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Anfang, Mitte, Ende - Wo sind eure Stolpersteine?

Begonnen von Cailyn, 07. September 2016, 06:56:43

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Araluen

Also bei "Cementuri", meinem Projekt, und mir verhält sich das so: Ich hatte Cementuri im letzten NaNo begonnen und nicht abgeschlossen (leider nicht einmal den NaNo gewonnen). Zu dieser Zeit spielte Cementuri noch in einer fiktiven Stadt einer Fantasywelt. Das hat sich geändert. Die ganze Geschichte ist nach Florenz im ausgehenden 19. Jahrhundert umgezogen. uns geht es damit also im Grunde ähnlich. Vieles von dem, was ich geschrieben habe, ist hinfällig. Ich hatte nun drei Möglichkeiten:
Schreiend im Kreis rennen und sobald man sich beruhigt hat in Recherche vertiefen: So ging es mir in der ersten Schrecksekunde und ich hatte mir tatsächlich auch so ziemlich alles, was ich zu Florenz und das 19 Jahrhundert finden konnte auf die Schnelle heran gezogen. Cementuri staubte in der Zwischenzeit ein. Irgendwann erreichte ich den Punkt, an dem ich wusste, dass ich noch ewig recherchieren kann, dann aber nie schreiben werde. Vor allem merkte ich, dass ich die Recherche vorschob, um bloß nicht weiter schreiben zu müssen. Also ging ich einen Kompromiss mit mir ein. Ich recherchiere nur noch situationsbedingt, um grobe Patzer direkt zu vermeiden. Die tiefgehende Recherche hebe ich mir für die Überarbeitung auf.
Weiterschreiben: Der Text, den ich bisher habe, lege ich zu den Akten und schreibe einfach weiter. Dabei tue ich so, als hätte Cementuri schon immer in Florenz gespielt. Vor allem habe ich Szenen geschrieben, an denen ich Spaß hatte oder die mir gerade in den Sinn kamen. Dadurch entstand ein ziemlicher Flickenteppich. Mich stört das nicht. Ich nähe gerne Flicken zusammen. Aber dann kam mein gefürchteter Mittelteil mit seiner Sieb ähnlichen Plotstruktur, wie ich es schon einige Beiträge vorher beschrieben hatte. Es ging also wieder nicht weiter.
Struktur muss her: Mein aktueller Plan sieht vor, Cementuri zu strukturieren und tatsächlich einen Szenenplan aufzustellen und diese dann abzuarbeiten. Passagen, die bereits existieren, werden bei dieser Gelegenheit direkt überarbeitet und angepasst, fehlende werden natürlich geschrieben. Cementuri habe ich in fünf Akte, Prolog und Epilog aufgeteilt. Nach der Planung eines Aktes, schreibe und überarbeite ich erst einmal wieder. Dann bleibe ich auch dynamisch genug, um auf Änderungen reagieren zu können. Natürlich halte ich mich nicht streng an diesen Plan. Der erste Akt ist derzeit nur zur Hälfte geplant. Ich habe dennoch schon begonnen, die erste Szene anzupassen. Wichtiger als Disziplin ist mir aber an der Stelle die  Motivation.

Kurz und gut: Probiere verschiedene Dinge aus. Planen und strukturieren kann helfen, dir wieder eine Linie zu geben, das bisher Geschriebene einzuordnen und dir durch die ganze Planerei wieder richtig Lust aufs Schreiben zu machen. Bauchschreibern hilft das eher weniger. Wenn du nichts gegen einen Flickenteppich hast, dann schreibe doch erstmal die Szenen, die dich direkt anspringen, um einfach in den Flow zu kommen. Hauptsächlich geht es ja um Motivation und den Sprung über die Mauer des Beginnens. Mir hilft es auch, Szenen, gerade die schwierigen, im Kopf durchzuspielen. Leider kriegt man die tolle Kopfkinoversion nur selten detailgetreu aufs Papier. Die richtige Musik ist auch immer eine tolle Hilfe.

zDatze

@Czara Diese Erfahrung habe ich auch schon einmal mit einer meiner Welten gemacht. Es war schon alles (naja, vielleicht nur fast alles) ausgearbeitet, ich hatte die Städte und Orte schon gut im Kopf, konnte mich schon richtig in die Szenen hineindenken ... und dann hat sich ein kleines Element geändert und ein Ruck ging durch die bereits "fertige" Welt und es war auf einmal doch alles ein Stück anders, als zuvor.
Meine erste Reaktion war dezente Verzweiflung, dann habe ich das Projekt auf Eis gelegt und nach ein paar Monaten haben sich die Scherben dieser Welt von ganz alleine wieder zusammengefügt. Ich hatte gar nicht mehr damit gerechnet und auf einmal ploppte die Lösung einfach so in meinem Kopf auf. Geistesblitze habe ich sehr selten, aber das war definitiv einer.

Allerdings fällt es mir schwer dir konkrete Vorschläge zu machen, wie du deine Welt wieder zusammenkriegen kannst. Pausen sind bei mir oft sehr hilfreich. Da vergehen dann zwar Monate (manchmal auch Jahre), aber bisher hat es meinen Geschichten in der Regel gut getan, wenn ich sie weiter gären hab lassen.
Wenn du viele einzelne Ideen hast, kannst du ja mal versuchen diese miteinander zu verknüpfen. Eine einzelne Idee reicht meistens nicht aus, um die Handlung für ein ganzes Buch zu tragen. Tolle Ideen verleiten mich oft dazu ein neues Projekt zu beginnen, in der Regel verlaufen diese aber im Sande, da die Luft ziemlich schnell heraußen ist. Da fehlen mir die Anknüpfpunkte für weitere Ideen und ich bin einfach zu wenig Bauchschreiber, um mich von einer Szene zur nächsten zu schreiben und dabei zu hoffen, dass das am Ende alles Sinn ergibt.

Wenn du gerne planst und plottest, dann kann ich dir die Writing Classes von Brandon Sanderson empfehlen. Die haben mir sehr weitergeholfen, mehr Struktur in meine Geschichten zu kriegen.

Czara Niyaha

Mir ist aufgefallen, dass sich beim Schreiben, wenn sich mir alles immer mehr in Klarheit heraus kristallisiert, ich den Schluss meiner Geschichte immer deutlicher und intensiver erkenne, obwohl ich gerade meistens dann erst im Hauptteil hänge, der nachwievor mein härtester Stolperstein ist!  ;) Besonders Nachts kommen mir häufig spontane poetische Ideen zugeflattert. Lächel. Worte, die sich immer deutlicher in mir schreiben, bis ich irgendwann aufstehe, manchmal auch noch mitten in der Nacht,  um sie festzuhalten, damit sie nicht wieder verloren gehen.

Ich glaube schon fast, dass das bei mir normal ist, dass die Geschichte, an der ich schreibe, irgendwann mitten im Hauptteil bereits die die ausklingenden Worte auf dem Blatt trägt. Hmm, aber wenn ich so darüber nachdenke, dann ist das für mich ein Anreiz mich durch den oftmals schweren Hauptteil zu kämpfen, weil mich das erwartende Ende sehnsuchtsvoll lockt und es mich immer stärker drängt,  die verknüpfenden Szenen und Entwicklung zu schreiben, die dann alles zum Ende zusammenführen.  :)
Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

canis lupus niger

Da ich nicht von vorne nach hinten chronologisch durchschreibe, sondern immer an den Szenen (und Kapiteln) arbeite, zu denen ich gerade eine Idee habe, und dann anschließend die Lücken fülle, habe ich logischerweise meine Hänger dort, nämlich in der Mitte. Das kann dann auch schon mal Monate dauern, bis mir etwas Gescheites einfällt..

Marta

Wie die meisten habe ich Probleme mit der Mitte. Entweder schreibe ich mich in irgendwelche Schlamassel rein, die wieder aufgelöst werden müssen oder ich habe schlicht zu wenig Handlung. Allerdings habe ich festgestellt, dass sich alle Probleme auflösen, wenn ich nicht darüber nachgrüble, sondern einfach weiterschreibe. Nur die Motivation dafür aufzubringen ist ... schwierig. ;)
Es ist halt nicht leicht für einen Kontrollfreak wie mich, der Muse komplett die Zügel in die Hand zu geben. Ich hätte lieber das Gefühl, dass ich die Geschichte steuere und nicht nur ein Sprachrohr bin.

Thistle

Hallo,

ich muss sagen, dass ich meist mit dem Beginn hadere, bis ich endlich drin bin. Am Anfang die Personen und wichtigen Randinfos unterzubringen, ohne dass ich dem Leser eine Art "Merktext" (ihr wisst schon, wie in Schulbüchern, die dann passenderweise auch rot eingerahmt sind  ;D), hinklatsche, erfordert bei mir stets viel Gelösche, Korrigieren, Neuschreiben und...dann fange ich damit von vorne an.  ;)

LG Thistle

Faye

Also wie ich hier lese, ist das ziemlich unterschiedlich, was ihr am schwierigsten zu schreiben findet. Ich denke, dass es aber auch davon abhängt, ob man Bauchschreiber oder Plotter ist und was es für ein Buch ist.
Bei mir ist es immer noch der Anfang, der mir die meisten Probleme bereitet. Oft weiß ich nicht genau, wo ich anfangen soll und was der beste erste Satz ist  ;D Wenn ich dann erst mal im Schreibfluss bin, geht es meist eher flüssig voran. Auch der Schluss fällt mir meist leicht, auch wenn es ein ungewohntes Gefühl ist, das letzte Wort zu schreiben.
@Thistle  Das Problem habe ich im Moment auch, ich muss irgendwie alle Personen haarklein beschreiben...  :wums:

Thistle

@Faye Ich fühle mit dir.  :knuddel: Im Moment bin ich glücklicherweise mittendrin in der Handlung, aber irgendwann kommt auch wieder der Beginn von etwas Neuem und werde dann auch vor dieser Hürde stehen.

LG Thistle

Trippelschritt

Aber, aber ... Warum muss man denn alle Figuren haarklein beschreiben? In der Regel ist das für den Leser äußerst langweilig. Lass sie doch einfach agieren. Der Leser wird schon verstehen, die die jeweilige Figur tickt. Und die Randinfos kommen wie von selbst.
Ich liebe immer diese verzweifelten Versuche Randinfos dahin zu quetschen, wohin sie nicht gehören. Sie strich sich mit der Hand durch ihre dunkles Hand mit den blonden Strähnen und ihre dunkelrot gefärbten Lippen versuchten sich in einem Lächeln. Das Licht brach sich in dem Stein, der zu dem Ring gehörte, den sie entgegen aller Bräuche an ihrem Zeigefinger trug und der so herrlich zu ihrem Collier passte.
Ich liebe unfreiwillige Komik.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Araluen

Dem kann ich mich voll und ganz anschließen, @Trippelschritt. Aber immernoch besser so, als wenn dem Leser eine Schaufensterpuppe vor die Nase gesetzt wird.
"Vor der Tür stand ein Mann. Er hatte eine blaue Uniform an. Das Haar war blind und militärisch kurz geschnitten. Seine Augen waren blau, was sehr gut zu seinem markanten Gesicht passte."
Hmm vielleicht sollten wir zu diesem Thema noch eine eigene Diskussion aufmachen.

Koboldkind

Zitat von: Czara am 13. September 2016, 12:32:38Vielleicht habe ich derzeit auch einen zu eingeschränkten Blickwinkel auf die Situation?
Was macht ihr, wenn ihr das Gefühl habt, es geht einfach nicht weiter, oder wenn ihr euch total verrannt habt?
Das kenn ich auch grad. Ich hätte es im Mittelteil erwartet, wo ich  mich gerne dem Spazieren gehen hingebe und neuer Plot auftaucht oder geplanter Plot einfach nicht funktioniert. Aber diesmal liegt es im Ende. Auch so ein Problem: Viele tolle Ideen im Mittelteil bekommen, die am Ende mit dem geplanten Ende nicht mehr zusammen passen. Kurz gesagt  :wums:
Wer jetzt nicht wahnsinnig wird, muss verrückt sein.

Sternsaphir

Ich würde meine "Problemzone" in der vorderen Mitte einkreisen.
Der Anfang ist gestellt, alle Fäden müssen jetzt logisch und spannungwahrend zusammenfließen und zur Mitte führen.
Genau in dieser Situation verzwirbel ich mich gern. Ich weiß, was der Plot ist, ich weiß auch, welche Rolle jeder zu spielen hat, aber es ist sehr schwer, alles und jeden an seinen Platz zu bekommen und nichts dabei zu vergessen.
Wenn ich dann den Zenit erreicht hab, kommt das Plotgerüst ganz von allein ins Rollen.

Mina

Da kann ich mich @Sternsaphir nur anschließen. Die vorderer Mitte ist immer die Stelle, wo ich hänge.
Am Anfang hänge ich nur solange, bis ich den ersten Satz geschrieben habe, der Rest geht runter wie warme Butter. Das liegt bei mir vor allem daran, dass ich den Anfang meines Buches schon tausendmal im Kopf abgespielt habe, leider wurde das Buch nur selten durchgespielt im Kopf.  :-\
Dann wenn am Anfang der Mitte langsam die Spannung weiter ausgebaut wird, um zur richtigen Mitte zu kommen, krieg ich, obwohl alles geplant ist, nicht alles unter. Es ist dann wie ein riesiges Puzzle und ich muss irgendwie alle Sachen, die für den Plot relevant sind, da schlüssig reinbekommen. Da hab ich mir schon das eine oder andere Mal die Haare gerauft.

Wenn ich dann das Gefühl kriege, mich verrannt zu haben, dass kommt durchaus mal vor, wird die Geschichte pausiert. Ein oder zwei Wochen und dann geht es meistens von alleine wieder weiter. Oder ich starre solange meinen Plot oder das Geschriebene an und mindmappe ein wenig und dann kriege ich es irgendwie wieder hin.


Alina

Ich habe bisher zwei Projekte geschrieben, und besonders schwierig fand ich den Anfang. Ich habe immer das Gefühl, dass der besonders überzeugen muss, sonst legt der Leser das Buch gleich wieder aus der Hand - er soll spannend sein, einen Eindruck davon geben, was den Leser erwartet, man muss das Ausgagsszenario vermitteln ohne langes Gelaber und endlose Beschreibungen. Da setzte ich mich selber ziemlich unter Druck und feile ewig an den ersten Kapiteln rum. Beim zweiten Buch hatte ich schon die halbe Geschichte geschrieben, bis ich endlich auch mit dem Anfang halbwegs zufrieden war.
In der Mitte flutscht es bei mir ziemlich. Sehr schwierig finde ich es dann noch, einen guten Schluss zu formulieren, der zufriedenstellend ist und nicht kitschig oder pathetisch.
Zitat
Und was unternehmt ihr dagegen?
Wochenlang herumliegenlassen und immer wieder überarbeiten :-\ Die Kapitel anderen Leuten zeigen und von ihnen zerpflücken lassen  ;)

Sternenlied

Bei mir ist es meist der Anfang. Wenn der mir nicht sehr gefällt habe ich immer das Gefühl nicht weiterschreiben zu können bevor der passt. Da sitze ich dann schon mal ein bis zwei Wochen dran und tüftle und probiere bis ich zufrieden bin. Danach geht alles ganz leicht :)