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Zweifelhafte Botschaften in Jugendbüchern - was geht noch?

Begonnen von Nightingale, 16. Januar 2013, 21:13:12

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Leann

Hallo Kati,

diese "Triggerwarnungen" habe ich in letzter Zeit häufiger bei Amazon gesehen, bei der "Produktbeschreibung", oft sogar als "Warnung des Verlags" deklariert. Darum habe ich es erst für einen Werbetrick gehalten. Auch in Rezensionen habe ich diese Warnungen gefunden.
Mittlerweile habe ich schon mit ein paar Leuten darüber geredet und erfahren, dass derartige Warnungen in Internetforen, besonders Selbsthilfeforen, schon seit längerem üblich sind.
Mir war der Begriff gar nicht bekannt, bis eine Betaleserin mich darauf hinwies, dass mein Manuskript sie "triggern" würde und sie nicht weiterlesen könnte.  ???  Und seitdem fällt mir das immer öfter auf.

Müsste dann also auf "Harry Potter" eine Triggerwarnung? 

Alessa

Zitat von: Kati am 17. Januar 2013, 12:06:16

Und ich denke, Autorinnen selbst geht es auch so. Man schreibt was man gern liest, ich glaube nicht, dass viele registrieren, dass Jugendliche sehr beeinflussbar sind und das am Ende für bare Münze nehmen. Die bereits angesprochene Alexandra Ardonetto (20) sagte in einem Interview über ihren Helden Xavier, dass er so ist, wie sie sich ihren Traummann vorstellt. Xavier ist der typische, rechthaberische, launenhafte YA-Held, der der Heldin alles vorschreibt. Ich verstehe das nicht, aber anscheinend wird das wirklich als romantisch betrachtet, vielleicht mit Sicherheit und Umsorgung in Verbindung gebracht.


Für mich ist es auch undenkbar, mir einen Helden mit rechthaberischem Charakter als Traummann vorzustellen. Kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen.
Aber grausamerweise scheint der Trend unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in diese Richtung zu gehen, was mich fragen lässt, ob wir emotional bald wieder im Mittelalter landen werden. Ich hoffe nicht.  :no:

Es ist immer eine Gratwanderung in die man sich als AutorInn begibt. Eigene Erfahrungen, Trends, Wunschgedanken und Glaube treffen hier oft aufeinander und sind nicht immer einer Meinung. Trotzdem sollte man genau darüber nachdenken, welche Art von Beziehung man im Roman beschreibt.

Logischerweise ist eine Beziehung, in der man vom Partner umsorgt wird, erstrebenswert. Das weckt Geborgenheit und Sicherheit, bei beiden Seiten. Gefährlich wird es, wenn man das Umsorgen übertreibt und meint, es beinhaltet auch das Vorschreiben der Meinung. Dann dominiert einer den anderen, was nichts mehr mit Umsorgung und Sicherheit zu tun hat, gleich gar nicht mit Romantik. In Jugendliteratur ist dieser 'Trend' aus dem Grund gefährlich, da Jugendliche eben noch nicht den Unterschied gelernt haben, zu einer Beziehung, die auf gleicher Augenhöhe stattfindet. Hinzu kommt, dass sie es bis dato von zu Hause aus gewöhnt waren, viel von den Eltern vorgeschrieben zu bekommen. Sie lernen keine Selbstständigkeit und auch nicht, den eigenen Kopf anzustrengen. Alles wird vorgeschrieben und vorgesetzt, was zur Folge hat, dass sie in eine gnadenlose Abhängigkeit rasen.

Nachtblick

Ich finde Triggerwarnungen ganz sinnvoll, aber sie gehören für mich einfach nicht auf Bücher, so wenig wie Altersfreigaben. Das ist was für Social Media, und ich bin der Meinung, dass es eine Website gibt, die tatsächlich Triggerwarnungen für Romane, Serien und Filme sammelt, allerdings noch nicht sonderlich erfolgreich. Für Fanfictions – die zugegeben auch Altersfreigaben haben – habe ich mir inzwischen angewöhnt, Triggerwarnungen über die Kapitel in die Anmerkung zu schreiben, allerdings nur die bekannten und großen wie ,,Gewalt" und ,,Blut".

Wir hatten den Exkurs ja schon über 50 Shades, das, wie ich nach wie vor finde, eine katastrophale Message sendet und ein fürchterliches Frauenbild, Männerbild, Sexbild und BDSM-Bild vermittelt. Das würde mir, nach Twilight – im Prinzip ja das gleiche – zuerst einfallen. Ich bin aber auch der Meinung, dass Dobbys Selbstbestrafung immer negativ belegt wurde und Harry ihn auch immer nach Kräften daran gehindert und ihn befreit hat. Das war für mich als Kind selbstverständlich, und oh, wie ich die Malfoys gehasst habe!

Churke

Zitat von: Alessa am 17. Januar 2013, 13:10:18
Für mich ist es auch undenkbar, mir einen Helden mit rechthaberischem Charakter als Traummann vorzustellen. Kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen.

Was du als "rechthaberisch" ansiehst, heißt bei anderen vielleicht "weiß, was wer will" und gilt als positive Eigenschaft.

Zitat von: Alessa am 17. Januar 2013, 13:10:18
In Jugendliteratur ist dieser 'Trend' aus dem Grund gefährlich, da Jugendliche eben noch nicht den Unterschied gelernt haben, zu einer Beziehung, die auf gleicher Augenhöhe stattfindet.

Dann frage ich mich, wie's bei denen zuhause so zugeht...  ::)


Was mich bei Karl May immer furchtbar gestört hat, war sein Jagdfieber. "Oh ein Bär! Den muss ich abschießen!" Glücklicherweise wusste ich schon, dass Karl May insoweit ein ganz harmloser Zeitgenosse war.  ;D

Ary

#19
Es gibt, finde ich, einen sehr deutlichen Unterschied zwischen rchthaberei und gesundem Selbstbewusstsein. Wenn es sich für mich so anfühlt, als hätte der Autor/die Autorin diesen Unterschied bewusst nicht ausgearbeitet und einen Helden (bleiben wir doch beim männlichen Helden) mit einem eher rechthaberischen, über-dominierenden Verhalten ausgestattet, dann macht es mir diese Romanfigur auch nicht gerade sympathisch. und ich sehe in solchen Figuren auch nicht gerade ein Vorbild.


Und zu dem "wie's bei denen zuhause zugeht...": ich glaube, eine Beziehung selbst zu erleben ist etwas ganz anderes, als eine Beziehung vorgelebt zu bekommen. Natürlich orientieren sich Jugendliche in einem bestimmten Maß an den Eltern, andere wollen vielleicht etwas ganz anderes als ihre Eltern. Da wird viel ausprobiert. Und warum nicht mal etwas ausprobieren, was ich in einem Buch gelesen habe und was mir da toll vorgekommen ist, weil sich die Protagonistin in der beschriebenen Beziehung toll gefühlt hat? Da sehe ich genau wie Alessa schon eine Gefahr, und das hat nichts mit dem Elternhaus zu tun. Vielleicht eher mit dem Selbstbewusstsein des Mädchens, das so eine Geschichte liest udn nach den eigenen, ganz persönlichen Sehnsüchten. Wenn jemand eh schon dazu neigt, sich eher unterzuordnen und zurückzustecken, sehe ich die Gefahr da schon sehr deutlich.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Zit

#20
Zitat von: ChurkeWas du als "rechthaberisch" ansiehst, heißt bei anderen vielleicht "weiß, was wer will" und gilt als positive Eigenschaft.

Meine Romantasy-Erfahrungen beschränken sich in erster Linie auf die letzten drei Bücher von Lynn und angefixt davon auf Lucy Monroes Im Bannkreis des Mondes (schrecklich, in vielfacher Hinsicht). Und in allen Büchern kommt auch der typische Romantasy-Mann vor: despotisch, schnuckelig, geheimnisvoll. Also irgendwie immer dunkel, immer "böse". Solche Männer sind schwer zu knacken, gerade weil sie ja alles andere als das Herz auf der Zunge tragen beziehungsweise es zu anfangs ja auch fraglich ist, ob sie überhaupt eins besitzen (wg. einer gewissen Gefühlskälte).
Liebe Jungs mit warmen Herzen sind viel zu leicht zu becircen -- und lassen sich aus der Ferne auch nicht so schön anschmachten. Beziehungsweise habe ich das Gefühl, dass nette Jungs auch immer zu nett, zu weich dargestellt werden.
Letztlich ist es auch egal, ob dann das Mädchen tough oder zimperlich ist. Im ersten Fall kann sie einen Waschlappen, der nicht mit ihr mithalten kann, nicht gebrauchen; im zweiten Fall kann sie es auch nicht, weil sie ja einen Beschützer braucht. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

Ob sich das lösen lässt? Keine Ahnung. Mich würde interessieren, welche Männerbilder Jungsbücher vermitteln. Ob sie bei den klassischen Beschützerbildern bleiben und der Romantasy in die Hände spielen oder -- ja, gar nichts vermitteln?

Vielleicht kommt demnächst der nächste Bestseller mit einem smarten Surfer-Typen daher (aber ohne dass er mehrgleisig fährt, wenn er seine vorbestimmte ewige Liebe trifft) und dann siehts schon wieder ganz anders aus.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Dämmerungshexe

In gewisser Weise kann ich den Trend verstehen (zumindest wie er wahrscheinlich ausgeklöst wurde):
Da hat zum einen mal jemand drüber nachgedacht "Was wollen Jugendliche eigentlich? Wie erleben sie Liebe?" und hat dann festgestellt (was ich so in Rückschau auf meine eigene Teenie-Zeit/Pupertät weiß): für Jugendliche ist gleich alles sehr dramatisch - Hormone spielen verrückt, die ganze Welt ist gegen einen, Liebe muss unendlich und unglaublich und überwältigend sein ... so war es zumindest für mich damals (mein Güte, was ich Rotz und Wasser geheult haben wegen den blödesten Dingen ...).
Und dann gibts inzwischen einen ganzen haufen Autoren, die von diesem Alter nicht allzuweit weg sind - ich weiß jetzt nicht auswendig wie alt diese Frau Meyers ist, aber hier wurde zum Beispiel mehrfach eine 20-jährige Autorin erwähnt (hat vielleicht jemand ne Statistik zur Hand?). Und die schreiben natürlich noch so wie sie sich an diese Zeit erinnern, und die Verlage nehmen es an, weil man ja weiß dass das Jugendlichen "gefällt".
Uns so kommt der ganze schöne Teufelskreis in Gang.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Cairiel

Zitat von: Szazira am 17. Januar 2013, 10:00:39
Ich finde diesen Trend nicht nur für Mädchen gefährlich. Das Jungen dieses aufgezwungene Weltbild vom coolen, dominanten Jungen gut tut, wage ich stark zu bezweifeln. Sehr überspitzt könnte man formulieren, dass sie ihre Freundin schlagen und unterdrücken müssen, wenn sie sie lieben,. Es wird vermittelt, dass Frau das so will. :wart: Ich bin sicherlich nicht die Einzige, die diese Suggestion, freundlich formuliert, seltsam findet. :hmmm:
Diese Gefahr sehe ich eher nicht, da es wohl nicht allzu viele Jungs gibt, die derartige Bücher lesen. Zumindest in meinem Umfeld nicht, und da wird durchaus viel gelesen.

Zitat von: KatiDa sagst du auf jeden Fall etwas Wahres. Ich habe wirklich schon Sprüche wie "Sei mal mehr wie Edward!" gehört. Ich sehe auch ein Problem darin, dass Männer oft auf ihr Äußeres reduziert werden. AutorInnen gestehen ihren männlichen Helden meist nicht mehr zu als ein wundertollschönes Aussehen und ein dunkles Geheimnis, dass dieses miese Verhalten rechtfertigen soll, zu. Ich glaube nun beiweitem nicht, dass das dazu führt, dass Männer bald nur noch als Sexsymbole wahrgenommen werden (diese Rolle steht seit gut hundert Jahren den Frauen zu und leider wird sich das auch nicht so bald ändern) und anders herum betrachten die "Helden" die "Heldinnen" ja auch nach dem Motto: "Du bist so unglaublich schön, ich werde dich auf ewig lieben." Diese Oberflächlichkeit finde ich auch sehr grenzwertig, aber man findet kaum noch Bücher ohne.
Der fettgedruckten Aussage kann ich überhaupt nicht zustimmen. Das ist ja schon Dunkelschwarzmalerei.  ;) Es gibt haufenweise Bücher, in denen die Charaktere nicht oberflächlich sind, zumindest ist es bei denen so, die ich lese.

Zitat von: AlessaLogischerweise ist eine Beziehung, in der man vom Partner umsorgt wird, erstrebenswert. Das weckt Geborgenheit und Sicherheit, bei beiden Seiten. Gefährlich wird es, wenn man das Umsorgen übertreibt und meint, es beinhaltet auch das Vorschreiben der Meinung. Dann dominiert einer den anderen, was nichts mehr mit Umsorgung und Sicherheit zu tun hat, gleich gar nicht mit Romantik. In Jugendliteratur ist dieser 'Trend' aus dem Grund gefährlich, da Jugendliche eben noch nicht den Unterschied gelernt haben, zu einer Beziehung, die auf gleicher Augenhöhe stattfindet. Hinzu kommt, dass sie es bis dato von zu Hause aus gewöhnt waren, viel von den Eltern vorgeschrieben zu bekommen. Sie lernen keine Selbstständigkeit und auch nicht, den eigenen Kopf anzustrengen. Alles wird vorgeschrieben und vorgesetzt, was zur Folge hat, dass sie in eine gnadenlose Abhängigkeit rasen.
Gut gesprochen! So sehe ich das auch. Sehr deutlich sogar, denn meine Schwester macht es gerade wunderschön vor. Ich finde es erschreckend, wie sehr sie sich ihrem Freund unterordnet (von sich aus, wohlgemerkt), wo sie doch eigentlich überhaupt nicht unterwürfig ist. Zumindest ihren Brüdern gegenüber.  :P  Aber ihren Freund drängt sie in eine ungesunde Vormachtstellung ... Wobei es sehr gut sein kann, dass sie sich das von unseren Eltern abgeschaut hat. Ob Bücher darauf eine Auswirkung haben, weiß ich nicht. Sie liest viele romantische Jugendbücher, aber ob Beziehungen darin so dargestellt werden, kann ich nicht sagen, weil mich solche Bücher absolut nicht interessieren.

Kati

ZitatDer fettgedruckten Aussage kann ich überhaupt nicht zustimmen. Das ist ja schon Dunkelschwarzmalerei.  Es gibt haufenweise Bücher, in denen die Charaktere nicht oberflächlich sind, zumindest ist es bei denen so, die ich lese.

Ich gebe es zu, ich bin Paranormal Romance Fan. Und du schreibst ja unten selbst, dass du sowas nicht liest. Und, glaub mir, in der Paranormal Romance für Jugendliche ist meine Aussage noch eine Untertreibung. Bella (Twilight) verliebt sich in Edward, weil er aussieht wie ein Adonis  und in der Sonne glitzert. Katie (Die For Me) verliebt sich in Vincent, weil er so unbeschreiblich schön ist. Im Buch wird sogar mehrmals erwähnt, dass ihn deshalb immer alle möglichen Leute anstarren. Meghan (The Iron King) verliebt sich in Ash, weil er der schöne, kühle Winterprinz ist, obwohl er sie am Anfang töten wollte. Und und und und. Nennst du das nicht etwa oberflächlich? Ich meine nicht die Figuren an sich, ich meine diese Weltsicht: Schöne Menschen sind gut und liebenswert. Die bösen sind hässlich. Oder sie sind unglaublich attraktiv, aber auf eine ganz andere, düsterere Weise als der tragische Held. Es gibt auch Paranormal Romances, in denen authentische, gesunde Beziehungen dargestellt werden mit Figuren, die aussehen wie normale Leute und nicht alle so schön sind, dass die Marmorstaturen vor Schreck vom Sockel kippen (vielleicht sollte ich eine Paranormal Romance schreiben und das einbauen. Würde sicher gut ankommen.).

Aber im Großteil der Bücher verlieben sich die Heldinnen, weil ihr Gegenüber einfach blendend aussieht und nur darum drehen sich ihre Gedanken. Persönlichkeit, wenn der Junge überhaupt eine hat, wird hintenan gestellt. Ich finde das oberflächlich. Aber nicht von den Figuren, sondern von den Autoren, die eine so simple, schwarz-weiße Welt zeichnen, in der man Figuren auf acht Meter Entfernung ansehen kann, ob sie gut oder böse sind und Liebe auf dem gottgleichen Äußeren basiert. In welchen Büchern hast du denn etwas anderes gesehen? Vielleicht sollte ich die mal lesen.  ;D

Lemonie

Ich lese eigentlich auch ganz gerne Romantasy, aber ich finde es ebenfalls ziemlich schwierig, da was zu finden, was nicht solche "zweifelhaften Botschaften" oder Protagonisten wie Bella hat.
Das größte Problem bei der Darstellung ist für mich nicht nur unbedingt der Charakter des Love Interest, sondern die merkwürdige Vorstellung, dass die Protagonistin (meistens weiblich) auf die Beziehung angewiesen ist und ohne überhaupt kein richtiges eigenes Leben hat, ohne nicht "vollkommen" ist.
Das ist bei Twilight ganz stark der Fall. Ich fand es schon krass, wie Bella reagiert, als Edward sie verlässt. Sie versinkt ja vollkommen in Lethargie. Es wird so dargestellt, als wäre Edward ihr einziger Lebenssinn, und das ist schon ziemlich gefährlich meiner Meinung nach.

Was ich auch total nervig finde, und was bei Twilight auch ständig rauskommt ist dieses "um dich zu beschützen" - Motiv. Der Love Interest (Edward) rechtfertigt jegliche Handlungen damit, dass er seine Liebe beschützen will, weil er ja alles für sie tun würde. (Edward verlässt Bella deshalb). Und die verzeiht ihm dann natürlich auch. Das beliebteste Fehlverhalten, das so entschuldigt wird, ist Lügen. Klar passiert das auch in echt, aber es sollte auch deutlich gemacht werden, dass das meistens keine selbstlosen, sondern total egoistische Handlungen sind und nicht gelogen oder sonstwas getan wird, um den anderen zu beschützen, sondern aus Bequemlichkeit oder um sich selbst zu beschützen.


Zitat von: KatiAber im Großteil der Bücher verlieben sich die Heldinnen, weil ihr Gegenüber einfach blendend aussieht und nur darum drehen sich ihre Gedanken. Persönlichkeit, wenn der Junge überhaupt eine hat, wird hintenan gestellt. Ich finde das oberflächlich. Aber nicht von den Figuren, sondern von den Autoren, die eine so simple, schwarz-weiße Welt zeichnen, in der man Figuren auf acht Meter Entfernung ansehen kann, ob sie gut oder böse sind und Liebe auf dem gottgleichen Äußeren basiert. In welchen Büchern hast du denn etwas anderes gesehen? Vielleicht sollte ich die mal lesen.  ;D

Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Es stört mich vor allem, weil es vollkommen unrealistisch ist. Ich bin ja selbst jugendlich und habe begrenzte Erfahrungen, aber es gibt eben einfach keine absolut gesehen Schönlinge. Vor zwei Jahren war ich in einen Jungen verliebt, den ich jetzt betrachtet vollkommen unattraktiv finde. Und das liegt nicht nur am Aussehen, solche Sachen ergeben sich für mich immer irgendwie aus der Situation.
In der "Jugendromantasy" ist es leider total selten, dass die Protagonistin (oder seltener der Protagonist) jemanden nach und nach immer attraktiver findet, wie es eigentlich viel realistischer ist. Dieses "Liebe auf den ersten Blick" - Ding ist ziemlich ungalubwürdig, vor allem aus der Ferne (Junge läuft in die Mensa und es macht Klick).


Kati

#25
Lemonie: Das sehe ich genauso. Es gibt sehr, sehr wenig Männer, die ich wirklich auf Anhieb schön finde und meist finden viele andere die dann gar nicht so attraktiv. Dass es in YA-Fantasy immer nicht nur die Heldin erwischt, sondern alle anderen Personen gleich mit, das alle diesen Mann wirklich schön finden... das ist wirklich unrealistisch.

ZitatWas ich auch total nervig finde, und was bei Twilight auch ständig rauskommt ist dieses "um dich zu beschützen" - Motiv

Yupp. Früher waren Bücher darauf angelegt, dass am Ende der Held den Bösewicht besiegt - wie auch immer. Heute kommt es immer mehr vor, dass die Heldin daneben steht / ohnmächtig am Boden liegt / vor Angst gelähmt ist / in Gefangenschaft ist, während der Love Interest die große Action erledigt und erlebt, weil er das Mädchen ja retten muss. Mein allerliebstes Gegenbeispiel ist der Zeichentrickfilm "Anastasia". In dem gerät Anastasia am Ende ja auch in Gefahr, der Love Interest kommt, um sie zu retten, doch dann wendet sich das Blatt und sie rettet ihn und sich, weil sie über sich selbst hinauswächst. So sollten Bücher sein, finde ich. Die Protagonistin sollte nicht umsonst die Heldin sein, und jemand anders macht ihre Arbeit - besonders, wenn sie als etwas ganz besonderes dargestellt wird.

Churke

Zitat von: Kati am 17. Januar 2013, 21:59:05
Heute kommt es immer mehr vor, dass die Heldin daneben steht / ohnmächtig am Boden liegt / vor Angst gelähmt ist / in Gefangenschaft ist, während der Love Interest die große Action erledigt und erlebt, weil er das Mädchen ja retten muss.

Aber nachdem der LI sie vorher doch so schlecht behandelt hat, muss er ihr (und dem Leser) doch jetzt beweisen, wie sehr er sie liebt. Seine Opferbereitschaft wiegt alles auf, was ihr vorher angetan hat. Und wenn sich die Ganz große Liebe (TM) auch selbst retten könnte, dann wüssten wir ja nicht, wie sehr sie ihn braucht.

Die Logik der dramatischen Logik.  :)

Debbie

Zitat von: Kati am 17. Januar 2013, 21:59:05
Es gibt sehr, sehr wenig Männer, die ich wirklich auf Anhieb schön finde und meist finden viele andere die dann gar nicht so attraktiv. Dass es in YA-Fantasy immer nicht nur die Heldin erwischt, sondern alle anderen Personen gleich mit, das alle diesen Mann wirklich schön finden... das ist wirklich unrealistisch.

Das ist garnicht unrealistisch. Ich gehöre jetzt nicht zu den Menschen, die auf "klassische Schönheit" stehen - möglichst symetrische Gesichtszüge, ausgeprägte geschlechtsspezifische Attribute, perfekte Haare, perfekter Körper, perfekte Haut, etc.. Mir ist das zu glatt, zu makellos - zu langweilig. Aber die "Masse" ist sich über ein gewisses Idealbild schon ziemlich einig, siehe die zahllosen Anhänger diverser Schauspieler, Sänger, etc.. Je objektiv (Gradmesser siehe oben) schöner ein Mensch ist, desto größer seine Anhängerschaft.

Zudem gibt es diese Typen und Mädels doch in jeder Klasse, in jedem großen Büro, etc.. Der "Klassenschwarm/Schulschwarm" ist absolut realistisch. Allerdings sind da meistens (noch) andere Kriterien mitbeteiligt; u. a. Kleidung und Luxusgüter (Geld), Stellung von Eltern oder älteren Geschwistern, wer hat (schon) ein Mofa/Auto etc. (also das Alter bis zu einem gewissen Grad, and so on ...

Und dann gibt es natürlich die typischen Bad Boys/Traumfrauen, die entweder ultracool sind oder superschön, deswegen wahnsinnig beliebt und eine gewisse Anhängerschaft um sich scharen. Ich halte daher genau diesen Aufbau der YA Bücher für das Erfolgsrezept - es fällt den Jugendlichen leicht sich damit zu identifizieren, weil sie diese "Gesellschaftsordnung" jeden Tag in der Schule selbst erleben.

Was wirklich unrealistisch ist, ist diese Aschenputtelsache. Ultracooler Junge verliebt sich in unsterblich in unscheinbares Mädchen - so läuft das nämlich in der Realität so gut wie nie! Die "Alphas" bleiben meist unter sich, und suchen kein Gegenstück, dass ihnen in irgendeiner Art nicht gewachsen ist - mal von der körperlichen Unterlegenheit der Mädchen abgesehen, die für die starken Jungs natürlich kein Problem darstellt.  ::)

Ich habe also - man hört es vielleicht raus - weder ein Problem mit typischen Geschlechterrollen, noch mit der Jungfrau in Nöten, noch mit der Heldin, die ihrem Angebeteten den Hals rettet. Jeder hat andere Vorlieben, und die sollen bitte auch alle bedient werden!  ;)

Kati

ZitatAllerdings sind da meistens (noch) andere Kriterien mitbeteiligt; u. a. Kleidung und Luxusgüter (Geld), Stellung von Eltern oder älteren Geschwistern, wer hat (schon) ein Mofa/Auto etc. (also das Alter bis zu einem gewissen Grad, and so on ...

Es ist interessant, dass du das ansprichst, denn haufenweise Geld haben die YA-Helden ja meist auch noch. Edward Cullen zum Beispiel ist ja megareich, bei anderen wird es nicht so offensichtlich erwähnt, aber sie fahren auch oft teure Autos oder leben in teuren Häusern oder Wohnungen. Stimmt, an die "Schulschwarm"-Sache habe ich gar nicht gedacht. Ich gehöre halt auch zu denen, die den "schönen" Jungs immer nichts abgewinnen konnten und an meiner Schule gab es sowas auch eigentlich nicht. Interessanterweise. Also, einen Schulschwarm, schöne Jungs gab es wohl.

ZitatWas wirklich unrealistisch ist, ist diese Aschenputtelsache. Ultracooler Junge verliebt sich in unsterblich in unscheinbares Mädchen - so läuft das nämlich in der Realität so gut wie nie!

Was mir daran immer am meisten gegen den Strich geht, ist, dass es meist sehr unsichere Mädchen sind, die sich für absolut durchschnittlich halten, obwohl ihnen ihre Umgebung immer wieder sagt, dass sie hübsch sind. Die klammern sich dann später an die Komplimente, die ihnen ihr Traummann macht und bauen darauf ihr Selbstbewusstsein auf. Hm. Obwohl ich Twilight nach wie vor für eines der kleineren Übel halte, macht Bella das ganz viel. Wundert sich wieso der tolle, perfekte Edward denn sie will, obwohl sie von allen Seiten gesagt kriegt, dass sie hübsch und nett ist (wie der Leser das dann empfindet, ist ja noch einmal eine andere Sache) und auch eigentlich überall sofort gut ankommt.

ZitatJeder hat andere Vorlieben, und die sollen bitte auch alle bedient werden!

Ach, na klar, wie gesagt, ich lese sowas auch gern mal.  :) Mir ging es auch speziell darum, dass das in Büchern für Jugendliche passiert, die sich davon vielleicht noch beeinflussen lassen. Um die 12/13 rum ist man ja sehr empfänglich für sowas, weil man gerade anfängt, sich für Beziehungen und Zwischenmenschliches zu interessieren. Und wenn dann in so vielen Büchern es als romantisch gilt, dass die Heldin sich unterordnet und tut, was der Mann sagt, dann muss es ja wahr sein.  Es gibt bestimmt auch viele Jugendliche, die vielleicht von Edward träumen aber in echt niemals in eine solche Beziehung geraten würden, aber ich denke schon, das Bücher auch Vorbildcharakter haben können, wenn man sich mit einer Heldin gut identifizieren kann. Und mein genanntes Beispiel mit Jessica Verday (in deren Roman sich die Heldin umbringt, um mit ihrem toten Liebhaber sein zu können) finde ich schon ein arg grenzwertiges Bild von Liebe, das in einem Jugendbuch nichts zu suchen hat. In Erwachsenenromanen kann man ja nochmal mehr machen, weil erwachsene Leser in ihrem Charakter meist schon gefestigt sind oder sowas nicht für bare Münze nehmen, wie ein Mädchen von 11,12 oder 13 Jahren.

Man sieht es ja an den Reaktionen. Auf das Jessica-Verday-Buch kamen meist die schwärmerischen Reaktionen, wie romantisch und selbstlos das doch wäre. Nur ein paar, meist ältere Mädchen, haben gemerkt, dass es das keinesfalls ist. Das finde ich dann schon bedenklich. Und das ist auch auf jedenfalls ein Buch, auf das meiner Meinung nach eine der genannten Trigger-Warnungen gehört.

Alana

#29
Ich bin ja auch jemand, der das nicht so eng sieht, zumindest so lange ich selbst lese. In letzter Zeit werde ich aber immer mehr dafür sensibilisiert, wie das, was ich schreibe, auf andere wirken könnte und da ich hauptsächlich Jugendbücher schreibe, versuche ich schon, diese Erkenntnisse auch umzusetzen.
Ich mag zwar durchaus diese Settings, über die hier gesprochen wird, sehr gern, aber nicht, wenn die Heldin ein kreischendes Dummchen ist, das sich alles gefallen lässt. Deswegen habe ich bei Twilight auch mehr Kritik an Bella als an Edward. Die Frau soll halt mal den Mund aufmachen.
Das ist doch etwas, was junge Mädchen wirklich lernen sollten.
Nicht, sich den perfekten Partner zu suchen, denn den gibt es nicht. (Daher finde ich es auch sehr fragwürdig, die Darstellung eines perfekten, rücksichtsvollen Jungen anzustreben, der sich immer Korrekt verhält, ein Junge/Love Interest sollte auch seine Fehler haben dürfen). Aber kommunizieren, was man möchte, was in Ordnung ist und was nicht, das ist wichtig. Zu lernen, dass eine Beziehung von beiden Seiten Kompromisse fordert und nicht nach dem Motto funktioniert: Hey, der Typ ist nicht perfekt, ab in die Wüste damit. Natürlich aber auch Konsequenzen ziehen, wenn der andere nicht zu Kompromissen bereit ist.

@Kati: Ich kann ja wirklich einiges romantisch finden, was bei anderen zu einem Aufrollen der Zehennägel führt, aber das von dir erwähnte Buch, das finde ich wirklich heftig.
Mir ist ja schon Romeo und Julia eigentlich zu krass. Was ist romantisch daran, sich umzubringen, nur weil der Partner gestorben ist? Ne, also damit kann ich nichts anfangen.
Es kommt natürlich auch immer darauf an, wie soetwas dann bearbeitet wird. Bleibt das Ende so als romantisch verklärt stehen oder wird es vielleicht durch Nachbetrachtung durch Verwandte, Freunde etc. relativiert.

Edit: Gerade ist mir aufgegangen, dass man das auch ziemlich falsch verstehen könnte, deswegen dieser Disclaimer: Ich meine natürlich nicht, dass eine Frau selbst schuld ist, wenn ihr Partner sie schlecht behandelt. Und ich meine auch nicht, dass ein Partner sich alles rausnehmen darf, solange der andere nichts dagegen sagt.
Alhambrana