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Schreiben unter Stress

Begonnen von kathy, 04. Mai 2017, 18:28:45

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kathy

Hallo zusammen,
ich wollte mal fragen wie ihr Stress und Schreiben handhabt. Einigen Leuten hilft Schreiben ja bei Stressabbau.
Ich habe das Problem, dass ich zu viel Stress zum Schreiben habe  :d'oh:. Was macht ihr in solchen Situationen?

Viele Grüße,
Kathy

Kuddel

Ich mache dann immer kurz vorher etwas, das mich gedanklich erdet. Ein dämliches Handyspiel spielen oder kurz gedankenlos vor mich hinsurfen. Danach ist der Stress des Alltags erst mal weg und ich kann mich aufs Schreiben konzentrieren. Aber ich weiß nicht, ob das für jeden was ist.

Ich bin "leider" auch jemand, der ziemlich stressresistent ist. Es muss schon viel passieren, damit ich in Stress verfalle.  ;)
The first draft of everything is shit - Ernest Hemingway

BiancaS

Gerade die letzten Wochen hatte ich extrem viel Stress (Prüfungen) und musste nebenbei an 2 Exposés und einer Leseprobe arbeiten, weil die bis Ende April abgegeben werden sollten. Es gab Tage, an denen habe ich wirklich gar nichts gemacht, aber die waren vorher eingeplant. Mittlerweile kann ich generell recht gut planen, wie lange ich für eine Aufgabe brauche und wie meine Energielevel aussehen. Unvorgesehene Dinge können natürlich nicht mit eingeplant werden, aber es gab dabei ein paar Dinge, die mir geholfen haben, trotzdem alles unter einem Hut zu bekommen:

1. Monats-ToDo
Ich habe mir ganz genau aufgeschrieben, was ich noch in dem Monat machen muss. Was ich für die Prüfungen tun muss, was für den Kindergarten getan werden muss, was für das Schreiben getan werden muss und mir das vor Augen geführt. An manchen Tagen war es bisschen erdrückend, all die Aufgaben zu sehen, aber dafür habe ich mir eben auch Freizeit eingeplant, weil ich weiß, dass ich sie brauche.
Von daher:

2. Stundenplan
Klingt vielleicht doof, aber mir hat das wirklich geholfen. Ich habe mir selbst die Aufgabe gestellt an 4 von 7 Tagen in der Woche zu schreiben, die restlichen 3 Tage kann ich schreiben, muss ich aber nicht. Da ich ungefähr abschätzen kann, welche 4 Tage das zumeist sind, habe ich mir einen Stundenplan gemacht und da wirklich alles eingetragen. Von Essen, lernen und schreiben, zu Schlafzeiten und auch Freizeitzeiten zum Lesen, Zocken oder Serie schauen. Daran habe ich mich penibel gehalten. Wenn es hieß, ich mache von 14:00 - 16:00 Schreibzeugs, dann war das auch so.
Der Stundenplan hilft mir auch nicht immer und nicht in jeder Stressphase, aber ich grabe ihn immer mal wieder aus, wenn ich zu viel auf einmal machen muss und Angst habe den Überblick zu verlieren, weil ich dann auch dazu neige, irgendwann gar nichts mehr zu machen, weil ich mich erdrückt fühle.

Deswegen plane ich da eben auch die Freizeitsachen mit ein, weil ich auch dazu neige, das einfach nicht zu machen. Dann wird gepowered und gepowered und am Ende wundere ich mich, warum ich die ganze Zeit erschöpft bin.

Hierbei bin ich natürlich mehr vom "äußeren" Stress ausgegangen. Also Aufgaben, die erfüllt werden müssen etc. Bei psychischen Stress sieht es bei mir ganz anders aus, doch auch da schaffe ich es mittlerweile trotzdem zu schreiben, indem ich entweder ähnlich wie Kuddel erst mal ein bisschen "hirnlos" rumklicke oder ein Handyspiel spiele oder ich schiebe vorher eine Etappe Freewriting ein, in der ich mir alles aus dem Kopf schreiben kann, was da gerade drin ist und dann kommt der Rest. Funktioniert auch nicht immer, aber es ist auch ein bisschen Training dabei und ich merke, dass es immer öfter klappt, als nicht.

Ruhe muss man sich in beiden Situationen irgendwie schaffen, wenn man die zum Schreiben braucht. Vielleicht hilft es dir ein bestimmtes Ritual einzuführen, was dich auf deine Schreibzeit einstimmt. Ich habe schon von vielen gehört, dass ihnen das hilft.

Elaya

@BiancaS: Wow, dein Beitrag hat mich sehr beeindruckt - und inspiriert! Ich habe früher sehr ähnlich wie du geplant - ich liebe planen. Allerdings gingen meine Pläne nie auf, weil ich in der Regel keine Pausen eingerechnet hatte ...
Dann dachte ich, dass derartiges Durchstrukturieren des Tages total übertrieben ist und jegliche Spontanität nimmt. Aber ich glaube, ich versuche das alles noch einmal - diesmal mit Pausen!  ;D

@kathy: Wenn ich das Gefühl habe, dass mir alles zu viel wird und über den Kopf wächst, hilft mir das Tagebuch schreiben. Sich einfach alles von der Seele schreiben, was einen gerade so beschäftigt. Danach habe ich das Gefühl, innerlich aufgeräumt zu haben und bin bereit, die Herausforderungen anzunehmen - meistens jedenfalls.
Ich habe teilweise auch die romantische Vorstellung, wenn ich schreibe, müsse alles drumherum "perfekt" sein: Ruhe, kein Druck, ... Wenn das nicht gegeben ist, tendiere ich dazu, auch nicht zu schreiben, was ich nicht empfehlen kann. Ich glaube, alles ist Trainingssache. Manchmal kann unter Stress die beste Geschichte entstehen - oder doch zumindest das Gefühl, trotz widriger Umstände etwas geleistet zu haben.  :)

BiancaS

Zitat von: Elaya am 04. Mai 2017, 19:52:07
@BiancaS: Wow, dein Beitrag hat mich sehr beeindruckt - und inspiriert! Ich habe früher sehr ähnlich wie du geplant - ich liebe planen. Allerdings gingen meine Pläne nie auf, weil ich in der Regel keine Pausen eingerechnet hatte ...
Dann dachte ich, dass derartiges Durchstrukturieren des Tages total übertrieben ist und jegliche Spontanität nimmt. Aber ich glaube, ich versuche das alles noch einmal - diesmal mit Pausen!  ;D

Klar, bisschen Spontanität nimmt es schon raus, aber im Endeffekt bist du die Person, die entscheidet. Wenn du total im Flow bist und die Szene/das Kapitel noch beenden willst, kannst du das trotzdem tun. Man muss sich dabei nur immer selbst im Blick behalten, weswegen ich mir die Pläne auch immer ausgedruckt habe, um abhaken zu können. Wenn ich zu viele Tage hintereinander die Freizeitsachen nicht abgehakt habe, wusste ich, dass ich schon wieder "übertreibe". Wie gesagt, ich benutz den Stundenplan auch nicht immer und nicht in jeder Stressphase ist er sinnvoll, aber ab und zu, um Struktur reinzubekommen und eben den Überblick nicht zu verlieren, hilft er mir schon. Habe ihn aber auch noch nie länger als 4 Wochen durchgezogen :D Danach hat sich das meist dann wieder alles eingependelt.

Tinnue

Groß "gestresst" fühle ich mich selten. Aber wenn ich eine sehr kleine Zeitspanne hab für das Schreiben, weil davor und danach immer irgendwas wartet, muss ich sagen, tue ich mir schwer, das auszublenden und ganz frei zu schreiben. Normal brauche ich da etwas Vorlaufzeit und war auch schon immer vom Typ her so, dass ich es gehasst habe, wenn ich genau wusste, ich muss noch wohin.
VIel helfen kann ich daher nicht. Aber was Kuddel sagt, funktioniert manchmal ganz gut. Etwas tun, wo man einfach stumpf etwas vor sich hin macht, den Kopf runterfährt ... und danach die Gedanken neu aufnimmt.

Inea

Ich gehöre auch zu denen, die sich (vor allem im Nano) die Schreibzeiten fest einplanen. Im letzten November hieß es dann: morgens vor der Arbeit eine halbe Stunde und abends, bis das Soll geschafft ist. Hat super funktioniert!
Manchmal gibt es ja auch Menschen "außen herum", die nicht verstehen können, warum man gerade mehr Zeit am PC verbringt als sonst, da habe ich gelernt, dass auch diese sich mit festen Strukturen einfacher tun.

Getreu dem Motto:
"Aah, heute Abend hast du keine Zeit, richtig, da schreibst du?"
"Ja, genau. Danke." :vibes:

Ruck Zuck ist nämlich das bisschen Freiraum, das man sich erarbeitet, verplant, weil andere Menschen denken, man "hätte da ja Zeit". So entsteht dann gerne mal Druck von außen, der in Stress enden kann. Aber auch das ist ganz sicher nicht bei allen so.

Weberin

Bei mir kommt es auf die Intensität des Stresses an. Etwas Stress belebt mich, und da klappt das Schreiben auch gut, vielleicht sogar besser als in ganz entspannten Zeiten. Dann tut mir Schreiben auch gut.  (Tolkien hat angeblich den "Herr der Ringe" vor allem in stressigen Zeiten geschrieben, in denen er eher überarbeitet war.)

Wenn ich aber großen Stress habe (Zeitdruck oder emotional sehr Aufwühlendes), dann geht bei mir nichts mehr mit Schreiben an größeren Texten. Und während es mich in mittelstressigen Zeiten durchaus entspannen und beleben kann, wäre es in stark stressigen Zeiten nur noch eine zusätzlich belastende Ablenkung. Selbst wenn ich mich dennoch in den Schreibfluss reinfinden würde, so fände ich es anschließend umso härter, mich wieder in die öden, aber stressenden Alltagsanforderungen einzufinden, oder mich wieder den emotional unangenehm berührenden Situationen zu stellen. In solcher Verfassung lasse ich besser die Finger vom Schreiben und vergesse, dass es noch andere Welten in mir gibt. Das sollte aber nicht zum Dauerzustand werden - sonst läuft etwas verkehrt.

Klecks

#8
Mir fällt Schreiben unter Stress auch schwer, egal, ob es emotionaler oder ausbildungsmäßiger Stress ist. Ich kann mich dann nicht so gut konzentrieren und bin weniger kreativ. Ich möchte mich immer ganz aufs Schreiben einlassen, und wenn man an viele belastende Dinge denken muss, geht das natürlich nicht so leicht. Trotzdem tut mir das Schreiben immer gut und macht mir immeer Freude, gerade in solchen Situationen.  :vibes:  Umso frustrierender ist es dann allerdings, wenn stressbedingt gar nichts mehr oder nur noch wenig geht.

Edit: Was mir hilft, ist, alles stichwortartig aufzuschreiben, was mich stresst - ich liebe Listen, und die helfen dabei, den Überblick zu wahren. Leider wahr: Schoki hilft mir auch, das ist einfach so.  ;D  Ansonsten versuche ich mich erst zu entspannen (lesen, etwas Leckeres essen, etwas erledigen, das wie ein Berg vor mir steht, Musik hören, ...) und versuche es dann mit dem Schreiben, wenn ich mich wieder besser fühle.

Jiela

Wenn ich unter Stress bin, kann ich grundsätzlich besser schreiben, als wenn ich den ganzen Tag nichts zu tun habe. Meist läuft das vor allem in Ferien so, dass ich denke: "Oh ich schreibe diese Woche mal viel." Aber daraus wird dann nichts, weil ich zu viel Zeit habe.
Grundsätzlich halte ich das, was @BiancaS tut für sinnvoll. Gut zu planen hilft. Vor allem wenn da Zeiten zum Schreiben fest mit drin stehen. Außerdem finde ich es immer sinnvoll, gerade in Stresszeiten einen Spaziergang einzulegen, weil der wegen des Tapetenwechsels besonders gut dafür geeignet ist, den Kopf frei zu bekommen. Hinzukommt, dass ich wenn ich spazieren war nachher nicht das Gefühl habe, ich hätte nichts gemacht.

kathy

Wenn ich zu viel Zeit habe, kann ich lustigerweise auch überhaupt nicht schreiben  ;D
Das mit der To-Do-Liste und die Planung klingt zwar für mich einleuchtend, aber ich komme leider nie mit Plänen klar  :wums: sie arbeiten immer gegen mich  ;D

Nicoletta

Also wenn ich Stress habe mag/kann ich nicht wirklich schreiben. :) In letzter Zeit zum Beispiel, habe ich am Abend nur wenig Zeit gehabt und dann war immer das Gefühl da, dass ich gleich wieder schlafen gehen muss...und dann habe ich gar nicht erst angefangen mit dem Schreiben. ;)
Das Ergebnis davon ist dann meistens leider, dass ich über längere Zeit nichts schreibe. Dazu muss ich aber auch sagen, dass mein letztes Buch nicht gut durchgeplant war und ich auch wegen Problemstellen Pausen gemacht habe.
Wenn ich das nächste Buch gleich von Anfang an gut plane, glaube ich (oder eher hoffe ich), dass dann auch das Schreiben schneller und mehr nebenbei geht... :)
Natürlich kommt das mit dem Schreiben auch phasenweise drauf an, wenn ich gerade gut im schreiben drinnen bin, kann ich auch bei stressigereren Situationen schreiben... :)

Erdbeere

Interessant, dass ich nicht die einzige bin, die unter Stress viel besser schreiben kann. :) Wenn ich Stress habe (also drängelnde Deadlines plus aufreibenden Arbeitstag), stehe ich unter Strom und Adrenalin. Mein Hirn läuft dann auf Hochtouren. Ich muss nur darauf achten, dass ich mich gleich ans Schreiben setze, wenn ich nach Hause komme, und nicht erst noch eine Folge einer Serie einschiebe. In dieser einen Stunde verpufft das Adrenalin nämlich weitgehend und ich werde unmotiviert.

Natürlich muss ich mir auch To-Do Listen machen, sonst könnte ich mein Pensum niemals schaffen. Meine Freizeit beschränkt sich momentan auf 1-2 freie Abende pro Woche und einen weitgehend freien Tag. Aber das ist okay, meine zwei Jobs machen sehr viel Spaß. :D

Tinnue

ZitatInteressant, dass ich nicht die einzige bin, die unter Stress viel besser schreiben kann. :) Wenn ich Stress habe (also drängelnde Deadlines plus aufreibenden Arbeitstag), stehe ich unter Strom und Adrenalin. Mein Hirn läuft dann auf Hochtouren. Ich muss nur darauf achten, dass ich mich gleich ans Schreiben setze, wenn ich nach Hause komme, und nicht erst noch eine Folge einer Serie einschiebe. In dieser einen Stunde verpufft das Adrenalin nämlich weitgehend und ich werde unmotiviert.

Das ist, finde ich auch, eine gute Art von Stress. Da zieht einfach etwas und zieht einen vorwärts.  :vibes:

kathy

@ Nicoletta
Das mit dem phasenweise kenne ich  ;D meistens bekomme ich wenn der Stress wieder aufhört eine Phase wo ich in einer Woche 80% der Geschichte schreibe  ;D
Bei mir sind die Termine vor allem in Stressphasen so blöd gestaltet, dass ich bis zum Abend insgesamt zwei Stunden zuhause war, danach hab ich dann keine Energie mehr zum Schreiben  ::)