Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00

Titel: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handwerk?
Beitrag von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich bin ja nun nicht nur eine schreibende Künstlerseele, sondern auch seit vielen Jahren Reisßwolf, sprich Rezensent, und habe gemerkt, daß dieses Handwerk auch erst erlernt werden will.

Eine faire Rezension zu schreiben ist gar nicht so einfach und eines bin ich mir immer bewußt: So sachlich wie ich bin, letztendlich urteile ich doch aus meiner Sicht  und nach meinem Geschmack. Dementsprechend haben sich auch meine Rezensionen verändert. Mittlerweile halte ich mich eigentlich für eine recht ausgeglichene, wenn nicht gute Rezensentin. Um das hier zu verifizieren müßte ich wahrscheinlich noch mehr Rezis posten

Bei Kriiken zu Geschichten, die ich aus Zeitmangel nur noch auf Wunsch mache, bemühe ich mich immer aus meinem Textgefühl heraus Vorschläge zu machen und zu erläutern warum. Ich versuche so wenig wie möglich nach meinem Geschmack ändern zu wollen, und wenn ich etwas nicht ganz beurteilen kann, so sage ich das auch.

Bei Rezensionen und Kritiken zu meinem Sachen habe ich mittlerweile zu unterscheiden gelernt, welche Meinungen für mich konstruktiv und interessant sind, oder welche einfach nur polemisch sind und klingen, denn das kenne ich auch zu Genüge. Neid-Rezis, die nicht einmal mich betrafen sondern die Herausgeber der Anthologie/des Fanzines sind mir auch schon untergekommen, und einen Rufmordversuch eines Rezensenten im Fandom  habe ich auch halbwegs überlebt.



Wie haltet ihr das? Wie bewußt rezensiert und kritisiert ihr, und wie geht ihr damit um, wenn jemand anderes auf eure Texte eingeht? Traut oder misstraut ihr Lob? Wie ist euch schon geschadet worden?

Das ist eigentlich auch ein Thema, das eines Workshops wert ist, weil es ja etwas ist, womit wir als Autoren, als Künstler umgehen müssen.

Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Lomax am 01. Januar 1970, 01:00:00
Natürlich haben Rezensionen immer einen subjektiven Beiklang. Aber das ist auch nicht wirklich schlimm. Eine Rezension erachte ich dann für gut, wenn man auch die Grundlagen herauslesen kann, die der Rezensent anlegt. Denn dann kann mal als Leser der Rezension sich selbst dann ein eigenes Bild machen, wenn man mit dem Rezensenten nicht übereinstimmt.

Ich muss sagen, die meisten profesionellen Rezensenten schaffen das auch. Wenn ich z.B. die Filmkritiken in der Zeitung lese, hat keiner der Kritiker auch nur annähernd meinen Geschmack - trotzdem weiß ich nach dem Lesen der Rezi meistens, ob der verrissene Film mir gefallen oder nicht gefallen würde, selbst wenn er in beiden Fällen die gleiche Menge "Sterne" bekommen hat  ;)

Ich würde also eine Rezension immer aus Lesersicht beurteilen, am besten aus der Sicht der Zielgruppe des rezensierten Werkes: Wer nicht zur Zielgruppe gehört, den interessiert die Rezi eh nicht. Wenn ich also Horror nicht mag, ist mir egal, ob ein Horrorbuch gut oder schlecht besprochen wurde: Ich werde es mir ohnehin nicht kaufen. Wenn ich allerdings Horror mag, will ich wissen, ob es ein gutes oder ein schlechtes Horror-Buch ist - ich möchte nicht wissen, ob es besser oder schlechter ist als der Liebesroman XY.

Aber das ist nur meine persönliche Meinung von Rezensionen. Offenbar gibt es auch eine Art von Rezension, die eher Feuilleton ist - die sich gar nicht an potenzielle Kunden des rezensierten Werkes wendet, sondern an die Leser des Rezensenten, der dann wiederum als eigenständiger Autor auftritt, der vom rezensierten Werk nur inspiriert wurde. Den Rezensenten interessiert dann gar nicht, ob das rezensierte Werk gut oder schlecht ist, und die Leser wollen auch gar nicht in ihrer Kaufentscheidung beraten werden: Sie wollen einfach nur eine möglichst unterhaltsame Rezension lesen, und der Rezensent will, dass sie die nächste Zeitung, in der er schreibt, wieder kaufen, wegen der Rezensionen - und nicht die rezensierten Werke.

Ich denke, dass diese beiden Arten der Rezensionen - "feuilletonistische" und "beratende" in der Praxis zu wenig unterschieden werden und das daher häufig Äpfel mit Birnen verglichen werden, wenn man über Rezensionen spricht. Auf diesen Zusammenhang wurde ich gerade durch einen interessanten Beitrag auf einem anderen Forum aufmerksam gemacht:

http://www.f1.parsimony.net/forum1279/messages/21107.htm
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Shaevairc am 01. Januar 1970, 01:00:00
Also ich muss ganz ehrlich sagen, wenn ich Texte (oder andere Sachen) von anderen Leuten kritisiere, die ich gar nicht oder nicht besonders gut kenne, gehe ich sehr behutsam vor (liegt vielleicht auch daran, dass ich bisher kaum was kommentiert habe). Weiß ich erstmal, wie viel Kritik jemand verträgt, ob derjenige überhaupt richtige Kritik haben will und sich verbessern möchte, kann ich, denke ich, auch recht brauchbare Kritik abgeben.
Bücher und Filme kritisiere ich hingegen sehr gerne, wobei das dann bei mir relativ subjektiv ausfällt, je nachdem ob ich völlig begeistert war oder total genervt. Solche Kritiken sind ja nicht dazu da, JEMANDEN zu kritisieren, sondern andere über diesen Film/dieses Buch zu informieren.

Was Kritik von anderen angeht, so kommt es ganz darauf an, von wem und wie sie kommt. Manche Leute finden zum Beispiel alles (naja, fast alles) toll, was ich schreib. Natürlich schmeichelt das und ich freu mich immer, aber wirklich bringen tut das natürlich nichts (Ok, ok, ich bin echt anfällig für Lob... *tropf*) Aber bisher ist es mir noch selten passiert, das etwas, was ich geschrieben habe, völlig niedergemacht wurde. Ich muss auch ganz ehrlich sagen, dass ich an meiner Kritikfähigkeit noch etwas arbeiten muss, d.h. ich oft nicht einsehe, was andere als schlecht oder weniger gut ansehen.
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00
@ Lomax: Das was du dir vorstellst, versuche ich im Prinzip auch in meinen Rezensionen umzusetzen. ich weiß ich rezensiere  für eine Internet-Platform, auf der sich überwiegend Fantasy-Rollenspieler herumtreiben, ergo versuche ich auf Besonderheiten einzugehen, die das Buch für eine bestimmte Zielggruppe daraus interessant machen könnte, und nicht es meinem Geschmack unterzuordnen und danach zu zerreißen. Aber das ist leider all zu gängige praxis bei vielen Rezensenten die ich gesehen habe.
Deine weiteren Ausführungen sind echt sehr interessant und aufschlußreich. Stimmt, wenn man genau darüber nachdenkt ist Reich-Ranitzki auch immer mehr ein Rezensent/Kritiker nach eigenem Gusto und für seine Zielgruppe gewesen...

@ Shaevaerc: Es ist nicht einfach das kritisieren und rezensieren zu lernen, ebenso wie das Annehmen von Kritik. Im Prinzip kann man sich aber auch an ein altes Sprichwort halten: Was du nicht willst das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu. Das ist eine kleine Hilfe.
Und sei froh, daß du noch nicht von irgendwem in der Luft zerfetzt worden bist, und hast nicht einmal gewußt warum, sondern erfährst erst Jahre später, das demjenigen nur dein Aussehen (!) nicht gepasst hat.
Mittlerweile urteile ich irgendwie auch noch nicht einmal mehr nur bei Büchern und Filmen aus dem Bauch heraus. Das hat wohl die Abstumpung gemacht.


Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Feuertraum am 01. Januar 1970, 01:00:00
Auch ich rezensiere, und auch ich muß es eingestehen, das ich dabei ein gutes Stück Subjektivität einfließen lasse.
Aber mir sollte eine Gegenfrage gestattet sein:
Glauben Sie, das der "gemeine" Leser - also jener, der z.B. keine Schreibausbildung hinter sich hat - sich tatsächlich dafür interessiert, ob der Autor handwerkliche Fehler gemacht hat?
Ich denke nein!
Er will wissen (in relativ groben Zügen, wobei relativ hier verschieden auslegbar ist), worum es in der Geschichte geht und ob es sich nach Meinung des Verfassers der Rezi lohnt, das Buch zu lesen.
Natürlich ist das ganze nur eine Empfehlung, und selbst wenn der Reziszent sagt: Finger wech von dem Buch, so kann der Leser schließlich selber entscheiden, ob er nun tatsächlich auf die "unendliche Weisheit"  ;D hört oder ob er sagt: "Na, ich mach mir mein eigenes Bild".
Meistens war es allerdings bei mir so (als ich noch das Glück und Arbeit hatte), das die Empfehlungen, die ich aussprach, tatsächlich als "geiler Tipp" angenommen wurden...
Doch bis ich ein Buch empfehle...

Gruß

Feuertraum
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
ZitatGlauben Sie, das der "gemeine" Leser - also jener, der z.B. keine Schreibausbildung hinter sich hat - sich tatsächlich dafür interessiert, ob der Autor handwerkliche Fehler gemacht hat?
Ich denke nein!

Witzigerweise ist es tatsächlich so. Wenn ich mich mit einer guten Freundin, die auch sehr viel liest (aber nicht selber schreibt),  über Bücher austausche, die wir beide gelesen haben, geht sie viel mehr auf den Inhalt ein, während ich mich mehr auf die Art wie das Buch geschrieben wurde konzentriere. Allerdings passiert das bei mir automatisch, ich kann das auch nicht abschalten, so daß ich (zumindest in Gedanken) jedes Buch rezensiere, das ich lese....  :-/

LG

Moni
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Lastalda am 01. Januar 1970, 01:00:00
Also Rezensionen als Artikel habe ich bis jetzt nur wenige und nur ungern verfasst. Wenn ich jemanden und dessen Lesegeschmack kenne, kann ich recht gut einschätzen, ob ihm dieses oder jenes Buch gefallen würde, also kann ich auch Empfehlungen machen, aber bei Artikeln weiß man ja nie so recht, wer das eigentlich liest. Solche Empfehlungen sind immer recht subjektiv, und das finde ich auch in Ordnung, aber die Leserschaft einer Zeitung ist ja meist vielfältig.
Wobei ich auch sagen muss, dass ich selten solche Rezis lese. Wenn, dann will ich mir ein eigenes Bild machen.

Was allerdings gezielte Textkritik angeht, bin ich schon etwas erfahrener, bin selbst Beta-Leser für mehrere Geschichten, udn habe irgendwann festgestellt, dass ich das wahrscheinlich besser kann als selbst schreiben...
Im allgemeinen versuche ich bei solchen Dingen so objektiv wie möglich zu sein, bzw. kennzeichne die subjektiven Teile als solche - meine Meinung muss ja nicht die des Autors sein, aber warum sollte ich sie deswegen nicht äußern?

Ich denke, das was eine gute Kritik von einer schlechten unterscheidet, ist die Begründung. Nicht nur "das ist schlecht" sondern warum, und wie könnte man es besser machen. Das ist mir sehr wichtig, und so gehe ich auch selbst immer vor. Ein unbestimmter Eindruck nützt manchmal auch, aber nur, wenn man ihn möglichste detailliert schildert.
Mit einem "toll" kann ich als Autor ungefähr genauso viel anfangen wie mit einem "ist das grottig", solange nicht erklärt wird, was genau denn so toll oder grottig ist (auch Lob sollte begründet sein um glaubhaft zu wirken).

Ach ja, ich selber kann mit Kritik eigentlich gut umgehen, denke ich jedenfalls. Bin noch nie wirklich verrissen worden (höchstens meine Artikel in der Schülerzeitung, und das auch nur von Leuten, die mich einfach nicht leiden konnten, daher hab ich darauf auch nicht allzu viel gegeben), überhaupt bekomme ich leider wenig Feedback außer von freunden, die ich auf meine Geschichten ansetze, aber bei guten Freunden ist immer das Problem da, dass sie selten wirklich meckern... Jedenfalls bin ich für eine sachliche, gut begründete Kritik immer dankbar. Natürlih freu ich mich auch über ein Lob, aber wenn man mir sagt, was genau einem denn so gut gefallen hat und was vielleicht weniger, freue ich mich noch mehr.

Lastalda
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich finde eure Meinung und eure Erfahrungen auch sehr interessant, da sie je auch zeigen, wie verschieden jeder einzelne Textkritik und Rezensionen erlebt und selber verfasst, und welche Gefühle er dabei hat, und wie er selb er dabei umgeht.

Glückliche Lastalda (oder unglückliche?). Ich habe genau das Gegenteil von dir erlebt. Meine Geschichten waren eigentlich immer der Kritik von Fremden ausgesetzt und so gut wie nie der von Freunden, vor allem in den ersten Jahren. So konnte ich die Kommentare lange nicht einschätzen - bis es irgendwann KLick machte, weil zwei Leute genau das Gegenteil zu ein und der selben Geschichte schrieben.

Als Beta Leser bin ich auch eher jemand, der auf die Stimmigkeit einer Geschichte und der Charaktere achten kann, als auf Ausdrücke oder Grammatik. Ich bin jemand, der lieber das Gesamtwerk beurteilt und seine Ausstrahlung als mich an Kleinigkeiten aufzugeilen, das habe ich schon festgestellt.

Als Rezensent sehe ich zu, den Leser nicht zu gängeln und ihm genug Infos zu bieten, damit er oder sie das Buch für sich besser in Augenschein nehmen können.
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Lastalda am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hm, glücklich, unglücklich, ich weiß es nicht. Es ist durchaus nicht unbedingt ein Vorteil, wenn die kritiken, die man bekommt, nur von Freunden stammen, denn diese sind im allgemeinen kein bisschen objektiv und neigen dazu, nicht so hart sein zu wollen.

Als Beta-Leser beziehe ich meist sowohl die Stimmigkeit insgesamt wie auch die Details ein, denn gerade als Beta betrachte ich es als meine Aufgabe, auch auf solche Kleinigkeiten wie Rechtschreibung und Grammatik zu achten, damit sie beim Endleser den Eindruck von der Geschichte nicht trüben. Der Teufel steckt oft genug im Detail!

Lastalda
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00
Und wieder so ein untergegangenes Thema. Für mich ist es wieder aktuell, da ich in den letzten Monaten sehr viel rezensiert habe.

Und ich wollte hier noch einmal herum fragen, ob es jemanden gibt, der wirklich auch Buchrezensionen schreibt - was auch noch etwas anders ist als Betazulesen.

Ich schreibe nämlich auch Rezis zu Büchern, die mich nicht so interessieren und mir eigentlich gar nicht liegen, finde es da aber um so interessanter, meine Meinung zu formulieren.

Allerdings stelle ich auch fest, daß man zu vielen Romanen fast das gleiche schreiben kann, gerade weil sie sich auch in ihren Inhalten kaum unterscheiden.

Aber ich versuche auch bei einem Buch, daß ich für eher schlecht halte auf gute Elemente hinzuweisen - denn ich habe gemerkt, daß es nichts bringt all zu euphorisch oder all zu kritisch zu sein. Ein Buch das ich für schwach erachte kann anderen gefallen, das einzige was ich mache ist darauf hin zu weisen, welchen Ansprüchen der Roman nicht genügt.
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Jules am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich rezensiere nicht und werde mich hüten es je zu tun. Ich bin dafür einfach zu wenig anspruchsvoll und meistens auch zu unsicher. Aber ich bekomme gerne Kritik und wenn ich wirklich irgendwann daran gehe, etwas zu veröffentlichen, werde ich mir davor so viel und so vielseitige wie möglich holen.
Ich habe ja eine leichte Kostprobe davon erhalten, wie du rezensierst und ich fand es persönlich sehr gut, auch für mich persöhnlich. Mach weiter so.  :)
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Rei am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hmm, Kritik fälle ich aus dem Bauch heraus, wobei ich versuche, nichts von meinem Geschmack miteinfließen zu lassen. Jede Korrektur versuche ich zu begründen, auch wenn es manchmal einfach nur ein Bauchgefühl ist. Aber ist es nicht gerade das Bauchgefühl, das eine Kritik ausmacht?

Kritiken, die nur aussagen"Wirf den Schund weg und erhäng dich, damit du ja nie wieder was zu Papier bringst", ignoriere ich. Mit denen kann kein Mensch was anfangen. Solche Kritiken vermeide ich, so schlecht der Text auch sein mag. Dann stecke ich lieber ein wenig mehr Energie in die Korrektur, arbeite mit dem Autor zusammen und hoffe, daß er noch was draus lernt. Aber auch nur, wenn ich merke, daß der andere auch wirklich will. Kriege ich eine barsche Reaktion auf meine Arbeit, und werde blöd angemacht, weil ich es wage, etwas zu kritisieren, dann kann ich auch anders.
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
Vor mehreren Jahren habe ich einige Rezensionen für eine Internetseite geschrieben, aber seither nicht mehr wirklich viel in der Art.
ZitatAllerdings stelle ich auch fest, daß man zu vielen Romanen fast das gleiche schreiben kann, gerade weil sie sich auch in ihren Inhalten kaum unterscheiden.
Das stimmt tatsächlich, daher habe ich irgendwann beschlossen, keine Rezis mehr zu Romanen zu schreiben.
Wenn ich früher ein Buch rezensieren mußte, daß mich persönlich nicht so ansprach, habe ich versucht, weniger den Inhalt, als mehr die Art wie die Geschichte geschrieben war zu erörtern. Erst wenn das Buch inhaltlich und handwerklich einen Verriß förmlich herbeirief, habe ich auch einen geschrieben. Eine gewisse Neutralität sollte man sich schon bewahren, ist zumindest meine Meinung.
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Elena am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich schreibe ab und zu in einem Forum Buchrezensionen. Es macht mir schon spaß, und ich versuche genau darauf hinzuweisen, was mir wieso nicht gefallen hat - für manche ist nämlich das, was mir nicht gefiel, nicht so wichtig. Bei positiven Dingen versuche das natürlich auch, aber mir ist schon immer aufgefallen (auch beim Betalesen), dass es weitaus einfacher ist, etwas Negatives gut und ausführlich zu schreiben als etwas Positives.

Beim Betalesen versuche ich, so kritisch wie möglich zu sein. Leider fällt dann oft das Positive vollkommen unter den Tisch, weil ich es nicht als nennenswert betrachte und dann nur sage, was mir warum nicht gefallen hat. Wenn ich Kritik bekomme, lege ich aber auch recht wenig Wert darauf, dass mir jemand sagtm, was gut war, sondern eher darauf, was nicht so gut war (wobei es auch schön ist, ein "Das ist gut!" im Text stehen zu haben, das muss ich ja dann doch gestehen...  ;D )

Liebe Grüße,

Elena
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handw
Beitrag von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich hatte auch gerade heute wieder so einen Fall, ein Buch, daß mir gar nicht gefallen hat und durch das ich mich nur durchgequält habe. Aber gerade dadurch weil ich schon so viel gelesen habe, erscheint mir die x-te keltisch-historische Fantasy nur noch öde (auch wenn es eigentlich um die Pikten geht - über die man aber leider nicht so viel weiß). Aber gerade die "Down-under" Autorinnen kauen die alten Klischees noch einmal gründlich durch.  Herausgekommen ist dann ein böses Fazit:
"Die Königskinder" dürfte vor allem Lesern gefallen, die von gefühlvollen keltischen Helden und einer scheinbar magischen Liebesgeschichte nicht genug bekommen können und denen es auch nicht wichtig ist, dass die eigentliche Handlung kaum Geheimnisse birgt und eher flach dahin plätschert.
Alle anderen Leser dürften sich mehr oder weniger durch den zähen Roman mit seinen erheblichen Längen, altvertrauten Klischees und flachen Charakteren quälen und ihn vielleicht noch vor dem Ende genervt beiseite legen." (es geht um das gerade erschienene Buch "Die Königskinder" von Judith Marillier)

Was ich damit sagen will: Als Rezensent und Autor frage ich mich oft: Warum wird das veröffentlicht? Was mache ich falsch? Oder habe ich einfach nur einen verqueren Geschmack? Das macht das Rezensieren dann auch manchmal zu einem schweren Handwerk.

Beim Betalesen hat man ja wenigstens noch das Gefühl, eventuell bei dem Beseitigen von Schwachstellen helfen zu können, beim Rezensieren ist schon das Kind in den Brunnen gefallen.
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handwerk?
Beitrag von: Zealot am 08. Juli 2006, 10:45:42
ich habe im Lieblingsbücherthread (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,326.new.html#new)
ja auf das Buch von Ted Heller hingewiesen.
Und da gibt es einen Teil der mich etwas ins Grübeln brachte.
Und zwar schreibt der "anti"-Held eine vernichtende Buchkritik für das Magazin bei dem er arbeitet. Überall klingt durch, dass das Buch wirklich mies ist, trotzdem bekommt er mächtig ärger.
Warum? weil ein anderer Kritiker vor ihm das Buch gelobt hat und alle anderen Kritiker sich einfach angschlossen haben, ohne das Buch wirklich gelesen zu haben.
Und so mit ist er der einzige der das Buch als schlecht hingestellt hat und wird deswegen bestraft. Obwohl seine Kritik anscheinend die einzig richtige wahr.
Ted Heller (der AUtor) hat selbst für verschiedene Magazine gearbeitet. Weswegen ioch mich jetzt natürlich frage, ob nicht alle Kritiken in Magazinen nur von Mitläufern geschrieben werden, die sich nur einer Meinung anschließen, aus angst nacher mit ihrer eigenen alleine da zu stehen....
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handwerk?
Beitrag von: Kalderon am 08. Juli 2006, 11:00:44
Zitat von: Zealot am 08. Juli 2006, 10:45:42
Ted Heller (der AUtor) hat selbst für verschiedene Magazine gearbeitet. Weswegen ioch mich jetzt natürlich frage, ob nicht alle Kritiken in Magazinen nur von Mitläufern geschrieben werden, die sich nur einer Meinung anschließen, aus angst nacher mit ihrer eigenen alleine da zu stehen....

Ist doch klar. Wer möchte schon alleine dastehen? Das ist eine simple Gruppenzwang-Frage, nur dass dabei auch der Job auf dem Spiel steht. Die eigene Meinung zu sagen, damit verbunden, was der Chef und der Rest der Kritiker hören will: furchtbarer Zustand.
Das ist typisch für unsere heutige Gesellschaft. Aber: Es wurden auch öfter Bücher und Filme von vielen Kritikern runtergemacht und waren dennoch außerordentlich erfolgreich und beliebt. Gleiches gilt umgekehrt.
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handwerk?
Beitrag von: Arielen am 08. Juli 2006, 12:27:38
Zitat von: Kalderon am 08. Juli 2006, 11:00:44
Ist doch klar. Wer möchte schon alleine dastehen? Das ist eine simple Gruppenzwang-Frage, nur dass dabei auch der Job auf dem Spiel steht. Die eigene Meinung zu sagen, damit verbunden, was der Chef und der Rest der Kritiker hören will: furchtbarer Zustand.
Das ist typisch für unsere heutige Gesellschaft. Aber: Es wurden auch öfter Bücher und Filme von vielen Kritikern runtergemacht und waren dennoch außerordentlich erfolgreich und beliebt. Gleiches gilt umgekehrt.

Du glaubst gar nicht, was man als Kritiker manchmal abkriegt. Man kann noch so höflich und sachlich schreiben, sogar positiv bewerten, und trotzdem wird man noch heruntergeputzt, So was habe ich letztens erlebt. anstatt ihre Meinung direkt unter die Rezi zu posten, mußte eine Freundin der Autorin, erst einmal die Platformbetreiberin und mich hinunter putzen. Wie gesagt, bei einer positiven (!) Rezi.
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handwerk?
Beitrag von: Hyndara am 10. Juli 2006, 02:34:13
Ari, du weißt ja, daß ich ebenfalls Rezis schreibe, insofern ... wir haben uns ja schon oft genug drüber ausgetauscht.

Trotzdem muß ich das hier einfach mal in den Raum werfen:

Merkwürdigerweise hatte ich bisher den meisten Ärger mit Profiautoren, während die Semi-Professionellen oder gar die Hobbyautoren mir im Gegenteil sogar dankten, daß ich sei auf Fehler hinwies oder überhaupt ihre Geschichte besprochen habe. Irgendwie finde ich das wirklich immer noch faszinierend, und ich frage mich allen Ernstes, ob die sogenannten Profis (Namen erwähne ich hier jetzt nicht) wirklich solche Mimosen waren oder "nur" mit ihren tollen Namen protzen wollten.

Eine Rezension versuche ich zu allererst sachlich anzugehen. Ich sehe mir die Handlung an, die Figuren, das Setting. Meine eigene persönliche Meinung binde ich als Fazit ein. Aber natürlich schimmert sie auch schon mal durch die oben genannten Abschnitte.

Was mir auffällt ist, seit ich selbst Rezis schreibe, sehe ich mir andere Rezis genauer an. Sie sind zwar nicht immer kaufentscheidend für mich, aber mich interessiert, wie andere die entsprechenden Bücher erlebt haben. Es ist einfach Interesse meinerseits.
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handwerk?
Beitrag von: Arielen am 12. Juli 2006, 23:08:59
Ich denke aber, dass das Gezicke wege Rezis durch alle Autorenränge geht. Ich habe auch schon erlebt wie fuchsig Autoren in Fanzines werden konnten. Bei den profiautoren ist es nur seltsamer, da meint man eigentlich, die ständen eigentlich mehr über den Dingen
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handwerk?
Beitrag von: Manja_Bindig am 13. Juli 2006, 11:39:08
Naja, manche Profi-Autoren werden mit dem "Profi" ein wenig zickig und vergessen, das keiner perfekt ist. Entsprechend wird dann bei Kritik rumgezickt.

Wohingegen die Halbprofessionellen meistens vernünftig genug sind, Kritik als Hilfestellung zu verstehen. Und einige retten das auch in den eventuellen Profi-Stand.

Aber andererseits... ich denke, wenn jemand an einem meiner stilmerkmale rummäkelt und so tut, als wäre das ein Fehler(und kein Stilmerkmal, das er bloß nciht leiden kann) - naja, da werde ich, abhängig vom tonfall des Mäklers ebenfalls mehr oder weniger bissig.
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handwerk?
Beitrag von: Papiervogel am 13. Juli 2006, 16:49:47
Ich finde beides wahnsinnig schwierig: Einem Autor ein sachliches Feedback zu geben, mit dem er was anfangen kann, wenn mir das Werk nicht gefällt (sonst ist es leicht! :) ), ebenso wie einstecken zu können, dass jemandem etwas nicht gefällt, mit dem ich mir Mühe gegeben habe. (Und sonst hätte es niemand zu lesen bekommen!)
Manchmal finde ich das Sachliche, Wohlwollende fast noch schlimmer (also, wenn es negativ ist), gerade weil ich mir dabei nicht sagen kann "Ach, was soll's, der hat ja eh was gegen mich!"
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handwerk?
Beitrag von: Kalderon am 13. Juli 2006, 18:05:12
Zitat von: Papiervogel am 13. Juli 2006, 16:49:47
Ich finde beides wahnsinnig schwierig: Einem Autor ein sachliches Feedback zu geben, mit dem er was anfangen kann, wenn mir das Werk nicht gefällt (sonst ist es leicht! :) ), ebenso wie einstecken zu können, dass jemandem etwas nicht gefällt, mit dem ich mir Mühe gegeben habe. (Und sonst hätte es niemand zu lesen bekommen!)
Manchmal finde ich das Sachliche, Wohlwollende fast noch schlimmer (also, wenn es negativ ist), gerade weil ich mir dabei nicht sagen kann "Ach, was soll's, der hat ja eh was gegen mich!"

Man muss lernen, negative Kritik nicht als einen Angriff gegen die eigene Person zu sehen, sondern als Hinweis, dass der Text hier und dort eben noch nicht perfekt ist. Eigentlich ist negative Kritik in diesem Sinne sogar ein Lob, weil sie bereits in sich birgt, dass der nicht kritisierte Part in Ordnung ist.
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handwerk?
Beitrag von: Feuertraum am 13. Juli 2006, 18:56:12
Ich befürchte, das ist nun eine vollkommen andere Sache. Eine Rezension umfaßt das gesamte Werk, und auch wenn die Rezeszenten sachlich schreiben, so spielt IMMER die Subjektivität eine große Rolle.
Was ehrlich gesagt auch nicht wundert, will der Otto-Normal-Leser ja keine Rezi darüber lesen, was handwerklich am Stück falsch ist, nein, er will wissen, ob die Geschichte gut ist.

Anders wäre es, wenn ein Autor sein Werk erstmal Betalesern zum Lesen gibt und die dann sagen, was man daran verbessern kann bzw. sogar muß.

Und wenn wir jetzt ganz fies sind: hat ein Autor nicht als besonders schwierige Hürde nicht noch den Lektor vor sich, der sozusagen als Vermittler zwischen Autoren und Markt steht und somit einen (großen) Einfluß auf das Buch hat?
Ich denke, der Autor steht nicht alleine da und hat von daher kein Recht, alleine eingeschnappt zu sein, weil es dem einen oder anderen Rezeszent nicht gefällt...

LG

Feuertraum
Titel: Re: Kritik und Rezension - auch ein schweres Handwerk?
Beitrag von: Arielen am 15. Juli 2006, 09:11:32
Zitat von: Feuertraum am 13. Juli 2006, 18:56:12
Ich befürchte, das ist nun eine vollkommen andere Sache. Eine Rezension umfaßt das gesamte Werk, und auch wenn die Rezeszenten sachlich schreiben, so spielt IMMER die Subjektivität eine große Rolle.
Was ehrlich gesagt auch nicht wundert, will der Otto-Normal-Leser ja keine Rezi darüber lesen, was handwerklich am Stück falsch ist, nein, er will wissen, ob die Geschichte gut ist.

Und genau da gehen die Meinungen manchmal sehr auseinander. Ich sehe alle Rezensionen als subjektiv an. Letztendlich kann ein Rezensent aus seiner Haut heraus. Wie der Autor hat er ein eigenes Lebensumfeld, eigene Erfahrungen, die sein Interresse und sein Wissen prägten.
Aber das Entscheiden ob eine Geschichte gut oder schlecht ist machen sich manche Rezensenten auch zu leicht,  während manche Autoren schon hochgehen, wenn man die Geschichte oder den Roman nicht hochjubelt. Das hatte ich kürzlich auch mal. Ich bewertete einen Roman recht gut, bekam aber trotzdem eines auf den Deckel, weil ich es gewagt hatte den Roman (mit geschilderten Wicca-Ritualen) mit den "Nebeln von Avalon" in der Hinsicht zu vergleichen, daß dieses Buch etwa den Flair der Nebel hat. Ohne ihr Abkupferung zu unterstellen.