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Alles zur Perspektive

Begonnen von Lastalda, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Kalderon

Nun ja. Du könntest kapitelweise wechseln. Oder Absatzweise. Ich denke, das erfordert viel Geschick, wie das Schneiden eines Films. Du musst immer genau wissen, wann du überblenden musst.

Maja

#46
Ganz, ganz liebe Bitte.
Bitte eröffnet nicht den hundertsten Workshopthread zum gleichen Thema. Niemand mag gern wiederkäuen, was bereits hier diskuttiert wurde:
http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=405.0
http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=619.0
http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=981.0
Bei Unklarheit verweise ich auf die ausgezeichneten Suchfunktionen des Forums.

EDIT:
Ich habe das hier jetzt mit dem zweitgenannten Thread vereint. Soll ja auch was übersichtlich bleiben.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Linda

#47
Hi Schelmin,

dass es in Romanen oder in Kapiteln nur eine Erzählperspektive geben darf und alles andere ih bah ist, ist eine Erfindung der sog. Schreibschul-Jünger. Also der Art von Kritikern, die jeden Text auf die Handvoll Faustregeln hin abklopfen, die sie sich mal gemerkt haben und ihn quasi an den eigenen Beschränkungen messen.
Literatur ist komplexer, das Leben ist komplexer und die Gehirne der meisten Leser sind es auch.
Das bedeutet, dass es eine so strikte Trennung nicht gibt und geben muss. Wie jede Faustregel dient auch diese nur der Schadensbegrenzung, wenn etwas total aus dem Ruder läuft und unverständlich wird. Denn folgende Regel ist tatsächlich eine - es muss immer deutlich sein, wer da gerade spricht, denkt oder handelt.

An Beispielen, wo Perspektiven in Szenen und Abschnitten gewechselt werden, fallen mir gerade der "Dante Club" ein sowie die Trilogie vom Alten Königreich von Garth Nix (Sabriel, Lirael, Abhorsen). Zum Teil recht schroffe Perspektivwechsel und das innerhalb einer Szene.

Es gibt Leser, die haben Probleme damit, in den Köpfen verschiedener Figuren "herumzuspringen". Es gibt genug, die das nicht haben. Leider werden Produkte oft nach dem Kleinsten gemeinsamen Nenner hin ausgerichtet und daran sollte man einfach denken.

Was bedeutet das nun praktisch?
Wenn du bsp. auktorial/personal schreibst kannst du Perspektiven brechen und wechseln. Du musst das nur u. U. immer wieder gegen nölige Betas verteidigen und damit rechnen, dass das inzwischen auch als Mangel angesehen wird - Manche "Rezensenten" geilen sich an sowas gerne auf, wenn ihnen der Text nicht gefallen hat. (Komisch, zu dem Nix habe ich diesbezüglich nicht eine einzige negative Kritik gelesen). Nach dem Motto: was mir nicht gefällt, muss ja fehlerhaft sein.

Also, wenn du die anderen Sichtweisen brauchst, dann machst du innerhalb einer Szene gelegentliche kurze Zwischensequenzen, in denen die anderen Figuren agieren und trennst diese mit einer Leerzeile ab.

"Blabla kämpfte gerade mit dem Oger und biss sich an seinem Arsch fest. Das Ungeheuer schüttelte sich. Das schaffe ich nie, dachte Blabla verzweifelt, hatte aber keine Möglichkeit um Hilfe zu rufen. Würde sein Leben so enden?

Blubberi sah ihre Gelegenheit, endlich in den Kampf einzugreifen. Sie musste sich entscheiden.
"Für die Freiheit der niederen Täler", schrie sie und stach mit ihrem Sonnenschirm auf den Kopf des Ogers ein. Blinde Wut erfasste sie, als sie bemerkte, wie das gute Stück in die Brüche ging. Aber besser der Schirm als das Leben des geliebten Blabla.

"Ich komme!" Auch für Brabbel gab es nun kein Halten mehr. Er löste sich aus dem Bann des magischen Ogerfurzes und stürzte sich in das Handgemenge.

Endlich konnte sich Bla Bla von seinem Gegner lösen. Er spuckte Haare und Undefinierbares. "Danke Blubberi", stieß er würgend hervor...


Eine Szene, drei Blickwinkel. Aber es ist immer klar, wer was tut und warum. Wobei es bei dieser Methode hilfreich ist, wenn man einem Hauptcharakter folgt und die anderen Figuren nur gelegentlich eigens beleuchtet und ansonsten mitnimmt.

Gruß zum guten Gelingen,

Linda


Felsenkatze

#48
Schelmin: zu hastige Wechsel zwischen den Perspektiven würde ich zu vermeiden versuchen, weil das den Leser eher verwirrt. Wenn du magst, kann ich mir eine dieser Szenen gerne mal durchlesen, und sagen, wie es wirkt, meistens ist Arbeit am konkreten Beispiel ja geschickter. Oder ist das ohne Vorkenntnisse nicht zu verstehen?

Kapitelweise Perspektivenwechseln muss ja nicht sein, aber den absatz- oder abschnittsweisen Wechsel fände ich in diesem Fall ganz gut, um ein bisschen Konstanz in den Erzählstil zu bekommen. Du musst ja nicht unbedingt die Gedanken aller zu einer Szene darstellen, und wenn doch, kannst du das ja vielleicht in eine Art "Rückblende" verpacken.

Zum Beispiel:
Deine Figuren streiten sich. Der Streit wird aus Perspektive A geschildert.
Absatzwechsel, Perspektivenwechsel - Figur B denkt drüber nach, wie man den Streit hätte vermeiden können/ist immer noch sauer/hat ein schlechtes Gewissen.

Ich weiß nicht, ob das jetzt ein irgendwie sinnvoller Vorschlag war...  :hmmm:

@Linda: coole Ogergeschichte. Schreibst du die mal? ;)

Linda

Zitat von: Felsenkatze am 15. November 2006, 12:49:32@Linda: coole Ogergeschichte. Schreibst du die mal? ;)

mit magischen Ogerfürzen?  :P

Mh, ich fürchte nicht. Aber man kann ja nie wissen :-)

Gruß,
Linda

caity

Hallo,

also ich mache das gerne. Ich finde das gehört in einem gewissen Sinne auch zu einer Multiperspektive dazu. Wenn man aus der Sicht eines Charakters erzählt, sollte man auch Ansatzsweise seine Sprache durchbringen. Es muss nicht von ihr durchdrängt und vollkommen in ihrer Sprache erzählt sein, aber es sollte in die Richtung gehen.
Ich lese gerne solche Bücher und ich schreibe fast ausschließlich mit dieser Methode.
Ein Grund, warum jeder Charakter auch ein bisschen was von mir selbst hat.

Bye
caity
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

caity

Hallo Schelmin,

alles kann gut sein - wenn es gut gemacht ist! Und ich bezweifle nicht, dass du das hinbekommst  ;D

Bye
caity
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Antigone

Hallo!

Mir ist auch nach einigem Studium der einschlägigen Literatur sowie der Foren immer noch nicht klar, was genau eine Szene ist.  Ist das quasi wie im Film, wo eine Szene zwar aus mehreren Einstellungen besteht, aber sobald das Gesamtbild wechselt, eine neue Szene ist? Ist eine Szene so lange, wie etwas bestimmtes passiert, und wenn etwas neues kommt, ist es eine neue Szene?

Und dazu: es scheint ja zum guten Ton zu gehören, Perspektive maximal nach einem neuen Absatz zu wechseln (besser noch kapitelweise). Was mache ich aber, wenn ich eine Szene aus der Sicht von allen vier Hauptpersonen kommentiert haben möchte? Sprich, jeder von denen macht sich zu einer bestimmten Sache Gedanken, und die möchte ich alle beschreiben?  Im Film ginge das, da könnte man mit jeder neuen Einstellung auch die Perspektive wechseln.

War das jetzt zu wirr? Kennt sich da jemand aus?

Lg, Antigone

Manja_Bindig

Hm...
Szene... ich verstehe darunter einen Abschnitt, in dem eine in sich mehr oder weniger geschlossene Handlung abläuft, der Raum der gleiche bleibt(es sei denn, die PErsonen laufen - auf jeden Fall keine plötzlichen Ortswechsel)  - einfach die Ramenbedinungen die gleichen sind.
Eine Szene endet entsprechend, wenn eine oder mehrere der wichtigen Agirenden den Handlungsschauplatz verlassen, die Handlung abgebrochen wird, etc - der Rahmen wird gesprengt.

Zumindest meine Definition... leider haben die uns im Studium immer noch nicht gesagt, was eine "Szene" per Definition ist. Aber ich hab mir das aus dem Theater abgeleitet, indem ich die Szenen angeguckt und oben genannte Bedinungen zusammengesucht hab.

Tesla

Gibts dazu eigentlich ne "feste" Definition? Ich weiß es jetzt selber auch nicht! Würde mich aber auch mal interessieren.

Manja_Bindig

Wikipedia hilft uns da auch nciht weiter... wie gesagt, ich leite meine Definition aus Film und Theater ab.

Breanna

#56
Eine Szene ist für mich eine abgeschlossene Handlungseinheit, die meistens örtlich begrenzt ist. Es ist nicht das gleiche wie eine Beschreibung, in einer Szene wird etwas dargestellt, etwas gezeigt. Endet dies, hat man häufig auch das Ende der Szene.

Ich hab als eine Art Definition gefunden:
ZitatDas szenische Darstellen löst den scheinbar kontiniuierlichen Geschehensstrom in einzelne Segmente auf und überspringt den Zwischenraum, weil er entweder unwichtig ist oder weil er, um die Ungewißheit und damit die Spannung zu erhöhen, bewüßt ausgespart werden soll. Im szenischen Darstellen wird vergegenwärtigt, nicht nur beschrieben oder "behauptet". Der Autor entwirft einen Orts- und Zeitrahmen, in dem er seine Personen auftreten läßßt, die häufig  wie "in W irklichkeit" - miteinander reden.
Fritz gesing - Kreativ schreiben

Zum Perspektivwechsel:
Es wird geraten, die Perspektive nicht zu oft zu wechseln, besonders nicht innerhalb der Szene, da das für den Leser verwirrend sein kann und er Schwierigkeiten hat, sich richtig in die Personen einzudenken. Aber du bist frei das so zu machen wie du willst.
Solltest du einen Perspektivwechsel innerhalb einer Szene machen, empfiehlt sich ein Absatz, damit der WEchsel klar ist. Ich hasse nichts mehr, als dass ich nicht mitbekomme, dass der Autor zwischendrin die Perspektive wechselt und auf einmal aus der Sicht von B und nicht mehr von A erzählt.

Rei

Zitat von: Manja am 26. Januar 2007, 11:36:24
Hm...
Szene... ich verstehe darunter einen Abschnitt, in dem eine in sich mehr oder weniger geschlossene Handlung abläuft, der Raum der gleiche bleibt(es sei denn, die PErsonen laufen - auf jeden Fall keine plötzlichen Ortswechsel)  - einfach die Ramenbedinungen die gleichen sind.
Eine Szene endet entsprechend, wenn eine oder mehrere der wichtigen Agirenden den Handlungsschauplatz verlassen, die Handlung abgebrochen wird, etc - der Rahmen wird gesprengt.
So würd ich das auch beschreiben.

Innerhalb einer Szene bleibe ich immer bei einer Person, alles andere verwirrt nur. Früher habe ich nur aus der Perspektive einer Person geschrieben, aber inzwischen bin ich der Meinung, daß der Geschichte dann einfach was fehlt, wenn man nur aus einer Sicht schreibt. Ist wie bei einer guten Diskussion: Ohne ne andere Meinung ist das nicht das Wahre...

Wie Du nun alle Vier unterbringst... Vielleicht mit einem Dialog, in dem jeder sagt, wie er sich in der Situation fühlt...? ??? So nach dem Motto: Na ja, wenn er das damals so gefühlt hat...  ;D

THDuana

Für mich hat eine Szene nicht ungebdingt etwas mit der Örtlichkeit zu tun.
Ich kann das jetzt nicht so generell erklären, deshalb bediene ich mich mal einem Beispiel.

Sasha fährt mit dem Fahrrad vom Dedektivhauptquatier nach Hause und denkt gerade noch über die neuen Erkenntnisse nach, als er angefahren wird. Der Fahrer flüchtet und Sasha bleibt gestürzt, mit gebrochenen Bein zurück.

Oder

Sasha redet mit seinem Freund über die Einbrecher und ihre Vermutungen. Sie warten auf Lisa, die sich verspätet. Irgendwann hören sie auf zu reden, und warten schweigend.
Szenenende.
Szenenanfang.
Lisa kommt viel zu spät und es wird gesagt, dass Sasha und sein Freund während der drei Stunden, die sie gewartet haben, nur zwei Kakao jeweils getrunken haben.

Im zweiten Beispiel sehe ich nicht unbedingt einen Wechel des Ortes, oder das Abgehen von Agirenden. Oder täusche ich mich da?
Wäre das eine Szene?


Und zum Perspektivenwechsel:
Ich meine das von zB TKKG zu kennen.
Da springt das einfach. Zuerst erzählt der Autor aus der Sicht von Tim, und als dieser beginnt mit einem ein Radrennen zu fahren, wird aus Gabis Sicht weiter erzählt.
Jedoch ist da dann immer ein Absatz gemacht.

Ich stelle mir das schwierig vor, dem Wechseln dann noch zu folgen, aber ausprobieren kannst du es ja. Das Schlimmste was passieren kann, ist Unverständlichkeit und dann musst du umschreiben.



THDuana

caity

Hallo,

also für mich gibt es 3 Möglichkeiten von Szenenwechseln:

1. Perspektivenwechsel (das sollte man NIEMALS innerhalb einer Szene machen)
2. Ortwechsel
3. Zeitsprung

Ich an deiner Stelle würde mir noch einmal sehr genau überlegen, ob du die "Gedanken" aller 4 in dieser einen Szene brauchst. Eventuell kannst du aus der Sicht einer Person, die sich darüber Gedanken macht, auch die Gedanken der anderen dastellen, stößt etwas beispielsweise auf Ablehnung, kann das durch Gesten gezeigt und von der jeweiligen Person, aus deren Sicht du schreibst, so interpretiert werden. Erklärungen zu dieser Ablehnung könnten schon früher einfließen.
Beispiel:
X hasst Katzen. Das weißt du schon früh.
Y schlägt vor, sich doch eine Katze zu holen.
X ist da vollkommen dagegen. Grund kennt man schon.
Z macht sich seine Gedanken über das Verhalten der beiden und über G der unbeteiligt daneben steht.
o.ä.
Das ist zwar schwieriger, aber imho "professioneller"

Bye
caity
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)