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Die Arbeit drumherum

Begonnen von Drachenfeder, 21. Februar 2009, 11:17:23

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Drachenfeder

In der letzten Zeit habe ich mich öfters gefragt ob ich sie nicht alle habe... obwohl es dafür doch eigentlich keinen Grund gibt, oder doch? Ich befasse mich momentan vorallem mit der Arbeit drumherum von meinem Romanprojekt. Landkarte zeichnen, Charaktere zeichnen, Charakterfragebögen herstellen sowie eine Art Lexikon fertigen weil ich selbst mit den ganzen erfundenen Wörtern, Orte und Wesen durcheinander komme. Es macht mir auch unheimlich Spaß mich um diese Sachen zu kümmern. Nur jetzt kam die Frage von jemanden "Kommst du überhaupt noch zum Schreiben? So wird dein Buch nie fertig." Das war eine Aussage mit der ich mich jetzt befasse. Da hat sich mir selbst die Frage gestellt: Will ich denn ausschließlich nur fertig werden? Antwort: Nein. Ich möchte Spaß am Schreiben haben, mich darin verlieren und dazu gehört doch auch die Arbeit an dem drumherum, oder etwa nicht? Ich bin noch richtig Hobbyautorin, habe also allezeit der Welt...

Wie seht ihr das denn? Konzentriert ihr euch nur auf das Schreiben oder sind euch die Arbeiten drumherum genauso wichtig und machen euch einfach Spaß?

LG Drachenfeder



Schelmin

#1
Ich glaube, man kommt nicht daran vorbei, die Arbeit "drumherum" zu erledigen. Irgendwann muß man Landkarten oder Stadtpläne zeichnen, damit man sich beim Schreiben nicht widerspricht. Blöd, wenn die Taverne, die man schon mal beschrieben hat, plötzlich einem anderen Stadtteil auftaucht, oder wenn der Fluß plötzlich in die andere Richtung fließt.
Jeder geht beim Schreiben anders vor, aber mir persönlich ist es wichtig, ein klares Bild vor Augen zu haben, egal, ob es eine Person, ein Haus oder eine Landschaft ist, sonst kann ich es nicht richtig beschreiben.

Schreiberling

Mir geht es ähnlich wie Schelmin.
Ich kann nicht richtig, bzw. gut schreiben, wenn ich mir selbst meine Orte nicht vorstellen kann. Wenn ich als Autor noch nicht einmal ein klares Bild meiner Personen/Orte vor Augen habe, wie kann ich das dann von einem Leser erwarten?
Außerdem macht es irre viel Spaß, nicht nur an dem eigentlichen Text zu arbeiten, sondern auch am drumherum. Dadurch bekomme ich erst das Gefühl, dass meine Geschichte wirklich lebt. Und je lebendiger sie erscheint, umso mehr Spaß macht es, sie zu lesen und vor allem sie zu schreiben. (Erst dann flutschts beim Schreiben  ;) )

Liebe Grüße,
Schreiberling

caity

Hallo,

ich kann mich euch da nahtlos anschließen:
Auch ich arbeite wahnsinnig viel umd as Projekt herum. Vom "Welt" zeichnen, über die einzelnen "Länder" bis zum "Städteplan" und sogar einer Skizze der Zimmeraufteilung meiner wichtigsten Räumlichkeiten - und es macht mir unglaublich viel Spaß. Vieles kann ich in mein momentanes Projekt gar nicht einbauen, aber gerade beim Bearbeiten nimmt die Welt Konturen an und dadurch entstehen neue Geschichten, die sich alle um diese Welt ranken. Das ist es doch, was unser Setting auch anspruchsvoll macht. Unsere Welt gibt es doch auch nicht erst seit 20 Jahren, sondern schon seit 2000, warum also nicht eine Historie aufbauen. Wir haben auch Landkarten, warum das nicht auf eine Fantasywelt übertragen? Sicher verschlingt das Zeit und wie gesagt taucht manches vielleicht gar nicht im Roman selbst auf, aber das ist es, was meiner Meinung nach einer Welt Vielschichtigkeit verlangt und einen Roman in einer vielschichtigen Welt zu lesen und bei weitem spannender als einen in einer blassen, farblosen Welt zu lesen ;)

Bye
caity
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Moni

#4
Das drumherum verschlingt bei mir wesentlich mehr Zeit, als ich für das Schreiben aufwende. Ich finde es einfacher, eine Geschichte zu schreiben, wenn ich die Welt genau kenne. Außerdem macht es mir einfach wahnsinnig viel Spaß, Weltenbau zu betreiben und meine Welten zu entdecken.

Es gibt schon einen Grund, weshalb ich fürs Forum immer schon einen eigenen Weltenbaubereich wollte...  :innocent:
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Hanna

Hallo Drachenfeder!

Mach dir keinen Kopf: lass die anderen reden!

Die Arbeit drumherum muss gemacht werden. Je besser man sich in seinem Buch und seiner Welt auskennt, desto besser kann man das Buch schließlich schreiben. Man vermeidet Fehler und Wiederholungen, die später Zeit kosten, wenn man sie wieder ausradieren muss.

Und wenn dir das auch noch Spaß macht: umso besser!

Bei mir kostet das alles auch immer eine Menge Zeit, aber was ich habe, das habe ich. Meine Welt ist inzwischen ziemlich groß und ich kenne sie besser als die in der ich lebe. So habe ich die Möglichkeit, auch andere Geschichten dort spielen zu lassen. Und das Schreiben geht viel schneller, wenn man nicht immer anhalten muss, weil man irgend etwas nicht mehr weiß oder sich verlaufen hat.

Also, volle Kraft voraus!

Hanna
#happyverpeilt oder auch gründlich überfordert ...

Vali

#6
Bei mir als Weltenbastler war es andersrum. Die Welt war zuerst da und dann kam der Roman. Es hat sich über die Jahre jede Menge Stoff angesammelt, die eine gute Grundlage für den Roman bilden. Aber auch jede Menge Information, die da nie erwähnt werden, sind angefallen. Dieses überschüssige Material ist aber alles andere als Ballast, sondern eine Quelle für viele weitere Ideen und Geschichten. So schleppen manche scheinbar unwichtige Romanfiguren eine bewegte Lebensgeschichte mit sich, manche nebenbei erwähnte Dinge haben eine besondere Symbolik oder blickt auf eine jahrhundert alte Entwicklungsgeschichte zurück. Ganz besonderen Einfluss auf das Handeln meiner Charaktere haben auch geschichtliche Ereignisse, die ich zwar so gut wie nie erwähne, aber gerne mal ihren langen Schatten werfen.
Ottonormalleser wird es wahrscheinlich nicht merken und wird ihm egal sein, aber für den interessierten Leser hätte ich noch jede Menge Lesefutter da. Mit dieser Fülle an Hintergrundinformation dürften viele Szenen bunter und verständlicher erscheinen oder völlig neue Blickwinkel eröffnen. So hat es mir mehr Spaß beim Schreiben bereitet und ich bin guter Hoffnung, dass das auch dem Leser zugute kommt.
Ich finde, eine umfangreiche Sammlung an Hintergrundinformation kann einem noch mehr Spaß am Schreiben bereiten und haucht einem Roman mehr Leben ein, allerdings stimmt es schon, dass das sehr zeitaufwendig ist. Vor allem wenn man es so ausführlich machen will, dass man von einer "Welt" sprechen kann. Man muss jede Menge recherchieren, zusammenschreiben, im Zusammenhang betrachten und bearbeiten, dass alles aus einem Guss kommt. Wenn man noch anfängt zu illustrieren und kein begnadeter Zeichner ist, braucht man noch länger. Dafür tauchen im Roman weniger Logikfehler auf, wenn man sich an seine Vorlage gehalten hat. Sehr schön finde ich auch, dass so auch mehr über die reale Welt erfährt, man seinen Horizont erweitern kann und es Spaß macht.
Ich fürchte aber, dass ein Autor, der unter Zeitdruck schreibt, sich mit weniger Details begnügen muss. Sonst würde man nicht rechtzeitig fertig werden.

Mrs.Finster

Ganz klar- ohne das Drumherum geht es nicht  ;D Gerade die verschiedenen Charakterer zu entwerfen, Karten zu malen immer wieder was zu verändern, macht das Ganze doch erst reizvoll. Dennoch bin ich der Meinung, man darf sich nicht zu sehr in das Drumherum verlieren, denn der Roman ist für mich das Ziel.
Das Drumherum ist das Haus- das Schreiben die Einrichtung  ;) Und wie lange man dafür braucht ist ganz individuell- lass dich da nicht stressen. Du hast da schon die richtige Einstellung. Schließlich ist das Schreiben ja kein Muss, sondern ein geliebtes Hobby, dass Spass machen sollte...
Glück ist, wenn die Katastrophen in meinem Leben endlich mal eine Pause einlegen :-)

Feather

Auch ich will mich der allgemeinen Meinung anschließen- ohne Drumherum geht es nicht.
Früher habe ich auch versucht einfach mal drauflos zu schreiben, habe aber dann gemerkt das es alles gar nicht zusammen passt. Da ist hinter grünen Bergen plötzlich eine karge Wüste. Inzwischen versuche ich wenigsten eine grobe Skizze meiner Welt zu erschaffen sie wächst je weiter meine Geschichte wächst. Oder mir die verschiedenen Gänge der Gebäude aufzuzeichnen. Auch meine Figuren bekommen dann und wann eine Skizze und die passenden Sachen auf den Leib gezeichnet, auch um dem vorzubeugen das ich nicht vergesse was sie tragen und welche Farben sie anhaben.
Und ich finde das wichtigste, es macht Spaß Informationen zu sammeln, sich neues Wissen an zueignen auch wenn man damit wirklich manchmal mehr beschäftigt und abgelenkt ist als sich mit der eigentlichen Geschichte zu befassen.

Drachenfeder

Ich bin wirklich sehr froh das hier von euch zu lesen. Fühle mich oft mit meinem "seltsamen" Hobby ziemlich alleine, und wenn ich dann im Zirkel unterwegs bin... hachja... ich hab euch einfach lieb  :knuddel:

@Moni - das mit dem Weltenbau fand ich total genial als ich es gelesen habe. Da muss ich mich mal richtig durchlesen, bin leider bis jetzt noch nicht dazu gekommen. Wird aber nachgeholt.

LG Drachenfeder



FeeamPC

@ Feather:
Hinter grünen Bergen darf durchaus eine Wüste liegen. Dann nämlich, wenn die Berge eine Wetterscheide sind. Wenn auf deiner Welt die Wolken bevorzugt aus einer Richtung kommen, sich an den Bergen ausregnen und für die andere Seite keine Wolken übrig bleiben. Reale Berge mit Wüsten dahinter gibt es schließlich auch auf unserer altvertrauten Erde.

Was die allgemeine Diskussion angeht:
An irgendeiner Stelle meines Buches pflege ich festzustellen, daß ich ohne Weltenhintergrund die Orientierung verliere. Dann schreibe ich auf ein neues Blatt Papier (ohne PC!) alle wesentlichen Punkte auf in der richtigen zeitlichen Reihenfolge, vermerke die dazu passenden Orte und versucht, Zeit und Ort mit Entfernungen zu versehen. Daraus entsteht dann eine Karte.

Beispiel: Stadt A liegt 5 Tage mit dem Ochsenkarren von Stadt B entfernt. Der Karren schafft durchschnittlich in der Ebene 30 km am Tag. Also liegen Stadt A und Stadt B  150 km auseinander. Was paßt demnach alles an Landschaft dazwischen? usw.usw....

xadhoom

#11
Aloha!

Zitat von: FeeamPC am 21. Februar 2009, 23:57:31
Dann schreibe ich auf ein neues Blatt Papier ...
Gute Güte! Das wird dereinst zum Aufstand der Dryaden führen ...

Ich begutachtete einst Barbara Stracheys "Frodos Reisen". Dort wird Weg und Zeitrahmen eines gewissen Hobbits nebst Begleitern auseinandergenommen. Ich bekomm das jetzt ohne Nachblättern nicht auf die Reihe, aber der Kontext, der sich bei mir festsetzte war: Der Mond konnte nicht voll gewesen sein, als man sich auf der Wetterspitze zum gemütlichen Grillabend von Frodos Schulter mit den Nazgul traf, weil wegens Distanz und Kalender und Geschwindigkeit von Hobbit auf und neben Fluss und Fantasie und Schneegestöber ...

Mit anderen Worten: Ich bin da sehr akribisch, wenn es um die Ausarbeitung einer Welt geht, in der ein Roman oder mehrere – mehr oder wenige kurze – Erzählungen angesiedelt sind. Es spricht also ganz und gar nicht gegen Dich, wenn Du Dir da Mühe machst und auf Einzelheiten achtest, die auf den ersten Augenschein gar nicht interessant sind. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass neben den Lesern durchaus auch die Autorin einen Anspruch darauf hat, von dem Roman unterhalten zu werden. Für mich ist das neben der Ausarbeitung von Charakteren eben auch das Umfeld, mit dem diese leben müssen. Müssen, weil ich als Gott dieses Universums es so will ... und trotzdem den Tanz im Zwielicht mit diesen gestalten zulasse, um mehr über diese Welt zu erfahren, die auch eine Gottheit in all ihren Nuancen nicht völlig durchdenken kann. Manches lässt sich nur durch die Charaktere selbst erfahren.

shade & sweet water
>x<
Vor dem Wein sind alle gleich! Und das gilt insbesondere dann, wenn sich der Wein nicht mehr vor, sondern in einem befindet ...

FeeamPC

Die Dryaden beruhigen sich bestimmt wieder, wenn ich in Zukunft Papier aus Papyrus nehme!

Übrigens scheint es nur sehr wenige Dryaden-taugliche Welten zu geben, danach zu urteilen, wie wenig diese speziellen Lebewesen in der Literatur vorkommen. Es wäre sicher interessant, mal eine Umgebung zu entwerfen, in der die Existenz von Dryaden schlüssig ist und sie einen nennenswerten Beitrag zum Geschehen beitragen können.
Aber das ist schon hart grenzwertig OffTopic für diesen Thread.

Leon

#13
Hin und wieder brauche ich einfach mal eine kleine Pause vom Schreiben. Diese Zeit nutze ich, indem ich ebenfalls an einer Art Karte zeichne. Da ich noch keine Betaleser oder Paten habe, die mich auf Unstimmigkeiten in meiner Geschichte aufmerksam machen, ist es die Karte die mir zumeist sagt: "Hoppla hier passt was nicht zusammen". Darüber hinaus kann ich beim zeichnen sehr gut entspannen und abschalten.

Coppelia

#14
Auch ich gehöre zur Weltenbastler-Fraktion. Zwar fehlt mir im Moment die Zeit, um das meiste schriftlich festzuhalten, aber ich habe hunderte Seiten mit Welten-Hintergrundinformationen und noch mal viel mehr in meinem Kopf. ;) Das gilt sogar für Welten, die ich mir nicht selbst ausgedacht habe - sie werden mit Infos von mir ergänzt, wenn Geschichten dort spielen.
So habe ich nicht nur alle Details über die Figuren im Kopf, die mitspielen, sondern auch meist die Biografien aller Figuren, die nur am Rand vorkommen, und alle möglichen Welten-Details.
Allerdings sind die Schwerpunkte oft unterschiedlich, je nachdem, wo auch die Schwerpunkte der Romane liegen. Für den Stadstaat Kessel hab ich z. B. Geschichte, Politik und bestimmt 100 Leute mit Biografie, Familie, politischem Profil, ihre Beziehungen untereinander, Ausbildung bis hin zu den Namen und der Herkunft ihrer Lehrer usw. extrem ausführlich ausgearbeitet, dazu noch so Sachen wie Mythen über die jeweiligen Familien und so ein Zeug. Nur ein winziger Bruchteil von all der Information schafft es in die tatsächlichen Romane.
Am besten ausgearbeitet ist wohl die "E-Welt", wo mein Funkenfänger spielt. ;) Da ist mal ganz interessant, wie viel NIE im Roman vorkommt. Was ich dafür nicht alles ausgearbeitet hab - es geht wirklich bis zur Zubereitung von Marmelade. Vor allem auch die Religion samt jeder Menge Mythen und lokalen Ausprägungen sogar mit der genauen Ausbildung von Klerikern ist detailliert ausbaldowert. Aber davon ist wirklich nichts für den Roman relevant ...
Ich finde aber, dass die Welt glaubwürdig wirkt, wenn man spürt, dass der Autor "zuHause" ist. Das ist wohl der entscheidende Vorteil.