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Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Thistle am 10. Februar 2017, 09:00:20

Titel: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Thistle am 10. Februar 2017, 09:00:20
Guten Morgen,

da ich im Moment am Überlegen bin, wie ich es am besten einfließen lassen kann, dass gerade fünf Wochen vergangen sind, würde es mich mal interessieren, ob ihr so etwas überhaupt wichtig findet, sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben. Oder reicht es euch zu wissen, welche Jahreszeit ist, dass Zeit vergangen ist und der Rest ist zweitrangig?

Bin gespannt auf eure Antworten.  :D

LG Thistle

P.S. Falls es so ein Thema schon geben sollte, tut es mir leid, doch ich habe keines gefunden.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Araluen am 10. Februar 2017, 09:11:16
Kommt drauf an  ;D
Wenn die Protagonisten von a nach b reisen zum Beispiel, wüsste ich gerne wie lange sie ungefähr unterwegs sind, allein um ein Gefühl für die Entfernungen zu bekommen. Vor allem darf es nicht so klingen, als wären sie mit einem Fingerschnippsen da, wenn es doch mindestens eine Woche dauern müsste. Wenn die Handlung fließt und ich sag mal einfach vorran geht, sind mir genaue Zeitangaben nicht wichtig. Ob nun zwei oder drei Tage vergangen sind, eher der Prota den nächsten Hiwneis kriegt, ist mir da relativ egal. Dass Zeit vergeht, merkt man als Leser schon. Anders sieht es wieder aus, wenn die Protas während des gesamten Plots unter Zeitdruck stehen, wie bei "24", um ein TV-Beispiel zu nennen. Da braucht man die Zeitangaben. Sonst könnte der Autor ja einfach schummeln ;) und der Spannungsbogen verliert etwas an Kraft. Aber in so einem Fall müssten sie nicht einmal dezent eingestreut werden. Da kann man dann ruhig blinkende Schilder aufstellen im übertragenden Sinne und die Zeitangabe direkt in die Kapitelüberschrift packen.
Hast du einen Handlungsbruch, weil halt drei Monate ereignislos verstrichen sind und deshalb einfach nicht beschrieben werden, kann man das durchaus direkt an den Anfang des nächsten Kapitels setzen "Drei Monate waren vergangen seit..." Zum Beispiel.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Eluin am 10. Februar 2017, 12:22:10
Ich sehe es ähnlich wie Araluen. Ich brauche nicht immer die genaue Zeitangabe. Aber bspw. auch bei der Charakterentwicklung - vor allem in Hinblick auf Beziehungen und Freundschaften - finde ich wichtig zu wissen, wieviel Zeit ungefähr verstrichen ist. Ob bspw. eine Freundschaft die Chance hatte, sich zu vertiefen, während ich nicht dabei war (ich muss nicht alles sehen). Dafür reicht mir aber bspw. der Sprung zwischen "Frühsommer" und "Herbst", wenn du das entsprechend mit Umgebungsbeschreibungen darstellst.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Acrosen am 10. Februar 2017, 13:44:03
Ich gehören eher zu der Gruppe Schreiber und Leser, die sich an zeitlich unstimmigen Abläufen in Geschichten stören. Trotzdem sind (außer in Ausnahmefällen, ein Beispiel für einen solchen hat Araluen ja bereits angeführt) exakte Zeitangaben meiner Meinung nach nicht nur kompliziert, sondern auch für den Fluss der Geschichte eher störend.

Sobald man sich in einer Welt bewegt in der man nicht auf das vertraute System (Tage-Stunden-Minuten) zurückgreifen kann, wird die Zeitbeschreibung allgemein etwas schwammig (außer man definiert für seine Welt ein eigenes, klar ausformuliertes Zählsystem). Beruft man sich beispielsweise auf die Brandlänge einer Kerze als Zeiteinheit, so entwickelt jeder Leser automatisch eine eigene Vorstellung davon, wie lang ein solcher Zeitraum ist.

Am wichtigsten ist, denke ich, dass die (vergehende) Zeit in einer Geschichte vor allem authentisch zu den Geschehnissen ist. Das gilt insbesondere für Zeitsprünge, die allerdings ja auch einige Tücken bergen (ich komme darauf später noch mal zurück). Wenn beispielsweise die Protagonisten gerade drei Tage miteinander verbracht haben, aber sich in dieser Zeit von völlig Fremden zu einander blind vertrauenden Kampfgefährten verwandelt haben sollen, macht mich das skeptisch. Gleichwohl würde es mich verwundern, wenn sich die Beziehungen zweier Charaktere über Monate kein Stück verändern (insbesondere, wenn es sich um (für die Handlung) wichtige Personen handelt).

Dementsprechend sind ganze Zeitsprünge (beispielsweise vom Frühlingsbeginn direkt hin zum nächsten Winter) eine heikle Angelegenheit. Der Leser erfährt zunächst nichts über das, was die Protagonisten in dieser Zeit erlebt haben und wie sich das auf ihren Charakter und ihre Interaktionen auswirkt. Es kann natürlich ein sehr adäquates Mittel sein, wenn man ein bestimmtes Ereignis bewusst vor dem Leser geheimgehalten will (möglicherweise um Spannung aufzubauen) und alle Charaktere sich so verhalten, wie es dem, was sie erlebt haben, angemessen ist, aber es nie offen ansprechen, sodass der Leser im Dunkeln gelassen wird. Ansonsten aber einfach etwas Zeit ins Land gehen zu lassen ohne (wenn auch nur geringe) Änderungen an Charakter und Umgebung der Handlungsträger vorzunehmen wirkt auf mich immer etwas konstruiert und aufgesetzt.

Eine Ausnahme dazu ist es natürlich, wenn man einen ganzen "Generationensprung" (kann man das so sagen?) vornimmt, also man bewusst eine Lücke von mehreren Jahrzehnten reißt und dann um neue Charaktere eine neue Geschichte aufbaut, die aber mit der ersten (vergangenen) Handlung verflochten ist. Auch hier muss man aber natürlich beachten, dass sich Personen aus der alten Handlung, sollten sie in der neuen Geschichte erneut vorkommen, sich im Lauf der Jahrzehnte sicherlich verändert haben und daher beim Leser nicht gleich ein "Aha, XY ist genau so wie früher!" auslösen können/sollten. Ein Beispiel hierfür wären (ist mir jetzt spontan eingefallen, gibt bestimmt noch deutlich mehr) die Star Wars Filme. Zwischen Episode III und IV liegen zwar meines Wissens nach nicht mal 20 Jahre, trotzdem wird aber nach einer quasi abgeschlossenen Handlung eine neue Geschichte aufgebaut, die zwar mit der Vergangenheit verflochten ist und auch noch einige ihrer Personen enthält, trotzdem aber auch alleinstehend Sinn gibt und verständlich ist.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Czara Niyaha am 10. Februar 2017, 14:59:36
Generell ist es einem als Leser ja klar, dass Zeit mit voranschreitender Geschichte vergeht.  Ich finde es muss jetzt nicht immer auf das Datum genau bekannt sein, wieviel Tage verstrichen sind bis der Prota den nächsten Hinweis bekommt bzw. ein weiteres Ereignis passiert. Allerdings sollte man als Autor zumindest die chronologische Zeitlinie im Hinterkopf haben. Das Geschehen sollte zumindest zeitlich mit eventuellen zurück gelegten Entfernungen übereinstimmen. Wenn die Story dem Prota und eventuellen Begleitern eine Reise abverlangt, dann sollte auch im Erzählfluss dem Leser möglichst durch das zeitliche Verstreichen eine ungefähre Länge des zurück gelegten Weges klar werden. Natürlich muss diese Reise nicht, wenn nicht irgendwas wichtiges für den weiteren Verlauf passiert, bis ins kleinste Detail durchgekaut werden, weil dadurch die eigentliche Spannung verloren geht. Aber durch den etwaigen Verlauf der Zeit erhält der Leser auch ein besseres Gefühl für die Welt und für möglichen Entfernungen. Was ich persönlich so gar nicht mag, sind Situationen wo man das Gefühl hat, plötzlich ganz schnell von A nach B zu kommen, obwohl eigentlich Tage, wenn nicht sogar Wochen dazwischen liegen! Zumindest sollte der Leser die Information erhalten, dass die Reise, die zum Glück völlig unproblematisch verlief, sich dennoch über mehrere Tage oder gar Wochen zog!
Dennoch sollten Zeitsprünge, von einer Woche oder mehr, die verstrichen sind, dem Leser klar deutlich vermittelt werden. Das kann durch einen geschickten, einfachen Satz passieren wie etwa: Seit dem schrecklichen Vorfall, der Lisa völlig überraschend getroffen und ihr Leben für immer verändert hatte, waren mehrere Wochen vergangen.
Mit diesem Satz wird mir als Leser klar, dass einiges an Zeit verstrichen ist. Ich finde es unwichtig, dass jetzt die genaue Anzahl von Wochen genannt werden muss. Klar ist dieser Begriff von mehreren Wochen auch sehr dehnbar. Aber es lässt mir als Autor, als auch dem Leser eine gewisse Freiheit, dass in dieser Zeit mit Sicherheit auch einiges passiert ist, was aber vermutlich für den eigentlichen Verlauf der Geschichte nicht wirklich entscheidend ist.
Meine aktuelle Geschichte, die ich derzeit schreibe hat auch mehrere Zeitsprünge (insgesamt 5, wenn ich mich nicht verzählt habe!) über ein ganzes Jahrzehnt verteilt.  Ich habe das Problem so gelöst, dass ich immer mit einer nicht zu übersehbaren Überschrift dem Leser verdeutliche, dass zwei weitere Jahre (oder mehr) verstrichen sind. Ich finde Zeitsprünge, die einen längeren Zeitraum betreffen, sollten schon eindeutig zu erkennen sein, und nicht mal eben so  nebenbei in der fortlaufenden Geschichte eingeflochten werden, weil das unter Umständen nur zu Iritationen führen kann. 

Außerdem darf man ja nicht vergessen, dass die verstrichene Zeit ja auch Auswirkungen auf andere(Neben) Charaktere und mögliche Beziehungen / Verhältnisse untereinander  haben kann.  (Positiv wie auch negativ) Und damit die Glaubwürdigkeit bestehen bleibt, muss der Zeitrahmen auch so ausgelegt sein, dass Veränderungen sich auch sinnvoll und logisch erklären lassen und nachvollziehbar sind.

Natürlich gibt es auch Ausnahmen, wenn die Handlung der Story extrem vom Verstreichen der Zeit abhängig ist. Ein sehr gutes  Beispiel hat einer meiner Vorposter bereits genannt "24".  Oder wenn z.B. ein Countdown von Stunden oder Tagen gestartet wurde, und ein sprichwörtlicher Wettlauf  gegen die Zeit herrscht. In solchen Fällen finde ich es schon wichtig eine präzise Zeitangabe zu erhalten. Natürlich nicht alle paar Minuten!  ;) Aber damit es zum Mitfiebern reicht, muss ich schon als Leser wissen, an welchem Tag / Stunde ich mich derzeit befinde.

So, leider kann ich mich jetzt erst einmal nicht weiter über das doch sehr interessante Thema "verstrichene Zeit" auslassen, weil mir gerade selbst die Zeit im Nacken sitzt!  ;) Die Küche ruft zum Kochen, sonst habe ich gleich einen sehr mauligen Mann hier zu Hause sitzen!!!
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Klecks am 10. Februar 2017, 18:32:49
Zitat von: Acrosen am 10. Februar 2017, 13:44:03
Ich gehören eher zu der Gruppe Schreiber und Leser, die sich an zeitlich unstimmigen Abläufen in Geschichten stören.

Ohne jetzt alles durchgelesen zu haben, weil ich gerade nicht viel Zeit habe: Da stimme ich deutlich zu, mir ist sehr wichtig, dass die zeitlichen Abläufe stimmig sind. Da mir als Leserin und Autorin die Figuren wichtiger sind als der Plot, lege ich Wert darauf, genau zu wissen, ob jetzt eine Woche verstrichen ist oder vier Wochen verstrichen sind (egal, ob ausgeschrieben wird, dass viel in der Zeit passiert, oder ob nur kurz beschrieben wird, was in der Zeit passiert ist). Das kann, je nach Konflikten und Beziehungen und Subplots, meiner Meinung nach einen großen Unterschied machen.  :hmmm:  Wenn sich zum Beispiel eine Liebesbeziehung anbahnt und zwei Figuren nach einer Woche des Annäherns sehr innig miteinander sind, finde ich das sehr unrealistisch. Nach vier Wochen kann man hingegen sagen, dass sie zumindest schon mal vertrauter miteinander sind, und dann kann sich das alles weiter entwickeln.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Tigermöhre am 10. Februar 2017, 20:15:12
Wenn eine längere Zeit ohne etwas Besonderes vergeht, fasse ich die meistens kurz zusammen.
Also sowas wie: "In den nächsten Wochen ruhten sie sich aus. Protas Wunden verheilten, auch wenn sie den Verlust nicht überwinden konnte."

Was mich aber ernsthaft stört ist, wenn man die vergangene Zeit nicht merkt. Wenn z.B. zwei Charaktere ein Gespräch weiterführen, dass sie vor zwei Wochen begonnen hatten. Man muss als Leser die vergangene Zeit bemerken.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Fianna am 10. Februar 2017, 21:36:17
Ich finde es am schönsten, wenn man das in ein Gespräch einbindet. Also z.B. falls das Kapitel mit einer Diskussion beginnt. Dann beschwert sich der eine, dass der andere schon seit 5 Wochen diese Haltung vertritt, aber es ist Schwachsinn und keiner aus der Gruppe ist dafür, soll er also endlich mal aufhören rum zu nölen.

Oder wenn einer aus der Truppe versumpft ist oder sein Geld versoffen hat, wird ihm das relativ zu Beginn im neuen Kapitel vorgehalten.

Das finde ich eleganter als einen einführenden Satz, das 5 Wochen verstreichen.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Thistle am 11. Februar 2017, 17:42:46
Tagchen,

interessant, dass jedem von euch zumindest grob die Skizzierung des zeitlichen Rahmens wichtig ist. Ich habe auch schon mit Leuten aus meinem Bekanntenkreis über dieses Thema gesprochen und einigen von ihnen war das vollkommen egal. Obwohl, eine von diesen Personen hinterfragt bei Büchern oder Filmen absolut gar nichts.  :hmmm:

Zitat von: Fianna am 10. Februar 2017, 21:36:17
Ich finde es am schönsten, wenn man das in ein Gespräch einbindet. Also z.B. falls das Kapitel mit einer Diskussion beginnt. Dann beschwert sich der eine, dass der andere schon seit 5 Wochen diese Haltung vertritt, aber es ist Schwachsinn und keiner aus der Gruppe ist dafür, soll er also endlich mal aufhören rum zu nölen.

Das finde ich auch meistens vorteilhafter als es wörtlich zu erwähnen, aber es direkt im Kapitel zu benennen, finde ich auch eine geniale Idee, wie es ein paar von euch vorgeschlagen haben. Kommt natürlich immer auf die Situation an.

LG Thistle
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Sanjani am 11. Februar 2017, 20:32:26
Hallo zusammen,

ich gehöre zu denjenigen, die sehr auf Zeitangaben stehen, sowohl bei kurzen als auch bei längeren Zeitabständen. Ich kann auch ohne, aber ich bevorzuge sie, und zwar insbesondere in zwei Fällen: Einmal bei längeren Zeitabschnitten, in denen nichts passiert. Da hilft es mir einfach, wenn ich weiß, ok da sind jetzt 2 Monate vergangen oder so. Wenn es nicht wirklich wichtig ist, kann ich auch gut damit leben, wenn jemand schreibt: Inzwischen war es Herbst geworden. Bei kurzen Zeitabschnitten finde ich es aber auch wichtig, und zwar dann, wenn extrem viel in sehr kurzer Zeit passiert, z. B. in Thrillern. Mir ist es schon öfter passiert, ohne dass mir jetzt ein Beispiel einfiele, dass ich dachte, oha, wie viel Zeit ist denn da jetzt vergangen, und dann heißt es irgendwo, es seien nur ein paar Stunden, und ich frage mich, huch, ist das überhaupt möglich? Ich finde es auch total in Ordnung, wenn einfach irgendwo am Kapitelanfang immer der Ort und die Zeit stehen oder so. Dann weiß ich immer genau, wo und wann ich gerade bin und kann der Geschichte besser folgen :)

VG Sanjani
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Siara am 11. Februar 2017, 20:41:54
Was Zeitangaben angeht, unterscheide ich sehr stark zwischen Lesen und Schreiben.

Beim Lesen habe ich meistens nur eine grobe Ahnung und mache die vergangene Zeit an Entwicklungen im Charakter, der Welt, der Jahreszeiten oder der Beziehungen fest. Die sollten schon zusammenpassen, sodass ein rundes Bild entsteht und man - einfach gesprochen - nicht das Gefühl hat, dass Sommer und Herbst verstreichen, ohne dass sich sonst etwas tut. Aber ob es nun sechs oder ganze acht Wochen sind, spielt für mich keine Rolle. Genau genommen überlese ich solche Zahlenangaben sogar.

Damit dieses Gesamtbild aber stimmt, zwinge ich mich, beim Schreiben sehr genaue Notizen zu führen. Gerne auch mit Zeitstrahl, auf dem die wichtigsten Ereignisse und Entwicklungen parallel zu einander vermerkt sind. Diese genauen Angaben lasse ich allerdings nur selten einfließen. Vielleicht wundert sich eine Person beispielsweise irgendwann einmal, wie weit sie in den letzten drei Monaten doch gereist sei und wie viel sich seitdem verändert habe. Im Großen und Ganzen aber halte ich nur für wichtig, dass es keine zeitlichen Unstimmigkeiten gibt und die Entwicklungen zusammenpassen. Erst wenn das nicht der Fall ist, kommt es zu Verwirrung, und ich persönlich fange auch erst dann an, mir über konkrete Zeitangaben überhaupt Gedanken zu machen.

Eine Ausnahme bilden wirklich große Zeitsprünge, wenn der Autor Monate oder gar Jahre auf einmal verstreichen lässt. Dann reicht mir allerdings auch ein "Fünf Jahre später" vor der Bruchstelle.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Matthias am 12. Februar 2017, 11:45:55
Danke Thistle für den Beitrag. Diese Frage hatte ich mir auch schon öfter gestellt und war mir immer noch nicht im Klaren.
Deshalb besten Dank an alle, die hier geantwortet haben.  :jau: Das hat mich auf neue Ideen gebracht, die mir in der Zukunft sicher weiterhelfen.  :)
Ich hoffe es ist in Ordnung, das ich jetzt selbst keine neuen Aspekte eingebracht habe?  ???
Wollte nur kurz mitteilen, das ich mich gefreut habe.  :prost:
Magische Grüße Matthias
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: canis lupus niger am 13. Februar 2017, 11:06:04
Es kann sinnvoll sein, zu erwähnen, warum wieviel Zeit wobei vergangen ist. Aber nur, wenn es für die Geschichte von irgendeiner Bedeutung ist. Ansonsten reicht eine Bemerkung wie

- Nach fünf Wochen hatte er immer noch nichts erreicht
- Nach fünf Wochen waren sie ihrem Ziel schon sichtbar näher gekommen
- Nach fünf Wochen ritten sie endlich durch das Stadttor von Stadtstadt
- Fünf Wochen lang passierte gar nichts.
- ...
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Jen am 13. Februar 2017, 11:26:12
Ich finde es auch wichtig, dass gerade vor dem Finale keine Zeit gerafft wird. Also nicht "sie ritten 5 Wochen durch die Botanik, erreichten Stadtstadt und standen plötzlich dem großen Bösen gegenüber". Was ich etwas knifflig finde, weil bei einigen Geschichten Zeit überbrückt werden soll, weil sie nicht spannend ist. Warum sollte dann der Zeitraum vor dem Finale besonders spannend werden? (Indem Vorbereitungen getroffen oder Pläne geschmiedet werden ... oder die Probleme nehmen eben zu). Wenn das übersprungen wird, fühle ich mich dezent veräppelt.
Ich persönlich mag es immer, wenn die verstreichende Zeit durch das Umfeld (Wetter, Jahreszeiten, aber bitte nicht kitschig  :jau: ) oder das Äußere der Protagonisten (Hansi trug jetzt Vollbart :jau: ) beschrieben wird. Eine genaue Zeitangabe brauche ich da nicht.

Macht ihr es eigentlich auch so, dass ihr bei jedem größeren Zeitsprung ein neues Kapitel beginnt? Wenn im Text nur ein Absatz gemacht wird, finde ich das nämlich abrupter und deswegen schlechter umgesetzt.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Araluen am 13. Februar 2017, 11:29:35
Bei größeren Zeitsprüngen sind mir neue Kapitel auch lieber. Da kann man als Leser ordentlich mit dem vorherigen Handlungsstrang abschließen und sich auf den neuen einlassen.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: wortglauberin am 15. Februar 2017, 20:12:22
Das ist ein wirklich spannendes Thema, vor allem, weil mir in vielen Romanen auffällt, wenn ich finde, es wurde großartig umgesetzt oder eben eher suboptimal.
Ich bin tatsächlich eine Leserin, die Chronologien und Zeitsprünge, was beispielsweise Reisen angeht, ohnehin nicht durchsteigt- klar, grobe Logikfehler fielen mir vielleicht auf, ansonsten bin ich da aber recht naiv; es macht mir auch überhaupt nichts, wenn große Zeitblöcke übersprungen werden- es muss nur auf die Charakter- und Beziehungsentwicklung bezogen gut gemacht sind, sonst gehen mir Diskontinuitäten auf den Keks. Wie @Acrosen und @Czara gesagt haben, bleiben die Figuren charakterlich ja nicht stehen, nur, weil die Handlung aus- und wieder einsetzt, und ihre Beziehungen zueinander auch nicht.
Ich finde es unglaublich zufriedenstellend, wenn ich das Gefühl habe, dass Dinge während eines Zeitsprungs passiert sind und mir die Auswirkungen bei Wiedereinsetzung der Handlung elegant gezeigt werden; als eher unelegant empfinde ich persönlich dann solche Dinge wie "Nachdem fünf Wochen vergangen waren", @Fiannas Beispiele hingegen finde ich sehr schön.

Ein Roman, bei dem ich finde, Zeitsprünge und Veränderungen wurden sehr gut gehandelt, ist "Fire" von Kristin Cashore; es liegen teilweise mehrere Wochen zwischen den verschiedenen Perspektiven, aber man bekommt als Leser durch Dialoge und subtile Veränderungen der Figuren untereinander mit, dass und was sich zwischenmenschlich getan hat.

Generell schön sind diese Zeitraffer- Passagen, in denen beispielsweise Nachmittage auf einer Lichtung, ein bestimmter Duft oder ein Ritual als Sinnbild für einen Sommer oder so stehen; dann habe ich als Leserin das Gefühl, ich werde von den Figuren mitgenommen und bin immer noch nah an ihnen dran, ich war sozusagen dabei, als sich etwas verändert hat, und kann das nachvollziehen.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Antonia Assmann am 16. Februar 2017, 10:51:30
Ein sehr schönes Thema, mit dem ich mich während meinem aktuellen Projekt dauernd rumschlage. Ich schreibe gerade an einem Mittelalterepos, dessen Handlung sich über vier Jahre hinzieht. Da des Öfteren nichts passiert, was zur Handlung gehört, respektive weiterführt, ich aber rein aus geschichtlichen Fakten heraus, diese Zeitspanne brauche, nehme ich große Kapitelüberschriften, in denen der Monat, respektive das Jahr aufgeführt wird.
Dank euch, wurde mir gerade vor Augen geführt, dass ich noch einmal nachprüfen muss, ob sich meine Personen in der verstrichenen Zeit verändert haben, oder sonstiges sich verändert hat. Danke.
Dazu frage ich mich immer, da es sich um einen Zeitraum handelt, in dem geschichtlich ziemlich was los war, ob ich ganz kleine zusammengefasste historische Fakten an den Anfang meiner Kapitel schreiben soll, um dem geschichtlich interessierten Leser noch mal vor Augen zu führen, was sich in der Zeit - auch in meinem Zeitsprung, abgespielt hat. Also nicht seitenlang, sondern in kursiv nur ein kurzer Abriss.  Das würde die zeitliche Zuordnung auch schön darstellen.
Mir als Leser ist es auch wichtig, dass alles nachvollziehbar ist und übersichtlich. Ich habe selbst nichts gegen große Sprünge, wenn man sich nur orientieren kann.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Mrs.Finster am 16. Februar 2017, 13:33:50
Für mich ist das auch immer eine schwierige Kiste. Ich würde schon sagen, dass es mir als Leser wichtig ist zu wissen, wie viel Zeit vergangen ist. Als Autor versuche ich mich immer an Floskeln wie: Nach mehreren Wochen/ Tagen, es war bereits Frühling geworden etc. Schwierig ist dabei nur den logischen Ablauf zu bewahren. Letztens habe ich festgestellt, dass mein Prota Sommerferien hatte und danach die Abschlussprüfungen bevorstehen. Dabei ist es genau umgedreht  ;D

Zudem habe ich das Gefühl, dass bei bestimmten Erzählungen z.B. bei einer Lovestory immer Zeit vergangen sein MUSS, weil wer will nach einer Woche schon für den Geliebten sein Leben hergeben (übertrieben gesagt). Das finde ich etwas weit hergeholt. Das mag es geben, aber das muss dann schon gut erzählt sein. Sonst habe ich immer Angst, dass es beim Leser unrealistisch erscheint  :seufz:
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: cryphos am 16. Februar 2017, 14:00:57
Wie Arulen bereits sagte, es kommt darauf an.  ;D
Als Leser möchte ich schon wissen, wie viel Zeit verstrichen ist, wenn es wichtig ist.


Bei GoT nervt es mich, dass ich oft nicht weiß wann welcher Handlungsrahmen spielt. Was läuft parallel und was sequentiell ab. Oft ist das hier sehr undurchsichtig. Auch ob zwischen zwei Handlungen wenige Tage oder Wochen verstrichen sind, ist oft nicht ersichtlich. Wie lange benötigt Arya eigentlich um von Königsmund nach Bravos zu kommen? Und wie lange braucht Bran von Winterfell zur Höhle im Norden? Wie lange geht Robs Krieg gegen die Lannisters? Was passiert während Arya nach Bravos pilgert?

Wo ich auch gerne immer mal wieder Zeitangaben hätte ist in zeitkritischen Dingen, z.B. das Entschärfen einer Bombe mit Zeitzünder...

Dagegen finde ich es nervig wenn ein Schwertkampfduell stattfindet und man ständig daran erinnert wird, dass erst 10 Sekunden um sind, jetzt 12 und jetzt 30 ... und nach 5 Minuten ist der Spuk um. Da hätte es gereicht die Zeitinfo einmalig nach Ende des Kampfes einfließen zu lassen.

Beim kleinen Hobbit erfährt man ganz am Ende, dass ein Jahr um ist, dazwischen gibt es nur spärliche Zeitangaben. Da fand ich es gut gelöst.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Dämmerungshexe am 16. Februar 2017, 14:17:10
Ich finde Jahreszeiten immer einen guten Indikator. Entweder als knappes "Es war Winter geworden." oder etwas szenischer dargestellt: "Die Blätter begannen gerade sich rot zu färben.", "Sie trafen immer wieder auf große Rotten von Schnabeltieren, die für ihren baldigen Winterschlaf nach Osten zogen." o.ä.

Besonders wenn man mehrere Handlungsstränge miteinander verflicht ist es für mich wichtig zu wissen, wie die einzelnen Plotpunkte zeitlich zueinander stehen. Ich merke es selbst gerade, dass ich ab und an chronologisch zurück springen muss, weil sich einfach gewisse Dinge gleichzeitig abspielen, ich sie aber wegen dem Spannungsaufbau nacheinander bringen muss.

In meinem derzeitigen Projekt nutze ich auch gerne mal die Mondphasen als Indikator - wenn zwei Leute in unterschiedlichen Handlungssträngen jeweils einen Vollmond sehen, darf man davon ausgehen, dass die beiden Szenen in der gleichen Nacht spielen. Auch der Übergang von einem Vollmond zu einem Neumond ist eine gute Zeiteinteilung, die sich textlich schön umsetzen lässt. Schwierig wird es in dem Fall nur dann, wenn man nicht die typischen Tages- Wochen und Monatslängen hat, sondern auf Grund des Settings andere Vorgaben. Das muss man dem Leser dann auch erstmal erklären bzw. ihm auch immer wieder in Erinnerung rufen.

Wie die meisten hier schon gesagt haben, kommt es auch stark auf die Geschichte selbst an, ob diese genauen Definitionen wichtig bzw. handlunsgrelevant sind. Manchmal möchte man als Autor ja ein gefühl der Zeitlosigkeit schaffen, oder eine Spannung aufbauen, in der der Leser jede Sekunde fieberhaft mitzählt.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Fianna am 17. Februar 2017, 13:21:04
Zitat von: Antonia am 16. Februar 2017, 10:51:30
Dazu frage ich mich immer, da es sich um einen Zeitraum handelt, in dem geschichtlich ziemlich was los war, ob ich ganz kleine zusammengefasste historische Fakten an den Anfang meiner Kapitel schreiben soll, um dem geschichtlich interessierten Leser noch mal vor Augen zu führen, was sich in der Zeit - auch in meinem Zeitsprung, abgespielt hat. Also nicht seitenlang, sondern in kursiv nur ein kurzer Abriss.  Das würde die zeitliche Zuordnung auch schön darstellen.
Schreibst du denn im Stil einer Chronik, ist Dein Protagonist Chronist oder führt besondere Ereignisse in einer Familienbibel auf?
Wenn nicht, dann halte ich das für einen zu großen Stilbruch. Ich lese sehr gerne historische Romane, auch trockene und faktenbeladene. Aber das fände ich dann doch zu irritierend und aus dem Lesefluß reißend. Man kann diese wichtigen Ereignisse doch auch im Text darstellen. Diese Ereignisse haben doch Deine Figuren beeinflusst, Überzeugungen ins Wanken gebracht, Konflikte geschürt, Koalitionen gebildet oder sonstwas. Beim Ausspielen dieser Konflikte kannst Du als Hintergrund für neue Parteienbildung oder einen Umschwung von positiv eingestellt zu verbittert oder so diese Ereignisse einflechten. Wenn eine andere Person ganz anders auf diese Ereignisse reagiert hat oder einen anderen Blickwinkel hat, kann man das auch in eine vernünftige Unterhaltung bringen (kein "You know, Bob").

Oh, eine Ausnahme: bei einer besonderen Erzählstimme fände ich das nicht schlimm. Lindsey Davis lässt ihren römischen Falco die geschichtlichen Hintergründe oft sehr zynisch oder vereinfacht kommentieren (nicht immer historisch korrekt oder differenziert, aber man merkt, dass er als ein paar Jahrzehnte zu spät geborener Republikaner einfach eine sehr voreingenommene negative Einstellung hat).
Bei entsprechend starker Hauptfigur (eine zentrale Figur) mit entsprechendem Sprachduktus könnte ich mir das auch am Anfang vorstellen.
Wenn dagegen mehrere Erzählperspektiven gleichermaßen vertreten sind und keine davon eine Art chronikschreibenden Zug hat, fände ich es sehr irritierend, so eine Zusammenfassung am Kapitelanfang zu lesen.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Antonia Assmann am 17. Februar 2017, 16:27:53
Zitat von: Fianna am 17. Februar 2017, 13:21:04
Schreibst du denn im Stil einer Chronik, ist Dein Protagonist Chronist oder führt besondere Ereignisse in einer Familienbibel auf?
Wenn nicht, dann halte ich das für einen zu großen Stilbruch. Ich lese sehr gerne historische Romane, auch trockene und faktenbeladene. Aber das fände ich dann doch zu irritierend und aus dem Lesefluß reißend. Man kann diese wichtigen Ereignisse doch auch im Text darstellen. Diese Ereignisse haben doch Deine Figuren beeinflusst, Überzeugungen ins Wanken gebracht, Konflikte geschürt, Koalitionen gebildet oder sonstwas. Beim Ausspielen dieser Konflikte kannst Du als Hintergrund für neue Parteienbildung oder einen Umschwung von positiv eingestellt zu verbittert oder so diese Ereignisse einflechten. Wenn eine andere Person ganz anders auf diese Ereignisse reagiert hat oder einen anderen Blickwinkel hat, kann man das auch in eine vernünftige Unterhaltung bringen (kein "You know, Bob").

Danke für die Anmerkung, Fianna! Ich habe es auch noch nicht geschrieben, sondern nur darüber nachgedacht, ob das eine Möglichkeit wäre, die zeitliche Einteilung genauer hinzubekommen ... Ich finde es nämlich auch schwierig, wenn einer meiner Figuren, die sich in der Zeit aufzuhalten, einen Kommentar zur politischen Lage sagt, den ein nicht bewanderter Leser vielleicht überhaupt nicht versteht. Wenn ich dann Verweise lege, finde ich das wiederum als Leser nervig ... Allerdings sind die Personen zwar aus der Zeit, haben aber mit der Politik nicht eng was zu tun, außer natürlich, dass die Auswirkungen die ganze Bevölkerung trifft.
Dann werde ich mir mal zeitlich noch was anderes ausdenken ... Also die Daten habe ich als Kapitelüberschriften sowieso ...
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Fianna am 17. Februar 2017, 22:48:05
Ich habe dasselbe "Problem", dass ich sehr viele und komplexe Sachverhalte irgendwie einspinnen muss. Bei mir sind das allgemeine Hintergründe, durch Schauplatz- und Milieu-Wechsel habe ich aber auch für den Leser immer etappenweise eine grosse Menge unbekannter Informationen.
Ich versuche mich zu begrenzen und mache den Verständnis-Test, andere Sachen möchte ich aber als Hintergrund einschmuggeln. Über Konflikte etc, deswegen fällt es mir schwer den Umfang zu schätzen. Diese Art der Informationsvermittlung bläht die Seitenanzahl auf.

(Wieso haben wir noch keine historische-Setting-Fakten-Schmuggel-Plotgruppe? ;D )


EDIT: Mein Protagonist ist Waliser. Die walisisch-englische Situation ("gesellschaftliches Gefälle", Ansehen) wollte ich z.b. durch anti-walisische Witze einführen. Das wäre sicher die unaufdringlichste Methode. Die waren damals auch beim englischen Adel verbreitet. Leider habe ich nur ein kompliziertes Beispiel gefunden, vermutlich muss ich mir also selbst welche ausdenken.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Vic am 12. April 2017, 13:27:01
Da ich zu den Leuten gehöre die immer den gleichen Fehler begehen - nämlich nach 40.000 Wörtern merken, dass alles an zwei Tagen spielt weil die Charas dazwischen nur einmal schlafen gegangen sind  ::) - bin ich ein großer Fan davon, wenn in Geschichten Zeit vergeht.
Ich finde es reicht an einigen zu Stellen sowas zu schreiben wie "auch nach Wochen der Suche waren sie noch nicht fündig geworden" oder "der drückende Sommer wurde abgelöst von einem stürmischen Herbst" oder "sie verbrachten den Rest des Winters mit Warten und Hoffen" etc.
Also ich finde es immer schön wenn Zeit vergeht, a.) weil viele Fähigkeiten oder Erkenntnisse die ein Chara erlangen soll seine Zeit brauchen und b.) weil es ja auch realistisch ist. In einer Fantasywelt dauert allein schon eine Reise von  A nach B häufig viele Wochen, also vergeht da natürlich auch Zeit. Und damit sich das plausibel anfühlt, würde ich das auch erwähnen.
Man muss nicht jeden wachen Moment der Protagonisten ausführlich beschreiben, ich denke bei vielen Sachen kann man auch skippen.
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: wortglauberin am 13. April 2017, 21:08:45
Aber genau das Problem kenne ich auch, @Vic. Vor allem, wenn man character- driven schreibt, ist das glaube ich häufig das Problem- weil in zwei Tagen eben so viel innerhalb der Figuren passiert, aber das alleine noch keine Geschichte trägt, beziehungsweise eine Geschichte, die sich in diesem Schreibstil über Wochen hinzieht, eben ein echter Wälzer wird. Die Alternative, alles im Zeitraffer zu beschreiben, ist ja aber auch nicht das Wahre...
Ich habe da für mich noch nicht wirklich eine Lösung gefunden, das auszubalancieren, also wenn jemand Tipps hat, nur her damit  ;)
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: der Rabe am 13. April 2017, 22:27:15
Zitat von: Vic am 12. April 2017, 13:27:01
Man muss nicht jeden wachen Moment der Protagonisten ausführlich beschreiben, ich denke bei vielen Sachen kann man auch skippen.

Das ist ein Fehler, den ich besonders am Anfang ausführlich gemacht habe. Meistens stockte meine Geschichte nach wasweißich ja, 40k Wörtern, weil mir nichts mehr einfiel, womit ich die nächsten fünfzig Tage füllen sollte. Sonst hätte sich alles endlos wiederholt  und wäre langweilig geworden. Das war ein Prozess, den ich sehr schwierig fand zu überwinden. Aber immerhin ist mir irgendwann aufgefallen, dass es tatsächlich notwendig ist, Zeitsprünge zu machen, auch weil man nicht jeden Gang zum Klo, jede Mahlzeit und jedes Kratzen oder Schweigen aufschreiben kann. Meine Lösung war, ein paar meiner Lieblingsbücher danach zu scannen, wie es dieAutorin/derAutor gemacht hatte. Das hat mir ziemlich geholfen, ein erstes Gespür dafür zu bekommen, wie und wo man die Zeitsprünge einsetzen kann. (wie weiter oben schon erwähnt, Reisen zusammenfassen, Entwicklungen beim Lernen oder Training mit den Jahreszeiten zusammenfassen und dann wieder einsetzen, wenn etwa eine Prüfung ansteht oder ein anderes größeres Ereignis ansteht. Bzw. nach Gelegenheiten suchen, ein solches einzufügen.

Perfekt bin ich bestimmt nicht darin, aber es war ein Anfang. :)
Titel: Re: Verstrichene Zeit in der Handlung - wichtig oder eher nicht?
Beitrag von: Trippelschritt am 14. April 2017, 07:02:24
In einem Roman ist die Zeit und deren Ablauf ein zentrales Strukturelement, das der Autor beherrschen muss. Das gilt vor allem dann, wenn Figuren in der Geschichte altern. Der Autor ist also klug beraten, wenn er die objektive Zeitlinie niemals aus den Augen verliert. Aber die objektiv verstrichene Zeit ist nicht die Zeit der Geschichte. Dort wird sie gedehnt, gestrafft, Zeitabschnitte übersprungen, Zeitlinienen gekreuzt, oft wird auch in der Zeit vorwärts und rückwärts hin und her gesprungen. Es ist alles erlaubt, was der Geschichte dient. Handwerklich ist es nicht immer einfach, denn der Leser sollte der Handlung folgen können. Und nicht vergessen: Der Umgang mit der Zeit ist ein wichtiges Spannungselement.

Liebe Grüße
Trippelschritt