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Ich will Schriftsteller sein! Jetzt!

Begonnen von Alaun, 24. Juni 2010, 16:11:07

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Weberin

Hallo Witch,

ich habe dieses Gefühl - dass der Job alles ist - bei Menschen in Führungspositionen, verantwortlichen Positionen. Eine frühere Chefin von mit bekam richtig Panik, als sie kurz vor der Rente stand. Sie meinte, sie hätte einfach nie Zeit gefunden zum Pflegen von Freundschaften, und sie fürchtete jetzt, plötzlich sehr alleine dazustehen, weil sie immer nur für ihre Arbeit da war.

Ich habe den Eindruck, dass sehr viele in Führungspositionen spüren, dass sie etwas verloren haben, dass es noch eine andere Welt gibt. Auf mich wirken sie deshalb in den wenigen ruhigen Minuten, die sie haben, oft traurig und verloren. Sie möchten anders leben, aber dazu müssten sie sehr viel aufgeben, und auch oft wäre die Familie mit betroffen.

Sie erinnern mich teilweise an den Frosch im heißen Wasser: angeblich springt ein Frosch aus dem Wasser, wenn man ihn plötzlich in kochendes Wasser wirft, aber er bleibt darin sitzen, bis er gestorben ist, wenn das Wasser langsam erwärmt wird. Viele Menschen scheinen mir in dieser Situation zu sein: der Druck von außen ist langsam aber kontinuierlich angestiegen, und zu dem Zeitpunkt, wenn sie merken, dass es nicht mehr auszuhalten ist, dann ist es schon zu spät, es zu ändern, weil zur Veränderung die Kraft und die Zeit fehlt. Oft ist es wohl einfacher in einem Hamsterrad weiter zu laufen, als auszusteigen. Wer innerlich zu erschöpft ist, schafft den Ausstieg nicht, da der Ausstieg nur mit Kreativität möglich ist. Und zu Beginn der Karriere war ihnen noch nicht  klar, auf was sie sich einlassen.

Ich gehöre ja eher zur "unteren Etage" - dort habe ich den Eindruck, dass es sehr wohl andere Interessen für meine Kolleginnen gibt - nur sind es oft nicht meine. Da sind Kleidung und Ausgehen, Kochen und Einrichtung und Reisen, die Erfolge der Kinder und die Enkel. Manches davon ist auch für mich wichtig, aber oft mit anderen Schwerpunkten.

Dass die meisten nicht schreiben, das finde ich normal. Aber zumindest bei Angestellten ohne Führungsposition ist der Job nicht das ein und alles. Für ungewöhnliche Interessen besteht aber wohl eher weniger Verständnis, die sind nur ok, wenn sie nicht weiter stören. Aber das ist ja nicht verwunderlich, denn wir leben ja in einer Gesellschaft, in der schon eine Mutter, die wegen kranker Kinder zu Hause bleiben muss, mit Stirnrunzeln vom Betrieb gesehen wird. Wir leben in einer Situation global konkurrierender Großkonzerne, das berührt uns bis in den Alltag hinein.

Liebe Grüße
die Weberin

Dämmerungshexe

Ich schlag jetzt mal in die andere Kerbe. Ich mag meinen Job. Die Kunden nerven ab und zu und wenn man 100% arbeitet ist es unheimlich stressig und man hat zum Teil dämliche Arbeitszeiten. Als 50%-Angestellte habe ich wiederum das Gefühl, dass ich vieles nicht alleine machen kann, immer auf andere und deren Informationen angewiesen bin ... Aber an sich bin ich sehr gerne Grafiker..
Es wäre sogar eine wunderbare Voraussetzungen, um sich selbständig zu machen und vor allem im Bereich Buchgestaltung zu arbeiten während man nebenbei schreibt. (Was ich mir im Moment ernsthaft überlege.)

Aber ich verstehe alle, denen es nicht so geht voll und ganz. Der Gedanke "ich muss das machen, damit ich Geld habe, damit ich eine Rente und eine Zukunft habe, damit ich leben kann, damit ich in unserer Gesellschaft nicht als Versager dastehe, ..." das zehr unheimlich. Einfach der Stress, der Druck von Außen, der irgendwann auch von Innen kommt.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Weberin

#332
Zitat von: Merwyn am 11. Dezember 2016, 13:07:56
Ich sag immer, ich arbeite um zu leben, aber ich habe bei ganz vielen Menschen das Gefühl, dass die leben, um zu arbeiten, und das auch ganz normal und gut finden. Mich gruselt das so enorm, ich kanns gar nicht in Worte fassen.

Hallo Merwyn,

hängt das nicht davon ab, welchen Job ich mache? In einem Bericht über einen Biobauern meinte der verschmitzt: Für ihn wäre es das Schönste auf der Welt, Bauer zu sein - nun das Zweitschönste - fügte er noch grinsend hinzu.

Ich kenne allerdings persönlich hier in der Großstadt keine Menschen, bei denen ich das Gefühl habe, dass sie leben wollen, nur um zu arbeiten. Dass man das Beste aus der notwendigen Arbeit zu machen versucht, das finde ich ok. Aber offenbar kennt ihr viele, für die die Arbeit gewünschter Voll-Lebensinhalt ist - das erstaunt mich jetzt tatsächlich.


HauntingWitch

Zitat von: Phea am 11. Dezember 2016, 13:01:23
Das Schlimmste für mich ist im Moment, dass ich mich gezwungen fühle, überall zu sagen "Ja, es macht mir unheimlich viel Spaß und es ist interessant". Wenn ich das nicht tue, habe ich Angst um meinen Ausbildungsplatz, Angst vor Gesprächen wie "Warum hast du das Angebot überhaupt angenommen?" oder dummen Kommentaren, die einfach unangebracht sind. Ich habe meinen Ausbildungsplatz mit viel Glück bekommen, möchte ihn nicht riskieren und muss sehen, dass ich Geld verdiene, um mein Kind unterhalten zu können. Ob die Arbeit Spaß macht ist für mich Nebensache. Ich finde es wichtiger, mit meinen Kollegen gut zurecht zu kommen - denn wenn das der Fall ist, geht man gerne zur Arbeit und dann macht die Arbeit auch irgendwo wieder Spaß.

Genau das. Mein Chef kommt in letzter Zeit immer wieder und fragt: "Bist du zufrieden bei uns?" Und jedes Mal sage ich: "Joa, ist der beste Job, den ich je hatte." Und das stimmt auch wirklich. Nur, bin ich halt oft etwas abwesend oder manchmal auch nicht so gut drauf, weil mir irgendein Schreibprojekt auf den Fingern brennt oder ich hüpfe abends sehr pünktlich davon, um noch dieses oder jenes recherchieren oder kurz notieren zu können oder ich habe kein Interesse an z.B. Weihnachtsessen etc. (ich gehe jetzt dieses Jahr hin, weil ich letztes Jahr schon nicht war und weil man ja doch irgendwie noch zeigen möchte, dass es einem nicht komplett schnuppe ist).

Aber andere... Wir haben einen Mitarbeiter, der noch nicht so lange dabei ist und vor etwa zwei Wochen war GV. Normalerweise muss man dort helfen, ich konnte mich herausreden, weil ich dafür das Büro geschmissen habe. Jedenfalls sagte dieser Mitarbeiter so zu mir: "Ist schon spannend, gell?" Und ich so:  ??? 8) Nein, ich finde das todlangweilig. Aber eben, was will man sagen, ich will ja meinen Job auch nicht verlieren, eben weil er besser ist, als alle, die ich vorher hatte.

@Feuertraum und Merwyn: Ich bin froh, dass ich nicht die einzige bin. :knuddel:

@Weberin: In meinem vorherigen Job gab es das auf unserer Ebene auch, aber in dem jetzigen habe ich zunehmend das Gefühl, dass auch die "unteren Ebenen" für den Job leben. Meine Kollegin z.B., ich mag sie, aber mir scheint halt, dass das für sie die Karriere ist. Und sie ist schon die dritte, die ich in dieser Branche kennenlerne, bei der ich diesen Eindruck habe. Ich bin erst seit einem Jahr dort.

Merwyn

#334
Ich kenn das auch unabhängig von der Ebene. Es gibt "0815" Büroarbeiter, die für ihren Job leben, genauso wie es auf Führungsebene Leute gibt, die nur Dienst nach Vorschrift machen und keine Minute länger bleiben, als sie unbedingt müssen. Meiner persönlichen Erfahrung nach halt, denn nur davon kann ich berichten. ;)


Weberin

#335
Zitat von: Merwyn am 11. Dezember 2016, 16:18:20

@Weberin
Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, auf was du dich mit meinem Quote beziehst bzw. worauf du hinaus willst.


Hallo Merwyn,

ich las deinen Satz:

"... das Gefühl, dass die leben, um zu arbeiten, und das auch ganz normal und gut finden. Mich gruselt das so enorm, ich kanns gar nicht in Worte fassen."

Es klingt in meinen Ohren, als wären für dich diese Menschen Zombies. Das fand ich einfach etwas seltsam und übertrieben, weil gerade, wenn ich an das Interview mit dem Biobauern denke, der Arbeiten als das Zweitschönste im Leben bezeichnete, so hatte ich gar nicht den Eindruck, dass er ein Zombi war, sondern voll im Leben stand.

Aber für begeisterte workholics würde ich natürlich die Beschreibung eher passend finden. Nur ich kenne keine begeisterten workholics, nur solche, die meinen, es nicht anders machen zu können und jammern. Aber vielleicht ist das auch von Betrieb zu Betrieb verschieden. Ich kenne aus jüngerer Zeit Arbeitsplätze in Cafeteria, Pflege bei einer Person zu Hause im Schichtdienst, Rezeption Altenheim, Registratur Versicherung und verschiedene Abteilungen in einem Amt. Das alles sind keine Traumjobs, für die man sich entscheidet, sondern Jobs, die ich (und wohl auch meist die anderen) halt bekommen haben, auf der Suche nach Arbeit. Daher fühlt sich auch keiner "verpflichtet", den Job toll zu finden, jeder weiß, dass es eben eine Notwendigkeit ist, und man froh ist, nicht auf der Straße arbeitslos zu sein.

Wäre es denkbar, dass diese begeisterten workholics in Wirklichkeit nur eine innere Verzweiflung und Unzufriedenheit, die sie selbst nicht verstehen, überspielen wollen? Vielleicht eine tief sitzende Angst, den Job zu verlieren?

Viele Grüße
die Weberinn

Cairiel

Ich kann beide Seiten nachvollziehen und würde mich als Mittelding bzw. als stark schwankendes Ding einordnen. Momentan lebe ich nur vom Schreiben und einem Minijob und das finde ich ganz gut so. Aber: Jedes Mal, wenn ich zum Minijob aufbrechen muss, denke ich mir: "Warum tue ich das überhaupt? Ich sollte lieber schreiben, mehr schreiben! Warum habe ich in letzter Zeit so viel Zeit vergeudet, statt zu schreiben? Würde ich nur ständig schreiben, könnte ich bestimmt schon ganz gut davon leben und hätte weder Geldsorgen noch einen Minijob!"

Sitze ich dann daheim, denke ich: "Grr, ich muss ständig was tun, kann keine Pause machen, ohne sie zu bereuen, habe ständig den Zwang, schreiben zu müssen ... Bei meinem Minijob macht mir alles so viel Spaß, das Geld fließt sicher und federleicht herein, und würde ich noch mehr arbeiten, wäre es auch noch viel mehr Geld, und könnte neben der Arbeit abschalten und tun, was mir Spaß macht und müsste mich nicht so zwingen, produktiv zu sein ..." (Anmerkung: Schreiben macht mir schon auch Spaß, aber halt nicht auf Zwang und auf Knopfdruck und die Projekte, die gefragt sind und sich verkaufen lassen usw. usf ...)

Dann denke ich mir wieder: "Ich kann nicht mal eben verreisen wie früher, muss das immer irgendwie mit dem Job abklären - und als Minijob gehts ja noch, als fest Angestellter hätte ich nur begrenzt Urlaubstage und müsste sie dann nehmen, wenns passt und langfristig geplant ... Würde ich stattdessen vom Schreiben leben, kann ich viel spontaner sein, gehen, wohin ich will, wäre freier ..."

Und dann kommt: "Okay, so mehr oder minder 30-70 wie momentan ist es eigentlich schon ganz okay."  ;D ::)

Leann

Menschen, die ihren Job mögen und darin aufgehen, haben es gut. Wirklich gruselig finde ich diejenigen, die schon mit 30 Jahren die Tage bis zur Rente zählen und nur darauf warten, dass sie dann endlich machen können, worauf sie Lust haben. Mensch Leute! Wartet doch nicht! Das sind blöderweise immer genau die, die kurz nach Rentenbeginn krank werden und sterben. Und die haben dann so viele Jahre in einem ungeliebten Job verplempert und auf etwas gewartet, das niemals eingetreten ist. Nämlich ihr Leben.

Slenderella

Ich sitze auch in meinem ungeliebten Bürojob.
Und würde definitiv lieber vom Schreiben leben können - kann ich aber nicht. So ist das halt. Allerdings wissen meine Kollegen A, dass ich schreibe und B versuchen die mich immer noch zu überzeugen: Arschlochbüro zu schreiben.
Ergo haben die Verständnis, wenn ich sage, ich habe Abgabetermine und kann nicht wegen Nonsense (kein Notfall, sondern so was Unsinniges wie: Körbe packen - Azubiarbeit ... ich bin Sales! Go away) ständig Überstunden schieben. Habe dennoch mehr als genug.

Allerdings ermöglicht der Job mir finanziell gut dazustehen, ich fliege über Silvester jetzt mal eben nach Mailand, weil mir danach ist.
Von daher ist es wohl ganz gut, dass ich den Job habe. Außerdem habe ich so gelernt, schnell und gebündet zu schreiben. Weil mir einfach die Zeit fehlt. Wenn ich mich mit 100 Worten die Stunde rumquälen würde, wäre ich nicht zufrieden.
Ich brauch noch eine Katze
Und ein Beil wär nicht verkehrt
Denn ich gehe heute abend
Auf ein Splatter-Pop-Konzert

Snöblumma

Ich wage mal zu behaupten, das liegt auch daran, was/wie man mit Kollegen kommuniziert. Ob man seinen Job nun zu 100% liebt oder nicht, das mal dahingestellt, aber ob man den Kollegen im Büro noch auf die Nase bindet, was man in seiner Freizeit so macht, das würde ich doch arg bezweifeln ;). Ich kenne es zumindest so, dass man eventuell noch die sozial akzeptablen Freizeitbeschäftigungen (bei uns im Büro: Ski fahren, Sport, schlafen, Eltern besuchen) erwähnt, aber Hobbys einfach außen vor bleiben - weshalb es im Büro schnell so wirken kann, als würden wir alle nur unsere Jobs haben und sonst für gar nichts mehr leben.

Bei mir ist es derzeit so, dass ich meinen Job wirklich sehr liebe, aber ich habe auch echt Glück mit meinen beiden Chefs (was sich bald ändern kann, im nächsten Jahr muss ich rotieren, und dann schauen wir mal, wie es dann weitergeht). Meine Kollegen sind super, im Büro haben wir einfach nur wahnsinnig Spaß, Ellenbogen werden allenfalls gegen die Verhandlungsgegner ausgefahren aber nicht innerhalb des Büros, und einige der Kollegen sind schon fast so etwas wie Freunde geworden. Von daher finde ich es nicht so dramatisch, dass der Job mir jeden Tag 12, 13 Stunden "nimmt", weil ich einfach wahnsinnig gerne im Büro bin.

Aber dass es mir deshalb wichtiger ist als das Schreiben? Das würde ich so nicht sagen, auch wenn ich derzeit sehr gut damit leben kann, dass das Schreiben sehr viel weniger Raum hat als früher. Wenn mein Job mich nicht so glücklich machen würde, würde ich ihn in diesem Tempo nicht durchhalten (und das geht allen bei uns im Büro so, wage ich zu behaupten), aber ich für meinen Teil brauche den Ausgleich. Nur braucht das wiederum nicht jeder im Büro zu wissen, sodass Außenstehende vielleicht meinen, dass ich nur aus meinem Job bestehe. ;)

Zit

#340
Ich denke, dass Menschen, die eben nicht zum Schreiben oder anderen Künsten berufen sind (oder zu noch mehr), ja eben einen Ersatz (eine Erweiterung) dafür brauchen, und die suchen sich dann den Job, der die gleiche Wertstellung hat wie für andere das Schreiben. So seltsam finde ich das mittlerweile nicht. Wenn ichs nicht verbockt hätte, würde ich vermutlich auch darin aufgehen, in stillgelegten Werkshallen herum zu springen und meine Gesundheit zu rsikieren. Oder noch besser: Mich literweise mit Cola zukippen und irgendein Programm zur besseren Erdbebenfrüherkennung schreiben oder so. :rofl: Ob ich dann noch in so einer glücklichen Beziehung wäre, wer weiß?

Ansonsten versuche ich wie Cairiel ein Gleichgewicht zu finden, und überlege gerade, ob ich mir nicht einen anderen Halbtagsjob suche, der bessere Chancen verspricht. Aktuell ist das 'ne Sackgasse und ich habe den Eindruck, kopfmäßig völlig zu versauern. Und ein besserer Stundenlohn wäre auch nicht schlecht. ;D
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Sascha

#341
Bei mir hat sich das inzwischen gewandelt, seit ich die Firma und vor allem das [zensiert] von Chef los bin. Bis dahin hab ich tatsächlich zu denen gehört, vor denen es Leann so gruselt. Ich habe mich mit Gewalt in die Arbeit geschleppt und den Tag irgendwie durchgestanden. Meinem Vater war es ähnlich gegangen, und tatsächlich ist er praktisch direkt nach Erreichen der Rente tot umgefallen.
Jetzt muß ich mich zwar selbst mit den Sperenzchen der Kunden rumschlagen, aber dafür kann ich auch selbst entscheiden, denen dann mal die rote Karte zu zeigen. Ich arbeite weniger für mindestens dasselbe, wenn nicht mehr Geld. Und das, was ich tue, macht mir eigentlich auch Spaß. Ich kann produktiv sein, mal was austüfteln, Leuten was beibringen, wunderbar. Wenn dann von Kunden kommt "Vielen, vielen Dank! Ohne Sie wäre ich nicht ansatzweise da, wo ich jetzt bin.", dann geht das natürlich runter wie Öl. Noch dazu, wo gerade dieser Kunde bei meinen Ex-Kollegen ziemlich gefürchtet ist. Man muß ihn halt zu nehmen wissen. ;)

Aber um zu dem zu kommen, was ich immer bei denen, die ihren Job ja ach so lieben, am schrecklichsten fand: Sie haben es auch von allen Anderen erwartet. Daß die Familie Vorrang hat, man für ein sowieso peinliches Gehalt nicht auch noch begeistert Massen an Überstunden schiebt und Kinder nun mal Betreuung brauchen (was bedeutete, ich konnte nicht beliebig in der Weltgeschichte rumreisen, da auch meine Frau arbeitet), das erzeugte nicht nur bei meinem Chef, sondern auch bei einigen Kollegen nur verständnisloses Kopfschütteln. Ein Leben jenseits der Arbeit? Wozu das denn? Das ist die Sorte, bei der es mich ganz besonders gruselt. Vor allem tun diese Leute alles, um einem das Gefühl zu geben, minderwertig zu sein, sobald man eben nicht 150% im Job gibt sondern nur 100%, von denen bestenfalls 75 bezahlt werden.

Obwohl mir meine Selbständigkeit jetzt Spaß macht: Sollte ich irgendwann mal den traumhaften Volltreffer landen und von meiner Schreibe, so, wie ich sie mag (also das schreiben, was ich will, scheiß auf die Marktforscher), leben können, dann wird der IT-Job definitiv weit zurückgefahren. Klar, ein bißchen am Ball bleiben, damit man nicht einrostet, sich seine Stammkunden etwas warmhalten, alles nett. Aber mehr muß dann auch nicht mehr sein.
Das wird aber wohl frühestens der Fall sein, wenn die Kinder aus dem Haus sind und ich nur noch für zwei Leute das Geld heimbringen muß, nicht für vier.

EDIT: Der Thread ist ja öffentlich, da mußte ich mich grad mal selbst zensieren. Man weiß ja nie. :(

Leann

@Sascha: Genau das könnte dann zum Problem werden:
ZitatSie haben es auch von allen Anderen erwartet.
Ich glaube, es liegt daran, dass diese Menschen sich nicht vorstellen können, dass es ein erfüllendes Leben außerhalb der Arbeit geben kann. Beunruhigend ist, dass einige von ihnen ihre Arbeit auch nicht unbedingt lieben, sondern sich auch durchquälen, es aber dann offenbar als gerecht erachten, wenn sich auch ihre Mitarbeiter bzw. Untergebenen ebenso kasteien.

Dann gibt es auch noch die Kollegen, die sich "Sorgen" um die Karrieren anderer machen. Zum Beispiel hat mich neulich ein Kollege darauf angesprochen, ob ich denn nicht weiterkommen möchte. Weiterkommen im Sinne von Beförderung in höhere A-Gruppe. Dafür müsste ich mich auf eine andere Stelle bewerben, da meine Stelle nun mal mit einer niedrigen A-Gruppe bewertet ist. Es gibt allerdings keine Stelle, die mich reizen würde. Was soll ich im Rechnungsprüfungsamt oder im Gebäudemanagement? Das ist überhaupt nicht mein Fall. Ich mag die Art meiner Arbeit, und für einen Hunderter mehr im Monat sehe ich keinen Sinn darin, etwas zu tun, was mir nicht gefällt. Und das soll dann weiterkommen sein? Unter Weiterkommen verstehe ich eher, meine Persönlichkeit weiterzuentwickeln, Neues zu lernen und zu entdecken, das mich interessiert, ganz allgemein meinen Horizont zu erweitern. Dazu brauche ich nun wirklich keine Beförderung oder einen öden Stellenwechsel.

Um mal wieder näher ans Thema zu kommen: Meine Chefin hat mich letzte Woche gefragt, wie ich mir meine berufliche Zukunft vorstelle (Hintergedanke war, dass sie Leute sucht, die für bestimmte Projektarbeiten in Frage kommen). Da habe ich ehrlich gesagt, dass ich mich auf meiner aktuellen Stelle wohl fühle und keinen Wechsel plane, jedoch vorhabe, in ein paar Jahren meine Stunden zu reduzieren, z.B. auf 35, um mehr Zeit zum Schreiben zu haben. Sie gehört auch zu den Menschen, die viel Erfüllung in ihrer Arbeit finden, aber sie kann auch zu einem gewissen Maße akzeptieren, dass es auch Leute gibt, die eben diese Erfüllung und Freude außerhalb der Arbeit entdeckt haben. Was sie glaube ich eher nicht verstehen könnte wären Mitarbeiter, die an gar nichts Interesse haben, lustlos vor sich hinarbeiten und auch ihre Freizeit nicht aktiv gestalten. 


Feuertraum

Es ist mal wieder soweit, ich fließe auch wieder über vor Sehnsucht danach, meinen Lebensunterhalt mit dem Unterhalten zu verdienen.
Gestern  - ich hatte frei - rief Chefin an, dass während meiner Schicht etwas schiefgegangen ist, was Konsequenzen nach sich zieht und sie bald nicht mehr die schützende Hand über mich legen kann.
Und momentan bin ich in der Phase zu "jammern", dass ich so gerne meine Brötchen verdienen mag, in dem ich auf der Bühne stehe und Comedy spiele, oder dass ich schreibe und damit meinen Lebensunterhalt bestreite.
Doch dann kommen mir Postings in den Sinn von Tintenzirklern, die zwar als AutorIn arbeiten und damit auch Geld verdienen, der Lohn aber zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel ist.
Und schon sinkt meine Hoffnung ins Bodenlose.
Was meine Comedy angeht: Mir fehlen einfach die Zeit (durch die Arbeit) als auch die finanziellen Mittel, "auf Tour" zu gehen, also auf Offenen Bühnen aufzutreten, um meine "Kunst" einem breiten Publikum vorzustellen, mir einen Namen zu machen, so dass auch da der Weg verbaut ist.
Jedesmal, wenn ich eine Absage auf eine Bewerbung bekomme, schleicht sich in mir das Denken ein: "Wie jetzt? Sie? Sie sollen wir einstellen? Nee, lass man, wir wollen nur Leute, die was können, die was auf dem Kasten haben, die intelligent und talentiert sind."
Ja, ich weiß, dass dies nicht wirklich gesagt wird, aber diese Gedanken kommen dennoch ungefragt und ziehen mich runter.
Und darum erwacht in mir immer mehr und immer stärker der Wunsch, mich als Unterhalter selbständig zu machen, Wörter aus meiner Schreibmaschine/meinem Computer herauszukitzeln, auf der Bühne meine Späße zu machen, um das Publikum zum Lachen zu bringen.
Ich will raus aus dem Handel und rein ins "Entertainment".
Und zwar lieber gestern als heute.
Aber leider ... :(
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

HauntingWitch

Ach, Feuertraum, ich kenne diese Gedanken so gut. :knuddel: Haben Sie denn bereits lokale Auftritte? Ich weiss nicht, ob Sie in einem Dorf oder in einer Stadt leben, aber oft gibt es ja da Möglichkeiten, etwas selbst zu organisieren. Anfangs hätten Sie natürlich kein grosses Publikum, aber so könnten Sie sich sozusagen eine Basis aufbauen, von der aus Sie dann weiter machen könnten. Ich denke, die meisten Künstler machen das so. So eine Tournee muss man ja auch finanzieren können und die anderen haben sicher auch nicht alle reiche Eltern.

Es kann auch gut sein, dass diese Gedanken einfach von dem Job kommen. Als ich in einem beschissenen Job war, habe ich mich immer wieder gefragt, wie es wäre, vom Schreiben leben zu können und hatte die Vorstellung, dass das irgendwie ein Ausbruch aus der ganzen Scheisse wäre. Jetzt, da ich einen einigermassen guten Job habe, ist es in Ordnung, so wie es ist. Ich wünsche Ihnen ganz viel Glück, dass Sie auch einen guten Job finden. (Und die gibt es auch in jeder Branche. Es kommt auf die Leute an.)