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Wie geht eigentlich Schreiben?

Begonnen von chaosqueen, 24. Februar 2015, 11:48:56

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Guddy

Nein, man muss Schreiben nicht (aktiv) lernen und auch nicht bis zu einem gewissen Grad. Es sei denn, du meinst das Schreiben an sich it dem ABC und der Sprache ;) Man kann es aber und es ist natürlich ein Handwerk.
Zeichnen habe ich übrigens auch nie gelernt. Ich zeichne einfach und werde von Bild zu Bild ein bisschen besser. Aber Techniken, Übungen, Studien etc. sind einfach nicht mein Ding. Genau wie beim Schreiben. Ich schreibe, weil es mir Spaß macht, mein Herz daran hängt und ich mich sowohl am Weg, als auch am Ergebnis erfreue.

Ich halte es da wie Klecks. Kann sein, dass ich wegen meiner Einstellung nie berühmt werde, aber dann ist das halt so. Ich meine nur, dass man ja auch diese Seite akzeptieren kann. Die Mufasa-Seite ist ja nicht besser oder schlechter als die andere :) Nur anders. Man sollte als Autor meiner Meinung nach aber wissen, wie man am besten arbeiten kann. Auf die eine, die andere, oder auf eine ganz andere Weise. Ohne dass man von irgendwoher gesagt bekommt, dass das falsch, blöd oder sonstwas sei.

Alana

#76
Nein, natürlich muss man nicht, das schrieb ich ja auch ein paar Sätze später noch mal. Und ja, man kann auch durch Übung weiterkommen, aber es geht schneller, wenn man sich Tipps und Anregungen holt. Das müssen ja keine Ratgeber sein. Jeder hat seine Vorgehensweise und das ist okay so, aber ich finde eben, es sollte anerkannt werden, dass Schreiben ein Handwerk ist, das für den Ottonormalmenschen oft ziemlich harte Arbeit ist und Weiterbildung erfordert, wenn man es gut machen will. Eben so wie jedes andere Hobby auch. Ich glaube, hier in Deutschland haben wir immer noch viel zu sehr die Vorstellung vom Künstler, der sich einfach hinsetzt und macht, denn wenn er es sich erarbeiten muss, dann ist er kein wahrer Berufener. Aber das ist jetzt eine Grundsatzdiskussion die vielleicht nicht hierher gehört. Und sorry, falls ich jemandem auf den Schlips getreten bin, das war nicht meine Absicht. Ich will nur nicht, dass jemand denkt, wenn es nicht von alleine fließt, dann ist man eben kein Autor. So dachte ich früher nämlich auch und wenn ich weiter so gedacht hätte, hätte ich nie ein Buch geschrieben.
Alhambrana

Lothen

Ohne die Diskussion noch vertiefen zu wollen, zitiere ich mal Karl Valentin: "Wenn man es kann, ist es keine Kunst. Wenn man es nicht kann, erstrecht keine."

Valkyrie Tina

Guddy und Alana ich glaub, ihr meint mit "Lernen" eigentlich dasselbe. Lernen heißt ja nicht nur, stur Übungen abzureißen, und sich erst an eine Sache ranzutrauen, wenn eine äußere Instanz sagt, dass ihr gut genug seid. Lernen heißt doch, neue Sachen auszuprobieren, rumzuprobieren, zu schauen was klappt und was nicht, und diese Erfahrung dann in das nächste Werk einfließen zu lassen.
Und Guddy, ich hab deine Zeichnungen gesehen. Du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht lernst und rumprobierst. Du hast so viele unterschiedlichen Sachen da drin, hast du das wirklich alles aus dem Ärmel geschüttelt? (Oh, Gott, bitte sag, dass nein! Ich hab so schon Minderwertigkeitskomplexe) Oder hast du bei einigen doch gedacht "ich will das mal ausprobieren" und dann versucht und geknobelt, bis es dann passte? Ich finde das ist auch lernen, auch wenn noch niemand eine Übung mit Punktesystemen und Tabellen draus gemacht hat.


Ich unterschreib alle Tips zum Schreiben, die bisher gesagt wurden. Eine Sache, die mir noch selbst wahnsinnig geholfen hat: der Nanowrimo. Ich bin ein Perfektionist, der gerne ewig an einer Stelle rumbosselt und nie vom Fleck und nie zum Ende kommt.
Der Nano hat das Ziel, in einem Monat 50.000 Wörter in einem Projekt zu schreiben. Zum bosseln bleibt wenig Zeit, denn du musst schreiben, jeden Tag durchschnittlich 1667 Wörter, um das Ziel zu erreichen.
Beim Nano habe ich gelernt, einfach weiterzuschreiben, und einfach ein Projekt durchzuziehen, statt nach den ersten 15.000 Wörtern stehen zu bleiben und die erst mal zu verbessern bis ans Ende aller Zeiten.
Ich weiß nicht, ob das für irgendwen außer mir funktioniert. Aber ohne Nano hätte ich noch nie ein Buch beendet, und das finde ich persönlich fast so wichtig wie das Lernen des entsprechenden Handwerks. (wobei das natürlich auch wahnsinnig wichtig ist, keine Frage. Wie gesagt: es ist ein Tip von vielen, nicht DER Tip)

Alana

#79
Ja, ich will eigentlich nur sagen, wenn man sich verbessern möchte, braucht man meiner Meinung nach Reize von außen, ob das Ratgeber sind oder Blogartikel oder ob man sich hinsetzt und seine Bücher mit anderen Büchern vergleicht, ist ja egal. :)
Alhambrana

FeeamPC

Lesen ist nicht nur der Sprache wegen nötig. Lesen braucht ein Autor auch, um Wissen zu speichern. Je mehr Allgemeinwissen man hat, desto leichter fällt es, wie absichtslos und nebenbei wichtige Informationen in den Text zu packen, ohne lehrerhaft zu wirken.
Und desto weniger Fehler können einem hinterher die Leser um die Ohren hauen (wie z.B. die berühmte Kartoffel, die im alten Rom (nicht) verspeist wurde.

Trippelschritt

Ich versuche mal diesen Thread in seiner ursprünglichen Fragestellung wieder zu beleben und stelle gleichzeitig meine derzeitige Methode vor in der Hoffnung, den einen oder anderen neuen Gedanken zu bekommen. Es gibt viele kluge Gedanken über das Schreiben, aber einen unter ihnen finde ich schlichtweg genial: Schreibe eine Szene (Satz, Absatz, Szene, Kapitel) stets so, dass der Leser unbedingt die nächste Szene lesen will.
Auf den ersten Blick ist dieser Rat so gut wie für einen Bildhauer, der einen sitzenden Löwen aus Marmor schaffen soll. Er muss nur alles vom Block wegschlagen, was nicht nach Löwe aussieht.
Auf den zweiten blick gibt es aber einen Unterschied. Es gibt für jeden Textteil ein klares Kriterium, wie das Ergebnis aussieht. Es orientiert sich am Leser und dieser erste Leser ist der Autor selber. Er sollte also nicht nur ein guter Autor, sondern auch ein guter Leser sein. Bleibt nur noch die Frage, wie man so etwas macht.
Man braucht eine zentrale Idee für den Roman, muss also wissen, worum es geht. Um die Idee in eine Geschichte zu übersetzen, sucht man das passende Genre, hier z.B. Fantasy und ein geeignetes Setting. Dann braucht man gut ausgearbeitete Figuren und einen akzeptablen Anfang. Und dann kann man anfangen. Man braucht nicht unbedingt einen Plot(plan), sondern schreibt einfach drauf los, bis einem die Geschichte nicht mehr gefällt, weil sie langweilig wird. Das wird recht rasch passieren befürchte ich.
Bei mir ist es so, dass nach aufregenden Anfangsideen sowohl Figuren als auch Handlung immer mehr in Richtung Mittelmäßigkeit abdriftet, weil die Zahl der Ideen mit der Zahl der Seiten nicht Schritt hält. Dann fängt man von vorn an und such die Stelle, ab wann es langweiliger wird. Die Schwäche liegt vor dieser Stelle und geht bei mir immer auf eine von zwei Schwächen zurück. Unscharfe Vorstellungen bei den Figuren oder beim Setting (Weltenbau) oder schwache Ideen. Wenn die behoben sind, geht es weiter.

Voraussetzung für diesen Ansatz ist, dass man Texte analysieren kann. Auch und vor allem die eigenen.
und man darf nie die zentrale Idee der Geschichte aus den Augen verlieren, denn ohne diese Idee wird es beliebig und man verliert die Richtung. Es gibt noch ein paar weitere Kleinigkeiten zu beachten, aber dieses Posting ist schon lang genug.

Hat jemand einen Kommentar?
Liebe Grüße
Trippelschritt

canis lupus niger

#82
Wer bin ich, die Erfahrungen eines langjährigen Profi-Autors zu kommentieren?  ;D

Für mich selber kann ich nur (be)schreiben, dass ich zu Anfang eines Buch-Projektes immer eine völlig plan- und plotlose Ideen-Sprudel-Phase habe. Szenen oder nur Stücke von Szenen, die mir zur Grundidee oder zu den Charakteren einfallen, werden völlig unkritisch aufgeschrieben. Reine Schreib-Onanie! Das ist die Phase, die ich am meisten genieße, weil ich dadurch die Geschichte erstmals selber wie einen Film erlebe, oder wie eine Serie, aber nicht in chronologischer Reihenfolge. Der Plot kommt erst, wenn diese Phase von selber endet.

Das entspricht vielleicht dem, was Du beschrieben hast, Trippelschritt. Du schreibst ja auch von dem Moment, wo Dir die spritzigen Ideen ausgehen und Dein Manuskript Dir immer langweiliger zu werden scheint. An der Stelle sichte ich dann das, was ich bisher zusammengetragen habe, freue mich über gelungene Stellen und lege solche schon mal solche zur Seite, die nicht so gut scheinen. Und dann fange ich an, ein Gerüst zu basteln, in dem die geeigneten Szenen an ihren Platz rücken, in dem aus der Ursuppe eine Geschichte wird, in der ich nur noch (große) Lücken zu füllen habe. Und dabei kommen mir dann neue Ideen für die noch fehlenden Szenen. Ich merke, wenn der Spannungsbogen zu kurz oder zu flach ist. Oder wenn die Geschichte zu dünn ist, um zu fesseln.

Das ist dann irgendwie der fließende Übergang von der Selbstbefriedigung zur Arbeit. Macht immer noch Spaß und befriedigt auf intellektueller Ebene auch, aber anders. Das ist dann auch mal die Phase, in der es keinen Spaß macht, weil die Ideen eben nicht so sprudeln, in der ich frustriert bin und die ganze Sache erstmal zur Seite lege. Früher habe ich dann einfach etwas anderes angefangen und darauf gehofft, dass die Kreativität eines Nachts von selber wieder anfängt zu sprudeln. Aber das passiert ja nun mal nicht immer von selber. Inzwischen habe ich gelernt, dieses Problem systematisch anzugehen: ich frage im TiZi nach, ob jemand eine Idee hat. 
Nein, nicht immer. Aber das hat auch schon mal weitergeholfen. In meinem gerade abgeschlossenen Projekt habt Ihr wunderbaren Menschen einer meiner Perspektivträgerinnen geholfen, ihre Persönlichkeit zu entwickeln und ein vollständiger, erwachsener Mensch zu werden. In einem anderen Projekt, das ich nun wieder aufgenommen habe, habt Ihr mir Anregungen geliefert, die den Plot um mindestens 50 Prozent verbessert haben.

Na ja, und der Rest ist dann halt Fleißarbeit. Das Ganze muss ausgearbeitet, überarbeitet, gebetat, nochmal überarbeitet, nochmal gebetat, usw. werden.

Oder so ähnlich. Aber am Anfang steht das kreative Chaos und  liebe es!

Trippelschritt

Oh, wie schön. Da fühle ich ganz viel Seelenverwandtschaft! Eine reine Ideen-Sprudelphase kenne ich auch. Genau wie bei Dir am Anfang, wenn noch viel mehr Ideen da sind als Struktur. Und dann habe ich irgendwann gelungene Dialoge, eine halbe Beschreibung von irgendwas, einen durchgeknallten Hofzwerg oder was noch immer. Und diese Brocken sind so gut, dass man sie einfach verwenden muss, auch wenn ich zu dem Zeitpunkt noch keine Ahnung habe wo. Und dann beginnt irgendwann der Zeitpunkt, an dem Du aus der warmen Badewanne raus musst und das kratzige Handtuch spürst. Du schreibst die Anfangsszene und die Folgeszene und dann das und das. Und es wird immer mittelmäßiger, bis es Dir selbst nicht mehr gefällt. Weil diese Riesenzahl an Anfangsideen immer noch zu wenige waren. Ich schätze, das ist die Situation von vielen Bauchschreibern. Was nun?
Du baust dann ein Gerüst. Jetzt kommt der kleine Planschreiber raus, der sein Nest unter dem Bauch hat. Ja, das geht auch bei mir, wenn genügend Brocken da sind, die ein Gerüst anbieten, oder bei mehrbändigen Projekten, wenn Band 1 die Hälfte von Band 2 bestimmt. Bei Band 1 habe ich Schwierigkeiten mit einem Gerüst, weil alles noch so erschreckend neu ist. Auch ich habe gewartet, dass der Ideensprudel zurückkommt. Tat er nicht unbedingt. Was nun? TIZI fragen? Superidee. Die Möglichkeit hatte ich bisher nicht. Bin vielleicht auch eher der Typ, der alles allein machen will. Mal sehen.

Ich danke Dir für Deine Antwort, schwarzer Wolfshund, und das kreative Chaos ist auch für mich immer eine der schönsten Momente.

Liebe Grüße
Trippelschritt

canis lupus niger

Zitat von: Trippelschritt am 19. Oktober 2015, 09:05:18
Bei Band 1 habe ich Schwierigkeiten mit einem Gerüst, weil alles noch so erschreckend neu ist. Auch ich habe gewartet, dass der Ideensprudel zurückkommt. Tat er nicht unbedingt. Was nun? TIZI fragen? Superidee. Die Möglichkeit hatte ich bisher nicht. Bin vielleicht auch eher der Typ, der alles allein machen will. Mal sehen.

Wenn es gar nicht weitergehen will und alles Bisherige belanglos erscheint, hilft es mir, in die Rolle eines schlechtgelaunten Schicksals zu schlüpfen. Was der Prota will, weiß ich. Wie kann ich ihn daran hindern, das zu erreichen? Wer (wenn ich nicht von Anfang an einen Antagonisten aufgebaut habe, ist jetzt der Moment, über einen nachzudenken ...) könnte ein Interesse daran haben, den Prota aufzuhalten. Oder wessen Interessen könnten rein zufällig mit denen des Prota kollidieren. Jedenfalls kehre ich vorübergehend meine Motivation als Autor um und versuche ebenso, wie ich bisher den Prota aufgebaut habe, ihn an seinem Erfolg zu hindern..

Trippelschritt

Ja, gute Idee. Die Ziele der Figuren darf man nie aus den Augen lassen. Leider habe ich keinen Antagonisten (Entwicklungsroman), der steckt jeweils im Protagonisten drin. Aber dafür habe ich fünf Protagonisten, die mehr oder weniger gleichgewichtig sein. Na ja, einer schwächelt ein wenig. Ich habe deshalb die oben von mir skizzierte Methode gewählt. Romanschreiben, ohne sich um den Plot zu kümmern und die Figuren allein machen zu lassen. Es hat ja glücklicherweise gefunzt.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Trippelschritt

#86
Ich möchte diesen Thread noch einmal wiederbeleben und gleichzeitig etwas Reklame machen für ein paar Dinge, die ich bisher hier im tizi unterschätzt habe. Da ich Stillstand hasse und versuche, selber ständig besser zu werden - ein Ende ist nicht abzusehen -  geht es um mein altes Lieblingsthema: Was kann oder sollte icb tun, um besser zu schreiben?

Ich bin seit geraumer Zeit in Petys Arbeitsgruppe der bauchschreibenden Plotologen, was schon ein Widerspruch in sich ist, denn Bauchschreiber plotten nicht, sondern verlassen sich auf ihre intuition. Entsprechend skeptisch war ich zu Beginn unserer Arbeit. Und in der Tat kann man wenig mehr machen, als den anderen Teilnehmern klar zu machen, was man gerade tut, wie man es tut, warum man es so tut und nicht anders und was dabei herausgekommen ist. Ein Erfahrungsaustausch halt.

Aber der hat es in sich. Dadurch dass ich mich selbst dazu zwinge, meinen eigenen Kreativprozess zu hinterfragen, mich ständig selbst zu beobachten oder mich daran zu erinnern, wie ich mich beim schreiben gefühlt habe, und dann das auch noch so in Worte zu kleiden, dass andere das verstehen, ist eine Lawine losgetreten worden. Obwohl ich mich nicht unbedingt als Schreibanfänger betrachte, habe ich mittlerweile einiges über Figur-und-Plot-Interaktionen verstanden, über Plotstimme und Plotautorenstimme, was mich selbst in Erstaunen versetzt.

Und dann noch diese Regel: Jede Szene muss so geschrieben werden, dass sie die Geschichte vorwärts bringt.
Hätte ich bisher immer unterschrieben. Obwohl ich schon längst gemerkt hatte, dass sich im Bereich der "ernsten, seriösen" Literatur kaum jemand daran hält, oder wenn, dann so, dass ich es nicht bemerke. Bis ich gestern Abend einen mehrfach oskarnominierten Film sah, bei dem ich erkennen konnte, warum der Drehbuchautor jede Menge Dinge hineinbrachte, die den Plot nur aufhielten und für sich selbst zu stehen schienen. Das hätte ich vorher nie gemerkt.

Deshalb!!!!

Ich kann nur jedem empfehlen außer für seine eigene Schreiberei auch ein wenig Zeit für eine Arbeitsgruppe zu investieren und mal gemeinsam darüber nachzudenken, wie man eigentlich schreibt, wie es andere machen, die Ansätze zu vergleichen und sich nicht damit zu begnügen seine eigene Art vorzustellen, sondern einmal gründlich darüber nachzudenken, was es bedeutet, wie man etwas macht. Denn klar ist: Es gibt viele Wege nach Rom.

Liebe Grüße
Trippelschritt