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Blicken, gucken, schauen, starren

Begonnen von Falckensteyn, 10. Juli 2008, 10:45:50

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Sascha

Augen, die sich treffen? Nun ja, eine anatomische Herausforderung. Augen, die durch's Zimmer wandern? Erinnert mich an Hot Shots: "Ich hab die Augen meines Vaters geerbt." (Klappt die Schachtel auf, in der sie liegen). Aber so richtig eklig: Das Auge ißt mit. :hmhm?:
Um noch ernsthaft auf die Frage zu antworten: Ich finde die Formulierung mit den sich treffenden Augen auch nicht schön und würde beim Lesen zumindest kurz stocken. ABER: Ich habe inzwischen einen furchtbaren Beta-Blick entwickelt und kann kein Buch mehr lesen, ohne über alles zu stolpern, was ich als Betaleser ankreiden würde. Vor zwei Jahren oder so wäre mir das wahrscheinlich nicht mal aufgefallen. Und Korinthenkacker - besonders in sprachlichen Dingen - war ich schon immer. So gesehen bin ich eher bei Witch, was die normalen Leser angeht.

Dämmerungshexe

Ich hatte neulich ein ähnliches "Kribbeln", als ich selber geschrieben habe "Er folgte ihrem Blick" - Was heißt das jetzt? Geht er tatsächlich dorthin, oder schaut er nur in die gleiche Richtung?
Das mit den sich treffenden Augen finde ich auch etwas jenseits der Grenze. Aber ansonsten bin ich da etwas lockerer eingestellt - manche Handlungen haben eben solche festen Umschreibungen wie "einem Blick folgen". Würde man versuchen das zu vermeiden, müsste man eine lange, breite Erklärung schreiben, die der Leser womöglich auch nicht versteht.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

FeeamPC

Der unbedarfte Nicht-Beta-Leser würde sich treffende Augen vermutlich als normal empfinden, zumindest aber nicht lange genug darüber nachdenken,um aus der Geschichte zu kommen.

Ryadne

Danke für eure Einschätzungen. Nach einer Nacht drüber geschlafen fühlt sich das Bild für mich immer noch falsch an und die Mehrheit von euch sieht das ja ähnlich. Ich bleibe also bei den Blicken, auch wenn sie sich häufen.

Zit

Zitat von: Thaliope am 23. Juni 2015, 08:38:54
Das mit den sich treffenden Augen ist ein gemeiner Anglizismus :) Im Deutschen treffen sich Blicke. Augen wandern auch nicht durchs Zimmer. Also, außer in ekligen Horrorstorys ;) Ich kann gar nicht oft genug dafür plädieren, dass deutschsprachige Autoren mehr deutschsprachige Texte lesen sollten.

Naja, aber was für Texte denn? Wenn sich unsaubere Formulierungen ins Alltagsdeutsch schleichen, dann tauchen sie früher oder später ja auch in Texten auf -- und dann liest man sich nur wieder die "falschen" Bilder an.
Im ersten Moment habe ich mich an dem Beispiel nicht gestört, weil es für mich die gleiche Bedeutung hat wie "ihre Blicke trafen sich" -- sie schauen sich also an, mehr zufällig als bewusst oder gerade eben endlich, weil sie sich in einer Menschenmasse suchten? ;D Kommt auf die Szene an. Je nach Kontext funktionieren viele Sprachbilder und das ist für mich das Entscheidende: Trifft das Bild das, was ich sagen will? Ansonsten würde ich dafür plädieren, auf solche Sprachbilder lieber zu verzichten.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Thaliope

Zitat von: Zitkalasa am 23. Juni 2015, 20:44:22
Naja, aber was für Texte denn? Wenn sich unsaubere Formulierungen ins Alltagsdeutsch schleichen, dann tauchen sie früher oder später ja auch in Texten auf

Ja, vor allem, wenn Autoren meinen, das wär ja alles nicht so wichtig, so lange der Leser versteht, was gemeint ist. (Ich weiß nicht, ob man's merkt, aber diese Einstellung macht mich total fuchsig ;) Ich sag dem Tischler ja auch nicht, ach du, lass mal die Wasserwaage stecken, es reicht, wenn ich erkennen kann, dass es ein Tisch sein soll.) Es gibt die Dudenausgaben "Richtiges und gutes Deutsch" und das "Stilwörterbuch", wenn man sich bei Redewendungen nicht sicher ist. Es gibt in der etwas anspruchsvolleren Unterhaltungsliteratur sorgfältiger lektorierte Bücher, es gibt etwas ältere deutschsprachige Bücher, deren Autoren noch nicht so stark unter dem Einfluss schnell produzierter Übersetzungen aus dem Englischen standen. Ggf. lohnt es sich auch, Bücher zu lesen, die aus anderen Sprachen als dem Englischen übersetzt wurden.
Natürlich ist Sprache im Wandel, und es macht wohl keinen Sinn [sic!], sich gegen alle Einflüsse von außen zu sperren. Aber dieser Trend, dass viele Schreibende nur noch auf Englisch lesen und Serien auf Englisch gucken, schlägt sich leider auf die Sprachkompetenz nieder. Da muss man zwischendrin immer mal wieder seinen Sprachkompass neu einnorden.

LG
Thali

Steffi

Also mir persönlich rollen sich die Fußnägel hoch, wenn ich (auch im Fernsehen oder Radio) Sachen höre oder lese, von denen ich weiß, dass es eigentlich englische Redewendungen sind. Dazu gehört zum Beispiel, wenn der Kretschmar bei Shopping Queen ständig über Kleider sagt "Das tut nichts für sie" oder letztens im Radio ein Moderator meinte "Sie hatte keine Idee, dass XY passieren würde." Sowas bringt mich auch beim Lesen unweigerlich raus.  :no:
Sic parvis magna

Moni

Zitat von: Thaliope am 24. Juni 2015, 08:13:20
Natürlich ist Sprache im Wandel, und es macht wohl keinen Sinn [sic!], sich gegen alle Einflüsse von außen zu sperren. Aber dieser Trend, dass viele Schreibende nur noch auf Englisch lesen und Serien auf Englisch gucken, schlägt sich leider auf die Sprachkompetenz nieder. Da muss man zwischendrin immer mal wieder seinen Sprachkompass neu einnorden.

Das unterschreib ich mal so. Ich gehöre ja zu denen, die gerne Serien und Filme auf Englisch anschauen und ich lese auch lieber im englischen Original als Übersetzungen. Aber ich merke auch, daß sich mein Satzbau dann teilweise auch sehr anglisiert, darum lese ich in Zeiten in denen ich viel schreibe eher deutsche Autoren und vor allem dann Autoren, die sprachlich auf einem hohen Niveau liegen (da gibt es genügend auch in der Fantasy, man muß nur willens sein zu suchen).

Gerade die Sache mit den Blicken und Augen... wenn Blicke sich kreuzen oder treffen, ok. Aber Augen... nein, das klingt sofort falsch für mich.

Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Thaliope

Zitat von: Moni am 24. Juni 2015, 10:23:49
deutsche Autoren und vor allem dann Autoren, die sprachlich auf einem hohen Niveau liegen (da gibt es genügend auch in der Fantasy, man muß nur willens sein zu suchen).



Oh, hast du da mal ein paar Tipps für mich? (Gern per PN, damits nicht zu OT wird). Ich war der Suche recht schnell müde geworden.