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Spannend bzw. mitreißend schreiben - wie geht das?

Begonnen von Alana, 28. Dezember 2008, 13:50:57

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Alana

Hallo zusammen,

nachdem ich gestern endlich mit dem Schreiben an meinem neuen Projekt angefangen habe, habe ich mich nun gefragt, wie man möglichst spannend schreibt.
Ich bin ja noch ein totaler Neuling was das Schreiben angeht.
Und auch wenn ich mein Nano-Werk für durchweg lesbar halte, so finde ich doch, dass es gerade sprachlich und spannungstechnisch viele Schwächen hat.

Gerade habe ich mir deshalb mal meine Lieblingsbücher geschnappt und versucht, herauszufinden, was daran so spannend ist. Nicht um den Stil zu kopieren, denn ich glaube, jeder hat einen eigenen Stil, auch wenn er bei mir noch sehr roh und ungepflegt ist :D sondern um herauszufinden, wie ich meinen Stil verbessern kann.

Ich bin nämlich der Meinung, dass ein guter Autor so ziemlich über jeden Mist schreiben kann und ich es trotzdem gerne lese, solange es nur spannend ist.
Und mit spannend meine ich jetzt, dass man das Buch einfach nicht weglegen kann, dass es einen mitreißt und ich für meinen Teil denke, dass das meistens weniger ein Verdienst des Grund-Plots ist, als der sprachlichen Mittel, die verwendet werden.

Was also macht für euch eine spannende Sprache aus, was sind für euch unverzichtbare sprachliche Mittel?

Ich habe festgestellt, dass alle Bücher, die mir besonders gut gefallen, hauptsächlich aus Dialogen bestehen.
Ist das also der Schlüssel?

Über euer Feedback würde ich mich freuen.
Alhambrana

Ary

Hi Alana,
ich hab das mal nach "Workshop" verschoben, denn spannend schreiben hat eher was mit allgemeinem Handwerkszeug des Schreibens als allein mit Sprachbasteleien zu tun.

Die Sprache allein kann nicht spannend sein, wenn das, was sie transportiert, nicht spannend ist. Die Frage ist wohl eher "wie schreibe ich eine spannende Szene" als "wie schreibe ich spannende Sprache". Klar kann man mit schnarchnasiger Sprache auch die spannendste Szene killen, aber wenn es dem Plot an sich an Spannung fehlt, reoißt auch die beste Sprache es nicht mehr raus.

Was oft gemacht wird: rasante Szenen, zum Beispiel Kampf oder Verfolgung, in kurzen, rasch aufeinanderfolgenden Sätzen erzählen oder lange Sätze mit Kommata unterbrechen - sowas klingt gehetzt und spiegelt damit auch sprachlich wieder, was passiert.
Auch Dialoge allein sind nicht der Schlüssel, sondern das, was die Dialoge transportieren. Wenn sich zwei Protagonisten seitenlang darüber unterhalten, ob man nun zu einer grünen Tunika braune oder orangefarbene Hosen trägt, ist das ziemlich öde. Wenn sie sich aber darüber unterhalten, wie man am besten dem Bösewicht den Garaus machen kann, wie man am besten eine Intrige gegen den ungeliebten herrscher aufzieht, um ihn zu stürzen oder wie man die Armee loswerden kann, die schon seit Tagen das Dorf belagert, dann wird's spannend.

Wenn Du ein problem mit dem Spannungsbogen hast, dann untersuche doch erst mal Deinen Plot auf einen Spannungsbogen. Wie folgen die Szenen aufeinander? Ergibt eine Szene die Nächste? hast Du genug Konfliktpotential in deiner Geschichte? Sind die Charaktere "ausgereift", soll heißen, sind sie nicht einfach nur glatt und makellos, sondern haben sie auch Macken, Schwächen, Dinge, die sie zu Persönlichkeiten machen?

Grüße,
Aryana
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Mrs.Finster

#2
Hallo Alana,

vorweg ist natürlich zu sagen, dass jeder seine eigene Auffassung von Spannung hat. Was der eine als total aufregend empfindet, ist für den anderen stink langweilig  :hmhm?:

Ich finde, als ,,Autor" ist es wichtig, sein Buch selbst zu ,,leben". Ich habe teilweise Szenen, die ich aufschreibe, die sich dann so schnell vor meinen inneren Auge abspielen, dass ich teilweise gar nicht hinter her komme  ;D ich fiebere manchmal so mit das meine Hände zittern  :rofl: ich weiß das mag sich jetzt doof anhören, aber ich denke du weißt was ich meine  ;)  wenn so etwas in deiner Story nicht gegeben ist, dass du selbst nur gelangweilt vor deinem Buch sitzt, kann du auch keine Spannung erzeugen...das war Nr.1, dann folgt natürlich die Technik. Es gibt ja verschiedene Methoden bestimmte Stimmung zu erzeugen z.B. kurze Sätze bei schnellen Handlungen usw. Edit: Da war Aryana wohl schneller als ich  ;D
Es liegt sicher nur nicht nur an den Dialogen, sondern auch an der Überzeugung des Autors, die dich mitreißt.
Die Spannung kommt hinter von ganz allein, so war es jedenfalls immer bei mir  :)

LG das Finster
Glück ist, wenn die Katastrophen in meinem Leben endlich mal eine Pause einlegen :-)

Alana

#3
Hallo Aryana,

danke fürs verschieben, ich war mir nicht ganz sicher, wo das hingehört. :)
Grundsätzlich hast du natürlich Recht, die Plotelemente müssen auch stimmen, aber letztendlich ist es in meinen Augen trotzdem die Sprache bzw. die spannende, mitreißende Schreibweise, die den Erfolg eines Buches ausmacht.
Schau dir zum Beispiel Biss zum Morgengrauen an.
Der eigentliche Grund-Plot (ich rede jetzt nicht von den kleinen Details) ist so langweilig, und schon so oft dagewesen, dass mich das Buch nicht die Bohne interessiert hat, bis es mir von einer Freundin aufgedrückt wurde.
Das Buch hat mich von Anfang an mitgerissen, sogar am Anfang, wo noch gar nichts passiert.
Natürlich hast du schon Recht insofern, als auch Stephenie Meyer ihre Szenen und Settings einfach gut ausgewählt hat. Trotzdem denke ich, dass es das Schreibhandwerk ist, das aus ihren Büchern solche Bestseller gemacht hat.

@ Mrs. Finster: Klar du hast Recht. Ich gestehe, dass das was ich schreibe, mir gefällt und mich auch nicht langweilt (was nicht bedeutet, dass ich nicht die Schwächen erkennen kann).
Als ich meinen Hauptchara entworfen habe, ist mir fast das Wasser im Mund zusammen gelaufen. Trotzdem fällt es mir wahnsinnig schwer, zu beurteilen, ob das was ich geschrieben habe, für andere genauso rüber kommt, wie für mich.

Und außerdem, gerade weil, wie du schreibst, Spannung im Auge des Betrachters liegt, interessiert mich, was ihr darunter versteht bzw. wie ihr sie erzeugt.
Wobei ich gestehen muss, Spannung ist vielleicht das falsche Wort.
Mir geht es hier wirklich um mitreißende Sprache auch in "langweiligen" Szenen ohne Action ;)
Alhambrana

Coppelia

Man liest es zwar manchmal auch in Schreibratgebern, aber ich finde, dass es stimmt: Am wichtigsten für Spannung sind Konflikte. Eine Person will etwas, und eine andere Person will etwas anderes. Damit gelingen einem spannende Dialoge und spannende Szenen. Muss ich mich nur noch selbst immer dran halten ... *seufz*

Alana

#5
Stimmt auf jeden Fall!
Oder aber beide wollen das Gleiche und aus irgendeinem Grund geht es nicht :D
Alhambrana

gbwolf

Welche sprachlichen Kniffe du nutzt, um Spannung zu erzeugen, das hängt auch damit zusammen, welche Art Roman du schreibst.

Patrick Süßkind hält die Spannung im Parfum, indem er den Leser in eine Welt bringt, die unendlich tiefe Facetten von etwas zeigt, das wir zu kennen glauben. Er erzeugt für mich Spannung durch ungewöhnliche Ansichten, eine schwelgende Sprache und starke Figuren - Dialoge findet man hier kaum.
Naomi Novik benutzt in Drachenbrut eine teils gestelzte Sprache, die aber hervorragend zu den steifen Engländern passt. Für Auflockerung sorgen die Naivität und sprudelnde Lebensenergie der Drachen und die ungewöhnlich verwendeten Fantasyelemente. Die Spannung kommt aus den lebhaften Beschreibungen der Figuren zueinander und der Sympatie zu ihnen.
Der Schwarm und der Da Vinci Code bauen - Wie viele Thriller - auf kurzen Sätzen und kurzen Kapiteln auf, um den Leser zu treiben, viele Romane halten mittlerweile auch das Präsens durch, um die Spannung aufrecht zu erhalten.

Allgemein denke ich, sollte man vor allem aktiv formulieren und den Leser entdecken lassen, statt alles zu zeigen.
Eher: "Sein Streitross schreckte kurz auf, als sich eine Maus vor dessen Hufen in Sicherheit brachte. Mit den Blicken verfolgte er das Tier, das sich im wogenden Ährenmeer eines Getreidefelds in Sicherheit brachte. Sein Waffenbruder beschattete mit der Hand die Augen und schaute in die Ferne. 'Wenn das Wetter hält, können die Bauern in zwei Tagen eine reiche Ernte einbringen. Wollen wir für sie hoffen, wo die Kriegssteuer in diesen Tagen die Pächter so schwer drückt.'"
als: "Der Wind säuselte durch die reifen, goldenen Ähren, die in diesem Jahr eine reiche Ernte versprachen, was nur gut war, da der König seinen Bauern viel Geld für die Kriegskasse abzwang. Zwischen diesen Feldern ritten ..."
Na, ist kein optimales Beispiel und es gibt auch schöne, spannende Passagen in Büchern, die nur beschreiben, aber für mich kommt viel Spannung daher, dass es einen Bezug zwischen dem Beschriebenen und den Handelnden gibt, weil man sonst das Gefühl hat: Da ist die Pappkulisse, die beschreibe ich euch kurz und da vorn, da stehen die Schauspieler, und wenn wir einen anderen Ort brauchen, drehen wir die Pappe um ...

Grüße,
Wölfin


Alana

#7
Hallo Wölfin,

ich finde dein Beispiel sehr gut, weil es genau den Eindruck bestätigt, den ich von meinen Lieblingsbüchern habe. (Obwohl mir deine schöne Beschreibung, die ja das negative Beispiel sein soll, auch sehr gut gefällt und daher nicht wirklich gut als schlechtes Beispiel fungiert *g*)

Generell stimme ich dir absolut zu.
Lass die Charaktere erzählen, anstatt etwas zu beschreiben.
Lass die Charaktere direkt erleben, anstatt sie nur daran denken zu lassen.

Ich habe festgestellt, dass ich wenn ich nicht aufpasse, schnell ins Plusquamperfekt verfalle.
"Sie hatte schon öfter erlebt wie..." und das nicht nur für ein oder zwei Sätze, was durchaus wirken kann, sondern für ganze Absätze und sogar Seiten.
Damit macht man sich echt die Spannung kaputt, finde ich.
Denn zum einen verbrät man damit sehr viel Handlung in kurzer Zeit und außerdem ist es stinklangweilig. :D
Alhambrana

Steffi

Was ich gerade bei meinem letzten Roman gemerkt und gelernt habe ist - hoffe ich zumindest - dass, wenn man mehrere Handlungsstränge hat, man ruhig immer wechseln sollte. Schon Hitchcock hat in erster Linie dadurch Spannung erzeugt, dass der Zuschauer mehr wusste, als die Protagonisten. (Es gibt bei "Marnie" eine tolle Szene, in der das Bild fast zweigeteilt ist und man sieht, wie sich eine Putzfrau unbedarft nähert während Marnie versucht, im Büro einen Safe auszuräumen, und beide Figuren nicht von der Gegenwart der andren wissen. Der Zuschauer weiß, dass Marnie gleich vielleicht erwischt wird, Marnie weiß es nicht.)

Ich versuche im Moment, während sich das Buch dem Ende nähert, viel gleichzeitig ablaufen zu lassen, an verschiedenen Handlungsorten, und diese Etappen auf kleinen Cliffhangern enden zu lassen. Allerdings so, dass es für den Leser nicht zu frustrierend wird. Das erleichtert mir die Sache, weil das ganze nicht stur runter erzählt wirkt, den Plot auflockert und gleichzeitig Spannung aufbaut (hoffe ich). Wie Coppi aber schon sagte, in erster Linie braucht man dafür natürlich irgendeinen Konflikt.

Sic parvis magna

Alana

Hallo,

ja da stimme ich dir zu!
Allerdings fällt das für mich schon fast wieder unter Plotten, weniger unter spannende und mitreißende Sprache.
Ich habe so eine Parallelmontage auch in mein Buch eingebaut :)
Alhambrana

Schreiberling

Zitat von: Steffi am 28. Dezember 2008, 16:23:39
Schon Hitchcock hat in erster Linie dadurch Spannung erzeugt, dass der Zuschauer mehr wusste, als die Protagonisten. (Es gibt bei "Marnie" eine tolle Szene, in der das Bild fast zweigeteilt ist und man sieht, wie sich eine Putzfrau unbedarft nähert während Marnie versucht, im Büro einen Safe auszuräumen, und beide Figuren nicht von der Gegenwart der andren wissen. Der Zuschauer weiß, dass Marnie gleich vielleicht erwischt wird, Marnie weiß es nicht.)

Ich denke nicht, dass dadurch immer Spannung erzeugt wird. Wenn man nicht aufpasst, wird dadurch, dass der Leser mehr weiß als der Protagonist, die Handlung vorhersehbar. Ich habe schon ein paar solcher Bücher gelesen, in denen diese Technik auch verwendet wurde und fand sie nicht sehr spannend oder mitreißend. Für mich war das oft eine Art wie Spannung verloren geht, aber dass ist wahrscheinlich auch ansichtssache.

Steffi

Ich denke schon, dass das Prinzip sehr gut geeignet ist, um Spannung aufzubauen, aber natürlich muss man so eine Technik auch richtig beherrschen.


Alana, was Stil angeht würde ich vermuten, dass zuviele Adjektive der Sache schaden.
Sic parvis magna

Alana

Hallo Steffi,

ja zuviele Adjektive oder überhaupt Wortfielfalt muss gar nicht sein.
JKR hat sich kaum jemals eine Alternative zu "sagen" überlegt und es ist mir noch nie negativ aufgefallen.
Alhambrana

Falckensteyn

Spannung versuche ich dadurch zu erzeugen, indem ich die Wahrnehmungen, Empfindungen oder Schmerzen des Prota und der Darsteller mit in eine Szene packe. Wenn ich so die Vorstellungskraft der Leser gewinnen/wecken kann und sie mitleiden oder mitfiebern, dann erreiche ich mehr damit, als wenn ich nur einen nüchternen Kampf in seinem Ablauf beschreibe.

Die richtige Dosis hiervon, nicht zuviel, nicht zuwenig, ein gut gewähltes Adjektiv oder noch besser ein wohlüberlegtes Verb an der richtigen Stelle, dann bin ich ganz zufrieden.

Aber ob ich mit meiner Schreibweise richtig liege, kann ich noch nicht beurteilen, da ich (noch) keine Veröffentlichung vorzuweisen habe.

Ansonsten pflichte ich Coppelia bei. In Dialogen Meinungsverschiedenheiten ausreizen, ist was Herrliches. Meine Leutchen schreien einander gerne mal an, oder unterbrechen sich. Kurz: Sie leben ihre Standpunkte und Rollen.

Liebe Grüsse

Falckensteyn

felis

Der gute alte Cliffhange bringt natürlich auch immer ein dynamisches moment. Also wenn 2 oder mehr Handlungsstränge parallel ablaufen, immer mit einer ungelösten Frage zum anderen Handlungsstrang wechseln. Das treibt die Geschichte. In Perfektion betrieben hat das z. B. Tad Williams in Otherland.