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Gefühle schreiben-Gefühle beschreiben

Begonnen von Ary, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Manja_Bindig

*Vyren mit rosa schleifchen verpack und Ary rüberreich* So, da will ich aber auch was für lesen. :)

Hm... wenn es wirr ist, passt der Name "Virren" doch. (mir fällt grad auf, dass gewisse Klangschemen bei Namen immer wieder kehren).

Ich glaub, die Ich-Form ist perfekt, wenn man nur einen Chara hat, in den man sich komplett einfühlen will - wenn man alels aus seiner eigenen sicht schreibt, sehr gut.(ich bin nur der Meinung, dass man da gefahr läuft, eindimensional zu werden)

Ary

@Manja:*Vyren schnapp und knuddel* Danke! :) Sobald ich die ersten Entwürfe zu meinem neuen Projekt fertig habe, kannst du betalesen, wenn du magst! Kann aber dauern, ich hab gerade mal den Hauptcharafertig!

Emotionsgeladene Sequenzen in Ich-Form zu schreiben, ist sehr heikel, gerade in der Ich-From würde ich noch viel mehr zum emotionalen Übertreiben neigen (ich schaffe das ja auch als allwissender Erzähler).
Da braucht man schon einen guten, distanzierten Beta, ich glaubem, das ist das einzige, was da hilft!
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Yangilain

Habe auch mal für beides gestimmt. Es gab eine Zeit, da ich hauptsächlich in der Ich-Form geschrieben habe und dabei wurde es sehr emotional. Streckenweise mochte das gut sein, oft genug bestimmt ZU emotional und damit viel zu übertrieben. Jetzt bin ich das ganze nochmal als allwissender Erzähler angegangen und versuche es auf diese Weise. Manchmal fehlt mir dabei nun das direkte Einfühlen, dann warte ich eben auf die richtige Stimmung. Diverse Szenen verlangen bei mir nach der entsprechenden Stimmung, sonst kann ich es nicht schreiben. Schlecht ist das nur, wenn eine Passage beinahe fertig ist und ich dann heraus gerissen werde. Passt meine Stimmung am nächsten Tag nicht, bleibt das Teil womöglich wochenlang liegen, obwohl nur noch zwei oder drei Sätze fehlen. Es zwangsweise zu beenden bringt mir dann aber auch nichts. Lese ich es nochmal, höre ich den "Bruch" förmlich und ärgere mich.

Isabel

Auch beides :)

Mich in die Figuren einzufühlen ist eine Sache, aber das in eine lesbare Form zu bringen eine andere. Ich male mir oft Dialoge und Szenen aus und fühle dann sehr deutlich, was die Figuren empfinden. Beim Schreiben selbst behalte ich jedoch ein gewisses Maß an Objektivität - es sei denn, ich bekomme einen Schreibflash und schreibe etwas in kurzer Zeit runter, was bei mir aber nur alle Schaltjahr mal vorkommt.

Franziska

ich krame mal diesen alten Fred wieder aus, weil ich gerade genau das Problem habe und ich aus den Beiträgen hier auch nicht schlauer werde.

Es ist schlecht Gefühle zu beschreiben, weil show dont't tell.

Geht es wirklich überhaupt nicht, zu schreiben: Sie war wütend, er hatte schreckliche Angst...?

Wie macht ihr das, ohne in Klischees zu verfallen?
Schreibe ich: Er ballte die Fäuste, zog die Augenbrauen zusammen, sein Herz krampfte sich zusammen..., dann klingt das immer total abgegriffen. Wie findet ihr da die passenden Worte?

Oder versucht ihr Gefühle durch Landschaftsbeschreibungen zu vermitteln oder Metaphern? Wenn ich das versuche, wird mir vorgehalten, es gäbe keine Gefühle im Text.

Wie macht ihr das?
Könnt ihr vielleicht Texte empfehlen, in denen das gut umgesetzt ist?




Beate

Hallo!

Bei mir kommt es stark auf die Perspektive an. Wenn ich aus ich-Perspektive einen Charakter habe, der gerade wütend ist, dann wird der niemals schreiben/sagen "ich ballte die Fäuste, meine Augenbrauen trafen sich über der Nasenwurzel beinahe, so legte sich meine Stirn in falten *palaberpalaber*", er wird einfach schreiben/sagen "ich war so wütend, dass ich ihn am liebsten auf der Stelle ermordet hätte" (o.ä.). Das wirkt einfach glaubwürdiger.

Wenn ein Charakter von außen auf einen anderen schaut, dann sieht der, dass die Fäuste geballt sind, die Stirn in Falten gezogen, die aufeinander gepressten Lippen nur ein Strich - dann beschreib ich das auch so und es kommt ein "es schien, als sei er sehr wütend" o.ä. dazu.

Ist es ein auktorieller Erzähler, ist es bei mir meistens so, dass ich in den Kopf der Person reinschaue. Von sich aus würde sie ihre Gedanken niemals preisgeben sondern nur sagen, dass sie wütend ist, aber wenn ein anderer in sie reinschaut, der kann das alles sehn. Da würde es dann etwa so aussehen:
"Wie hatte sie das nur machen können? Sie war sang und klanglos einfach verschwunden! Ohne ein Wort! Hatte ihn hier sitzen gelassen mit nichts in der Hand und nichts im Besitz außer dem, was er am Leibe trug. Oh, er wollte sie umbringen! In diesem Moment wollte er sie einfach nur umbringen dafür, dass sie ihn betrogen und belogen hatte, dafür, dass sie ihn sitzen gelassen hatte und erst recht dafür, dass er diese Gedanken jetzt hatte."


Ich finde, es muss eben zur Perspektive und zum erzählenden Charakter passen. Wenn der Charakter halb blind ist, wird seine Beschreibung nicht sonderlich detailliert ausfallen und er wird sich mehr auf Geräusche o.ä. beschränken. "Es schien fast, als würde er verkrampft atmen, als müsse er sich dazu zwingen, die Luft in seine Lungen einzusaugen und wieder auszustoßen. Waren seine Hände da nicht auch zu Fäusten geballt? War er etwa wütend?"


So gibt es für mich kein "richtig" oder "falsch", es muss in den Lesefluss und zum entsprechenden Erzähler passen.

Coppelia

Das Problem hatte ich im letzten Roman auch. Ob ich es klug gelöst habe, weiß ich nicht, weil ich es auch nicht richtig beurteilen kann. Ich hatte noch keine Erlebnisse wie mein Prota. Er verlier nämlich seine ganze Familie überraschend (nicht bei einem Orkangriff ;)). Ich wollte seine Gefühle überzeugend darstellen, aber da ich mich glücklicherweise noch nicht in der Situation befand, glaube ich, hat es zu Anfang nicht gut geklappt. Aber einige Menschen, die Verwandte verloren haben, haben mir freundlicherweise geholfen und mir ihre Gefühle geschildert. Das war sehr, sehr freundlich.

Bei solchen Problemen kann es wirklich sehr nützlich sein, andere Menschen zu fragen. Gefühle wie Angst und Wut hatte bestimmt jeder selbst schon einmal. Ich erinnere mich dann gern an Situationen, wo diese Gefühle besonders stark waren und versuche mir zu vergegenwärtigen, wie es dabei ging. Dann suche ich die passenden Worte. Bei normalen Schilderungen klappt das ganz gut. Es ist ja nun einmal so, dass einem bei Angst das Herz klopft, die Knie zittern usw. Aber sind das auch die passenden Ausdrücke? Ich pokle ja häufig ziemlich lange an meinen Formulierungen (ist schon besser geworden ;)).
Zitat
Oder versucht ihr Gefühle durch Landschaftsbeschreibungen zu vermitteln oder Metaphern?
Ja, beides. Vor allem mit dem Wetter hab ich es in der Hinsicht. Aber wer hätte auch schon erlebt, dass in der Hauptstadt des bösen Alleinherrsches (TM) die Sonne strahlt? ;D
Wobei ich mit Metaphern immer vorsichtig bin, da sie schnell mal unfreiwillig komisch werden. Natürlich ist das kein Ersatz für andere Gefühle im Text.
Ich empfehle immer Dialoge, wenn es möglich ist. Es gibt irgendwie nichts, was man in Dialogen nicht rüberbringen könnte. Meistens wirkt es dann auch noch besonders interessant. Und häufig retten sie einen vor der Verwendung von klischeehaften Phrasen.

Aber ich glaube, insgesamt könnte ich mit Gefühlen im Text noch besser werden. Manchmal bin ich mit mir zufrieden, manchmal nicht. Ich glaube, es ist auch wichtig, dass Gefühle wie Selbstmitleid nicht zu viel geschildert werden, weil das die Leser eher nervt. *Lotti hau*

Zur Schilderung von Gefühlen finde ich die Bücher von Arnulf Zitelmann ganz großartig. Der Mann hat es einfach drauf, einfühlsam und mit schlichten, aber sehr gut sitzenden Worten Gefühle und alles andere zu beschreiben. Was habe ich bei seinen Geschichten mitgefiebert und geheult! Schade, dass er nicht mehr arbeitet.

Grey

Oder Jeffrey Eugenides. Ich habe gerade erst 'Middlesex' ausgelesen, und ich war wirklich platt mit wie wenigen Worten dieser Mann die ganze komplizierte Gefühlswelt eines pubertierenden Menschen darlegt. Ich bin jetzt schon ganz kribbelig, die 'Virgin Suicides' zu lesen, der Mann hat's einfach drauf.

Ich für meinen Teil versuche ja immer, möglichst viele verschiedene Erzählweisen auszuprobieren, daher gibt es nur sehr wenige 'geht gar nicht's für mich. Es kommt ja auch immer auf den Kontext an, in dem so eine Beschreibung steht. Ein "Das machte ihn wütend" für sich genommen ist zugegebenermaßen schon ziemlich langweilig und ausdruckslos. Hast du aber einen Erzähler, der ein bisschen flapsig ist, kann es schon wieder ganz anders wirken: "Grogar der Barbar war ein friedlicher Geselle, der sich nicht leicht aus der Ruhe bringen ließ. Doch wehe, wenn es sich eine Fliege einfallen lassen sollte, sich auf seine empfindsame Nase zu setzen. Das machte ihn dann schon einigermaßen wütend."

Franziska

eine Frage: wieso taucht dieser Thread nur in der Übersicht auf und nicht, wenn ich ich den Workshopordner öffne?  ???

Moni

Zitat von: Franziska am 30. Juli 2008, 12:40:42
eine Frage: wieso taucht dieser Thread nur in der Übersicht auf und nicht, wenn ich ich den Workshopordner öffne?  ???

Verstehe ich auch nicht, eben wurde er mir noch ganz normal im Workshop angezeigt und jetzt auch nur noch in der Übersicht. Kaputter Thread vielleicht.
Ich versuche nachher mal, das rauszufinden.
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Franziska

ja, das wäre schön, weil ich den Thread jetzt nur noch über die Suchfunktion finde. Sonst mache ich einen neuen Thread auf.