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Die Sache mit dem dringenden Bedürfnis

Begonnen von Antigone, 01. Juni 2007, 09:21:29

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Antigone

Morgen!

Angeregt durch den Beitrag von Artemis über diverse Grauslichkeiten, hab ich mir dann auch gleich folgende Frage gestellt: wie macht ihr das mit den dringenden Bedürfnissen eurer Protas? Sprich, gehen die mal aufs Klo?

Selbstverständlich mein ich jetzt nicht, dass ich bei jeder Reisebeschreibung auf jede einzelne Pinkelpause eingehen muss. Aber natürlich, wenn der Trupp überfallen wird, während die gesamte Eskorte grade in den Büschen hockt, so ist das ein dramatisches Element, das unbedingt erwähnt werden muss. Aber ansonsten?

Oder anders gefragt: macht ihr euch als Leser Gedanken darüber, wann und ob die Personen mal müssen? Ein Beispiel: jemand befindet sich in einem Gefangenentransport und wird in einem verschlossenen Reisewagen transportiert. Würdet ihr erwähnen, dass er halt alle paar Stunden zum ******** rausgelassen wird, oder erwähnt ihr das gar nicht? Also, ich als Leser frag mich in dem Fall schon, wie das funktionieren soll. Noch interessanter ist das in den unzähligen Fällen, wo jemand in Ketten an einer Wand hängt (besonders beliebt bei Hohlbeins Unsterblichen) - da wird die TAtsache nie erwähnt, dass sich die Unglückseligen schlicht und ergreifend dauernd in die Hosen machen müssen.

Und eine letzte Frage: welche Worte dafür verwenden? Pinkeln, pissen, austreten, ein dringenden Bedürfnis erledigen? Den Nachttopf benutzen, den Abort, den Abtritt?

Bin schon neugierig auf eure Antworten. Lg, A.

gbwolf

Also ich lasse meinen unseligen Gefangenen einen Eimer oder sie müssen eben ins Stroh/die Hose machen. Auch bei Dialogen von wandernden Spielleuten darf neben den Wagen mal in den Graben uriniert werden. Das gehört für mich zum Leben und zu einer mittelalterlichen Gesellschaft sowieso. Ich baue es gelegentlich wie selbstverständlich ein, damit alles realer wirkt und nicht so glatt und steril.
Eine meiner Lieblingsszenen in "Der verlorene Troll" ist, wenn einer der Prots am Anfang Durchfall bekommt, weil er durch die Kanalisation und den verdreckten Burggraben flieht. Quasi die ganze Flucht ist er am Ende seiner Kräfte und sitzt hinter den Büschen. Der Autor bringt das unheimlich glaubhaft rüber und die daraus resultierende Schwächung des Prots macht die Flucht noch spannender, da er keine Kraft mehr hat, einem eventuellen Angriff etwas entgegen zu setzen.

Wörter für pinkeln, die im Fantasy-Setting passen?
Eine Stange Wasser in die Ecke stellen
Bier los werden
Wasser abschlagen/er schlug sein Wasser ab

Grüße
Wölfin

Artemis

#2
Ui, lustiges Thema  ;D

Darüber habe ich auch noch öfters nachgedacht. Nein, jede Pinkelpause wird nicht erwähnt, ebenso wenig die Tatsache, dass meine Damenwelt ihr allmonatliches Leiden hat v_v So etwas ist wohl so normal wie essen und schlafen, und das beschreibt man ja auch nicht ständig, oder?

Man sollte es wohl höchstens dann genauer erwähnen, wenn man quasi längere Zeit seine Figuren begleitet. Niemand kann über Stunden anhalten, also können die Protas das auch nicht. In einer Gefangenschaft könntest du vielleicht einmal (aber wirklich nicht zu oft) erwähnen, dass sich jemand die Hose nassmacht - wenn du es ganz gemein machen willst, könnten ihn die Wachen deswegen noch auslachen ect. Beim Transport wird man die ebenso wenig rauslassen können, also heißt es auch da: Wasser marsch  ;) Immerhin sind die da zu dutzenden eingesperrt, und eine so große Gruppe wird niemand bei ner Pullerpause in Schach halten können

Zu den Ausdrücken: Kommt drauf an, wer den Ausdruck in den Mund nimmt. Ein raubeiniger Soldat darf gern mal pinkeln, während die feine Lady dezent ein Bedürftnis erledigt. Auf der Burg gehen sie auf den Abtritt oder den Abort, bei den Soldaten ist es die Latrine oder der Donnerbalken (ich liebe dieses Wort  :rofl:), im Zimmer halt der Nachttopf.

Ich persönlich lasse meine Charas ab und zu mal einen Witz in diese Richtung reißen. Dann riecht zum Beispiel einer, der durch die Kanalisation geflohen ist, halt schlimmer als die Latrinen im Fort ...


Edit:
Was bei mir auch des öfteren vorkommt, ist ... ähm ... rückwärts essen  ::)
Wenn ein Schock groß genug ist, dann wird auch der größte Held seinen Magen nicht mehr unter Kontrolle halten können. Entweder kommt ihnen bloß die Galle hoch, wenn sie zufällig nichts gegessen haben, oder sie erbrechen sich halt ganz ordentlich. So etwas wird sehr oft vernachlässigt, weil die Helden ja durch nix geschockt werden können. Das ist ein naiver Gedanke, finde ich.

Oder die mangelnde Körperhygiene. Damals gabs halt kein Deo für unterwegs, und auf Reisen wurde sich auch nicht ständig gewaschen. Und wenn in einer Gruppe vier, fünf erwachsene Männer dabei sind, kann der Mief schon ganz gewaltig werden *irks* Ok, ich schreibe dann nicht gerade, dass sie wie ein toter Hammel riechen, aber ich betone gewisse Körpergerüche gezent. Nach was haben die damals gerochen? Nach Schweiß, Fett, Rauch, feuchter Wolle, Pferdehaar, Leder ... aber gewiss nicht nach After Shave ...

THDuana

Hallo Antigone,

tja, bei mir müssen die nie ;D
Gut, ein, zweimal kann man es schon erwähnen, damit es, wie die Wölfin sagt, realer wirkt, aber nicht ständig.
In einem Buch habe ständig lesen müssen, dass die Protagonistin badet. Gut, dass ist jetzt kein Vergleich und sagt auch was über ihren Charakter, aber es hat mich dennoch genervt.

Sollte das auf's Klo gehen nicht der Handlung dienen (wie im Durchfall-Beispiel :-X) oder öfter als fünfmal vorkommen, würde ich es als eher lästig empfinden.

Ich finden "auf den Abort gehen" ganz passend ;)


Duana

Antigone

Zitat von: Artemis am 01. Juni 2007, 09:30:27
So etwas wird sehr oft vernachlässigt, weil die Helden ja durch nix geschockt werden können. Das ist ein naiver Gedanke, finde ich.

Da wird es dich vielleicht trösten, dass in meiner neuesten Geschichte meine Hauptperson einen schwachen Magen hat. Dh. heißt jetzt nicht, dass er dauernd kotzt, aber ihm schlägt sich Aufregung halt auf den Magen, da wird ihm schlecht und er wird grün im Gesicht.

PS: da kommt wohl was autobiographisches durch... ;D  :hatschi:

Lg, A.

Artemis

Zitat von: Antigone am 01. Juni 2007, 11:35:21
PS: da kommt wohl was autobiographisches durch... ;D  :hatschi:


Hm, ich kriegs dann richtig heftig in den Magen ...   :40°C: Reagiert wohl jeder anders drauf.
Wär nur dumm, wenn man in seiner Geschichte mehrere "undichte" Charaktere hat und die Anzahl der Büsche arg begrenzt ist  ::)

Manja_Bindig

Natürlich gehen sie aufs Klo. Vielleicht erwähne ich nicht jeden Stuhlgang, aber ab und zu, wenn ich grad in meiner Detailwütgen Phase bin... oder wenn es effektrelevant ist.
(Zum Beispiel, wenn sie lauern: "Du..." "was?!" "ich muss mal...")
Nur das aufs Klo gehen selber beschreibe ich nciht so deutlich...

Solatar

Einige meiner Protagonisten gehen auch mal austreten. Immer wieder. Aber...nicht ständig und nicht in jeder Szene. Das wird mal nebenbei - habe mal nachgeschaut 1 x pro Roman - so eingestreut (die Frage nach dem Abort) und ich verzichte bewußt auf die Schilderung von Details, vor allem bei den anmutigen, weiblichen Wesen. Das könnte dann unter Umständen das Traumbild ankratzen.

Zu viel an Information ist dann auch nicht gut. Außerdem finde ich es nicht unbedingt spannend, wenn da ungefähr stünde:

"Der Feldherr hatte es sich mit einer Landkarte auf dem Schoß über einem Donnerbalken bequem gemacht. Er lauschte den fernen Kriegstrommeln und dem wilden Geschrei der Krieger etc. usw. Plötzlich...ein Donnerhall ließ die Luft erzittern. Der Feldherr rümpfte die Nase. Doch dann zeichnete sich ein erleichtertes Lächeln auf seinen Lippen ab. Einmal drücken, noch ein zweites Mal und schließlich zum Dritten. Plumps da lag sie unten. Braun, stinkend und ..."


Manja_Bindig

Urks.

So genau will ich das wirklich nciht wissen.

Was mir aber auffällt... meine Charaktere übergeben sich recht oft. :)

Antigone

@ solatar: *ich hau mich ab* wie wir Österreicher zu sagen pflegen (bei mir im Büro haben grad alle geguckt, warum ich plötzlich so loslache...)

@ Maja: vor allem, wenn sie zuviel getrunken haben wahrscheinlich?

Lg, A.

Artemis

Wenn ein Autor solche delikaten Einzelheiten schreiben würde, dann würde ich ihn höchstpersönlich ... :pfanne:

Ne, also man sollte doch wissen, wann Schluss ist. Solche intimen Sachen muss jetzt echt keiner lesen. Man kann es beschreiben, wenn es wichtig ist (z. B. könnte dein Feldherr ja während seiner Sitzung merken, dass grade der Feind das Lager aufräumt ...), aber ansonsten ist es wirklich nicht lesenswert.
Diese Themen sollte man einfach mit Vorsicht genießen und am besten nicht zu ernsthaft rüberbringen. Es muss kein Fäkalhumor sein (den ich persönlich verabscheue  :nöö:), aber man darf gern einen Witz darüber reißen, und dann ist es wieder gut. Wenn z. B. eine Frau etwas gereizt ist, dann könnte sie in den Augen der Männer ja gerade unter ihren weiblichen Nöten leiden ect...

Genauso wenig käme wohl kein anständiger Autor auf die Idee, seine männlichen Protas mit einer Morgenlatte aufwachen zu lassen (oh, verzeihung, das ging jetzt zu weit ... ja, ich hau mich ja selber ... pfui, pfui  :pfanne:)

Solatar

Jetzt hatten wir Gewalt...wir hatten das dringende Bedürfnis...fehlt nur noch...die Triebhaftigkeit...der Akt...Gibt es da auch nen thread zu?

Artemis

#12
Jap, gibt es  ;D

http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=185.0


Edit: Es bezieht sich mehr auf Liebesszenen, also könnte man mit dem... ähm... Trieb durchaus ein neues Thema machen, oder?

*fragend zu den Moderatoren lins*

Schelmin

Ich halte es so, daß ich erwähne, was erwähnt werden muß. In der Regel erwähne ich es nicht, wenn jemand pinkeln geht, aber wenn er dabei von hinten angegriffen wird, weil er einen Moment lang unachtsam war, dann schon.

Das gehört halt zur Erzählkunst, die Sache spannend zu halten und unnötige Details rauszulassen.
Wenn dich jemand fragt "wie war dein Tag?", dann faßt du auch das Wichtigste zusammen und erwähnst nicht jedes Geschäft, das du erledigt hast. Wenn dabei etwas Außergewöhnliches passiert ist, dann vielleicht schon.

Chuck

Also ich musste mal den Gang eines kleines Mädchens im Wald andeuten... das war wichtig, weil sie nämlich auf diese Weise zwei Nebendarsteller aus dem Buch kennengelernt hat.

Aber sie hat sich davor auch nur mit einem "Ich muss mal" bemerkbar gemacht.