Fall tatsächlich sinnvoller, dem etablierten Literaturbetrieb den Rücken zu kehren, mir eine bescheidene Präsenz zur Online-Veröffentlichung aufzubauen, und gut ist?


Hm, nicht kompromissbereit zu sein ist zumindest bei den großen Publikumsverlagen sehr schwierig. Was nicht heißt, dass ich deinen Punkt nicht irgendwo verstehe.
Aus meiner Erfahrung sehe ich es so, dass die vorgeschlagenen Änderungen nie so groß waren, dass ich mich nicht damit hätte anfreunden können. Teilweise waren die Vorschläge sogar wirklich genial und haben meine Geschichte um ein Vielfaches besser gemacht. Aber das ist einerseits sicher eine Sache des persönlichen Empfindens - und ich habe Zeit meines Lebens meist meine Geschichten in Zusammenarbeit mit Anderen entwickelt - und andererseits laufe ich auch bisher meist offene Türen ein. Ist also sicher auch eine Glücksfrage.

Lomax

Nun, zunächst ist mal anzumerken, dass Punkt 1-1
Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19zuverlässige Lieferanten für Lektüre, die dem aktuellen Lesergeschmack entspricht.
... nur sehr eingeschränkt gilt. Zumindest dann, wenn man von "dem Lesergeschmack" spricht. Es gibt nämlich viele Verlage mit unterschiedlicher Ausrichtung, die unterschiedliche Geschmäcker bedienen. Man kann also davon ausgehen, sofern eine wie auch immer relevante Menge an Lesern vorhanden ist, die sich für irgendwas interessiert, gibt's auch den Verlag, der sie besser erreichen kann als man selbst; auch für mehr künstlerische Werke jenseits des "soliden Handwerks". Notfalls ein kleiner Verlag, wenn die Zielgruppe entsprechend klein ist.
  Aber damit ist es schon mal ein Widerspruch an sich, Punkt 2-1
Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19Die Möglichkeit, mit meinen Geschichten eine große Anzahl Leser zu erreichen.
... erreichen zu wollen, wenn man von vornherein schon ausschließen muss, das man mit seinen Werken sinnvollerweise einen Verlag erreichen kann. Umgekehrt, wenn man glaubt, ohne Verlage eine zufriedenstellende Anzahl Leser erreichen zu können, lohnt sich schon die Suche nach einem Verlag.

Auch Punkt 2-4
Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19Juristischen Schutz meines geistigen Eigentums gegen Plagiate und illegale Verbreitung.
... ist ohne Verlag nicht so einfach zu erreichen. Denn das offensichtlich "illegale" abschreiben dürfte an den Dingen, die dir passieren können und die ärgerlich sind, faktisch bedeutungslos sein. Denn was man nicht vergessen sollte: Ideen sind nicht geschützt. Solange nicht ein anderer wirklich abschreibt und deinen Text inklusive Namen und wörtlicher Formulierung übernimmt, kann sich jeder andere Autor fast beliebig eng an deine Vorlage anlehnen, und rein juristisch kannst du ihm dafür gar nichts. Kann auch der Verlag nicht. Nicht umsonst ist der Markt voll von "ähnlichen" Büchern, und liest man regelmäßig von Plagiatsklagen, die einfach im Sande verlaufen. Wenn es also das ist, vor dem du dich schützen willst:
Zitat von: Farean am 10. April 2011, 10:47:19Dabei möchte ich sichergehen, daß nicht einfach jemand von mir abschreibt, mein ursprüngliches Werk verfälscht und mit seiner Version meine verdrängt."
... dann geht das eigentlich nur mit einem Verlag. Denn die beste und einzig praktikable Chance, sich davor zu schützen, dass ein sehr ähnliches Werk das eigene verdrängt, hat man dann, wenn man das eigene Werk so gut am Markt platziert hat, dass es zuerst wahrgenommen wird und dadurch die Chance erhält, die Nr. 1 zu werden. Ansonsten schützt dich nichts davor, dass ein Autor dein Buch zwar nicht abschreibt, aber sich daran anlehnt, damit einen Verlag findet - und dann aufgrund der besseren Marktstellung des Verlags ganz von selbst deinen Titel aus der Aufmerksamkeit des Publikums verdrängt. Bis hin zu dem Punkt, wo jeder Leser, der später noch über deinen Text im Netz stolpert, dich für den Plagiator hält, der sich an den erfolgreicheren Titel anhängen wollte.
  Je größer der Verlag, je bekannter die Veröffentlichung, umso größer ist zwar nicht der Schutz vor echten Plagiaten, aber umso größer ist der Schutz davor, dass man nicht schlechter dasteht als ähnliche Werke, die später erscheinen.

Und, wie gesagt, es gibt viele Verlage, und jede Verlagszusammenarbeit ist anders, auch was die "Kompromisse" angeht. Ich habe das Gefühl, das wird überschätzt - nicht zuletzt darum, weil allzu viele Hobbyautoren auch gerne ihre handwerklichen Fehler als "künstlerische Freiheit" verteidigen wollen. Auch Fehler wohlgemerkt, für die sie sich selbst zwei Jahre später schämen und wo sie eine Änderung nur in der ersten Aufregung als "Kompromiss" empfinden.
  Ich für meinen Teil kenne es aus zehn Jahren Praxiserfahrung nur so, dass die Fälle, in denen der Autor gegen den Rat des Verlags selbst blödsinnige Manierismen durchbringt, deutlich häufiger vorkommen als solche Fälle, in denen der Verlag dem Autor zu viel reinredet. Und diesen Konflikt wird man nicht vermeiden können, denn selbst wenn man selbst veröffentlicht: Sobald man sein Werk lektorieren lässt, werden Inhalte auf den Prüfstand gestellt und wird man seine Arbeit hinterfragen und sie ggf. verändern müssen, auch wenn man sie selbst herausbringt - oder man verzichtet bei der Selbstherausgabe auf ein Lektorat und nimmt damit seinem Werk auch die Chance, gut zu werden und echte Mängel zu vermeiden.

Also, es spricht nicht wirklich etwas dagegen, seine Werke selbst herauszubringen. Aber gerade bei deinen Prioriäten lohnt es sich trotzdem, es zuerst mal bei Verlagen zu probieren und den Selbstverlag erst als zweite Option in Betracht zu ziehen. Jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Und vielleicht bekommt man während der Verlagstour auch Hinweise, die für eine evtl. dann doch erfolgende Selbstherausgabe nützlich sind, sei es darauf, ob ein Werk als "prinzipiell ungeeignet" eingestuft wird oder ob es zumindest dann und wann mal bei Verlagen in die nähere Auswahl kam und eher wegen Details abgelehnt wurde; sei es, indem man selbst mal die Grenzen erfährt zwischen nützlicher Bearbeitung und dem Kompromiss, den man nicht mehr eingehen will.

Runaway

Ja, das ist eine wirklich sehr spannende Frage, Farean. Da meine Agentin erst noch dabei ist, mich zu vermitteln, kann ich dir über die letztlichen Mechanismen im Verlagswesen noch nicht mehr sagen, als ich selbst durch Hörensagen weiß. Grey und Lomax haben da auf jeden Fall einen besseren Einblick und besonders Grey kann ich in vielen Punkten zustimmen.

Aber ich fang mal ganz vorn an... 2005 habe ich mein erstes Buch über BoD rausgebracht, und zwar ganz bewußt. Ich wollte damals testen, ob ich Leser für mein Geschreibsel interessieren kann und ob die das tatsächlich kaufen. Die Resonanz war durchweg positiv.
Damals hatte ich einfach Angst, mir auf der Suche nach einem Verlag (wie nützlich Agenten sind, wußte ich damals noch nicht) zuviel Frust einzuhandeln und das wäre auch bestimmt so gekommen. Ich wäre abgelehnt worden, ganz egal, wie der Text nun wirklich ist.
Beflügelt von der guten Resonanz meiner Veröffentlichung habe ich dann auch Verlage angeschrieben und bin abgelehnt worden. Das hat mir dann aber nichts mehr ausgemacht.
Damals war es auch so, daß ich mich nicht mit dem Gedanken anfreunden konnte, daß jemand anders das Cover für mich entwirft. Daß jemand in meinem Text "herumpfuscht". Das wollte ich alles nicht.

Dabei und im Folgenden mit meinem Kleinverlag, der ja nie ein vernünftiges Lektorat zustande gebracht hat, hatte ich genau das Mitspracherecht, das mir so vorschwebte.
Nur hab ich eins gemerkt: Das Ergebnis reicht mir nicht. Eine kleine BoD-Veröffentlichung oder eine kleine Kleinverlags-Veröffentlichung, wo ich selbst Werbung machen gehe und von Buchhändlern schief angeguckt werde, weil ich nur eine ganz kleine Nummer bin ... das war es für mich auch nicht.

Was ich damit sagen will: Ich habe mal den einen Weg angetestet und für mich festgestellt, daß er mich nicht zufriedenstellt. Mir nützt mein hochheiliger, kaum veränderter Text nicht viel, wenn ihn nur 3 Leute lesen. Das ist aber meine persönliche Vorliebe. Ich möchte viele Leser erreichen und unterhalten und dann muß ich eben den anderen Weg gehen und massentauglich schreiben, mir einen Agenten suchen, mir von ihm einen Verlag suchen lassen etc. ...
Wichtig ist hierbei das, was Grey sagte: Änderungsvorschläge seitens des Verlages/Lektorates sind sehr oft gewinnbringend - das denke ich auch! Bei mir ist es nun noch nicht soweit, daß jemand eine Änderung meines Textes verlangt hätte und ich denke (was dir wohl jeder andere bestätigen wird), letztlich kommt es bei sowas dann ganz auf die geforderte Änderung an, ob du drauf eingehst oder nicht.
Ich kann deine Magenkrämpfe bezüglich inhaltlicher Änderungen total verstehen, aber ich denke, die sind nicht nötig.

Warum hat denn deine Kompromißbereitschaft nachgelassen im Zuge dessen, daß du Erfahrungen gesammelt hast? Ich frage deshalb, weil ich das genau andersrum erlebt habe. Ich bin in meinem Streben nach einer Veröffentlichung immer kompromißbereiter geworden und bin gespannt, wie sich das weiterentwickelt. Völlig verbiegen lassen möchte ich mich sicherlich auch nicht, aber mit dem Schreiben Geld zu verdienen, bedeutet, daß man Kompromisse eingehen muß. Das finde ich auch eigentlich nicht schlimm. Schreiben hat eben auch was mit Geschäft zu tun.
Und wie Grey schon sagte: Man kann von Agenten und Lektoren auch viel lernen. Kritik ist natürlich immer schmerzhaft. Vielleicht muß man sich einfach lang genug die Hörner abstoßen, bis man soweit ist, das anzunehmen. Das ist meine Theorie.

Meine persönliche Meinung ist: nein, du siehst das nicht zu schwarz. Ich denke, du siehst das sehr realistisch. Jetzt mußt du nur wissen, was du willst. Wenn es dir genügt, deine Geschichten "pur" an ein kleines Leserpublikum zu bringen, mach das. Reicht dir das aber nicht, wirst du ein dickes Fell brauchen und kompromißbereit sein müssen. Ich denke, das gehört dazu und ich würde das wie Grey gar nicht so negativ sehen.

Farean

Zunächst mal vielen Dank für eure sehr konstruktiven, sehr kompetenten Antworten. Größtenteils sehe ich mich in meiner bisherigen Sicht bestätigt, doch es waren auch einige neue Denkanstöße dabei.

Zitat von: Sven am 10. April 2011, 11:18:53
Ich glaube Du vergisst dabei, dass sich die einzelnen Punkte untereinander bedingen. Wenn Du bekannt bist, erreichst Du viele Leser. Hast Du viele Leser, verdienst Du mehr Geld. Verdienst Du mehr Geld, wird der Verlag durch Werbung versuchen, das Geld wieder reinzubekommen, wodurch Dich noch mehr Leser kennenlernen.
Schon, aber eigentlich geht es mir ja nicht - zumindest nicht als Selbstzweck - darum, ein Millionenpublikum anzusprechen. Wie gesagt, für den Moment wäre ich damit zufrieden, 100 Leser zu erreichen. Nur, daß der Buchmarkt, soweit ich es bis jetzt sehe, mir diese Option nicht läßt. Zumindest die großen Verlage geben mir nur dann eine Chance, wenn meine Bücher in der Lage sind, ihren Anteil zur Lebenshaltung einer x-köpfigen Verlagsbelegschaft zu leisten. Bei den Großen gibt es also, überspitzt ausgedrückt, nur die beiden Optionen "vom Startschuß an reich und berühmt" oder "abgelehnt".

Zitat von: Grey am 10. April 2011, 11:32:36
Ich halte mich selbst nicht für so genial, dass meine Geschichten perfekt sind - auch nicht inhaltlich. Agenten und Lektoren kennen den Markt sehr viel besser und länger als ich
(Hervorhebung von mir) Das ist allerdings nur dann ein Kriterium, wenn es meine Absicht ist, an "den Markt" angepaßt zu schreiben.

Zitat von: Grey am 10. April 2011, 11:32:36
und kennen sich zudem gut damit aus, wie Geschichtenerzählen funktioniert. Sich ihre Ratschläge anzunehmen, wie ein Roman besser werden könnte, ist eine Chance, und es bedeutet für mich einfach nicht, sich zu verbiegen, sondern etwas zu lernen.
Es gab eine Zeit, da wäre ich über eine solche Entwicklung froh gewesen: da habe ich meine Exposés eingesandt in der Hoffnung, von dem Lektor/der Lektorin ein Feedback zu bekommen, aus dem ich etwas hätte lernen können.

Inzwischen ist vieles passiert, was meine Einstellung dazu geändert hat. Mindestens ein Lektor (einer der Tonangebenden bei einem der großen Verlage) hat es geschafft, daß ich seine Kompetenz im Hinblick auf das Geschichtenerzählen nicht mehr allzu hoch einschätze, nachdem er eines seiner eigenen Werke als "Versuchsballon", ob der Fantasy-Markt deutsche Autoren annimmt, veröffentlicht hat. (Ich habe selten einen so grottenschlecht zusammengeschluderten Roman gesehen.) In einem anderen Schreibforum mußte ich mitansehen, wie eine Autorin ihr Werk bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet hat, um den Vorgaben eben dieses Lektors gerecht zu werden. Und alles, was recht ist: nachdem ich nun schon seit 24 Jahren schreibe und auch schon einer Autorin, die später selbst recht erfolgreich veröffentlicht wurde, einen Teil ihres Handwerks beigebracht habe, bin ich in Bezug auf meine eigene schreiberische Kompetenz doch zugegebenermaßen etwas eigen.

Zitat von: Lomax am 10. April 2011, 11:41:12
Aber damit ist es schon mal ein Widerspruch an sich, Punkt 2-1... erreichen zu wollen, wenn man von vornherein schon ausschließen muss, das man mit seinen Werken sinnvollerweise einen Verlag erreichen kann. Umgekehrt, wenn man glaubt, ohne Verlage eine zufriedenstellende Anzahl Leser erreichen zu können, lohnt sich schon die Suche nach einem Verlag.
Das deckt sich leider nicht mit meinen Erfahrungen. Nur, weil ich überzeugt bin, daß mein Roman Zehntausende begeistern würde, muß ich nicht auch in der Lage sein, dies einem Agenten oder Lektor vermitteln zu können. Bevor er auch nur einen Blick in den eigentlichen Roman wirft, sind Anschreiben und Exposé entscheidend. Hier ist kaufmännisches Geschick gefragt, nicht künstlerisches. Und nachdem ich auch mal eine Zeitlang selbständiger Unternehmer war, habe ich von meinem kaufmännischen Geschick eine recht realistische Einschätzung. :-X

Zitat von: Lomax am 10. April 2011, 11:41:12
Ansonsten schützt dich nichts davor, dass ein Autor dein Buch zwar nicht abschreibt, aber sich daran anlehnt, damit einen Verlag findet - und dann aufgrund der besseren Marktstellung des Verlags ganz von selbst deinen Titel aus der Aufmerksamkeit des Publikums verdrängt. Bis hin zu dem Punkt, wo jeder Leser, der später noch über deinen Text im Netz stolpert, dich für den Plagiator hält, der sich an den erfolgreicheren Titel anhängen wollte.
Das ist exakt die Horrorvorstellung, die mich bislang noch davon abhält, diesen Weg zu beschreiten. :(

Zitat von: Runaway am 10. April 2011, 12:32:21
Warum hat denn deine Kompromißbereitschaft nachgelassen im Zuge dessen, daß du Erfahrungen gesammelt hast?
Das ist letztlich eine Gefühlssache. Vielleicht, weil ich bislang nur die negativen Auswirkungen der Kompromißbereitschaft erfahren bzw. beobachten durfte, aber nicht ein einziges Mal die guten. Die Autorin in dem anderen Forum, die ihr Werk nach dem Lektorieren tatsächlich nicht mehr wiedererkannte, habe ich schon erwähnt.

Bei einer anderen Gelegenheit, die mir spontan einfällt, hatte ich mich darauf eingelassen, einen Roman zu einer neu gestarteten Serie zu schreiben. Es handelte sich um das Projekt eines der größeren Verlage, und es sollte eine Romanreihe zu einem bekannten Rollenspielsystem werden, analog zu den DSA-Romanen. Nach viel hin und her und einigen Änderungswünschen, die ich auch berücksichtigt habe, hatte der Herausgeber mir grünes Licht gegeben. Ich saß an Kapitel 2, als es plötzlich hieß, der Verlag habe einen Strategiewechsel durchgeführt, und das Projekt dieser Romanreihe würde eingestellt. Sprich: ich hatte wirklich alles getan, was der Verlag wollte und wie er es wollte, und trotzdem wurde mir die weit geöffnete Tür völlig unerwartet ins Gesicht geschlagen.

Und dies ist nicht die einzige Tür, die ich ins Gesicht geschlagen bekommen habe. Bei einer anderen Gelegenheit z.B. hatte ein Verlag mein Manuskript bereits aufgrund des Exposés ausdrücklich angefordert, und dann ist es wegen einer Datenbankpanne verschütt gegangen und später als "unverlangt eingesandt" zurückgeschickt worden. Wieder ein anderer Verlag mußte wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten kurzfristig von einem bereits geschlossenen Autorenvertrag zurücktreten. Erlebnisse wie diese trugen nicht gerade dazu bei, mein Vertrauen in den etablierten Buchmarkt zu erhöhen.

Zudem: wenn der Kompromiß wirklich den Kern dessen berührt, was ich eigentlich will, ist er kein Kompromiß mehr. Vor 15 Jahren, als ich anfing, meine Exposés einzusenden, ging es mir noch um eine Karriere als Autor. Für dieses Ziel wäre ich damals bereit gewesen, den Verlegern weit entgegenzukommen.

Mittlerweile bin ich 38, fest eingefahren in meinem bürgerlichen Job, und der Zug "Berufswunsch Autor" ist abgefahren. Alles, worum es mir heute noch geht, ist, das, was ich aus purer Lust am Schreiben geschrieben habe, mit anderen zu teilen.

Zitat von: Runaway am 10. April 2011, 12:32:21
Völlig verbiegen lassen möchte ich mich sicherlich auch nicht, aber mit dem Schreiben Geld zu verdienen, bedeutet, daß man Kompromisse eingehen muß. Das finde ich auch eigentlich nicht schlimm. Schreiben hat eben auch was mit Geschäft zu tun.
Das ist genau mein Punkt: es geht mir nicht (mehr) darum, mit dem Schreiben Geld zu verdienen.

Es geht mir nur noch darum, mit dem Schreiben Leser zu erreichen.

Wenn ich das kann, ohne einen müden Cent damit zu verdienen, werde ich es mit Freuden tun.

Sven

Zitat von: Farean am 10. April 2011, 19:16:59
Zumindest die großen Verlage geben mir nur dann eine Chance, wenn meine Bücher in der Lage sind, ihren Anteil zur Lebenshaltung einer x-köpfigen Verlagsbelegschaft zu leisten. Bei den Großen gibt es also, überspitzt ausgedrückt, nur die beiden Optionen "vom Startschuß an reich und berühmt" oder "abgelehnt"... Das ist allerdings nur dann ein Kriterium, wenn es meine Absicht ist, an "den Markt" angepaßt zu schreiben.

Das ist die Prämisse eines Verlages. Und als Unternehmen kann er auch gar nicht anders denken. Sie gehen das Risiko ein, dass sich ein Buch nicht verkauft. Aber sie WOLLEN, dass es sich Millionenfach verkauft und kaufen entsprechend ein. Auch wenn es gegen den Autoren ist, ich würde es genauso machen.
Wer für große Verlage schreiben möchte, muss sich dem Markt anpassen. Bei kleineren Verlagen sieht es anders aus. Ich denke, da hat man auch mehr Möglichkeiten, seinen persönlichen Weg zu gehen. Ich glaube, es gibt Geschichten, die eignen sich besser zur Veröffentlichung in einem Kleinverlag und andere, die sind eher für Großverlage geeignet.
Beste Grüße,
Sven

Kaeptn

Nun, es gibt ja noch die Kleinverlage, die Bücher eher in Erst-Auflagen von 1000 Exemplaren denken (wie das kostendeckend sein soll, ist mir ein Rätsel, aber egal). Die denken weniger an den Markt, sondern oft absichtlich an die Nische, weil der Markt eben von den Großen beackert wird.

Ich habe auch schon frustriert ähnlich gedacht wie du, aber man muss sich einfach klarmachen, dass man mit BoD und/oder eBook selbst die von dir genannten 100 Leser nicht ohne weiteres erreicht, weil es eben so viele Möchtgern-Autoren gibt, die diese Märkte überfluten. Dazu braucht es dann noch MEHR Arbeit als das Schreiben an sich schon bedeutet hat, man muss Lesungen organisieren, Marketing in Foren oder sonstwo machen .... BoD hat außerdem das Problem, das Bücher ab einer gewissen Seitenzahl kaum noch zu einem akzeptablen Preis angeboten werden können.

Gut, wenn dir Marketing liegt, ist das sicher einen Versuch wert, vor allem mit einer Geschichte, die du ansonsten schon aufgegeben hast. Ich habe das auch immer wieder erwogen, aber Selbst-Marketing ist so gar nix für mich.

gbwolf

Mir klingt das auch sehr danach, als könntest du mit einem Kleinverlag sehr glücklich werden. Allerdings hast du auf diesem Gebiet schon Erfahrung und scheinst nicht so zufrieden gewesen zu sein. Aber vielleicht kamen die Romane auch zu einer ungünstigen Zeit heraus.

Zitat von: Kaeptn am 10. April 2011, 19:42:50Nun, es gibt ja noch die Kleinverlage, die Bücher eher in Erst-Auflagen von 1000 Exemplaren denken (wie das kostendeckend sein soll, ist mir ein Rätsel, aber egal).
1.000er-Startauflagen sind im Fantasybereich mehr als selten. Ich kenne einen Kleinverlag, der SF und Phantastik in dieser Größenordnung herausbringt, weil die Druckereien mittlerweile günstiger geworden sind. Allerdings geht das auch nicht als Einzelauftrag, etc. Aber der Break even Point liegt heutzutage tatsächlich nicht mehr bei 3.000 Off-set, sondern bei 1.000. Im PoD-Verfahren je nach Druckerei schon bei 200 gedruckten und 100 verkauften Exemplaren.

Aber in den meisten Fällen wirst du, Markus, mit einem ordentlichen Kleinverlag um die 500-1.500 verkaufen können, wenn der Verlag seine Arbeit ordentlich macht, im Fandom bekannt ist und auch auf Cons vorbeischaut (Wenn du dort liest, erreichst du die Leser auch selbst sehr direkt). Das empfinde ich persönlich als die beste Lösung, wenn man eh im Hobbybereich bleiben möchte. Mein Mann jammert zwar immer über seine Verkaufszahlen, aber bei seinem speziellen SF-Geschmack ist das nunmal so und gar nicht mal so übel wie er immer tut.

Bei den Selbstverlegern könntest du natürlich einmal Alexander Merow oder Frank Lauenroth (Hat mittlerweile den Sprung zu einem "richtigen" Verlag geschafft) nach ihren Erfahrungen fragen (Auch in Bezug auf den Marketingaufwand). Bekannt ist auch Albert Knorr, der einen ganz eigenen Marketingweg gegangen ist (Das Konzept finde ich interessant,die Bücher kenne ich nicht. Mir wären 500 Betaleser allerdings zu viel  ;D). Oder du fragst im BoD-Forum Autorenpool und anderen Foren nach den Erfahrungen.

Runaway

ZitatNach viel hin und her und einigen Änderungswünschen, die ich auch berücksichtigt habe, hatte der Herausgeber mir grünes Licht gegeben. Ich saß an Kapitel 2, als es plötzlich hieß, der Verlag habe einen Strategiewechsel durchgeführt, und das Projekt dieser Romanreihe würde eingestellt. Sprich: ich hatte wirklich alles getan, was der Verlag wollte und wie er es wollte, und trotzdem wurde mir die weit geöffnete Tür völlig unerwartet ins Gesicht geschlagen.
Ach, was für ein Elend. Das tut mir wirklich leid. Da muß man sich wirklich ganz, ganz mies und frustriert bei fühlen, weil man nicht mal was dafür kann. So geht es mir bei solchen Sachen.

Aber das ist in meinen Augen dasselbe wie hier:

ZitatBei einer anderen Gelegenheit z.B. hatte ein Verlag mein Manuskript bereits aufgrund des Exposés ausdrücklich angefordert, und dann ist es wegen einer Datenbankpanne verschütt gegangen und später als "unverlangt eingesandt" zurückgeschickt worden. Wieder ein anderer Verlag mußte wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten kurzfristig von einem bereits geschlossenen Autorenvertrag zurücktreten.
Das alles ist aber nicht deine Schuld! Ich verstehe absolut und hundertprozentig, daß du deshalb gehörig die Nase voll hast. Aber im Prinzip hat das doch nicht unbedingt mit Kompromißbereitschaft zu tun. Besonders im ersten Fall warst du ja kompromißbereit und alles lief gut, bis eine Entschiedung passiert ist, die mit dir, deinem Projekt und deinen Kompromissen (so wie ich das verstehe) gar nichts zu tun hatte.
Das macht's wohl kaum besser, ich weiß. Am liebsten würde ich jetzt wieder die große Litanei über die armen Autoren und ihr dickes Fell anstimmen ;D
Aber davon darf man sich echt nicht unterkriegen lassen!

Was aber nicht heißt, daß du nicht mit einem anderen/dem Weg, den du dir aussuchst, nicht auch sehr zufrieden sein kannst. Nur erzähl mir hier nicht, mit 38 wärst du für irgendwas zu alt  :pfanne:

Sven

Allgemein kann man vielleicht sagen, dass Kleinverlage unterschiedlich an ihre Projekte gehen, und man sollte sie nicht über einen Kamm scheren?

Ich unterstütze Runaways Meinung. Man DARF sich nicht unterkriegen lassen. Der Weg in diesem Bereich ist nicht einfach. Rückschläge gehören dazu.
Ich weiß nicht mehr, wer das gesagt hat: Man sollte den Weg zum Schriftsteller wie eine Geschichte sehen. Der Held wird die ganze Zeit über davon abgehalten, das zu bekommen, was er will. Am Ende aber, nach unzähligen Tiefschlägen, ist er der Gewinner.

Wenn Du jeden Rückschlag als weiteren Schritt auf dem Weg zu Deinen Sieg siehst, bekommst Du dieses dicke Fell automatisch.

Außerdem hast Du doch die Tintenzirkler, die Dir den Rücken stärken und mit  :pfanne: versorgen  ;D
Beste Grüße,
Sven

Farean

#11
:D @Runaway, @Sven: Vielen lieben Dank für die Pfanne! Ich glaube, die hab' ich gebraucht.

Zitat von: Sven am 10. April 2011, 19:39:01
Das ist die Prämisse eines Verlages. Und als Unternehmen kann er auch gar nicht anders denken.
Das ist mir doch klar, Sven! Darum geht es mir doch die ganze Zeit: ich bin mir bewußt, daß Verlage auf eine bestimmte Art und Weise arbeiten müssen. Du brauchst die Verlage dafür nicht in Schutz zu nehmen. Meine Frage ist - völlig wertneutral -, ob diese Arbeitsweise und meine (als Autor) zusammenpassen.

Zitat von: Kaeptn am 10. April 2011, 19:42:50
Gut, wenn dir Marketing liegt, ist das sicher einen Versuch wert, vor allem mit einer Geschichte, die du ansonsten schon aufgegeben hast. Ich habe das auch immer wieder erwogen, aber Selbst-Marketing ist so gar nix für mich.
Tja... Marketing liegt mir tatsächlich überhaupt nicht, aber das Dumme ist, daß ich es so oder so betreiben muß; entweder den Lesern gegenüber (Selbstverlag) oder den Agenturen/Verlagen gegenüber. Die Frage ist, auf welchem Weg ich die Leser eher erreiche, denn bei allem Respekt vor den Verlagen: die Leser sind diejenigen, um die es mir eigentlich geht.

Der Witz an der Sache ist, daß es nicht etwa um eine Geschichte geht, die ich schon aufgegeben habe, sondern im Gegenteil um mein absolutes Lieblingsbaby. Ich glaube, ich bin im Moment im Gegenteil einfach zu ungeduldig, um es noch mal für zehn Jahre auf Halde zu legen und in der Zwischenzeit Sachen zu schreiben, "die sich leichter vermarkten lassen"... für die Aussicht, daß mein Prachtstück, mein Liebling, meine absolute Perle, die mir schon beim Schreiben eine Ahnung davon gegeben hat, wie sich Vaterglück anfühlen muß, dann vielleicht gnädigerweise eine Chance bekommt, wenn sie sich vorher noch mal etwas plastischer Chirurgie unterzieht. Oder auch nicht. Meine bisherige Erfahrung mit dem Buchmarkt besagt eher: oder auch nicht.

Zitat von: Die Wölfin am 10. April 2011, 19:57:39
Mir klingt das auch sehr danach, als könntest du mit einem Kleinverlag sehr glücklich werden. Allerdings hast du auf diesem Gebiet schon Erfahrung und scheinst nicht so zufrieden gewesen zu sein.
Ich habe es bis jetzt mit vier verschiedenen Kleinverlagen versucht. Jedesmal endete es aus einem anderen Grund in einem Fiasko. :( Ich habe tatsächlich schon darüber nachgegrübelt, ob ich unter einem Fluch stehe, der Verlegern Unglück bringt...

Zitat von: Die Wölfin am 10. April 2011, 19:57:39
Aber vielleicht kamen die Romane auch zu einer ungünstigen Zeit heraus.
Dann hält die ungünstige Zeit aber schon erstaunlich lange an... Ich versuche es seit 15 Jahren.

Zitat von: Die Wölfin am 10. April 2011, 19:57:39
1.000er-Startauflagen sind im Fantasybereich mehr als selten. Ich kenne einen Kleinverlag, der SF und Phantastik in dieser Größenordnung herausbringt, weil die Druckereien mittlerweile günstiger geworden sind. Allerdings geht das auch nicht als Einzelauftrag, etc. Aber der Break even Point liegt heutzutage tatsächlich nicht mehr bei 3.000 Off-set, sondern bei 1.000. Im PoD-Verfahren je nach Druckerei schon bei 200 gedruckten und 100 verkauften Exemplaren. [...]
Heißen Dank für die konkreten Zahlen! :)

Zitat von: Die Wölfin am 10. April 2011, 19:57:39
Mein Mann jammert zwar immer über seine Verkaufszahlen, aber bei seinem speziellen SF-Geschmack ist das nunmal so und gar nicht mal so übel wie er immer tut.
Das ist eine weitere Ironie an der ganzen Sache... meine früheren Projekte waren tatsächlich eher Nischenprodukte. Meine Falkenflug-Trilogie, mit der ich letztens an die Agenturen herangetreten bin, ist bei aller Individualität eigentlich tiefster, epischer Mainstream. Trotzdem habe ich durchweg nur Standard-Ablehnungsschreiben bekommen.

Zitat von: Die Wölfin am 10. April 2011, 19:57:39
Bei den Selbstverlegern könntest du natürlich einmal Alexander Merow oder Frank Lauenroth (Hat mittlerweile den Sprung zu einem "richtigen" Verlag geschafft) nach ihren Erfahrungen fragen (Auch in Bezug auf den Marketingaufwand). Bekannt ist auch Albert Knorr, der einen ganz eigenen Marketingweg gegangen ist (Das Konzept finde ich interessant,die Bücher kenne ich nicht. Mir wären 500 Betaleser allerdings zu viel  ;D). Oder du fragst im BoD-Forum Autorenpool und anderen Foren nach den Erfahrungen.
Danke für die Namen und URL! :) Knorrs "Leseratten"-Konzept ist zumindest mal was anderes, wenn auch nicht das, was mir vorschwebt. Die Erfahrungen von Alexander Merow und Frank Lauenroth könnten mir schon eher hilfreich sein. :hmmm:

Zitat von: Runaway am 10. April 2011, 21:45:01
Das alles ist aber nicht deine Schuld! Ich verstehe absolut und hundertprozentig, daß du deshalb gehörig die Nase voll hast. Aber im Prinzip hat das doch nicht unbedingt mit Kompromißbereitschaft zu tun.
Stimmt schon. Aber es waren Fälle, in denen mir meine Kompromißbereitschaft keinen Vorteil gebracht hat. Und wenn ich dann noch solche Sachen erlebe wie mit besagter Autorin in dem anderen Forum... das schreckt ab. :(

Zitat von: Runaway am 10. April 2011, 21:45:01
Das macht's wohl kaum besser, ich weiß. Am liebsten würde ich jetzt wieder die große Litanei über die armen Autoren und ihr dickes Fell anstimmen ;D
Aber davon darf man sich echt nicht unterkriegen lassen!
Versuch es mal genauso lange wie ich, junge Frau. ;D

Ernsthaft: vielleicht habe ich gerade einfach nur einen Durchhänger. 15 Jahre strampeln und bei jedem Hoffnungsschimmer wieder auf Null zurückgebombt werden kann wahrscheinlich auch die größte Anfangsbegeisterung... dämpfen. :-\ Vielleicht sollte ich die Denkanstöße hier erst mal sacken lassen. Vor mir liegen zwei Wochen Urlaub, und danach kann ich mit frischen Kräften entscheiden, was ich will: Eigenveröffentlichung, Kleinverlag oder doch einen erneuten Anlauf bei den Agenturen.

Auf jeden Fall merke ich gerade, daß mir euer Verständnis hier im Forum ehrlich guttut. Vielen Dank dafür! :knuddel: Ich bin immer froher, daß ich auf den Tintenzirkel gestoßen bin.

Eine weitere Alternative, die ich längst verdrängt hatte, ist mir heute morgen unter der Dusche wieder eingefallen: meinen Roman zuerst ins Englische übersetzen und es auf dem US-Markt versuchen. Since I've already been complimented for my English by native speakers from Washington D.C., this should not be the greatest of problems. As for the finishing touch, I'm friends with a professional interpreter (who is also one of my beta readers), so I hope she'll give me a hand here...

Kennt sich hier jemand mit dem US-Markt aus?

Sven

Zitat von: Farean am 11. April 2011, 09:47:20
Das ist mir doch klar, Sven! Darum geht es mir doch die ganze Zeit: ich bin mir bewußt, daß Verlage auf eine bestimmte Art und Weise arbeiten müssen. Du brauchst die Verlage dafür nicht in Schutz zu nehmen. Meine Frage ist - völlig wertneutral -, ob diese Arbeitsweise und meine (als Autor) zusammenpassen.
Tja... Marketing liegt mir tatsächlich überhaupt nicht, aber das Dumme ist, daß ich es so oder so betreiben muß; entweder den Lesern gegenüber (Selbstverlag) oder den Agenturen/Verlagen gegenüber. Die Frage ist, auf welchem Weg ich die Leser eher erreiche, denn bei allem Respekt vor den Verlagen: die Leser sind diejenigen, um die es mir eigentlich geht.

Hm, ich glaube im Grunde passt es schon zusammen. Bisher fehlte Dir halt noch eine Portion Glück (mir übrigens auch^^). Ich denke nur, Autoren haben ein verblendetes Bild von Verlagen. Dass Problem sind die beiden Positionen. Auf der einen Seite der Autor, der sein Liebling unterbringen will und auf der anderen Seite der Verlag, der jeden Tag seine Arbeit macht. Und dem völlig egal ist, ob Du verzweifelst, oder nicht.
Ich sehe das so wie ein Puzzlestück. Im Grunde passt es, man muss nur die richtige Position finden und im richtigen Augenblick draufschlagen.
Das Allerwichtigste ist es, nicht zu verzagen. Und es nicht erzwingen wollen.

Zitat von: Farean am 11. April 2011, 09:47:20
Der Witz an der Sache ist, daß es nicht etwa um eine Geschichte geht, die ich schon aufgegeben habe, sondern im Gegenteil um mein absolutes Lieblingsbaby. Ich glaube, ich bin im Moment im Gegenteil einfach zu ungeduldig, um es noch mal für zehn Jahre auf Halde zu legen und in der Zwischenzeit Sachen zu schreiben, "die sich leichter vermarkten lassen"... für die Aussicht, daß mein Prachtstück, mein Liebling, meine absolute Perle, die mir schon beim Schreiben eine Ahnung davon gegeben hat, wie sich Vaterglück anfühlen muß, dann vielleicht gnädigerweise eine Chance bekommt, wenn sie sich vorher noch mal etwas plastischer Chirurgie unterzieht. Oder auch nicht. Meine bisherige Erfahrung mit dem Buchmarkt besagt eher: oder auch nicht.
Ich habe es bis jetzt mit vier verschiedenen Kleinverlagen versucht. Jedesmal endete es aus einem anderen Grund in einem Fiasko. :( Ich habe tatsächlich schon darüber nachgegrübelt, ob ich unter einem Fluch stehe, der Verlegern Unglück bringt...

Das sehe ich als das eigentliche Problem. Wenn einem eine Geschichte so am Herzen liegt, verliert man schnell die nötige Distanz.
Meinen Roman habe ich auch geliebt. Dann habe ich ihn so oft umgeschrieben und überarbeitet, dass er mir inzwischen aus dem Hals raushängt und ich mich freue etwas Neues zu schreiben.
Den Roman halte ich immer noch für so gut, dass ich damit eine Agentur suchen werde, aber ich habe soviel Abstand, dass eine Absage mir nicht die Füße unterm Hintern wegzieht. Schmerzen würde es natürlich dennoch, das ist ganz normal und soll auch so sein.

Zitat von: Farean am 11. April 2011, 09:47:20
Eine weitere Alternative, die ich längst verdrängt hatte, ist mir heute morgen unter der Dusche wieder eingefallen: meinen Roman zuerst ins Englische übersetzen und es auf dem US-Markt versuchen. Since I've already been complimented for my English by native speakers from Washington D.C., this should not be the greatest of problems. As for the finishing touch, I'm friends with a professional interpreter (who is also one of my beta readers), so I hope she'll give me a hand here...

Kennt sich hier jemand mit dem US-Markt aus?

Ich kenne mich nicht sehr gut mit dem US-Markt aus, ich weiß nur, dass man für Drehbücher in der US Writers Guild sein muss, und da kommt man nur als Amerikaner rein. Was bedeutet, dass deutsche Drehbuchautoren auf dem amerikanischen Markt keine Chance haben. Und soweit ich weiß gilt etwas ähnliches auch für den Buchmarkt, der sich langsam deutschen Autoren öffnet.
Eschbach, Funke, das sind Namen, die inzwischen auch in Amerika Fuß gefasst haben, aber als Neuling wird man da keine Chance haben. Im dsfo gibt es jemanden, der in Kanada als Journalistin arbeitet und sich im US Buchmarkt auskennt. Wenn Du eine spezielle Frage hast, kann ich da mal nachhaken.
Beste Grüße,
Sven

gbwolf

Zitat von: Farean am 11. April 2011, 09:47:20Dann hält die ungünstige Zeit aber schon erstaunlich lange an... Ich versuche es seit 15 Jahren.
Ich weiß nicht, welche Art High Fantasy du schreibst, aber Sachen die in den 80ern und 90ern in waren, sind von der Erzählstruktur her heute tatsächlich völlig out (Zimmer Bradley, LeGuin, ...). Auf jeden Fall, was die Verlage angeht. Natürlich ist High Fantasy noch immer Mainstream und verkauft sich wie geschnitten Brot, aber die Fans sind ihren Autoren treu, die mit ihren Mehrteilern natürlich auf Jahre hinaus die Programmplätze pachten. Mit High Fantasy bin ich selbst von zwei Agenturen abgelehnt worden, denen die Trilogie zwar gefallen hat, die aber keine Chance sahen, sie zu vermitteln.
Es kann natürlich auch sein, dass die Kleinverlage, bei denen du veröffentlicht hast, die Werbung falsch oder ungeschickt platziert hatten oder die Leser zu dieser Zeit lieber Thema XY lesen wollten. Es gibt viele Gründe, weshalb Bücher auf dem Markt untergehen. Und gerade Kleinverlage haben es sehr schwer, High Fantasy zu drucken (teuer, weil umfangreich) und zu vermarkten (Frag mich nicht warum, eigentlich ist Lesern der Verlag schnuppe, wenn sie von einem Buch wissen und das Cover sie anspricht, aber wahrscheinlich liegt es an der mangelnden Präsenz in Buchhandlungen und Bibliotheken).

Gerade in deinem Untergenre scheint es mir immens wichtiger zu sein, die Romane durch persönliche Kontakte an den Mann zu bringen, also Agenten und Kleinverlage (z.B. Schüppler, Arcanum, Atlantis) langsam auf den Cons kennen zu lernen, im Gespräch auszuloten, was sie suchen und wo deren Grenzen an Umfang und Vermarktung liegen. Man ist dann nicht mehr ein High Fantasy-Angebot unter vielen, sondern kann besser darlegen, weshalb man sich abhebt als in einem Exposé.
Nächste Möglichkeit ist der Hohlbeinpreis, wenn der nächstes Jahr wieder ausgeschrieben wird.

Noch ein schönes Marketingbeispiel ist übrigens Miriam Pharo, die mit einem multimedialen eBook angefangen hat (Man fragt sich ja eh, weshalb keiner die Möglichkeiten eines PDF voll ausreizt, wo man doch so viel mehr machen kann als nur ein Printbuch 1:1 umzusetzen). Mittlerweile veröffentlicht sie bei Acabus.

zDatze

Hallo Farean!
Das ist schon eine ganz schön lange Zeitspanne, die du dich mit allen möglichen Problemen abgekämpft hast. Wow. Da kann ich auch verstehen, dass sich der Frust tief gegraben hat.

Ich möchte noch einmal auf eine Frage aus deinem ersten Posting zurückkommen:
ZitatOder wäre es in meinem Fall tatsächlich sinnvoller, dem etablierten Literaturbetrieb den Rücken zu kehren, mir eine bescheidene Präsenz zur Online-Veröffentlichung aufzubauen, und gut ist?
Ich sehe nicht zwingend diese Entweder-Oder-Entscheidung zwischen Verlag oder Online-Veröffentlichung. Mit einem Blog-Roman z.B. könntest du Leser erreichen und nebenbei trotzdem noch an einem anderen Projekt arbeiten. (Okay, ich kenne deine Arbeitsweise nicht, aber theoretisch würde das funktionieren. :) ) Möglicherweise bin ich auch ziemlich blauäugig was das betrifft.
Und möglicherweise denke ich auch in ganz anderen Dimensionen als du. ::)