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Keine Chance bei großen Ketten: "Payola" bei Thalia (und anderen)

Begonnen von Volker, 15. Oktober 2009, 23:39:58

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TheaEvanda

#15
Ein Autor geht mit 6 oder mehr Monaten Arbeit in Vorleistung. 6 Monate mal 1500 Euro für Essen und Miete macht als selbständiger Autor ohne ordentliche Buchhaltung 9000 Euro notwendigen Verkaufspreis für ein Manuskript, und zwar zum Zeitpunkt der Abgabe. Einen solchen Vorschuss haben *ich* als Neuling noch nicht zu sehen bekommen. Ich arbeite eher für 300 Euro/Monat oder weniger, und ich gebe gerne zu, dass ich bis jetzt den Verlagen nach dem Mund geredet habe, um meine Expos und Manuskripte verkaufen zu können. Wenn ich keinen gut verdienenden Mann hätte, könnte ich es mir nicht leisten, vom Schreiben zu leben oder leben zu wollen.

Mit pauschalen "Gier"-Vorwürfen sollte man sich da mal zurückhalten und die Vorschußsummen auf die Arbeitszeit umlegen. Da wird ein großer Batzen Geld nämlich ganz schnell ganz klein.

--Thea
Zwischen Würzburg und Nürnberg, im Zug

Lomax

Zitat von: Die Wölfin am 18. Oktober 2009, 21:16:08Warum sollte der AUtor keinen Vorschuss auf sein Gehalt bekommen, wenn Lektor, Sekretärin und Verleger ihr Honorar regelmäßig bekommen?
Das ist das beste Argument zum Thema, würde ich sagen. Viele Leute arbeiten an dem Buch, bevor es erscheint, und alle wollen vorher ihr Geld sehen und wüden nicht auf eine Gewinnbeteiligung warten wollen. Selbst die Coverzeichner werden vorher bezahlt, obwohl das Cover sicher auch einiges zum Verkaufserfolg beiträgt. Eigentlich ist es eher hinterfragenswert, warum es als so selbstverständlich hingenommen wird, dass fast alle Beteiligten am Buch ihre Schäfchen schon vor dem Verkauf im Trockenen haben wollen - und dass der Autor erst als Letzter bedient wird ;)

Tenryu

Ihr vergeßt dabei, daß der Autor kein Angestellter ist, sondern ein freier Unternehmer, der ein Produkt herstellt. Würde er sein Buch selber drucken, bekäme er auch nichts im Voraus.

Außerdem ist ein regelmäßig arbeitender Schriftsteller nicht wirklich auf einen Vorschuß angewiesen, denn die erwähnten sechs Monate Vorleistung gibt es eigentlich nur beim ersten Buch. Später bekommt er während er an einem Buch schreibt, laufend die Honorare aus seinen früheren Büchern.

Man muß auch berücksichtigen, daß der Autor sein Buch ja nicht gegen ein fixes Honorar, sondern eine Umsatzbeteiligung verkauft.
Und das sollte man nicht vermischen. Entweder eine feste summe bar auf die Hand, und riskieren, daß der Verleger bei einem Bestseller absahnt, oder umgekehrt, das gleiche Risiko tragen wie der Verleger (der ja nicht nur die Honorare, sonder auch die Herstellungskosten trägt).
Ich finde,man muß sich entscheiden, ob man Angestellter oder Teilhaber ist. Die Sekretärin im Verlag bekommt in der Regel auch keine Gewinnbeteiligung am Firmengewinn. Wer am Gewinn beteiligt sein will, muß auch das Risiko eines Verlustes zu tragen bereit sein. Das bedeutet im Falle des Autors eben bei einem Mißerfolg des Buches umsonst gearbeitet zu haben.

Lomax

Zitat von: Tenryu am 18. Oktober 2009, 22:48:39Ihr vergeßt dabei, daß der Autor kein Angestellter ist, sondern ein freier Unternehmer, der ein Produkt herstellt. Würde er sein Buch selber drucken, bekäme er auch nichts im Voraus.
Oh ja, aber das ist der Illustrator oder der Übersetzer auch nicht - und doch bekommen sie für die gelieferte Leistung sofort ihr Garantiehonorar. Und der Verlag ist ja gerade dafür da, damit der Autor nicht selbst druckt, sondern der Geschäftspartner den unternehmerischen Teil trägt. Der Autor ist also zwar frei, aber letztlich eher Contentlieferant und eben kein "Eigenunternehmer".
Zitat von: Tenryu am 18. Oktober 2009, 22:48:39Außerdem ist ein regelmäßig arbeitender Schriftsteller nicht wirklich auf einen Vorschuß angewiesen, denn die erwähnten sechs Monate Vorleistung gibt es eigentlich nur beim ersten Buch. Später bekommt er während er an einem Buch schreibt, laufend die Honorare aus seinen früheren Büchern.
Das glaubt man vielleicht :snicker: In meinem Fall kann ich beispielsweise sagen, dass ich schon zwei Bücher schreiben musste, bevor das erste auch nur erschienen ist. Und bevor die Abrechnungen vom ersten auch nur gefertigt wurden und die ersten Tantiemen fließen, muss auch schon das dritte Buch fertig sein. Du überschätzt also wohl ein wenig die Laufzeiten in den Verlagen ...
  Nun könnte man sagen, dass ist immer noch eine überschaubare Anlaufzeit - trotzdem ist die Literaturgeschichte voll von Schriftstellern, die Zeit Lebens an den Vorschussschecks der Verleger hingen. Da konnte ich während des Studiums so manchen überlieferten Briefwechsel verfolgen, der belegt, dass deine Rechnung mitunter zutreffen mag, aber oft trotzdem allzu theoretisch ist.

gbwolf

#19
Zitat von: Lomax am 18. Oktober 2009, 23:11:14
In meinem Fall kann ich beispielsweise sagen, dass ich schon zwei Bücher schreiben musste, bevor das erste auch nur erschienen ist. Und bevor die Abrechnungen vom ersten auch nur gefertigt wurden und die ersten Tantiemen fließen, muss auch schon das dritte Buch fertig sein. Du überschätzt also wohl ein wenig die Laufzeiten in den Verlagen ...
Und wenn die drei dann auf den Ramsch gehen (wir drücken dir die Daumen, dass nicht!), um Platz für neue Bücher in den Regalen zu haben, dann war es das, mit dem Leben aus der Backlist! Wenn ich die Wühltische so ansehe, gibt es viele Romane, die es nur ein oder zwei Halbjahre schaffen und dann schon rausfliegen ohne je als Hörbuchlizenz, Auslandslizenz oder Taschenbuch zweitverwertet zu werden.
Wie gesagt ist der Verleger auch ein Unternehmer und dieser Unternehmer bekommt ebenfalls monatlich sein Gehalt. Außerdem kann er den Flop eines Buches überwinden, während das für den Autor schwierig wird.

Chuck

Ich kann durchaus das Argument verstehen, dass der Autor vorher nichts bekommt, wenn er nur für Umsatzbeteiligung arbeitet. Das macht das System aber nicht besser.

Ich kenne mich im Verlagswesen nicht direkt aus, aber ein Umdenken an dieser Stelle wäre in meinen Augen von vielfachem Vorteil. Zum einen reiht sich dann der Beruf des Autors in neue Gefilde ein, die den Beruf berufiger machen und zum anderen würde vielleicht die Selektion seitens der Verleger anders verlaufen. Also mehr Klasse statt Masse.

Bücher, die vom Verlag herausgebracht werden, sind meist keine Just-in-Time Geschichten - es wird vorab gedruckt und eigentlich wird sowieso alles vorab getan. Die Arbeiten am Buch, die Werbung, die Distribution etc. - alles wird vorher gemacht. Der Werbefachmann bekommt auch schon vorher sein Geld, bevor die Werbung effektiv Umsatz erwirtschaftet.

Mag sein, dass es meist so ist, dass es eben keinen Vorschuss im Vorfeld gibt, aber dann ist das System in meinen Augen etwas lieblos (was selbstverständlich keine Überraschung ist) und könnte an sich selbst scheitern. Denn die Börsen und Immoblienmärkte sind einzig und allein an der Masse nicht aber an der Klasse gescheitert. Letzten endes zählt nämlich immer das Detail. Aber das ist schon eine Grundsatzfrage.

Jedenfalls denke ich mir, als harmloser Autor von nebenan: Ich möchte zum Verlag, weil ich Bücher verkaufen möchte, also auch Geld sehen will. Denn ich möchte davon leben (mir mein Brot, meine Eier und die Miete bezahlen). Ich tendiere deswegen zum Verlag, weil dieser das Geld hat und natürlich auch meist schon das Netzwerk. Er dient mir quasi als Sponsor, Werbemaschine und Berater zugleich. Und die Auswahl unter dem Aspekt der Finanzen ist für mich der wichtigste (obgleich das Netzwerk natürlich auch seinen sehr sehr großen Wert hat). Hätte ich ich genug Kohle, würde ich mein Buch eventuell auch selbst verlegen. Da ich es aber nicht habe, muss ich es ja irgendwo herbekommen.

Natürlich wirft das Fragen der gerechten Verteilung auf, daher denke ich da gerade an Vorhonorare gekoppelt an die Produktionszahlen, denn diese zeigen doch auf, was sich der Verlag verspricht und würde nicht einfach auf ein blindes Risiko hinauslaufen. Es sei denn der Verlag würde auf Teufel komm raus kalkulieren, aber so stelle ich mir das Verlagswesen in heutiger Zeit nicht gerade vor.

Feuertraum

#21
Um jetzt zum eigentlichen Topic zu kommen:

Es ist eine Farce und ein Faustschlag ins Gesicht, dass große Ketten mit Ausschluß von Verlagen drohen, sollten diese nicht statt der 5 € Rabatt 7,50 € Rabatt gewähren.
Lohnt es sich nicht für die großen Verlage, die Ketten zu boykottieren und nur noch den "kleinen Buchhandel" zu beliefern ?

@ Grey Naja, man kann ich einigen Fällen schon sagen, ob ein Buch ein Bestseller wird. Kommen zum Beispiel ein neuer Dan Brown oder Stephen King raus (um nur zwei von einigen Bestsellerautoren zu nennen), dann kann man sicher sein, dass diese sehr rasch die Bestsellerliste erklettern. Bei manchen wird auch noch ein bißchen reißerische Werbung geschaltet, und das Kind ist im Sack.
Klar, manchmal passieren auch kleine Wunder (GlennKill zum Beispiel), aber so wirklich große Ausnahmen passieren selten. Und wenns gerade in die Zeit paßt (zum Beispiel wird ein Sachbuch zum Thema Schweinegrippe zur Zeit wohl eher gekauft als eines zum Thema: Die Heraldik des ausgehenden 15. Jahrhunderts (zumindest glaube ich das mal))

LG
Feuertraum

Edit: Korrektur von Namen
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

gbwolf

Zitat von: Feuertraum am 19. Oktober 2009, 10:43:35
@ Wölfin: Naja, man kann ich einigen Fällen schon sagen, ob ein Buch ein Bestseller wird.
Den Bezug zu meinen Postings verstehe ich leider nicht  ??? Klar kann man bei einigen Büchern sagen, dass sie Bestseller werden, bei den meisten Büchern weiß man trotz großer Werbung aber nicht, ob sie auf dem Ramsch landen können. Ich rede über den Durchschnittsautor und nicht über Dan Brown. Tenryu hat noch nicht klargestellt, ab wann er einen Vorschuss als übertrieben ansieht.

Feuertraum

@ Wölfin: Sorry, war mein Fehler. Ich hatte Grey gemeint (mit Brille wäre das nicht passiert  ::))
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...