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Urheberrecht: Geschichte über existierende Band schreiben

Begonnen von Sturmbluth, 04. September 2017, 17:51:06

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HauntingWitch

Es ist auch mit einem Verlag noch fraglich. Mein Lieblingsautor (John Ajvide Lindqvist) wollte in einem seiner Romane Texte von der Band "The Smiths" zitieren. Der hat einen grossen Verlag, seine Bücher werden in Dutzende Sprachen übersetzt. Der Verlag hat aber die Rechte nicht bekommen und fand das Risiko zu gross, also musste er alles ändern! Es stehen jetzt zwar Songtexte drin, es sind aber nicht die Original "Smiths"-Texte. Also auch als einigermassen bekannter Autor mit gutem Verlag kann es einem so ergehen.

Kerstin

Selbst bei einem Verlag wird es dabei unter Umständen schwierig. Bei mir wurde von meiner Lektorin extra nachgefragt, ob mir die Zitate aus einem Song von The Cure wichtig wären, da es ziemlich aufwändig ist, die Rechte dafür einzuholen.
In meinem Fall wurde es dann gemacht, aber wenn es zu viele sind - vor allem auch von verschiedenen Bands - kann ich mir gut vorstellen, dass es den Verlag davon abhalten würde, so ein Manuskript unter Vertrag zu nehmen.

xadhoom

Es wurde bereits geschrieben, dass die Verlage teils die Rechte für die Verwendung von Zitaten (hier Songtexte) eingeholt haben. Dass auch wohl aus gutem grunde, denn die sogenannte Zitierfreiheit aus dem Urheberrecht deckt m.E. lediglich solche Verwendung, ab die dem im Vordergrund stehenden, eigenen Text (Bericht etc.) als Beleg oder Argumentationshilfe dient. Dabei ist es durchaus möglich, auch den gesamten Fremdtext zu zitieren, wenn das zwingend erforderlich ist und die Erstellung des eigenen textes ohne dieses dann umfassende Zitat nicht möglich wäre. Letzteres dürfte aber regelmäßig die Ausnahme sein! Für die Verwendung von Zitaten – so sie gemäß geltendem recht gekennzeichnet sind – bedarf es keiner Erlaubnis des Verfassers.

Im Roman dürfte das allenfalls grenzwertig werden, wenn beispielsweise die fiktiven Charaktere sich als Fans über die Songtexte von Band X streiten/unterhalten oder darüber diskutieren und man eben diese Charaktere aus den Songtexten zitieren lässt. Dies eben, weil es in dem Gespräch um eben die Intentionen der Band geht. Das reine Zitieren, ohne dass es in der Erzählung inhaltlich um die Auseinandersetzung mit dem Inhalt geht, dürfte m.E. regelmäßig nicht ohne Erlaubnis möglich sein. Zudem hat es u.U. auch den faden Beigeschmack, eine Erzählung durch berühmte Namen aufzupeppen – selbst wenn dies eigentlich gar nicht beabsichtigt ist. Tatsächlich sollte es auch möglich sein, die fiktiven Fans einer ebenso fiktiven Band, die in der Erzählung als furchtbar berühmt dargestellt wird, über einen ebenso fiktiven Songtext diskutieren zu lassen.

In Sachen John Ajvide Lindqvist dürfte das Problem ziemlich sicher darin liegen, dass mehrfach Rechte für die verschiedenen Sprachregionen/Märkte von den unterschiedlichsten Rechteinhabern/-verwertern hätten eingekauft werden müssen und die Rechtsabteilung seines Verlages dabei womöglich kollektiven Brechreiz bekommen hätte.^^
Vor dem Wein sind alle gleich! Und das gilt insbesondere dann, wenn sich der Wein nicht mehr vor, sondern in einem befindet ...

Soly

Macht es eigentlich einen Unterschied, wenn der zitierte Text nicht im fließenden Text, sondern obendrüber steht? Man liest ja manchmal Bücher, in denen der Autor über jedes neue Kapitel ein passendes Zitat von irgendwoher gepackt hat - das erste Beispiel, das mir da jetzt einfällt, ist der letzte Teil von "Chroniken der Unterwelt", auch wenn es da Bibelzitate sind.

Ich hatte in einem alten Manuskript mal über jedes Kapitel ein Filmzitat oder eben eine Liedtextzeile geschrieben, das oder die zum Inhalt des Kapitels passt. Zum Beispiel ein Kapitel, in dem zum ersten Mal das verlassene Asgard betreten wurde, trug das Zitat "Hoch im Norden ein ewiges Licht" aus Garten Eden von Santiano.
Gefühlt ist das doch noch was anderes als seitenweise mit Songtexten um sich zu werfen, weil die Handlung sich um die Band dreht... oder?
Veränderungen stehen vor der Tür. Lassen Sie sie zu.

Kerstin

Ja, in den Fall musst du garantiert eine Genehmigung einholen.   ;D
In diesem Fall würde der Text genauso funktionieren, auch wenn das Zitat fehlen würde.
Ich habe es schon öfters bei Büchern von mir gemacht, da musste aber jedes Mal die Genehmigung eingeholt werden.

HauntingWitch

Zitat von: xadhoom am 08. September 2017, 00:20:05
Im Roman dürfte das allenfalls grenzwertig werden, wenn beispielsweise die fiktiven Charaktere sich als Fans über die Songtexte von Band X streiten/unterhalten oder darüber diskutieren und man eben diese Charaktere aus den Songtexten zitieren lässt. Dies eben, weil es in dem Gespräch um eben die Intentionen der Band geht.

Nun ja, ich denke, da kommt es dann darauf an, ob man eine Meinung darstellt oder der Band eine Intention unterstellt. Das ist ja ein Unterschied. Ersteres müsste unproblematisch sein, sonst dürfte man ja auch keine Musikblogs oder -foren mehr haben, wo dauernd über diese Dinge gesprochen wird. :hmmm: Kenne mich dahingehend allerdings nicht mehr soo gut aus.

Die Frage ist bei solchen Sachen halt immer auch, ob man das Risiko eingehen will, eventuell einen netten Brief von einem Anwalt zu bekommen oder nicht. Ich wollte in meinem aktuellen Projekt zuerst die Frisur des einen Prota mit "wie die von Liam Gallagher früher, einfach in schön" beschreiben, aus Sicht der anderen Prota. Aber falls mein Buch supererfolgreich und auf Englisch übersetzt wird, möchte ich definitiv keinen Ärger mit dessen Anwalt (obwohl ein solcher Erfolg zwar unwahrscheinlich ist, aber die Gedanken macht man sich ja trotzdem).  :rofl:

xadhoom

#21
Zitat von: Solmorn am 08. September 2017, 08:01:39Macht es eigentlich einen Unterschied, wenn der zitierte Text nicht im fließenden Text, sondern obendrüber steht?
Die Zitierfreiheit beschränkt sich darauf, dass das Zitat aus einem anderen Werk - und das kann durchaus auch das gesprochene Wort sein - als Beleg für den Inhalt deiner eigenen, zu Bildschirm gebrachten Gedanken benötigt wird oder in der Sache erklärend herangezogen wird. Maßgeblich ist, dass du dich mit dem Inhalt des Werkes befasst und selbst etwas verfasst, das zustimmend oder konträr sein kann. Das Zitat verhindert beispielsweise, dass der Leser jede Zeile oder gar das ganze Drittwerk durchstöbern muss. Verwendest du das als "Zitat" - also kein Zitat im Sinne des urheberrechts, sondern eben nur ein Zitat - als Überschrift oder Text darunter, dann ist das mindestens dann kein Zitat im rechtssinn, wenn es mit deinem Text nicht in Zusammenhang steht sondern einfach nur ganz cool dazu passt.

Da ich auch ein großer Fan solcher Anmerkungen bin, verfasse ich eigene "Zitate" von fiktiven WiP (Wichtige Personen) aus der fiktiven Welt oder leg das eben einem der fiktiven Charaktere in den Mund. Ein Teil aus einem Songtext, den auch jeder andere fiktive wie reale Mensch so gesagt haben kann und der nicht in irgendeiner Form besonders als Wortmarke geschützt ist (Das kannst du beim Marken- und Patentamt https://www.dpma.de/ rückfragen ...), kann sicherlich verwendet werden, wenn du beispielsweise den Namen eines fiktiven Charakters hinzufügst, der das gesagt haben soll. Also "Dat war ich nich! Dat war schon vorher kaputt!" - Horst Klötenkemper aus Köln Süd. Wenn es der Titel eines Songs ist, der noch dazu in der Realität zwar eindeutig zuzuordnen ist, mit dem Inhalt des Romans einer fiktiven Welt gar nicht in Zusammenhang steht, stelle ich mir mindestens als Leser die Frage, was das soll.

Was das Thema der Vermeidung anwaltlicher Schreiben angeht, muss man sicher nicht unbedingt provozieren, aber sollte auch nicht zu leise treten, denn angesichts der zahllosen Publikationen in Wort, Bild und Schrift läuft man immer mal Gefahr, einem schon ausgelebten Gedanken erneut eine Chance zur Veröffentlichung zu geben. Gilt auch bei Namen! Ich habe beispielsweise in unserem Rollenspiel einem der wesentlichen Völker den Namen Mari gegeben ... ohne zu wissen, dass die auch mal in Star Trek-Voyager (Ich kann die Serie nicht leiden ... :p) auftauchten. Meistens prüfe ich solch "wichtige" Dinge vorher, weil ich selbst gar nicht möchte, dass die doppelt auftauchen, aber so was passiert. Da "meine" Mari mit denen aus der Serie herzlich wenig zu tun haben, gibts da halt auch keinen Ärger.

Zitat von: Witch am 08. September 2017, 12:41:04Ich wollte in meinem aktuellen Projekt zuerst die Frisur des einen Prota mit "wie die von Liam Gallagher früher, einfach in schön" beschreiben, aus Sicht der anderen Prota.
Also zu sagen doer zu schreiben, dass X eine Frisur wie LG - oder sonstwer - hat, ist nun wirklich unproblematisch ... Ist schlicht eine Meinungsäußerung.
Vor dem Wein sind alle gleich! Und das gilt insbesondere dann, wenn sich der Wein nicht mehr vor, sondern in einem befindet ...

HauntingWitch

Zitat von: xadhoom am 08. September 2017, 18:22:22
Da ich auch ein großer Fan solcher Anmerkungen bin, verfasse ich eigene "Zitate" von fiktiven WiP (Wichtige Personen) aus der fiktiven Welt oder leg das eben einem der fiktiven Charaktere in den Mund.

Das ist eine super Idee.  ;D

Zitat von: xadhoom am 08. September 2017, 18:22:22
Zitat von: Witch am 08. September 2017, 12:41:04Ich wollte in meinem aktuellen Projekt zuerst die Frisur des einen Prota mit "wie die von Liam Gallagher früher, einfach in schön" beschreiben, aus Sicht der anderen Prota.
Also zu sagen doer zu schreiben, dass X eine Frisur wie LG - oder sonstwer - hat, ist nun wirklich unproblematisch ... Ist schlicht eine Meinungsäußerung.

Ja, aber eine beleidigende, weil man damit im selben Atemzug sagt, dass der andere hässlich ist. Klar kann ich sagen, ist nur die Meinung meiner Prota. Aber man will ja den ganzen Ärger trotzdem nicht. Vielleicht bin ich aber auch zu übervorsichtig.

Amanita

Ich hänge mich hier mal an mit einer Frage: Inwiefern kann es eigentlich Probleme geben, wenn in einer Geschichte fiktive Figuren auftreten, die von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens inspiriert sind, wenn das (vielleicht) schon noch irgendwo erkennbar ist? In meinem Fall geht es um Sportler, aber das sollte wohl auch kein großer Unterschied zur Band sein.

Kerstin

#24
Das kann schwierig werden. Keine Ahnung, ob Diana einfach übervorsichtig ist, aber bei mir wird bei jeder einzelnen Figur nachgefragt, ob es keinerlei Anleihen zu einer realen Person gibt. Das kann anscheinend sehr schnell problematisch werden, vor allem, wenn die Person eher negativ dargestellt wird.

Selbst bei einem verurteilten Serienkiller, der auch in Wikipedia zu finden ist und als Inspiration für einen meiner Killer diente, musste ich sicherstellen, dass die Lebenswege gravierende Unterschiede aufwiesen, damit seine Persönlichkeitsrechte nicht verletzt werden.
Da wurde (glaube ich) sogar die Rechtsabteilung zu befragt, ob die Unterschiede ausreichend sind.
(Waren sie in dem Fall, da die Vorlage sogar in dem Roman erwähnt wird und somit klar ersichtlich ist, dass es nicht dieselbe Person ist. Dazu gabe es auch gravierende Unterschiede im Lebensweg.)

Ich würde von so etwas also abraten.

HauntingWitch

@Amanita: Ich würde darauf achten, dass es nicht erkennbar ist. Also, ein Tennisstar aus Basel mit 100 oder so Weltmeistertiteln wäre etwas auffällig. ;)

Ich verwende ja auch oft reale Vorbilder  (vor allem fürs Optische), aber ich achte darauf, dass das dann wirklich eine eigenständige Figur wird, mit anderer Biographie usw. Ausserdem gebe ich nie genaue Aussehensbeschreibungen, dann hat nämlich jeder Leser eine andere Vorstellung, wodurch erst recht nichts mehr erkennbar ist. Da würde ich schon vorsichtig sein.

Amanita

Gut, danke.
Dann werde ich diese neue Idee entweder ad acta legen, oder mich noch um deutlichere Unterschiede bemühen...

xadhoom

Persönlichkeitsrechte (@Amanita) wiegen natürlich noch einmal deutlich schwerer, als Urheberrechte. Die Erkennbarkeit einer realen Person sollte unbedingt vermieden werden, vor allem wenn die Vita deutlich ins Auge springt. Dass man als Autorin Menschen beobachtet und die Macken, Ecken und Kanten mit in die Protagonisten einfließen ist unvermeidlich. Aber es geht ja auch gerade darum, nicht nur einen fiktiven, sondern einen Charakter zu erschaffen, der möglichst einmalig – zumindest in dieser Erzählung – ist und nicht, eine real lebende Kopie. Das funktioniert zwar über Satire, aber das ist rechtlich ganz dünnes Eis.

Dass Verlage und deren Rechtsabteilungen da lieber drei Mal hinschauen und auf Ähnlichkeiten verzichten ist klar. Neben dem Autor ist der Herausgeber schließlich zusätzlich noch in der Verbreiterhaftung. Und bei den meisten Verlagen ist dann auch deutlich mehr zu holen, als bei den Autoren – was dann natürlich auch die gegnerischen Anwaälte wissen. ;) Allerdings darf man auch nicht außer Acht lassen, dass es unter Juristen gerade in Fachbereichen auch Oberverdachtschöpfer gibt, die in Wirklich jedem Winkel – und mitunter gar auf gerader Strecke – eine Falle wittern. Man muss sich sicher nicht alles unterjubeln lassen. Und wenn du schon einen Verlag mit eigener Rechtsabteilung an der Hand hast, dann lass dir doch einfach von einem der Juristen das mal genau auseinandersetzen. Spart mindestens künftig Überarbeitungen ... und du kannst uns dann auch noch kostenfrei schlauer machen.^^
Vor dem Wein sind alle gleich! Und das gilt insbesondere dann, wenn sich der Wein nicht mehr vor, sondern in einem befindet ...

Amanita

Danke.
Natürlich möchte ich niemanden mit meinem Geschreibsel persönlich angreifen und die Unterschiede ergeben sich bei der weiteren Ausarbeitung automatisch. Das war bis jetzt ja auch nur eine wenig durchdachte Erstidee...