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Hygiene und Sanitäreinrichtungen - notwendig aber meist verschwiegen

Begonnen von Dämmerungshexe, 24. März 2017, 12:01:23

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Evanesca Feuerblut

Ich finde es ja erstaunlich, dass gerade Menstruation in der High Fantasy so wenig eine Rolle spielt, wenn es um berittene Kriegerinnen geht.
Es gibt Frauen, die sich zwei Tabletten einwerfen müssen, um überhaupt halbwegs schmerzfrei sitzen zu können. Und diese Frauen stelle ich mir dann auf einem Pferd in einer Schlacht und ohne moderne Medizin sehr... unglücklich vor.

Klingt nach Klischeefeminismus, aber ich habe das Gefühl, dass das auch oft daher kommt, dass Kriegerinnen etc. in von Männern geschriebener High Fantasy auch ein bisschen fetischisiert werden und man sich gar nicht informiert. Dabei kann hier eine realistischere Note dem Plot unerwartete Wendungen verpassen. (Und als Frau ist man daran gewöhnt, wenn man vor allem "männliche" Fantasy liest, die Themen zu vergessen.)
Eben weil eine solche Kriegerin schon mal vor Schmerzen ohnmächtig werden kann und vom Pferd zu fallen droht. Was tut man dann?
Oder haben sie Kräutermedizin, um die Schmerzen zu betäuben? Hat die Nebenwirkungen?
Oder werden Frauen, die Kriegerinnen werden sollen, frühzeitig sterilisiert? Das ist Weltenbau und interessant :)

Man sollte beim Weltenbau eigentlich nie selbstverständlich davon ausgehen, dass etwas schon so sein wird, wie bei uns. Alles, was wir als Europäer kennen, ist das Ergebnis einer Geschichte, die so verlief, wie sie eben verlief.
Andere kulturelle Prägungen - andere Tabus. Andere Bauweisen. Andere Verbote.

Sunflower

Was die Diskussion Menstruation oder nicht angeht, musste ich hier gerade an ein Buch denken, das ich mal gelesen habe: Fire von Kristin Cashore. Die Reihe mochte ich eigentlich gern, jedenfalls die Teile, die ich gelesen habe, aber Fire als Protagonistin ging mir unheimlich auf die Nerven. Vor allem, weil sie gefühlt alle hundert Seiten ihre Tage bekommt. (Wenn man die Rezis liest, ging es wohl nicht nur mir so  :d'oh:). Natürlich ist das irgendwo realistisch, wenn eine Geschichte mehrere Monate dauert. Aber nach der zehnten Beschreibung, wie sie ihre Tücher wechselt und was sie sonst noch so tut, dachte ich mir als Leserin, dass ich das langsam kapiert habe. An sich finde ich es schon gut, wenn Mädchen und Frauen nicht als Übermenschen oder irgendwas dargestellt werden, und es ist ja auch erfrischend, wenn die Heldin an einem Tag mal nicht die Welt retten kann, weil sie mit Bauchkrämpfen im Bett liegt. Aber ich glaube, man muss gerade bei dem Thema unheimlich aufpassen, um das richtige Maß zu finden.
"Stories are, in one way or another, mirrors. We use them to explain to ourselves how the world works or how it doesn't work. Like mirrors, stories prepare us for the day to come. They distract us from the things in darkness."
- Neil Gaiman, Smoke and Mirrors

Eluin

Zitat von: Dämmerungshexe am 24. März 2017, 15:03:58
Das ist für mich eine der Fragen, die ich mir stelle: zu alltäglich oder doch einfach von einer patriarchalen Gesellschaft tubisiert? Wenn sich die Hälfte der Bevölkerung einmal im Monat unglaublich mies fühlt und am liebsten zuhause bleiben will aber auf die Arbeit oder zur Schule muss und dort nichtmal offen und ehrlich sagen kann, was gerade los ist ...  :zensur:
Ich glaube, das hängt echt von der Gesellschaft und den Charakteren ab. Ist es ein Thema, das sie beschäftigt - tabuisiert bspw. und hinter vorgehaltener Hand - oder ist es einfach nur "normal" sprich kein Thema für die Frau. Weder diskriminierend, noch anders wie.

@Denamio deine Idee gefällt mir ;D - So sehe ich das aber auch. Wenn es wichtig ist, rein. Sonst weglassen.

@Antonia sehr gute Einführung :jau:

@Evanesca Feuerblut Magie, Heilkräuter - Mittel gab es auch schon vor der modernen Medizin ;D  Aber andersherum merke ich bei mir auch, wenn ich Unterleibskrämpfe und co. habe trete ich das nicht unbedingt breit. Klar, manchmal ist es nicht wegzudenken, aber oft bringt eine Prota die Handlung weiter, die mit einem halben Kreislaufkollaps wegen Regelkrämpfen im nächsten Graben liegt. Klar kann ein netter Effekt sein, aber es passt halt nicht überall.

Ich persönlich mag Infodump in Romanen nicht und auch nicht etwas erwähnen, weil es sonst irgendwie zu Themen von Minderheiten und Co gehört. Ich will nicht sagen, dass solche Themen unwichtig sind. Aber nicht überall muss alles reingequetscht werden. Wo es passt, rein, wo nicht - weglassen. Genauso auch beim Weltenbau. Klar, ich als Autor sollte da mehr wissen, aber auch da muss ich nicht alles auf den Leser loslassen.

Zitat von: Sunflower am 24. März 2017, 15:17:28
Aber ich glaube, man muss gerade bei dem Thema unheimlich aufpassen, um das richtige Maß zu finden.
Finde ich auch.
Träume verändern die Zukunft. Doch erst wenn wir die Augen öffnen, können wir sie verwirklichen!
Mein Spruch, mein Motto.

Dämmerungshexe

Zitat von: Eluin am 24. März 2017, 15:20:47
Ich glaube, das hängt echt von der Gesellschaft und den Charakteren ab.

Ich meinte nicht die Gesellschaft in der die Geschichte spielt, sondern unsere - die Gesellschaft in der Autoren und Leser leben.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Eluin

Zitat von: Dämmerungshexe am 24. März 2017, 15:37:04
Ich meinte nicht die Gesellschaft in der die Geschichte spielt, sondern unsere - die Gesellschaft in der Autoren und Leser leben.
Ah!
Also ich für meinen Teil hätte keine Probleme über Menstruation, Toilettengänge oder ähnliches zu schreiben - wenn es passt. Für mich ist es kein Tabu oder No go. Für mich ist es tatsächlich eine Frage vom Plot, den Charakteren usw. Auch im Alltag spreche ich durchaus offen über Unterleibskrämpfe usw. auch wenn ich sie bspw. beim Einkaufen oder so nicht jedem auf die Nase binden würde. Aber gerade wenn ich gefragt werde, dann stehe ich auch dazu.
Träume verändern die Zukunft. Doch erst wenn wir die Augen öffnen, können wir sie verwirklichen!
Mein Spruch, mein Motto.

Zit

#20
Ich finde es etwas schade, wenn eine Nichterwähnung gleich als patriarchalisch oder anti-feministisch dargestellt wird oder es völlig überlesen wird, dass ich die Einschränkung machte: "wenn alles läuft wie es soll" (heißt: ohne große Schmerzen oder anderen Komplikationen). Eine Menstruation unter so starken Schmerzen, dass nur Tabletten helfen ist nicht normal und bedarf einer ärztlichen Abklärung. Sie deshalb aber als Standart zu setzen und jeder Frau im Roman Schmerzen anzuhängen, ich weiß nicht. Und, wie gesagt, vielleicht macht die Gesellschaft auch einfach kein Aufhebens darum, oder die spezielle Figur? Mir persönlich ist es auch nicht wichtig. Es kommt, es geht und solange es dann kommt und geht, wann es soll und keine Komplikationen auftreten – was solls. Warum sollte eine Figur nicht die gleiche Einstellung vertreten und sich um wichtigere Dinge den Kopf zerbrechen wie bspw. Essensbeschaffung oder Flucht? Oder einfach die Last, die Welt zu retten, treibt sie weiter an? Das kann man dann natürlich auch schon zum Willenstest ausbreiten, wenn man es denn erwähnen will, und die Figur dadurch wachsen lassen.
Im Falle von Menstruationen muss ich aber in erster Linie immer an Riddick denken. Da hatte das Mädchen auch ihre Tage und Riddick meint nur (so oder so ähnlich): "Mach 'nen Stöpsel rein." Unabhängig davon wie man das nun gesellschaftlich bewerten möchte: Die Szene fühlte sich für mich völlig... off an, hat überhaupt nicht zum Film an sich gepasst und mich völlig rausgeworfen. (Wobei ich auch den gesamten Film sehr trashig und "b-movig" finde. Also ziemlich schlecht.)

Aber um den ganzen Thread nicht mit dem einen Thema zu kapern:

ZitatMan sollte beim Weltenbau eigentlich nie selbstverständlich davon ausgehen, dass etwas schon so sein wird, wie bei uns. Alles, was wir als Europäer kennen, ist das Ergebnis einer Geschichte, die so verlief, wie sie eben verlief.
Andere kulturelle Prägungen - andere Tabus. Andere Bauweisen. Andere Verbote.

Hm, ich weiß, was du sagen willst. Nur: Es gab auch "Wasserklosetts" lange vor dem 20ten Jahrhundert. Hatte irgendwo mal gelesen, dass ein Pharao ein extra Gebäude mit Toilette und einer Art Kanalisation hatte, bei der ein Diener mit Wasser nachspülte. (Vielleicht weiß da @Fianna mehr.) Die Baupläne für moderne Wasserklos sind auch viel älter (irgendwann in 1500?). Müsste ich alles nochmal nachrecherchieren. Dennoch hat der tolle Sonnenkönig in den eigenen Lustgarten oder bei großen Anlässen in einem extra abgesperrten Gang... sich erleichtert. Ob er auch einen Klostuhl hatte, weiß ich nicht. Davon jedoch auszugehen, dass wir als Westler ach so zivilisiert waren allzeit – näh. ;D Die Geschichte des Klos ist wohl eher eine der traurigsten und überraschendsten, weil es sehr lange gedauert hat, ehe sich so etwas durchsetzte bzw. überhaupt soetwas wie Hygiene aufkam.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Lothen

Ich stimme da Eluin zu. Man darf (und sollte) alles thematisieren, wenn es passt. Badeszenen gibt es bei mir übrigens auch ständig, mindestens eine pro Buch. Das ist toll. ;D Abgesehen davon kann man durch Szenen, die mit Körperpflege zu tun haben, auch sehr schön gesellschaftliche oder kulturelle Unterschiede herausarbeiten.

Was Menstruation angeht, muss ich sagen, dass ich selber noch nie Probleme deswegen hatte (weder vor der Pille noch währenddessen) und daher auch gar nicht auf die Idee gekommen wäre, das zu thematisieren. Ehrlich gesagt hat das für mich auch nicht viel mit Feminismus oder korrekter Darstellung weiblicher Figuren zu tun. Es ist eine Körperfunktion, nicht mehr und nicht weniger. Sicherlich können wiederkehrende Regelschmerzen bei einer Frau durchaus Plotrelevanz kriegen - gerade dann, wenn sie in einem sehr ungünstigen Moment auftauchen -, aber das können ein Reizdarmsyndrom, chronische Migräne oder Hömorrhoiden auch. ;)

Außerdem hab ich mir gerade "Toilettenszene" auf meine To-do-Liste geschrieben. Musste da an die Latrinen im alten Rom denken, die waren ja quasi so was wie ein informeller Treffpunkt. Die Idee gefällt mir. ;D

/EDIT: Hat sich mit Zit überschnitten.

Antigone

Zitat von: Eluin am 24. März 2017, 14:35:54
Was ich nicht mag, sind Spiegelszenen, um das Aussehen vom Charakter zu beschreiben. Das ist sooo 0815 mittlerweile.

War das nicht schon vor 10 Jahren 0815?  ;)

Ich finde die Erwähnung von Toiletten wohldosiert ganz gut, um das Flair der Zeit/der Gsellschaft/der Welt zu charakterisieren. Es macht ja einen Unterschied, ob man als Steinzeitmensch plaudernd im Gebüsch hockt oder als victorianische Dame allein beim Gedanken an einen Nachttopf fast in Ohnmacht fällt...

Aber in eine echte Szene verpacken würde ich das nur, wenn es plotrelevant ist. Sonst wird sowas recht schnell langweilig.

Ich hatte tatsächlich mal eine Szene, wo die Heldin ganz schweren Reisedurchfall bekommt, es gerade mal zum Nachttopf schafft und deswegen den Anschluss an ihre Reisegesellschaft verpasst.... Ich vermute allerdings, dass ein potentieller Lektor das dann rausgeschnitten hätte...

lg, A.

Aphelion

Spiegelszenen mag ich als Leserin, obwohl ich nur einmal eine solche geschrieben habe. Aber das ist ja immer das gleiche Thema, das auch bei Epilogen, Prologen usw. immer wieder auftauch: ,,Wenn es gut gemacht ist ..."

Bäder und Kanalisation benutze ich in einer Geschichte gezielt, um Unterschiede zwischen Städten deutlich zu machen. Wie gut oder schlecht es einer Gegend geht, lässt sich daran gut verdeutlichen, wie ich finde. Spontan fällt mir auch ein, dass sich schlechte Sanitärbedingungen auch im Sinne von Chekhovs Pistole nutzen lassen, wenn später z.B. eine Seuche ausbrechen soll.

Wenn jemand in einem mobilen Lager sein Zelt in Windrichtung der Latrinen aufschlagen musst, hat das zudem eine soziale Bedeutung. In einem Buch, auf dessen Titel ich leider nicht mehr komme, waren die Toiletten außerdem ein guter Orientierungspunkt. Dadurch war beim Lesen ungefähr klar, wo sich die Figuren räumlich befinden.

Toilettengänge erwähne ich ab und zu, beschreibe sie aber nicht im Detail. Wie andere hier schon angemerkt haben, sind sie dann eher Gelegenheiten für Auszeiten, um sich vom Acker zu machen oder um auf jemanden zu treffen.

Zitat von: Zitkalasa am 24. März 2017, 15:52:30Eine Menstruation unter so starken Schmerzen, dass nur Tabletten helfen ist nicht normal und bedarf einer ärztlichen Abklärung. Sie deshalb aber als Standart zu setzen und jeder Frau im Roman Schmerzen anzuhängen, ich weiß nicht
Das habe ich mir um ehrlich zu sein auch gedacht.

Ich finde es okay, wenn es im Setting Sinn macht, aber pauschal vermisse ich Menstruationen in Büchern eigentlich nicht. (Genauso wie nächtlichen Samenerguss, sonstige Körperausscheidungen, Aufstoßen, ...)

Ich finde es auch wichtig, dass normale Körpervorgänge umgekehrt nicht unnötig mystifiziert werden, was beim Thema Menstruation durchaus ab und zu vorkommt und mich dann unglaublich nervt.

Klecks

Ich sehe da zwei Aspekte.  :hmmm:  Einerseits kenne ich meine Figuren mit allem, was sie ausmacht, und habe auch kein Problem damit, sie auf die Toilette oder bei einer Katzenwäsche/Dusche zu begleiten. Das und ihre Sexualität sind ja sehr intime Vorgänge, und je intimer ich eine Figur kenne, desto besser kann ich sie schreiben. Andererseits ist da die Frage, ob die Leser diese intimen Vorgänge mitbekommen müssen, um sie besser kennenzulernen - auf die ich persönlich antworten würde, dass die Leser das nicht brauchen, genau so, wie sie viele andere Dinge nicht wissen müssen. Ich schreibe also durchaus hin und wieder, dass eine Figur aufs Klo geht/sich erleichtert/sich wäscht/duscht, aber das war es - es sei denn, mehr ist handungsrelevant, aber das ist selten.

canis lupus niger

Hygiene- und Sanitäreinrichtungen, bzw die Benutzung derselben erwähne ich nur, wenn es für die Geschichte wichtig ist, also so gut wie nie.

In meinem aktuellen Manuskript ist das Schaufeln von Latrinen (in einem militärischen Lager) ein Streitpunkt, ebenso wie die Frage, ob man Abfälle in den nahegelegenen Fluss schmeissen sollte oder nicht. Oder die Frage, warum man sich nach dem "Gang" die Hände waschen sollte, um Himmels willen! Bei diesen Diskussionen kommen verschiedene Ideologien zum Ausdruck, die für den Plotverlauf von Bedeutung sind.   

In einer anderen Situation wird einem gefesselten Gefangenen verweigert, ihn zur Verrichtung seines "Geschäft" loszubinden, was als ziemlich fiese Art der Demütigung gedacht ist.

Ohne so eine entscheidende Bedeutung finde ich es unsinnig, triviale Themen wie sanitäre Verrichtungen anzusprechen. Das ist nicht nur langweilig, sondern kann sogar wie im Fall der Menstruation auf manche Lesergruppen abstoßend wirken. Männer finden den Gedanken, glaube ich eher ekelig (bis auf seltene Ausnahmen). Und auch für uns Frauen ist diese Geschichte nichts, worüber man unbedingt lesen möchte. Manchmal, wie gesagt, kann es stil- und plotrelevant sein, für eine realistische Fantasy im Sinne von GoT oder First Law, aber wo nicht: Weglassen!


Faye

Als Leserin fehlt mir dieses Thema in Büchern nicht direkt. Wenn so etwas kurz erwähnt wird, stört es mich nicht und meist ist es auch ganz interessant, wie die Hygiene und die sanitäre Situation in einer anderen Welt ist, da man sich diese dann nochmal besser vorstellen kann. Vor allem in historischen Romanen, aber auch in manchen Fantasy-Romanen halte ich für sinnvoll, wenn man sich darüber Gedanken macht.
Und wie canis lupus niger sagt, kann es natürlich auch für den Verlauf der Geschichte wichtig sein. Trotzdem würde mich eine ausführliche und immer wiederkehrende Beschreibung der Hygiene oder dergleichen eher stören, wenn sie nicht unbedingt notwendig ist.
In meinen bisherigen Projekten kam dergleichen auch nie wirklich vor, wenn dann in einer sehr kurzen Erwähnung, meist nur in einem Satz, da ich es sonst etwas überflüssig finde.

Dämmerungshexe

Ich habe meinen Startpost jetzt nochmal durchgelesen und ich weiß einfach nicht woher der Eindruck kommt, dass ich nach andauernden Beschreibungen dieser Vorgänge verlangt habe, von denen hier immer und immer wieder abgeraten wird.  ???

Was ich meinte war ziemlich genau das, was zum Beispiel canis lupus niger beschrieben hat: wo es für die Handlung und das Setting wichtig und passend ist, kann es ruhig beschrieben werden. Und gerade solche Szenen in Gefangenschaft sind immer "problematisch" und ich hatte immer wieder den Eindruck, dass sich Autoren da um unangenehme Wahrheiten drücken.

Für mich gehört zum Beispiel auch dazu, dass Haare und Bart wachsen. In Königskinder gibt einer meiner Protas in einer Szene das Rasieren auf.

Bei meinen Naimaer bin ich wie gesagt gerade dabei ein Entsorgungssystem zu entwickeln, das auf Recycling setzt (in einem Reich, in dem die Resourcen immer knapper werden kann man es sich kaum leisten, etwas zu verschwenden) - chemisch/biologische Abläufe - welchen Platz hat das in der Gesellschaft?
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Churke

Zitat von: Evanesca Feuerblut am 24. März 2017, 15:15:37
Man sollte beim Weltenbau eigentlich nie selbstverständlich davon ausgehen, dass etwas schon so sein wird, wie bei uns. Alles, was wir als Europäer kennen, ist das Ergebnis einer Geschichte, die so verlief, wie sie eben verlief.
Andere kulturelle Prägungen - andere Tabus. Andere Bauweisen. Andere Verbote.

Die Möglichkeiten sehe ich jetzt nicht als so überwältigend zahlreich an.
Bei größeren Städten drängt sich die Frage einer Wasserver- und -entsorgung auf. Kanalisationen gab es schon in der Bronzezeit. Für die Römer war völlig klar, dass man sauberes Wasser in die Stadt hinein und schmutziges Wasser aus der Stadt hinausbringen muss. Das frühe Christentum geißelte Hygiene dann als heidnischen Körperkult. Fromme Christen wuschen sich nicht. Mittelalterliche Städte hatten meist keine Kanalisation und bezogen "Frischwasser" aus Ziehbrunnen neben den Latrinen. Mit den bekannten Folgen. Den Zusammenhang erkannte man jedoch nicht, da sogenannte Gelehrte alternative Erklärungen anboten. Krankheiten würden durch schlechte Luft übertragen. Duften statt duschen, rieten die Experten. Solche "Fachleute" sind echte zivilsatorische Errungenschaften.  ::)

Und wenn ich mich an meinen Besuch in der DDR erinnere, dann ist die zentrale Erinnerung das Plumpsklo auf dem Gang. Im Westen war das früher auch so, da war die Toilette in der Wohnung undenkbar. Wer heute ein Haus erbt, bekommt vom Gericht zur Ermittlung des Nachlasswertes  immer noch einen Fragebogen zugeschickt, in dem er ankreuzen muss, ob die Toilette im Haus ist. Das sind uralte Fragebögen von 1950 oder so...  Hygiene und Sanitäreinrichtungen sind im ständigen Wandel. Wir merken es aber nicht. Ich bin mir auch nicht sicher, ob der Leser für von seinen Erfahrungen Abweichendes empfänglich ist.


Zitat von: Dämmerungshexe am 27. März 2017, 20:46:38
Bei meinen Naimaer bin ich wie gesagt gerade dabei ein Entsorgungssystem zu entwickeln, das auf Recycling setzt (in einem Reich, in dem die Resourcen immer knapper werden kann man es sich kaum leisten, etwas zu verschwenden) - chemisch/biologische Abläufe - welchen Platz hat das in der Gesellschaft?
Urin landet bei den Gerbern, Fäkalien kommen auf die Felder.  ;)

Dämmerungshexe

Zitat von: Churke am 30. März 2017, 14:54:48
Urin landet bei den Gerbern, Fäkalien kommen auf die Felder.  ;)

Gerber gibt es nicht als solche und es herrscht eher Wasserknappheit  ;D
Und die Felder sind keine Felder an sich.

Das ist eben das Spannende: weil man "nicht drüber spricht" macht man sich kaum Gedanken darum und kommt gar nicht auf andere Lösungen.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques