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Muss Fantasy inzwischen Tabus brechen?

Begonnen von Big Kahuna, 08. Dezember 2015, 23:30:09

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Big Kahuna

ZitatIn vielen Bereichen empfinde ich die Buchwelt mittlerweile eher als "zahmer".
Okay, DAS überrascht mich jetzt wirklich  :D

Ich glaube, ich sollte doch noch deutlich mehr lesen, auch jenseits der bekannteren Werke^^

LinaFranken

Ich finde diese Frage an wirklich sehr interessant. Finde aber schon das man das als "Gesellschaftsdiskussion" klein wenig ausweiten kann.   ;D
Ich denke, diese Entwicklung ist eher ein Spiegelbild der allgemeinen Unterhaltungsindustrie. Wenn ich da an die Flut der Familien-TV-Serien vom "wir-haben-uns-alle-lieb"-Schema der 80/90er denke, und an die heutige Fernsehlandschaft in der tonnenweise CSI-Buxtehude-Varianten auftauchen, scheint die Menschheit im allgemeinen etwas abgestumpft zu sein. Gut, Spaß an zerfetzten Gladiatoren hatte man zwar auch schon im alten Rom, aber gerade in den letzten Jahren scheint das Wort "Tabu" immer mehr an Bedeutung zu verlieren. Die Menschen sind so desensibilisiert, das sich heute kaum noch jemand über Sex-Spielzeuge im Supermarkt, Drogen-Legalisierungs-Anträge in der Politik oder schlafende Obdachlose vor ner Douglas-Filiale wundert.

Die Frage ob man das auch lesen und/oder schreiben will ist aber durchsaus berechtigt. Denke aber, das sie in erster Linie vom ganz persönlichen Bedürfnis oder Wunsch nach Harmonie abhängt. Dieses Bedürfnis werden ja auch die Meisten haben, wir sind ja eine Rudel-Spezies und stelle mich gerne als Beispiel an den Pranger, denn obwohl ich ein Paradebeispiel für Pessimismus, Nihilismus und Zynismus bin, muss ich, wenn ich mal wirklich ehrlich sein will, zugeben, das ich mir doch bei meinen Lieblingsbüchern und Serien ein kleines Happy-End wünsche. Aber als ein eben solcher Mensch ertrage ich wiederum nicht zu viel Süßholzgeraspel. Und traurigerweise wachsen in der heutigen Zeit wohl immer mehr Menschen heran, die so sind wie ich, was sich dann wiederrum auf die gelesenen und geschrieben Werke auswirkt.

Will man sich dem als Autor beugen, wenn man selbst mehr Harmonie haben will? Bitte nicht!!!  :bittebittebitte: Wir zynischen Pessimisten brauchen euch harmoniebedürftige Menschen da draußen, damit ihr uns auch mal die Stirn bietet und wir nicht die Weltherrschaft übernehmen!  :snicker: :pfanne:
Also mein Aufruf: Bitte schreibt mehr von diesem "Heile-Welt-Zeug", damit zumindest die nächste Generation wieder mehr Optimismus auf den Weg mitbekommt.  :knuddel:

Kerstin

Zitat von: Lina Franken am 09. Dezember 2015, 01:08:50
Wenn ich da an die Flut der Familien-TV-Serien vom "wir-haben-uns-alle-lieb"-Schema der 80/90er denke, und an die heutige Fernsehlandschaft in der tonnenweise CSI-Buxtehude-Varianten auftauchen, scheint die Menschheit im allgemeinen etwas abgestumpft zu sein. Gut, Spaß an zerfetzten Gladiatoren hatte man zwar auch schon im alten Rom, aber gerade in den letzten Jahren scheint das Wort "Tabu" immer mehr an Bedeutung zu verlieren. Die Menschen sind so desensibilisiert, das sich heute kaum noch jemand über Sex-Spielzeuge im Supermarkt, Drogen-Legalisierungs-Anträge in der Politik oder schlafende Obdachlose vor ner Douglas-Filiale wundert.
Das hat für mich aber eher etwas von Verklärung der Vergangenheit.
In den 80er / 90er Jahren waren die Menschen so abgestumpft, dass Pornos im normalen Fernsehen liefen. ;)
Familienserien werden auch heute noch massenweise produziert - unsere Fernsehsender strahlen nur inzwischen lieber die Billig-Produktionen (Scripted-Reality) aus. Aber es gibt doch wirklich mehr als genug sehr erfolgreiche, harmlose Serien.
Wobei sich Filme sicherlich weiterentwickelt haben - es ist technisch einfach mehr möglich. Früher wirkten viele Horrorfilme halt etwas lächerlich, weil es eben nicht echt aussehen konnte.
Horrorbücher waren aber früher Dauergast in den Bestseller-Listen (wie Es von Stephen King) und wurde im normalen Programm der großen Verlage verlegt. Heute undenkbar, da die Menschen es nicht mehr so "hart" wollen.

Ary

Blöde Frage, was ist ASoIaF? Bitte schreibt Titel aus, auch wenn das ein paar Wörter mehr sind.
Ich tippe ja mal auf Game of Thrones, aber sicher bin ich mir nicht.  ???
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

jokergirl

Ja, A Song Of Ice And Fire im Original. Sorry. Der ist einfach so lang. Wie die Bücher...

HauntingWitch

Ich sehe das ähnlich wie Guddy und denke auch, dass es eher ein Trend ist, der jetzt gerade besonders stark hervortritt. Das klingt aber auch irgendwann wieder ab. Brutalität in Literatur und Film gab es schon immer, nur ist es jetzt gerade besonders offensichtlich, weil die Game Of Thrones Serie einen gewissen Markt dafür nach sich gezogen hat, den es so vorher nicht gab. Bezüglich Filme stimme ich Kerstin voll und ganz zu. Heute schreckt ein Vampirfilm aus den 70ern niemanden mehr, damals war das wahrscheinlich echt krass. ;D

Zitat von: Kerstin am 09. Dezember 2015, 00:33:33
Wenn man mal zum Horror rüberschielt, gab es da bereits in den 80ern Autoren (allen voran Jack Ketchum), die an Gewalt- / Sexdarstellung so ziemlich alles übertreffen, was man heute noch bekommt.

Das würde ich aber nicht mit der Entwicklung in der Fantasy vermischen (auch wenn Horror natürlich sehr oft eng mit Fantasy verwandt ist). Beim Horror ist das genrebedingt, da geht es ja genau darum, dass es brutal und schockierend ist. Das ist sozusagen das Ziel des Genres (wie das klingt...). Bei (anderer) Fantasy ist das nicht unbedingt so. Ich finde, darin liegt ein wesentlicher Unterschied. Aber es ist ganz allgemein auch eine Frage des Subgenres, wenn man Grim & Gritty liest, kann man keine Glitzervampire und ewige Liebe erwarten. ;) Das muss dann halt jeder für sich entscheiden.

Übrigens @Big Kahuna: Phantastische Literatur gab es schon lange vor Tolkien, siehe z.B. E.T.A. Hoffmann, H.P. Lovecraft oder Gustav Meyrink (wobei letztere zwei auch wieder dem Horror zuzuordnen sind). ;)

Sascha

Fantasy? Ist das nicht nur das moderne Wort für Märchen? Was ist denn an Schneewittchen und den sieben Zwergen so anders? Jetzt nicht grad der Disney-Kitsch, sondern das Märchen selbst. Ich bin der Ansicht, Fantasy gibt es, seit die Menschen sich Geschichten ausdenken.

Davon ab: Ich habe bisher immer nur winzige Ausschnitte von Game of Thrones gesehen und das erste Buch der Reihe schnell wieder weggelegt. Was mir aber an den Ausschnitten (im dooppeldeutigen Sinne) aufgefallen ist, waren die vielen nackten Busen. Und das in einer Ami-Serie! Ich sehe ja schon seit neun Jahren nicht mehr fern, aber gerade aus Amiland kannte man sowas doch vorher eher weniger, oder? Die Nielsen im heißen Kostümchen als Red Sonja, okay, aber so viele nackte Busen? Das scheint mir schon neu zu sein.

JarlFrank

Zitat von: Lothen am 09. Dezember 2015, 00:06:52

Das mitunter blutrünstigste Buch, das ich kenne, ist die Bibel. Ich glaube, da kommt alles von dem vor, was du, @Big Kahuna , in deinem Eingangspost erwähnt hast. ;D Und die ist ja doch schon ein bisschen älter ...

Nicht nur die Bibel: Mythen, Legenden und Sagen waren schon immer blutig, brutal, und teilweise obszön. Da passieren auch Dinge, wie aus Versehen seine eigene Mutter zu schwängern und seinen Vater zu töten und erst im Nachhinein zu erfahren, wer denn die beiden Personen waren (Ödipus), ganze Völker werden vernichtet (Flutgeschichte, Sodom und Gomorrha), brutale Folter wird ausgeführt (Prometheus wird an einen Stein gekettet und jeden Tag frisst ein Adler seine Leber, die dann wieder nachwächst; in den nordischen Sagen gibt es den sogenannten Blutadler, eine sehr sehr blutige und schmerzhafte Hinrichtungsmethode), Schlachten werden in allen grausigen Details beschrieben (wenn man sich mal die Siegesinschriften assyrischer Könige durchliest, stellen die auch den brutalsten Splatter in den Schatten: da schreiben Könige davon, wie sie Rebellen besiegt, gehäutet, und mit den abgezogenen Häuten dann die Stadtmauern tapeziert haben).

Mythologie und Geschichtsschreibung sind beides Gattungen, die vor expliziten Gewalt- und Sexdarstellungen nicht zurückschrecken. Von den frühesten Schriftkulturen Mesopotamiens bis in die Frühe Neuzeit hinein lesen wir von Mord und Totschlag, grausamen Foltern, Vergewaltigungen, Herrschern mit abartigen sexuellen Vorlieben, und so weiter und so fort.

Und worauf basiert Fantasy? Genau, auf Mythen - Tolkien selbst hat sich ja von altnordischer und angelsächsischer Mythologie inspirieren lassen, und Robert E. Howard, der Erschaffer der Conan-Stories, von antiken historischen Kulturen. Und das sind quasi die Gründerväter der Epic Fantasy und des Sword and Sorcery. Der Großteil der Fantasy-Literatur baut einfach auf mythologischen Elementen auf, und da geht es nunmal um Kampf, um Krieg, um heldenhafte Recken, und Fortpflanzung findet auch gerne mal statt. Selbst die Fantasy, die sich von klassischem Mythenstoff lossagen will, trägt immer noch das Erbe davon mit sich herum.

Es sind auch immer wieder neue Trends erkennbar, je nachdem, was gerade so in ist. George Martin hat mit seiner Serie jetzt "realistische" Fantasy mit politischen Intrigen, moralisch grauen Charakteren und einigen Gewalt- und Sexdarstellungen in Mode gebracht, daran könnte es liegen, dass andere Autoren das erfolgreiche Schema nun auch kopieren. Was gerade gut im Rennen ist, wird kopiert, und das verkauft sich halt gerade gut und gerät somit in den Vordergrund. Das heißt nicht, dass jede Fantasy so ist, oder dass sie sogar so sein müsste, ganz im Gegenteil. Es gab schon immer genug Platz für die verschiedenen Sub-Genres, um nebeneinander zu stehen. Patrick Rothfuss schreibt in seiner Kingkiller-Saga doch eher jugendfreie Fantasy, in der Erotik nur angedeutet und Gewalt nicht allzu detailliert beschrieben wird, und die sich auf die Jugendjahre des Protagonisten Kvothe fokussiert. Nach Martin gehören seine Bücher mit zu den erfolgreichsten in der kontemporären Fantasy.

Es kommt ganz darauf an, was der Autor für eine Geschichte erzählen und wie er seine Welt gestalten will. Eine düstere, von Gewalt beherrschte Welt wird natürlich effektiver, wenn in der Geschichte dann auch Sex und Gewalt vorkommen. Eine "nettere", unschuldigere Fantasywelt wie z.B. Narnia kommt ohne diese Elemente besser zurecht. Im Moment ist das sogenannte "grimdark", das düstere und rauhe, gerade im Trend. Beispielsweise in der Young Adult-Fantasy sind gerade Dystopien wie Hunger Games sehr beliebt, und da geht es auch eher rauh und ungemütlich zu.

Aber ich würde nicht sagen, dass Fantasy immer tabubrechender werden muss. Das wichtigste ist es, eine spannende Geschichte zu erzählen, die bei den Lesern ankommt. Würde George Martin's Song of Ice and Fire nur aus Sex und Gewalt bestehen, wäre es nicht so erfolgreich, wie es ist: die politischen Intrigen, überraschenden Wendungen und interessanten Charaktere halten den Leser am Buch. Man entwickelt Sympathien für Charaktere, und dann sterben sie urplötzlich, aber nicht grundlos, sondern durch ihre eigenen Fehlentscheidungen.
Die Geschichte ist einfach gut. Klar, der Sex und die Gewalt machen für manche Leser auch einen Reiz aus, aber auf Plot und Charaktere kommt es an.

Zitat von: Sascha am 09. Dezember 2015, 10:16:05
Davon ab: Ich habe bisher immer nur winzige Ausschnitte von Game of Thrones gesehen und das erste Buch der Reihe schnell wieder weggelegt. Was mir aber an den Ausschnitten (im dooppeldeutigen Sinne) aufgefallen ist, waren die vielen nackten Busen. Und das in einer Ami-Serie! Ich sehe ja schon seit neun Jahren nicht mehr fern, aber gerade aus Amiland kannte man sowas doch vorher eher weniger, oder? Die Nielsen im heißen Kostümchen als Red Sonja, okay, aber so viele nackte Busen? Das scheint mir schon neu zu sein.

Ich schaue auch kein Fern, aber ab und zu lade ich mir eine Serie herunter, die mich interessiert, und schaue sie dann am PC. Nackte Brüste gibt es auch sonst ab und zu im amerikanischen Fernsehn, jedenfalls auf dem Kanal, auf dem GoT läuft. Die Serie Rome hatte ich mir vor ein paar Jahren mal angeschaut, da lief das ganz ähnlich, und die Serie wurde vom gleichen Sender produziert und ausgestrahlt. HBO ist ein Privatkanal, für den man bezahlen muss, also kein öffentliches Fernsehn wie ARD oder auch Sat1, deshalb können die sich mit Nacktheit auch mehr erlauben, weil das sowieso nicht öffentlich ausgestrahlt wird, sondern nur an die zahlenden Kunden. Die meisten Serien, bei denen man nackte Frauen zu Gesicht bekommt, werden von solchen Pay-Sendern produziert. Im freien TV gibt's sowas nicht zu sehen.

Churke

Zitat von: Sascha am 09. Dezember 2015, 10:16:05
Fantasy? Ist das nicht nur das moderne Wort für Märchen? Was ist denn an Schneewittchen und den sieben Zwergen so anders?

Jo, aber wie stellt man sowas dar? Das Nibelungenlied lässt sich auch nicht lumpen. Ganz ohne Splatter. Und wenn Brunhild den Gunther an die Wand hängt, weil er seinen Mann nicht sehen kann, muss man sich die Einzelheiten selbst ausmalen.

Zitat von: Lina Franken am 09. Dezember 2015, 01:08:50
Gut, Spaß an zerfetzten Gladiatoren hatte man zwar auch schon im alten Rom, aber gerade in den letzten Jahren scheint das Wort "Tabu" immer mehr an Bedeutung zu verlieren.

Wobei die Gladiatoren-Fans mit Waffen selbst nichts zu tun haben wollten. Da gibt es den Ausspruch eines spätantiken Senators: "Militärdienst ist schmutzig und eines freien Mannes unwürdig."
Wir leben auch heute in einer Zeit, in der die Zielgruppe Gewalterfahrungen nur aus dem Fernsehen kennt. Frühere Generationen, die einen (oder den...) Krieg mitgemacht hatten, wären mit solchen Exzessen nicht zu ködern gewesen. Vielleicht ist das Grund. Krieg ist ja auch wieder salonfähig geworden.   

Pygmalion

Also ich sehe da auch keinen neuen Trend, vor allem in Harry Potter sehe ich jetzt nicht wirklich signifikanten Anstieg von Gewalt? Da sterben Leute, aber wirklich brutal gehts da ja nicht zu. Es gibt sehr viele aktuelle, sehr harmlose Fantasybücher, genau so gibt es eben etwas brutalere, die nicht den Fokus auf die Liebesprobleme der Protagonisten legen, sondern auf die Probleme mit der Umwelt und darin zu Überleben (und zwischenstufen in jede Richtung)
Dass Sachen von der Liste indizierter Filme/Spiele verschwinden hat auch immer etwas mit dem Fortschreiten der Technik zutun: Während die zu ihrer Veröffentlichungszeit noch das neueste, realistischte Bild von Horror oder was auch immer darstellten, bestehen die heute keinen Vergleich mehr und wirken deswegen völlig unrealistisch, wodurch die Gefährung dann wegfällt.
Brutale und verstörende Szenen gab es auch schon in den 70ern, zumindest kann man wohl die Eingangsszene bei "Carrie" von Stephen King als ziemlich brutal bezeichnen und auch alles andere, was in dem Buch passiert.

Vielleicht wird Fantasy insgesamt realistischer, aber "tabus" brechen, nur um Tabus zu brechen, sehe ich eigentlich auch nicht. Leute pfählen ist keine Neuerfindung, genau so wenig wie häuten, rädern etc. pp. Ich würde sogar behaupten, die Menschen der Antike, des Mittelalters und der Neuzeit waren in vielerlei Hinsicht deutlich abgestumpfter gegenüber Gewalt jeder Art, als wir (Europäer) das sind. Die meisten historischen Chroniken lesen sich nicht weniger brutal als diverse Episoden in "Das Lied von Eis und Feuer". Vlad Tepes soll 100.000 Menschen gepfählt haben, darunter Kinder, Säuglinge... das ist natürlich, auch angesichts der damaligen Bevölkerungsdichte maßlos übertrieben, hat aber einen entsprechenden Effekt auf die Leute gehabt, die das gehört haben. Es gibt soviele Grauensgeschichten über diesen Mann und das alles aus dem Späten Mittelalter. Z.B. soll er auch untreuen Frauen die Brüste abgeschnitten haben, Bettler und Arme zu einem Festmahl eingeladen haben und das Haus angezündet... Das meiste wird übertrieben sein, lädt aber zum Gruseln ein.

Zu den nackten Körperteilen bei Game of Thrones: Naja, es sind nackte Brüste, vielleicht bemerkenswert für einen amerikanischen Sender, in den meisten von deren Serien/Filme sind die Leute beim Sex ja mehr bekleidet als nackt, aber ansonsten... Niemand guckt die Serie wegen der Brüste, denke ich. Das kann man einfacher und vollständiger in Pornos haben, wenn man will.

Trippelschritt

Ich glaube, dass man auf so einen Eindruck nur kommen kann, wenn man Unvergleichbares miteinander vergleicht.
Tolkien war eihne Weltenschöpfergeschichte wie es kaum eine andere gibt. Sie schlägt Narnia um Längen, obwohl die Autoren Freunde mit unterschiedlicher Nähe zum Christentum waren.
Mittelalterliches Setting hat häufig Nahkampfszenen, aber wie deutlich man das schreibt, hat wenig mit Mode aber dafür um so mehr mit Schreibkunst zu tun. Und sicher, es gibt immer wieder Autoren, die der Verlockung eines Effekts verfallen. Genau das sind die schlechten Passagen in Song of Ice and Fire.
Dass Fantasyautoren allerdings die Grenzen ihres Genres ausloten, darf nicht überraschen. Das geht aber auch in Richtung Humor und nicht nur zu Sex and Crime.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Kerstin

Zitat von: Witch am 09. Dezember 2015, 10:00:26
Das würde ich aber nicht mit der Entwicklung in der Fantasy vermischen (auch wenn Horror natürlich sehr oft eng mit Fantasy verwandt ist). Beim Horror ist das genrebedingt, da geht es ja genau darum, dass es brutal und schockierend ist.
Nicht unbedingt - das hat für mein Empfinden viel mehr damit zu tun, wie Bücher heutzutage in Buchhandlungen einsortiert werden.
Zu meiner Teenie-Zeit fand man unter Horror ein viel breiteres Spektrum, als heute, da damals auch alles, was in den Bereich Schauergeschichte, Schwarze Romantik ... ging, beim Horror einsortiert wurde.
Die Vampirbücher von Anne Rice galten damals zum Beispiel auch als Horror (und die Verfilmung auch als Horrordrama). Heutzutage würde man es wohl in die Fantasy einordnen mit allen anderen Vampirgeschichten. Für mein Empfinden sind meine Icherios-Bücher auch dichter an der Schauergeschichte und damit dem Horror, als der Fantasy - offiziell ist es heute aber Fantasy.

Diese gefühlte Brutaltität könnte meiner Meinung nach aber genau darauf beruhen. Vieles, was früher Horror war, gilt heute als Fantasy.
Und wie andere schon anmerkten - die ersten "Lied von Eis und Feuer" Bücher stammen aus Ende der 90er, sind somit also kaum etwas "Neues".
Gebrochene Charaktere hatte man auch schon davor - wie in Moorcocks Elric-Saga (die auch nicht gerade harmlos ist) und selbst in der Heilbronner Stadtbibliothek gab es in den 90ern Erotik-Fantasy-Bücher, in denen sich Frauen und Männer mit Minotauren ... vergnügten.  ;D

HauntingWitch

Zitat von: Churke am 09. Dezember 2015, 11:22:18
Wir leben auch heute in einer Zeit, in der die Zielgruppe Gewalterfahrungen nur aus dem Fernsehen kennt. Frühere Generationen, die einen (oder den...) Krieg mitgemacht hatten, wären mit solchen Exzessen nicht zu ködern gewesen.

Ich glaube, das kommt immer noch hinzu, bei allen Themen. Ich persönlich vertrage gewisse Dinge auch nicht, aus Gründen. Aber die meide ich dann halt.

Zitat von: Pygmalion am 09. Dezember 2015, 11:55:54
Zu den nackten Körperteilen bei Game of Thrones: Naja, es sind nackte Brüste, vielleicht bemerkenswert für einen amerikanischen Sender, in den meisten von deren Serien/Filme sind die Leute beim Sex ja mehr bekleidet als nackt, aber ansonsten...

Ist aber auch nicht mehr so extrem, ich sage nur True Blood, Supernatural... Aber ich glaube auch das ist wieder eine Genre-Sache, sind ja alles Serien, die auf ein Publikum ausgelegt sind, das das auch wegsteckt.

Tintenteufel

Ich will Guddy und Kerstin mal Recht geben.
Einige der widerlichsten Bücher aus dem Bereich Phantastik, die ich je gelesen habe, sind aus den achtzigern oder sogar noch älter. Necroscope z.B. (gut, mehr Splatter) musste man früher im Festaverlag suchen. Seit 2009 gibt's das auch ungekürzt als Taschenbuch bei Heyne. Der Cthulhu-Mythos hat zugegeben wenig mit Sex zu tun (das dürfte aber am Autor gelegen haben) trotzdem gibt es jede Menge Anspielungen auf Inzest (Thing on the Doorstep), Kannibalismus (Charles Dexter Ward, Herbert West), von Totschlag, Mord usw. ganz zu schweigen. Und die haben in den zwanzigern ihren Anfang genommen. Moorcock ist auch schon erwähnt worden.

Sowas kommt dann mal wieder in Mode, geht wieder, kommt wieder, usw.
In den Neunzigern kam das das letzte Mal auf, da gab's einen riesigen Aufschrei gegen die grausame, seelenfressende Brutalität von Vampier Masquerade (1991...whoa, grade hier getippt und zack kommt der Postbote mit meiner Jubiläumssausgabe o.O) oder Warhammer (zweite Edition 1993) oder Shadowrun (1989)...die dann wiederum Leute so sehr abgeschreckt haben irgendwann, dass um die 2000er rum wieder zahmere Varianten kamen. Bis hin zu Schmusevampiren, die in der Sonne glitzern (2005-8).

Ich persönlich finde die Passagen bei Eis und Feuer auch nicht am gelungensten...aber ich habe schon deutlich schlimmeres gelesen, das deutlich besser umgesetzt war. Insofern...hm. Wie bereits gesagt, wahrscheinlich eine Popularisierung von ansonsten tabuisierten Themen. Dafür sind andere derzeit weniger beliebt, die nicht auf Verbrechen sondern auf Gesellschaft ausgehen.
Über manche Themen redet man ja auch in der modernen Fantasy nicht wirklich. :) Rassismus z.B. (der ist bei Eis und Feuer meiner Erinnerung nach eher zahm), Ungleichverteilung oder ähnliches. Wohingegen das in den 60ern eher von Bedeutung war, wenn ich mich recht erinnere.

Zitat von: Kerstin am 09. Dezember 2015, 12:00:24
Nicht unbedingt - das hat für mein Empfinden viel mehr damit zu tun, wie Bücher heutzutage in Buchhandlungen einsortiert werden.
Zu meiner Teenie-Zeit fand man unter Horror ein viel breiteres Spektrum, als heute, da damals auch alles, was in den Bereich Schauergeschichte, Schwarze Romantik ... ging, beim Horror einsortiert wurde.
Die Vampirbücher von Anne Rice galten damals zum Beispiel auch als Horror (und die Verfilmung auch als Horrordrama). Heutzutage würde man es wohl in die Fantasy einordnen mit allen anderen Vampirgeschichten. Für mein Empfinden sind meine Icherios-Bücher auch dichter an der Schauergeschichte und damit dem Horror, als der Fantasy - offiziell ist es heute aber Fantasy.
Offiziell...für Buchhandlungen vielleicht. :P
Im Thalia am Alexanderplatz haben die da ein eigenes Regal für. Romantasy. Hauptsächlich Vampirschmonzetten. Oder Werwölfe.

Lothen

Zitat von: TintenteufelDer Cthulhu-Mythos hat zugegeben wenig mit Sex zu tun
Na jaaaa, im Subtext .... ;D